Hedgefonds konnten ihre Renditeversprechen während der Finanzkrise nicht erfüllen. Zahlreiche auf schwerreiche Privatinvestoren ausgerichtete Hedgefonds-Boutiquen haben Schiffbruch erlitten. Heute sind es vermehrt institutionelle Investoren, die sich für Hedgefonds interessieren. Dies hat zu einer Professionalisierung der Anbieter geführt. Erleben Hedgefonds eine Wiedergeburt im institutionellen Gewand? Jan Viebig, CEO und Head Alternative Investments bei Harcourt kommentiert.

Hochspekulative Wetten, Leerverkäufe, undurchsichtige Anlagen, mangelnde Regulierung – das sind die Begriffe, die viele Anleger mit Hedgefonds in Verbindung bringen. Die globale Finanzkrise war dem Image auch nicht förderlich. Viele Hedgefonds wurden von der “Kernschmelze” an den Märkten überrascht.

Erstaunliche Wiedergeburt

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass das von Hedgefonds verwaltete Vermögen in Höhe von derzeit 2,3 Billionen Euro das Vorkrisen-Niveau überschritten hat. Die Hedgefonds-Industrie erlebt derzeit eine Renaissance – allerdings in einem veränderten, institutionelleren Gewand.

Vor der Finanzkrise haben viele Superreiche ihr Vermögen Hedgefonds-Boutiquen anvertraut, die ihnen hohe absolute Renditen versprachen. Heute stammt das von Hedgefonds verwaltete Vermögen nach Recherchen von Towers Watson und KPMG überwiegend von Pensionskassen, staatlichen Investitionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und anderen institutionellen Investoren. Aufgeschreckt von einer Reihe von Betrugsfällen stellen diese institutionellen Investoren heute hohe Anforderungen an den Investmentprozess und die Infrastruktur von Hedgefonds. Boutiquen, die weniger als 250 Millionen US-Dollar verwalten und keinen langjährigen „Track Record“ aufweisen, fällt es heute zunehmend schwerer, Gelder von der anspruchsvolleren Kundschaft anzuziehen – eine Adresse im noblen Londoner Stadtteil Mayfair und ein Bloomberg-Finanzdatenterminal genügen nicht mehr.

Professionalisierung nimmt zu

Kapital fliesst heute vermehrt zu den grossen Hedgefonds, die über qualifiziertes Personal – neben Portfolio Managern auch Compliance-Experten oder Rechtsanwälte – sowie hochkomplexe Risiko-Messsysteme und einen leistungsfähigen Vertrieb verfügen. Die heutigen Hedgefonds werden also immer professioneller und ähneln immer stärker traditionellen Vermögensverwaltern.

Institutionelle Investoren vergeben heute vermehrt spezialisierte Hedgefonds-Mandate. Anstatt die Auswahl der einzelnen Hedgefonds einem Dachfondsmanager zu überlassen, investieren institutionelle Anleger vermehrt direkt in einzelne Hedgefonds. Bei der Auswahl der einzelnen Hedgefonds lassen sie sich vermehrt von Consultants beraten.

Industrie im Umbruch

Neben den steigenden Ansprüchen der Kunden hat die Hedgefonds-Industrie mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Hedgefonds konkurrieren heutzutage zunehmend mit traditionellen Investmentfonds. Angelockt von den weiterhin hohen Gebührenzahlungen – 2 Prozent Verwaltungsgebühren und 20 Prozent der Erträge – in der Hedgefonds-Industrie, legen traditionelle Investmentfonds verstärkt selbst Hedgefonds auf. Möglich geworden ist dies durch eine einheitlichere und damit bessere Regulierung der Investmentbranche auf europäischer Ebene: In der Europäischen Union werden Hedgefonds-Strategien heute vermehrt nach den einheitlichen europäischen UCITS-Regeln aufgelegt und verwaltet. Verwalter alternativer Investmentfonds, die ihre Fonds in der EU vertreiben möchten, müssen in Zukunft die Anforderungen der Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) erfüllen.

Auf Strategie-Klaviatur spielen

Heute streuen institutionelle Anleger das ihnen anvertraute Vermögen nicht nur über verschiedene Branchen und Kontinente, sondern können auch auf der Klaviatur der verschiedenen Strategien spielen. Weil sich Hedgefonds stark voneinander unterscheiden, fallen auch die Ergebnisse je nach Strategie ganz anders aus.

Eine solche Streuung macht für Anleger Sinn, solange sie sich bewusst sind, dass die Rendite- und Risikocharakteristika je nach Hedgefonds-Strategie stark variieren können. Ein Beispiel: „Merger Arbitrage”“Fonds, also Strategien, die sich auf Unternehmensübernahmen fokussieren, weisen nahezu keine Korrelation mit dem Aktienmarkt auf – das heisst, sie sind von den Bewegungen des Aktienmarktes weitgehend unabhängig – wenn Aktienmärkte steigen oder seitwärts tendieren. Fallen Aktienmärkte aber stark, dann drohen bei diesen Strategien hohe Verluste, da in einer Phase grosser Marktschwäche viele angekündigte Unternehmensübernahmen verschoben oder aufgekündigt werden. Im Gegensatz dazu erzielen sogenannte Trendfolge-Strategien gute Resultate, wenn starke Abwärts- oder Aufwärtstrends an den Märkten zu beobachten sind. Diese Strategie hat Anlegern – anders als viele andere Hedgefonds-Strategien – Diversifikationsvorteile genau zum richtigen Zeitpunkt verschafft – in der Krise, als die Märkte stark einbrachen und die Korrelationen zwischen den traditionellen Anlageklassen sprunghaft anstiegen.

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