Asset Manager in Deutschland verdienen weiterhin sehr gut. Doch die schwache Performance vieler institutioneller Portfolios und die hohe Inflation führen bei der Gesamtvergütung für das Jahr 2023 unter dem Strich zu einem Minus im Vergleich zum Vorjahr. Guido Birkner und Vivien Steinhübl sprachen mit Florian Frank, Managing Director und Head of Work & Rewards Germany and Austria beim Beratungshaus WTW, über frische Vergütungsdaten und deren Analyse.

 

Die durchschnittliche Gesamtbarvergütung im Asset Management sinkt 2023 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr, nachdem sie 2022 ihren bisherigen Höchstwert erreicht hat. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratungsgesellschaft WTW in den „2005 – 2023 Financial Services Compensation Surveys Deutschland“, ihrer neuen Vergütungsstudie im Finanzdienstleistungsbereich. Demnach sank beispielsweise die Gesamtbarvergütung der Bereichsleiter im Asset Management auf der Basis einer Indexrechnung binnen Jahresfrist von 175 auf 154 Prozent (2005 = 100 Prozent).

„Die Gesamtvergütung im Asset Management entwickelte sich von 2005 an alles in allem stabil, wenn auch mit einigen Schwankungen“, erläutert Florian Frank von WTW. „So hat sie während der Finanzkrise 2009 starke Einbußen bei Boni verzeichnet, sich jedoch später wieder erholt.“ Ab 2021 stieg die Gesamtvergütung steiler an, ehe sie im aktuellen Jahr leicht zurückging. „Im Vergleich zum volatilen Investment Banking und Corporate Banking sind die Vergütungen im Asset Management über die betrachteten Funktionen hinweg stabiler“, so der Berater. Manche Finanzdienstleistungsbereiche hätten sich seit 2005 auf der Vergütungsseite nicht mehr weiterentwickelt.

Im laufenden Jahr kassierte die hohe Inflation die Entgelterhöhungen wieder ein, wie WTW im „2023 Salary Budget Planning Report – Juli-Edition“ belegt. Demnach steigen die Grundgehälter im Asset Management in Deutschland 2023 im Median um 4 Prozent, während sich die Inflation über das Gesamtjahr auf 5,5 Prozent beläuft. Somit sinkt der Reallohn um 1,5 Prozent. Großbritannien verzeichnet im direkten Vergleich ein Entgeltplus von 5 Prozent bei einer Inflation von 6,5 Prozent. In der Schweiz liegen beide Werte in diesem Jahr mit 2,5 Prozent und 2,6 Prozent nah beieinander. In der gesamten EU erwarten die befragten Unternehmen für 2023 laut WTW eine Erhöhung der Grundgehälter von 3,5 bis 4 Prozent. „In Belgien sind die Gehaltserhöhungen mit einem Plus von 11,1 Prozent höher, da sie regulatorisch an die Inflation gekoppelt sind“, berichtet Frank. „Auch das Nachbarland Polen verzeichnet mit 7,2 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Zuwachs, doch dort ist das Gehaltsniveau im Allgemeinen niedriger als in Deutschland.“

Deutschland, Schweiz und UK im Vergleich

WTW vergleicht in den neuen „Financial Services Compensation Surveys“ die drei Märkte Deutschland, Großbritannien und die Schweiz miteinander. Im Einzelnen beleuchten die Studienautoren die Entgelte in den Bereichen Asset Management Research, Client Relationship Management und Fonds-Management, differenziert nach Positionen und Hierarchiestufen. Die Gesamtvergütung setzt sich jeweils zusammen aus:

  • Grundgehalt
  • Bonus/Short-Term Incentive (STI)
  • Long-Term Incentives (LTI), wobei STI und LTI zusammen die variable Vergütung bilden.

Die Vergütung im Asset Management weist im Vergleich zu anderen Branchen aus dem Finanzsektor größere Unterschiede innerhalb der einzelnen Peergroups auf. Vor allem die Spannen in der variablen Vergütung sind größer als in anderen Wirtschaftszweigen. Dabei spielt auch die Regulatorik eine zentrale Rolle. „Banken sind in der variablen Vergütung stärker reguliert als ihre Asset-Management-Tochtergesellschaften oder als reine Asset-Management-Gesellschaften und dürfen nicht so hohe Boni ausschütten, gemessen am Grundgehalt“, sagt Florian Frank.

Damit erklären sich auch die Differenzen in den WTW-Vergütungstabellen. So beläuft sich die variable Vergütung von Abteilungsleitern im Fondsmanagement auf bis zu 102 Prozent des Grundgehalts. Bereichsleiter im selben Bereich dürfen sich über eine variable Vergütung von bis zu 214 Prozent der Grundvergütung freuen. So kommen sie 2023 auf eine satte Gesamtvergütung in einer Spanne zwischen 351.000 Euro und 675.000 Euro.

Laut den Vergütungsdaten von WTW steigt die prozentuale Höhe der variablen Vergütung, gemessen am Festgehalt, in deutschen Asset-Management-Firmen umso weiter an, je höher eine Position in der Hierarchie steht. Berufseinsteiger im Fondsmanagement beziehen eine variable Vergütung zwischen 13 Prozent und 26 Prozent des Grundgehalts. Ähnlich sieht es bei Einsteigern im Asset Management Research aus (4–33 Prozent).

Grundvergütung: Schweiz hat die Nase vorn

Der Blick auf die Grundvergütungen verrät nichts Neues: Wie bereits 2022 ist die Grundvergütung im Asset Management in diesem Jahr in der Schweiz höher als in Deutschland und in Großbritannien. Das gilt auch für die Gesamtvergütungshöhen. Für Großbritannien fallen in den Bereichen Asset Management Research und Fondsmanagement geringere Einstiegsgehälter auf, als sie in Deutschland und der Schweiz gezahlt werden. Hingegen ist die variable Vergütung für die drei Asset-Management-Bereiche in Großbritannien – prozentual betrachtet und an der Grundvergütung gemessen – überwiegend höher als in den beiden anderen Ländern. „Tatsächlich sind die Einstiegsgehälter in UK niedriger als in Deutschland, aber die Steigerungsraten sind höher, was zu breiteren Spannen führt“, erklärt Florian Frank.

Nach der Analyse von Vergütungsvergleichen in den Bereichen Financial Services und Asset Management ergibt sich in den breiten Financial Services für 2023 ein leichter Anstieg der variablen Vergütung. Im Asset Management fallen die Erhöhungen aufgrund der durchwachsenen Performance eher gering aus. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die europäische Ebene. „Auf EU-Ebene wird also erwartet, dass die Erträge im nächsten Jahr eher zurückgehen, was zu gleichbleibenden oder leicht sinkenden Bonusvolumina führen wird“, prognostiziert der Berater. „Auf höheren Hierarchieebenen gab es bereits im vergangenen Jahr einen leichten Rückgang, der sich weiter bestätigt hat, so dass wir ein ähnliches Bild für das kommende Jahr erwarten.“

Hoher Pay-Gap im Asset Management

Beim Gehalt hat das Asset Management noch Hausaufgaben zu verrichten, um die EU-Richtlinie für europaweite Entgelttransparenz umzusetzen. Um die Lohngerechtigkeit zu fördern, hat die EU-Kommission am 4. März 2021 den Entwurf einer Richtlinie für mehr Gehaltstransparenz präsentiert. Im Dezember 2022 haben sich das Europäische Parlament und der Rat auf die neuen Vorschriften zur Lohntransparenz geeinigt. Schließlich billigte das EU-Parlament am 30. März 2023 den Richtlinienentwurf, und am 6. Juni dieses Jahres trat die Richtlinie in Kraft. Die EU-Richtlinie erlaubt maximal 5 Prozent Gehaltsgefälle für gleichwertige Arbeit. Im Asset Management beträgt das Gefälle tatsächlich aber knapp 11 Prozent.

Laut Florian Frank ist die Nachfrage auch der Beschäftigten im Asset Management nach mehr Transparenz in der Vergütung groß. „Umgekehrt ist es jedoch schwierig, das Gesamtsystem auf einzelne Personen herunterzubrechen, da es in der Branche viele individuelle Gehaltsvereinbarungen gibt.“ Ein Ausbau flexibler Vergütungselemente könnte eine Lösung bieten. Dabei spielt die Berücksichtigung individueller Leistung, Verantwortung und strategischer Ausrichtung eine Rolle. Die weitere Gehaltsentwicklung insgesamt bleibt aufgrund der wirtschaftlichen Krise abzuwarten.

Der Pay-Gap, die geschlechtsspezifische Gehaltslücke zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten eines Bereiches, ist gerade für Wirtschaftszweige wie das Asset Management kennzeichnend. Dabei erhalten Männer in der Regel für ähnliche oder gleichwertige Arbeit höhere Vergütungen als Frauen. In Zukunft müssen Unternehmen ihre Vergütungssysteme anpassen, wenn der Pay-Gap in derselben Position größer als 5 Prozent ist.

Bereinigter versus unbereinigter Pay-Gap

WTW errechnete für die Financial-Services-Berufsgruppen einen unbereinigten Pay-Gap von 27 Prozent für die Gesamtvergütung und von 20 Prozent für die Grundvergütung im Durchschnitt. Zum Vergleich: Der gesamtwirtschaftliche Vergleichswert beläuft sich auf 17 Prozent. Das unbereinigte Lohngefälle zeigt den Unterschied des Durchschnittsentgelts männlicher und weiblicher Mitarbeiter als Prozentsatz des Durchschnittsentgelts männlicher Mitarbeiter auf. Bei der Ermittlung des unbereinigten Pay-Gap werden Faktoren wie Berufspositionen, Berufserfahrung, Bildungsstand und andere relevante Einflussfaktoren nicht berücksichtigt.

Der bereinigte Pay-Gap berücksichtigt hingegen solche Einflussfaktoren, die die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen erklären, indem zum Beispiel immer nur gleiche Berufspositionen miteinander verglichen werden. „Wenn man alle strukturellen Unterschiede rausrechnet, bleibt ein bereinigter Pay-Gap zwischen Männern und Frauen von 3,3 Prozent in der durchschnittlichen Gesamtvergütung und von 2,1 Prozent in der Grundvergütung, was schon viel besser klingt“, so Florian Frank. „Vielleicht hat der Mann an dieser Stelle noch mehr Raum als die Frau, um anders zu verhandeln und sich erfolgstechnisch anders darzustellen.“

Trotzdem: Geht die Betrachtung von der 5-Prozent-Marke als Grenzwert aus, die die EU-Richtlinie vorschreibt, dann hat das Asset Management in diesem Punkt noch Hausaufgaben zu erledigen. Als Tipp empfiehlt Frank den Unternehmen, bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu schauen, wo sie stehen. „Dann werden die Firmen in drei Jahren, wenn die EU-Richtlinie tatsächlich greift, besser aufgestellt und vorbereitet sein, um eine Schieflage in der Gehaltsstruktur abfangen zu können.“

Ein weiterer Trend prägt immer mehr auch die Gehälter im Asset Management: die Integration von ESG in die Vergütungsstrukturen. Frank betont, dass insbesondere im Asset Management die Frage „Worin investiere ich?“ von großer Bedeutung sei. „Es geht um die Entwicklung von ESG-Investment-Strategien und die Bestimmung der Asset-Klassen, in die weniger stark investiert wird.“

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