Über Trends und Baustellen im Markt für Custodians und Verwahrstellen diskutierten Karsten Ehlen, Head of Asset Servicing in der Zurich Gruppe Deutschland, Michael Fuß, Mitglied des Vorstands der XTP AG, Sebastian Klasmeier, Pension Manager DACH bei ABB, Maren Schmitz, Head of Asset Management bei KPMG Deutschland, Andrea Sturm, Managing Director und Head of Platform Sales Securities Services DACH Region bei der J.P. Morgan SE, und Patrick Westerhoff, Leiter Vertriebsmanagement Operations bei der DZ Bank. Die Diskussion moderierte Dr. Guido Birkner.

Meine Damen und Herren, welche Trends sehen Sie aktuell im Markt für Verwahrstellen?

Karsten Ehlen: Weniger ein Trend, mehr ein Effekt ist, dass sich für uns als Versicherer die Situation zur Einlagensicherung mit Blick auf die Reform des Einlagensicherungsfonds der privaten Banken signifikant verschlechtert hat.

Andrea Sturm: Derzeit bewegt ESG viele Marktteilnehmer, gerade auf KVG- und auf Investorenseite. Anleger suchen Lösungen, etwa im Reporting, und die KVGen müssen liefern. Es stellt sich auch die Frage, wie sich das Thema künftig über APIs konsolidieren lässt. Ein weiterer Trend sind alternative Anlagen. Investoren und KVGen haben entsprechende Strukturen aufgelegt und überlegen jetzt, ob sie damit bei ihren aktuellen Custodians bestmöglich aufgehoben sind. Auf der Suche nach Optimierungspotential haben viele von ihnen turnusmäßige Ausschreibungen angestoßen. Einen dritten Trend sehen wir im steigenden Bedarf bei der Wertpapierleihe seit der Zinswende. Hier sind vor allem die Asset Owner die Treiber.

„Derzeit bewegt ESG viele Marktteilnehmer, gerade auf KVG- und auf Investorenseite. Anleger suchen Lösungen, etwa im Reporting“

Andrea Sturm, J.P. Morgan SE. Foto: Andreas Varnhorn

Darüber hinaus ist eine deutliche Zunahme der RFPs nach dem Ende der Coronapandemie zu verzeichnen. Hier baut sich in gewisser Weise ein Stau ab. Zudem hat die Zinswende den Handlungsspielraum für viele Investoren erweitert. Im Ergebnis prüfen sie nun intensiver das Leistungsspektrum ihrer Custodians. Auch im Bereich der digitalen Assets kommt der Markt international in Bewegung, wobei insbesondere mit der Regulierung in den USA besondere Herausforderungen einhergehen. Für zusätzliche Bewegung im Markt sorgt darüber hinaus T+1 in den USA und Kanada. Auch hier werden Verwahrstellen und Custodians hinterfragt, und es bedarf ganz neuer Operating-Modelle sowohl auf der Wertpapier- als auch auf der Devisenseite.

Patrick Westerhoff: Der Markt ist wirklich in Bewegung. Aktuell haben wir einige Ausschreibungen auf dem Tisch. In der Regel werden Verwahrstellenmandate nur alle fünf oder zehn Jahre neu ausgeschrieben. Während der Coronajahre war die Möglichkeit, sich persönlich auszutauschen, sehr beschränkt. Der persönliche Kontakt zwischen Investor und Ansprechpartner der Verwahrstelle ist aber wichtig. Das wird jetzt nachgeholt, und dadurch sehen wir deutlich mehr Ausschreibungen am Markt, zum Teil mit, zum Teil ohne Berater, mal als öffentliche Ausschreibung, mal über eine Plattform. Der Preis spielt für die Vergabe von Mandaten immer noch eine große Rolle, auch weil sich der Mehrwert einer Verwahrstelle nicht so klar in Kennzahlen abbilden lässt wie beim Asset Management. Die Themen Stabilität und Solvenz sind auch durch die wahrgenommenen Risiken rund um die Credit Suisse wieder wichtiger geworden. Die Zinswende spüren wir natürlich auch im Fondsmarkt. Zudem werden klassische Produkte in der Direktanlage wieder attraktiver, und Produkte wie Laufzeitfonds kommen zurück. Vor zwei Jahren haben wir noch viele neue Immobilienfonds mit KVGen aufgelegt. Aktuell sind wir in diesem Segment eher mit der Migration von bestehenden Mandaten beschäftigt.

Michael Fuß: Manche Unternehmen, vor allem die Corporate Pensions, haben die interne Vorgabe, alle Verträge mit Serviceanbietern jährlich zu überprüfen, so auch das Verwahrstellenmandat. Regelmäßige Ausschreibungen führen längst nicht immer zu einem Wechsel, verursachen also viel Arbeit bei geringem Outcome. Doch die hohe Transparenz in den Dienstleistungskomponenten macht das Angebot am Ende für einen Investor griffiger. Wenn ein Investor die Verwahrstelle tatsächlich wechselt, ist er in der Regel mit den Services oder der Betreuung unzufrieden. Das sehen wir gerade bei den Global Custodians, die zumeist ein deutlich breiteres und vor allem internationales Dienstleistungsspektrum bieten können. Alternative Investments wurden bereits genannt. Hier haben viele Investoren im vergangenen Jahrzehnt kräftig zugekauft und wollen jetzt wieder Komplexität aus dem System herausnehmen, indem sie sich für dieses Exposure wieder auf eine oder zwei Verwahrstellen reduzieren.

Maren Schmitz: Wir beobachten eine fortlaufende Konsolidierung unter den Verwahrstellen. Kleinere Anbieter steigen aus dem Markt aus. Die Konsolidierung wird sich angesichts des weiter steigenden Kostendrucks fortsetzen. Überleben wird nur die Verwahrstelle oder der Custodian, der die Kundenwünsche bedienen kann. Ein Zukunftstrend ist die digitale, datengetriebene Plattform, die für alle Investoren und Kunden nutzbar ist. Diese muss anbindungsfähig, digital und zu einem hohen Grad standardisiert und automatisiert sein. Der Weg dahin ist nicht nur für die lokalen Häuser, sondern auch für die Global Custodians noch weit. Besonders bei den globalen Anbietern besteht die Herausforderung darin, ihre Plattform für Investoren – und gerade für deutsche Investoren – zugänglich zu machen. Aktuell arbeiten viele Verwahrstellen mit verschiedenen Einzelsystemen und manuellen Workarounds. Das Vorherrschen von Einzelsystemen und manuellen Tätigkeiten und das Fehlen einer durchgehenden Plattformlösung machen die Produktion teuer, so dass das Pricing – gerade im internationalen Vergleich – nicht kompetitiv ist. Ein weiterer Trend ist das Asset-Servicing-Geschäft. Das wird vor allem durch den Drang von KVGen und Asset Managern zum Outsourcing getrieben. Es lohnt sich für diese oft nicht mehr, bestimmte Services zu produzieren. Das eröffnet Verwahrstellen die Möglichkeit, solche Zusatzservices aufzugreifen und anzubieten. Das fällt Global Custodians international leichter als in Deutschland, weil hierzulande viele regulatorische Besonderheiten gelten, gerade im Steuerrecht. Einen dritten Zukunftstrend bei den Verwahrstellen sehen wir in der Distributed-Ledger-Technologie, kurz DLT. Das ist ein Disruptionselement, und wir sehen bei Banken und Verbänden viele Projekte in diesem Umfeld, zum Beispiel bei der Registerführung. Für Verwahrstellung wird DLT in Zukunft neue Geschäftsmöglichkeiten, aber auch eine Verkürzung der Wertschöpfungskette bedeuten. Zugleich wächst der regulatorische Aufwand.

Patrick Westerhoff: Wir bauen gerade unsere eigene Kryptoverwahrlösung auf. Die DZ Bank will rechtzeitig bereit sein, um digitale Finanzinstrumente für ihre Kunden verwahren und abwickeln zu können. Was man bei dem Thema nicht vergessen darf, ist, dass die zugrunde liegende Technik eines Assets für den Investor in der Regel nicht den höchsten Stellenwert hat. Die Bonität der Emittentin, Laufzeit und Höhe des Koupons werden weiter die wesentlichen Kriterien für eine Investition sein. Die Blockchain-Technik wird helfen, die Abwicklung und Verwahrung effizienter zu machen. Regulatorisch ist schon einiges auf den Weg gebracht, aber hier gibt es noch viele offene Punkte, die umgesetzt werden müssen. Von heute auf morgen wird die Wertpapierwelt nicht auf den Kopf gestellt.

Michael Fuß: Die Amerikaner werden im Mai 2024 auf T+1 umstellen. Das löst auch in Deutschland Anpassungsprobleme aus, und ich erwarte, dass es mit DLT am Ende ähnlich aussehen wird. Für ein globales Wertpapierportfolio wird es keine Alternative geben, als sich an diese Geschwindigkeit anzupassen.

Herr Ehlen, haben Sie als Investor die Problematik um T+1 im Blick?

Karsten Ehlen, Zurich Gruppe Deutschland. Foto: Andreas Varnhorn

Karsten Ehlen: Als globaler Versicherer sind wir in amerikanischen Aktien und Anleihen investiert und beobachten deshalb natürlich sehr genau, was sich um T+1 herum tut. Wir stehen mit unserer Verwahrstelle, KVG und dem Asset Manager dazu in einem laufenden Dialog. Doch letztlich obliegt es unseren Dienstleistern, dass sichergestellt ist, dass die neuen Abläufe zum verkürzten Settlement-Zyklus belastbar funktionieren. Zur DLT und Blockchain-Technologie möchte ich hervorheben, dass sich deren Mehrwert für uns als Kunden noch nicht erschließt.

 

„Ich erwarte nicht, dass Digital Assets auf Basis eines Stablecoins zeitnah Einzug halten werden. Für uns Investoren sehe ich heute darin wenig Nutzen.“

Zugleich haben bedeutende Marktteilnehmer wie Zentralverwahrer oder SWIFT natürlich ein Interesse daran, dass ihr heutiges Geschäftsmodell fortbesteht. Ich erwarte nicht, dass Digital Assets auf Basis eines Stablecoins zeitnah Einzug halten werden. Für uns Investoren sehe ich heute darin wenig Nutzen und nur begrenzt erkennbare Vorteile.

Sebastian Klasmeier: Wir bei ABB betreiben Kapitalanlage, um eine attraktive Rendite für unsere Begünstigten zu erwirtschaften. Die Technologie dahinter ist für uns zweitrangig. Zugleich sehen wir, dass das Thema DLT und Blockchain-Technologie langsam Fahrt aufnimmt, vor allem bei den KVGen, weniger bei den Custodians.

Patrick Westerhoff: Ich gebe Herrn Klasmeier vollkommen recht. Die zugrunde liegende Technik spielt bei der Anlageentscheidung eine untergeordnete Rolle. Für uns Banken und andere Intermediäre ermöglicht sie Effizienzgewinne.

Michael Fuß: Es werden in Zukunft durch die Tokenisierung andere Möglichkeiten rund um Assets erschlossen. Das betrifft zunächst das Wealth Management, also Gemälde oder Oldtimer. Doch es wird noch mindestens fünf Jahre dauern, bis die Technologie in der Breite ankommen wird.

Maren Schmitz: Die Digital-Ledger-Technologie – kurz DLT – wird die nächste Evolutionsstufe im Verwahrstellengeschäft sein. Auf dem Weg werden wir in den nächsten Jahren unterschiedliche Entwicklungsstufen sehen. Wir beobachten, wie sich schon heute neue Anbieter, Big Techs, Börsen, aber auch Bestandsinstitute selbst in dem Markt positionieren und ausloten, welche Services auch außerhalb einer klassischen Bank angeboten werden können. Es gibt mannigfache Initiativen, DLT zu nutzen, um Wertpapiere zu begeben, zu handeln und abzuwickeln. Das betrifft irgendwann auch die Verwahrstellen, Asset Manager, KVGen und letztlich auch die Investoren. Deshalb ist es für sie ratsam, sich nicht nur technologisch innovativ aufzustellen und die Entwicklungen aktiv zu verfolgen, sondern von Anfang an auch die regulatorische Seite im Blick zu haben, wie zum Beispiel KYC/Geldwäsche.

„DLT wird die nächste Evolutionsstufe im Verwahrstellengeschäft sein. Auf dem Weg werden wir in den nächsten Jahren unterschiedliche Entwicklungsstufen sehen.“

Mittelfristig kann es daher sein, dass auch andere Player mit viel größeren Technologiekompetenzen in Cloud, Daten und Systemen im Markt für Banken Geschäfte durchführen, die bislang Banken vorbehalten waren. Dabei stellt sich die Frage, wie sie kooperieren werden. Für den Verwahrstellenmarkt bedeutet das eine große Disruption und die Neuausrichtung von Services, um die Verwahrung der Zukunft unter anderem durch private Wallets möglich zu machen. Das macht natürlich die Erneuerung der vorhandenen Technologie und IT-Systeme notwendig.

Patrick Westerhoff: Die Blockchain-Technologie wird sich dann durchsetzen, wenn sich Industriestandards und das notwendige regulatorische Regelwerk etabliert haben. Die Verwahrstellen müssen bei der Umsetzung dann die Entscheidung treffen, welche Themen sie selbständig und welche sie mit Technologiepartnern umsetzen.

Heute sehen wir viele unterschiedliche IT-Systeme von Verwahrstellen im Markt. Ein Standard ist noch nicht in Sicht?

Andrea Sturm: Die genutzten IT-Systeme eines Custodians richten sich immer nach dem jeweiligen Operating Model, nach den Ländern, in denen er aktiv ist und deren Regulatorik sowie nach den Services und Funktionen, die er dort anbieten will. Die Kunst besteht darin, alle Anforderungen in einem System darstellen zu können. Diese Konsolidierung in einer harmonisierten IT-Struktur ist nicht selbstverständlich und doch erfolgskritisch für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Karsten Ehlen: Wir als Investor beobachten, dass KVGen und Verwahrstellen das Insourcing- und Outsourcing-Potential bei einzelnen Themen abschöpfen. Doch für uns würde ein Fragezeichen auftauchen, wenn eine KVG beispielsweise ihre Fondsbuchhaltung outsourcen würde. Da könnte rasch Gesprächsbedarf von unserer Seite aufkommen. Für uns als Kunde ist es immer wichtig, dass ein tragfähiges Geschäftsmodell hinter der Kooperation mit unseren Partnern steht. Jeder generierte Euro bietet Raum, das zukünftige Geschäft sicherzustellen.

Michael Fuß: Gerade bei großen Custodians ist der Fokus auf den einzelnen Investor als individuellen Endkunden nicht immer stark ausgeprägt. Zugleich ist der Markt der Altersvorsorgeeinrichtungen in Deutschland sehr zersplittert. Da stellt sich schnell die Frage, ob ein Pensionsvermögen von drei Milliarden Euro für einen Global Custodian überhaupt attraktiv ist. Welche Verwahrstelle kann ein solches Vermögen mit Skaleneffekten verbinden, damit es ein kompetitives Angebot hierfür vorlegen kann? Selbst bei Vermögen im Milliardenbereich muss man nach der passenden Konstellation aus KVG und Verwahrstelle suchen, damit das Geschäft langfristig profitabel betrieben, aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit eines Global Custodian abgerufen werden kann.

Patrick Westerhoff: Global Custodians prüfen meiner Wahrnehmung nach tatsächlich immer genauer, ob ihnen ein Geschäft in der genannten Größenordnung zu kleinteilig ist. Als Local Custodian fühlen wir uns mit Spezialfonds ab einer Größenordnung von 50 Millionen Euro sehr wohl und können diesen Kunden einen exzellenten Service bieten. Wichtig ist auch, mit allen Beteiligten regelmäßig zu sprechen, wer in der Wertschöpfungskette für wen Ansprechpartner ist. Der ungebrochene Trend zur Auslagerung und Unterauslagerung bei KVGen und Asset Managern führt zu Mehraufwand bei den Verwahrstellen. Hier sind gutes Partnermanagement sowie eine klare Prozesszuständigkeit wichtig.

Andrea Sturm: Wir als J.P. Morgan haben mit unserem Operating Model seit jeher auf Großkunden abgestellt. Dementsprechend hat sich die Frage nach der Tragfähigkeit kleiner Kundengrößen für uns nie gestellt. Natürlich gibt es auch Kunden, bei denen – abgesehen vom Verwahrstellengeschäft – ein Gesamtbankinteresse an einer Zusammenarbeit besteht. Zugleich bieten wir aber auch anderen Banken unser Asset Servicing an, damit diese wiederum ihre mittelständischen Geschäftskunden servicieren können. Wir halten es für äußerst wichtig, dass es auch künftig ausreichend Verwahrstellen am deutschen Markt gibt und alle Größenordnungen von Kunden in Deutschland bedient werden können.

Bleibt also auch der Markt für kleinere und mittelgroße Verwahrstellen in Deutschland ein Wachstumsmarkt – trotz der Konsolidierung?

Michael Fuß, XTP AG. Foto: Andreas Varnhorn

Michael Fuß: Auf jeden Fall! Der deutsche Markt ist nun mal kleinteiliger im internationalen Vergleich. Deshalb ist es wichtig, dass auch mittelgroße Pensionseinrichtungen ihre Heimat finden. Dabei sollte es den Einrichtungen nicht zuerst um den Preis gehen, sondern um eine Verwahrstelle, die ihr Dienstleistungsspektrum auch noch in fünf oder zehn Jahren anbieten kann. So ist etwa das konsolidierte Reporting unter Einbindung von Direktanlagen aufwendiger als das von Fonds, und hierfür sollte es ein aufwandsbezogenes Pricing geben, das dem Verwahrstellenanbieter erlaubt, langfristig wettbewerbsfähig zu sein.

„Der deutsche Markt für Verwahrstellen ist nun mal kleinteiliger im internationalen Vergleich. Deshalb ist es wichtig, dass auch mittelgroße Pensionseinrichtungen ihre Heimat finden.“

In der genannten Größenordnung der Vermögen lassen sich zudem Synergien zwischen KVG und Verwahrstelle aus einem Haus heben, zum Beispiel in der Buchhaltung und der Fondspreisüberprüfung, um das Modell tragfähig zu gestalten. Die Gretchenfrage lautet dann immer, ab wann ein solches Modell von den Anbietern profitabel angeboten werden kann.

Kundenservice und Kundenzufriedenheit sind wichtige Faktoren für die Auswahl und den Verbleib eines Investors bei seiner Verwahrstelle. Welche Aspekte sind Ihnen, Herr Klasmeier, dabei besonders wichtig?

Sebastian Klasmeier: Grundsätzlich ist das Preis-Leistungs-Verhältnis für uns eine zentrale Messgröße bei der Verwahrstelle. Essentiell sind für uns bestimmte aggregierte Reportings, weil wir unser Kapital global anlegen. Dazu gehört natürlich ein Performance-Reporting. ESG-Reporting wird immer interessanter, auch wenn hier noch nicht alle Marktstandards definiert sind. Hier sehe ich die KVGen im Augenblick noch vorn, aber auch Verwahrstellen bieten mittlerweile solche ESG-Reportings an.

Patrick Westerhoff: Für uns als Verwahrstelle stellt sich immer die Frage, ob wir ein solches ESG-Reporting anbieten wollen oder nicht. Für die Umsetzung der ESG-Strategie ist die KVG beziehungsweise der Asset Manager zuständig, so dass hier kundenseitig sowieso die Notwendigkeit eines Reportings besteht. Interessant wird es dann, wenn es um die Direktanlage außerhalb des Spezialfonds geht. Neben etwaigen Reporting-Dienstleistungen stehen wir als Verwahrstelle auch vor der Herausforderung, das zugrunde liegende ESG-Regelwerk zu kontrollieren. Dabei geht es um Themen wie Verfahrenskontrolle bei der KVG, eigene Daten und die unterschiedlichen Messverfahren in den Asset-Klassen. Wir müssen uns immer mit zwei Fragen beschäftigen: Was müssen wir als Verwahrstelle umsetzen, um unseren Kontrollaufgaben gerecht zu werden? Und: Was wollen wir zusätzlich als Dienstleistung anbieten?

Andrea Sturm: Als Global Custodian sehen wir ESG-Reporting als einen erheblichen Zusatzservice an, weil wir in der Lage sind, dies sowohl lokal als auch global darzustellen. Dabei richtet sich unser Angebot nicht nur an Asset Owner, sondern künftig auch an Asset Manager und KVGen. Diese werden API-gestützt in die Lage versetzt, trotz unterschiedlicher Vendoren und ohne den Aufbau manueller Ressourcen effektive ESG-Reportings zu erstellen. Dabei setzen wir auf zwei Optionen für den Datentransfer: einmal unsere API-Cloud FUSION und zum anderen ESG-Reportings für Asset Owners. Wir beteiligen uns auch an internationalen Ausschreibungen für ESG-Reportings. Wir denken: Wenn ein Global Custodian ein ESG-Reporting anbietet, dann benötigt der Asset Owner nicht mehr den Report der KVG.

Michael Fuß: Wir sehen bei Ausschreibungen immer wieder, dass eine Verwahrstelle heute bestimmte Hygienefaktoren wie ein ESG-Reporting oder ein virtuelles Pension Pooling zu transparenten und marktgerechten Preisen anbieten muss. Darüber gelingt es den Anbietern heute besser als noch vor einigen Jahren, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und herauszustellen, wo sie den Kunden einen Mehrwert bieten können. Ansonsten reduziert sich das Leistungsportfolio auf die Kerndienstleistungen wie das Settlement von Aktien und Renten, doch das kann jede Verwahrstelle bieten. Dann bleibt das Pricing als einziger Unterscheidungsfaktor übrig – das ist zu wenig.

Andrea Sturm: Auch Auto-FX ist ein Differenzierungsmerkmal. Durch die steigende Nachfrage nach Emerging Markets Assets durch die lange Talfahrt im Negativzinsumfeld hat sich das Devisengeschäft – auch für exotische Währungen – zu einem kritischen Faktor entwickelt, der sich entsprechend in den Ausschreibungen niederschlägt.

Maren Schmitz, KPMG Deutschland. Foto: Andreas Varnhorn

Maren Schmitz: Es geht für Verwahrstellen darum, alle Services der gesamten Wertschöpfungskette modular auf einer Plattform über API oder eine andere Technologie anschließbar zu machen. Die Plattform und ihre Funktionen müssen für die Kunden einfach erreichbar sein und einen einfachen Datenaustausch ermöglichen. ESG ist ein reines Datenthema. Die Verwahrstellen, die qualitativ gute Daten – auch für alternative Investments – anbieten können, besitzen ein Differenzierungsmerkmal für sich. Zudem die friktionslose Anschließbarkeit an eine Plattform, an die ein Investor oder eine KVG andocken kann. Beim reinen ESG-Reporting sehe ich die großen KVGen derzeit noch weit vor den Verwahrstellen, denn sie haben sich in den vergangenen Jahren sehr tief in das Thema eingearbeitet. Verwahrstellen haben beim Reporting aber auch Chancen, und zwar bei der Konsolidierung des Direktbestands und beim Erstellen eines hochtechnologischen Reportings. Das können die KVGen in der Cloud und über Data Interfaces nicht zur Verfügung stellen. KVGen investieren hier nicht nur in die Technik, sondern sie achten auch sehr auf die fachliche Korrektheit der Daten. Dabei liegen bislang für viele alternative Asset-Klassen noch keine ESG-Daten vor, oder sie müssen selbst generiert werden. Fondsgesellschaften und Investoren müssen für ihre Pflicht-Reportings Daten zu Alternatives liefern. Diese Daten werden über die Zeit verfügbar sein, so wie dies bei neuen Regularien über den Zeitablauf immer zu beobachten ist.

Herr Ehlen, wie regelmäßig tauschen Sie sich direkt mit Ihrer Verwahrstelle aus?

Karsten Ehlen: Ich pflege einen regelmäßigen, in der Regel monatlichen Dialog mit ihr. Ich finde es positiv, wenn beide Seiten kritische Themen gemeinsam lösen. Wichtig ist mir, dass ich immer Zugriff auf Schlüsselpersonen in der Verwahrstelle habe, die von oben einen eigenen Blick auf den jeweiligen Sachverhalt haben. Erfolge sind gelöste Probleme. Wenn ich mit dem Dienstleister mal nicht zufrieden bin, dann artikuliere ich dies klar und deutlich.

Patrick Westerhoff: Neben den regelmäßigen Serviceterminen ist es vor allem wichtig, in zeitkritischen Momenten schnell und effizient zu reagieren. Häufig reden Investor und Verwahrstelle dann direkt miteinander, wenn es ein Thema im Settlement gibt oder weil zwischen den Prozessbeteiligten etwas nicht ganz rundläuft. Dann erwartet der Kunde zu Recht, dass sein direkter Ansprechpartner sich kümmert und das Notwendige zur Lösung beiträgt.

Karsten Ehlen: Ich komme mir beizeiten eher wie ein Mediator vor, der zwischen der Verwahrstelle, der KVG und dem Asset Manager vermittelt. Dabei brauchen wir rasche und tragfähige Lösungen, mit denen jede involvierte Partei gut leben kann. Am Ende sollte es nicht dazu führen, dass das Verhältnis zu unserem Dienstleister damit gestört wäre.

Sebastian Klasmeier: Solche Situationen kennen wir auch, und manchmal muss ich Einzelgespräche mit unseren Dienstleistern führen.

Herr Fuß, was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe dafür, dass ein Investor ein Verwahrstellenmandat öfter und in einer kürzeren Taktung als in der Vergangenheit ausschreibt?

Michael Fuß: Meistens führt ein Problem im Betreuungsmodell zu einer vorzeitigen Neuausschreibung und einem Wechsel des Mandats. Das kann geringe Wertschätzung oder ein nicht gelöstes Problem sein, weniger der Preis. Ein Investor sollte die Komplexität des Dienstleistungsangebots einer Verwahrstelle überblicken können und wissen, wo die ausschlaggebenden Punkte für das eigene Portfolio sind. Tatsächlich ist das Spektrum an Dienstleistungen mit Clearing et cetera sehr groß. Aus meiner Sicht kommt die Unzufriedenheit von Investoren mit ihren Verwahrstellen nicht daher, dass beispielsweise beim Settlement etwas schiefgegangen ist, sondern eher aus Unzufriedenheit bei Add-on-Services. Grundsätzlich haben viele Investoren den Wunsch, das gesamte Portfolio mit einem einzigen Dienstleister abdecken und beispielsweise Reportings konsolidieren zu können. Ein Unterscheidungsmerkmal, das wir in der jüngeren Vergangenheit mehrfach gesehen haben, ist zum Beispiel die Möglichkeit – oder deren Fehlen –, Emerging Markets lokal abzubilden. Auch hat in den vergangenen Jahren ein Wildwuchs bei den Verwahrstellenmandaten für die verschiedenen Vermögen einzelner Investoren dazu geführt, dass eine Konsolidierung aus unserer Sicht sinnvoll wäre.

Patrick Westerhoff, DZ Bank. Foto: Andreas Varnhorn

Patrick Westerhoff: Wir bieten unseren Kunden ein großes Serviceportfolio selbst an, andere kaufen wir extern dazu oder vermitteln sie über Partner. Etabliert hat sich vor allem bei den liquiden Fonds, dass die KVG dem Anleger die Auswahl der Verwahrstelle überlässt. Bei Alternatives sieht das teilweise anders aus, hier gibt es häufig noch Hausbankbeziehungen zwischen KVG und Verwahrstelle. Hier ist der Markt enger, und es gibt weniger Anbieter.

Andrea Sturm: Komplexer wird eine Ausschreibung bei global aufgestellten Kunden mit weltweiten Pensionsplänen. Natürlich gibt es lokale Ansprechpartner vor Ort, doch der Hauptansprechpartner ist immer da, wo der Kunde seinen Hauptsitz hat.

Schauen wir genauer auf das Pricing. Wie intensiv ist der Preiskampf am Verwahrstellenmarkt heute noch, vor allem beim Blick auf liquide Assets und Alternatives?

Patrick Westerhoff: Hier müssen wir differenzieren. Der harte Preiskampf, den wir noch vor fünf Jahren gesehen haben, hat sich gelegt. Generell ist es schwierig, die Preismodelle und Angebote mehrerer Verwahrstellen miteinander zu vergleichen, weil die Preislisten oft hinsichtlich Services, Aufbau und Bepreisung verschieden ausgeprägt sind. Wir sind in den letzten zwei Jahren mit unserem modularen Angebot gut zurechtgekommen und stellen fest, dass marktseitig Verständnis dafür da ist, dass auch die Verwahrstelle profitabel arbeiten muss. Hilfreich ist auf jeden Fall, dass wir wieder Zinsen auf die Liquidität zahlen können.

Michael Fuß: Ausschlaggebend ist die Transparenz. Die Investoren als Kunden wollen verstehen, wofür sie einen Preis bezahlen. Aufwandsbezogenes Pricing sollte implementiert werden, gerade angesichts des höheren Aufwands bei Alternatives. Manuelle Leistungen müssen auch entsprechend entlohnt werden. Die deutsche KVG-Logik setzt eben voraus, dass eine Verwahrstelle in vielen Dingen mitdenkt, und das erfordert nun mal seinen fairen Preis. Es geht darum, Auto-FX-Prozesse und Ähnliches zu durchdringen und auf das Portfolio umzulegen. Bei Pitches und Preisverhandlungen sieht man natürlich immer eine Differenzierung zwischen den großen Custodians und Verwahrstellen auf der einen Seite und den mittelgroßen auf der anderen Seite. Die großen Player verfügen über eine ganz andere Einkaufsmacht als kleinere Häuser. Deshalb beharren Letztere eher auf pauschalen Preiskomponenten, um bei Ausschreibungen gegenüber den Großen nicht immer den Kürzeren zu ziehen. Letztlich muss man sich jedes Angebot, jedes Mandat und jeden Investor einzeln anschauen, um bewerten zu können, ob ein Preisangebot angemessen ist oder nicht. Das hat weniger mit Pauschal- oder modularen Preisstrukturen zu tun, sondern da geht es eher um die Allokation, den Turnover und die Zusammensetzung des Portfolios. Gerade bei den Alternatives muss man schauen, welche Assets überhaupt verwahrfähig sind.

Was ist Investoren, die ihre Alternatives-Exposures deutlich ausgebaut haben, im Hinblick auf ihre Verwahrstelle zu raten?

Maren Schmitz: Bei Alternatives versuchen Verwahrstellen und KVGen natürlich, für ihre Kunden alles möglich zu machen, aber die Sicherheit darf nicht zu kurz kommen. Der administrative Aufwand ist bei alternativen Anlagen deutlich höher als bei liquiden Assets. Es bestehen oft keine standardisierten Prozesse, vielmehr ist noch händische Arbeit notwendig. Damit steigt die Fehleranfälligkeit von Prozessen. Es ist Investoren zu raten, sich solche Prozesse ihres Custodians genau anzuschauen und zu prüfen, ob er die einzelnen alternativen Anlagen in seinem System abgebildet hat. Excel-Sheets reichen dafür längst nicht mehr aus, und auch das Mehr an Mitarbeitern in solchen Teams seit der Covid-Pandemie ist nicht die Lösung. Vielmehr sollten Verwahrstellen und KVGen ihre Prozesse auf Effizienz, Stabilität und Qualität hin untersuchen. Das betrifft auch deren Zukunftsfähigkeit hinsichtlich Digitalisierung und Automatisierung, um zukünftige Wettbewerbsfähigkeit – auch über den Preis – sicherzustellen. Dann lässt sich auch wieder über Preise anders verhandeln.

Karsten Ehlen: Es ist wichtig, sich auch mit den operationellen Tiefen zu beschäftigen. Keine Partei tut sich selbst einen Gefallen damit, zu viele Prozesse auf Kante zu nähen. Es erschreckt mich, zu sehen, wie viele Faxe die Parteien teils immer noch hin- und herschicken. Eine meiner jüngsten Initiativen war die Umstellung von Fax auf SWIFT für eine Zahlungsinstruktion der KVG an die Verwahrstelle für Capital Calls.

Patrick Westerhoff: Das Operating Model zwischen KVG, Asset Manager und Verwahrstelle für Wertpapierfonds ist hochautomatisiert. Bei Immobilien- und anderen Alternatives-Fonds ist das nicht überall möglich. Es benötigt immer einen Experten, der einen Immobilienkaufvertrag, ein Bewertungsgutachten für einen Windpark oder die Zeichnungsbedingungen für eine unregulierte Beteiligung verstehen und bewerten kann. Der Erwerb solcher Investments ist in der Regel auch kein Zahlungslieferungsgeschäft. In diesem Zusammenhang ist Fraud-Prävention in der Investment-Industrie ein wichtiger Faktor. Welche Callback-Vereinbarungen liegen vor? Von welchen Personen darf man Aufträge annehmen? Stimmen die übermittelten Zahlungsinstruktionen mit unseren Aufzeichnungen überein? Wir müssen bei allen Vorgängen besonders sensibilisiert sein, die nicht vollständig maschinell durchgeführt werden. Ich würde den Investoren raten, sich von den jeweiligen Fachexperten in der Verwahrstelle ein Bild zu machen.

Karsten Ehlen: Ausgewählte Prozesse zwischen Verwahrstelle, KVG und Asset Manager sind meines Erachtens nach wie vor von Ineffizienzen gekennzeichnet.

Sebastian Klasmeier: Natürlich gibt es bei den manuellen Prozessen noch Luft nach oben, aber das ist sicher kein rein deutsches Phänomen. Solchen Nachholbedarf sehen wir auch in anderen Ländern.

„Natürlich gibt es bei den manuellen Prozessen noch Luft nach oben, aber das ist sicher kein rein deutsches Phänomen.“

Maren Schmitz: Wir werden den Einsatz von mehr KI brauchen, um dem potentiellen Fraud-Problem im Alternatives-Bereich Herr zu werden.

Und wo stehen die Verwahrstellen – unabhängig von Alternatives – bei der Digitalisierung?

Maren Schmitz: Ich sehe im Entwicklungsgrad der Digitalisierung eine Kluft zwischen den Global Custodians, deren Prozesse besser digitalisiert sind, und der durchschnittlichen Verwahrstelle in Deutschland, die hier noch Nachholbedarf hat. Ein grundsätzliches Problem bei der Digitalisierung ist zum Beispiel, dass oft verschiedene Systeme nicht miteinander reden können. Das Problem des mehrfachen Medienbruchs sehen wir in der gesamten Asset-Management-Branche, sowohl bei Verwahrstellen als auch bei Asset Managern. Der Einsatz von BVI-Sheets oder Prozessschritte beim Settlement oder auch die Abstimmungsprozesse im Rahmen der Anteilwertermittlung – das ist alles noch sehr ineffizient und anfällig für Fehler und sollte vollautomatisiert werden. Je genauer man sich die Prozessketten anschaut, desto mehr Ineffizienzen und Medienbrüche entdeckt man.

Patrick Westerhoff: Natürlich arbeiten wir daran, Prozesse durch KI oder Plattformen et cetera zu verbessern. Dabei machen wir signifikante Fortschritte. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es Prozessschritte etwa im Zusammenhang mit Eigentumsprüfungen und Bewertung gibt, die weiterhin von Experten verantwortet werden müssen. Der Einsatz von KI kann hier natürlich ein wichtiger unterstützender Faktor für die Analyse werden.

Herr Ehlen, nutzen Sie einen Einkaufsmanager oder kaufen Sie als Verwahrstelle selbst ein?

Karsten Ehlen: Wir kaufen tatsächlich selbst ein und haben über die letzten 20 Jahre gute Erfahrungen damit gesammelt. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir uns als Investor zu Beginn Gedanken darüber machen, welche Leistungen wir bei der Verwahrstelle abrufen wollen. Wie sieht dabei die Perspektive in unserer Asset-Allokation aus? Welche Produkte sollen in den nächsten Jahren zusätzlich nachgefragt werden? Wir sind vor gut zehn Jahren mit verschiedenen Private-Debt-Varianten gestartet und haben für jede jeweils mit der KVG und der Verwahrstelle ein Trio gebildet, das sich immer wieder dazu ausgetauscht hat. Zudem ziehe ich es vor, dass die Kosten sowohl oberhalb als auch unterhalb der Wasseroberfläche so transparent wie möglich sind. Das hilft mir, die tatsächlichen Kosten für unser zukünftiges Portfolio frühzeitig zu kalkulieren.

Sebastian Klasmeier, ABB. Foto: Andreas Varnhorn

Sebastian Klasmeier: Wir kaufen in erster Linie ebenfalls selbst ein und holen uns punktuell interne oder externe Unterstützung hinzu, vor allem bei RFPs.

Sind Ausschreibungen von Investoren, die keine Berater nutzen, qualitativ genauso gut wie die RFPs, die mit Hilfe von Consultants erstellt werden?

Patrick Westerhoff: Vor allem sehr große Investoren schreiben häufig auch selbständig aus. Hier wurde im Laufe der Jahre viel eigenes Know-how aufgebaut. Diese Ausschreibungen sind sehr professionell und auf die eigenen Anforderungen abgestimmt. Wir können aber in Summe festhalten, dass wir in der Regel immer noch die eine oder andere Rückfrage zu den gestellten Anforderungen und den abgefragten Inhalten haben. Das ergibt sich aus der Komplexität des Themas.

Michael Fuß: Es gibt bei den wenigsten institutionellen Investoren Spezialisten wie Karsten Ehlen von der Zurich Versicherung, die Asset Services selbst bewerten und einkaufen können. Oft verbleibt diese Aufgabe im Portfoliomanagement oder bei Stabsstellen. Die Teams finden dort nicht immer die Zeit, um sich so tief wie notwendig mit der Ausschreibung zu beschäftigen. Beauty Contest und Einladungstext vorbereiten und nachbereiten – das kostet schon ein paar Tage.

Andrea Sturm: Kunden, die bereits heute schon mit einem Global Custodian arbeiten, werden Ausschreibungen und Onboarding-Prozesse ohne Einschaltung eines Consultants leichter darstellen können als Marktteilnehmer, die bislang mit einer lokalen Verwahrstelle gearbeitet haben und zu einem Global Custodian wechseln wollen. Allein das Onboarding bedeutet aufgrund der vielschichtigen neuen Themen einen Paradigmenwechsel. In Deutschland können wir dies schon seit den 1990er Jahren beobachten, als die ersten Global Custodians in den Markt eingetreten sind. Die Ausschreibungen wurden seither immer detaillierter und damit umfangreicher.

Karsten Ehlen: Wir bei Zurich konzipieren den Fragebogen selbst und binden dafür die involvierten internen Einheiten frühzeitig ein, die Berührungspunkte mit der Verwahrstelle haben. Hier sind auch globale Teams mit eingebunden. Entsprechend facettenreich hat sich unser Fragenkatalog über die Jahre entwickelt. Es dreht sich ja nicht nur um den Kauf einer Bundesanleihe, sondern um globale Vermögenswerte, die teils sehr unterschiedliche Anforderungen aufzeigen.

Summary

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Key Facts

  • Der Kosten- und Digitalisierungsdruck treibt die Konsoldierung unter Verwahrstellen voran
  • Um Komplexität aus den alternativen Investments zu nehmen, wollen Verwahrstellen mit weniger Custodians kooperieren
  • Das Asset-Servicing-Geschäft von Verwahrstellen wächst dank des Outsourcings von Services durch KVGen und Asset Managern
  • Investoren suchen Lösungen für ESG-Reporting. Offen ist die Frage, wie sich ESG künftig über APIs konsolidieren lässt

Andrea Sturm sieht im Markt viel Bewegung durch die T+1-Regulatorik, die in den USA und Kanada im kommenden Jahr in Kraft tritt. Dafür brauchen Verwahrstellen und Custodians neue Operating Model auf der Wertpapier- und der Devisenseite. Patrick Westerhoff registriert derzeit deutlich mehr Ausschreibungen im Markt für Verwahrstellen. Diese RFPs erfolgen zum Teil mit, zum Teil ohne Berater, mal als öffentliche Ausschreibung, mal über eine Plattform. Der Preis spiele für die Vergabe von Mandaten immer noch eine große Rolle. Karsten Ehlen beobachtet genau, was sich bei T+1 tut, sieht die Verantwortung für die Sicherstellung stabiler Abläufe zum verkürzten Settlement-Zyklus bei Verwahrstellen, KVGen und Asset Managern. Er betont, dass sich für ihn als Kunden der Mehrwert der DLT und der Blockchain-Technologie noch nicht erschließe. Sebastian Klasmeier unterstreicht die Priorität der Kapitalanlage, attraktive Renditen für die Begünstigten zu erwirtschaften, während die Technologie dahinter zweitrangig ist. Zugleich nehmen DLT und Blockchain-Technologie nach seiner Wahrnehmung vor allem bei KVGen Fahrt auf. Maren Schmitz sieht in der digitalen, datengetriebenen Plattform, die für alle Investoren und Kunden nutzbar ist, einen Zukunftstrend. Die Plattform müsse anbindungsfähig, digital und zu einem hohen Grad standardisiert und automatisiert sein. Vor dieser Herausforderung sieht Schmitz Global Custodians ebenso wie mittlere Häuser. Michael Fuß nennt Unzufriedenheit mit Services oder Betreuung als Hauptgrund für den Wechsel bei Verwahrstellenmandaten. Regelmäßige Ausschreibungen führen nach seiner Ansicht nicht immer zu einem Wechsel, erhöhen aber die Transparenz in den Service-Komponenten und machen das Angebot für einen Investor griffiger

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