Die deutsche Fondsbranche hat turbulente Zeiten erlebt. Laut dem BVI-Jahrbuch 2023 ging das Vermögen um fast 12 Prozent zurück. Trotz dieser Herausforderungen zeigt sich die Branche langfristig robust.

Die deutsche Fondsbranche musste im vergangenen Jahr einen Dämpfer einstecken: War das für heimische Kunden verwaltete Vermögen von 2019 bis 2021 auf ein Rekordniveau von 4,31 Milliarden Euro gestiegen, sorgten sinkende Aktien- und Anleihekurse 2022 für einen empfindlichen Rückgang von knapp 12 Prozent auf 3,81 Milliarden Euro. Das geht aus dem BVI-Jahrbuch 2023 hervor, das der deutsche Fondsverband zur Jahresmitte veröffentlichte und in dem er zahlreiche Daten, Fakten und Perspektiven präsentiert. Auch das Volumen offener Spezialfonds, deren verwaltetes Vermögen seit 2012 Jahr für Jahr stieg, schrumpfte um gut 11 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro. Doch auf lange Sicht bleibt die deutsche Fondsbranche ein Wachstumsmarkt: Im Zeitraum der vergangenen zehn Jahre stieg das Gesamtvermögen um rund 87 Prozent, offene Spezialfonds konnten ihr Volumen sogar fast verdoppeln.

Beim Nettomittelaufkommen ging es gegenüber 2021, dem mit 250 Milliarden Euro besten Absatzjahr der Geschichte, auf 59 Milliarden Euro ebenfalls deutlich bergab. Doch im Unterschied zu anderen Märkten flossen Fonds in Deutschland trotz Krise immerhin neue Mittel zu. Eine wesentliche Stütze des Neugeschäfts waren dabei Spezialfonds, denen institutionelle Investoren 63 Milliarden Euro neu anvertrauten.

Größte Anlegergruppe sind Versicherer und Pensionseinrichtungen, auf sie entfallen 35 Prozent des gesamten Fondsvermögens, das fast zur Hälfte (45 Prozent) für die Altersvorsorge verwaltet wird. Kapitalbindende Lebensversicherungen machen mit 33 Prozent den größten Teil davon aus, gefolgt von der betrieblichen Altersvorsorge mit 28 Prozent.

In den vergangenen Jahren haben institutionelle Investoren ihr Vermögen verstärkt von Mandaten in Spezialfonds umgeschichtet: 77 Milliarden Euro flossen von Anfang 2018 bis Ende 2022 aus Mandaten ab, offene Spezialfonds generierten in diesem Zeitraum Nettozuflüsse in Höhe von 470 Milliarden Euro. Bei Letzteren stellen Altersvorsorgeeinrichtungen wie berufliche Versorgungswerke mit rund 670 Milliarden Euro die volumenstärkste Anlegergruppe. Seit 2017 sind sie dank hoher Mittelzuflüsse um fast 50 Prozent gewachsen. Versicherer folgen mit 528 Milliarden Euro auf Platz zwei, ihr Vermögen schrumpfte in den vergangenen fünf Jahren jedoch um 5 Prozent. Hier machen sich Kursverluste aufgrund steigender Zinsen negativ bemerkbar, denn aus regulatorischen Gründen müssen Versicherer einen hohen Anleiheanteil in ihren Spezialfonds halten.

Altersvorsorgeeinrichtungen dominieren auch das Neugeschäft in dieser Kategorie. Mit netto 56 Milliarden Euro legten sie 2022 eine Rekordsumme in offenen Spezialfonds an – 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit haben sie einen Anteil von 85 Prozent am gesamten Neugeschäft dieser Fondsgruppe. Bereits seit 2016 führen Altersvorsorgeeinrichtungen die Absatzliste an. Dazu dürften Ausgründungen aus Versicherungsgesellschaften beigetragen haben, aber auch die demografische Entwicklung, die daraus folgende Notwendigkeit einer stärkeren Vorsorge sowie die positive Arbeitsmarktlage.

Der Portfoliomix hat sich in den vergangenen fünf Jahren verändert, institutionelle Investoren haben ihre Anlagestrategie für Spezialfonds an das Niedrigzinsumfeld angepasst: Auf der Suche nach Rendite reduzierten sie den Anleiheanteil von 62 auf 43 Prozent deutlich. Andere Fonds wie ETFs, aber auch Aktien, sind inzwischen mit 27,9 bzw. 14,7 Prozent stärker gewichtet als noch 2017. Das wirkt sich auf die Renditen aus. Die beste Wertentwicklung erzielten Banken und private Organisationen ohne Erwerbszweck (Stiftungen oder Kirchen). Dank ihrer überdurchschnittlich hohen Aktienquote erreichten sie seit 2009 jährliche Renditen von im Schnitt 4,5 bzw. 3,9 Prozent. Aufgrund regulatorischer Einschränkungen in der Anlagepolitik bleiben Versicherer mit 3,4 Prozent dahinter zurück.

Ein immer größeres Vermögen in offenen Spezialfonds wird durch Dritte gemanagt. 46 Prozent der 1,8 Billionen Euro in Wertpapier-Spezialfonds entfallen inzwischen auf konzernfremde Asset Manager. 2018 lag der Anteil noch bei 41 Prozent. Noch deutlicher Fahrt aufgenommen hat die Ausgliederung des Portfoliomanagements bei offenen Immobilien-Spezialfonds. 2022 steuerten Manager außerhalb des Konzerns 36 Prozent des Vermögens, 2018 waren es noch 26 Prozent. Ins Bild passt, dass institutionelle Investoren in den vergangenen Jahren häufig Master-KVG-Lösungen bei der Kapitalanlage eingesetzt haben, in denen sie mehrere offene Spezialfonds in einem Masterfonds zusammenfassen, der aus verschiedenen Segmenten besteht. 64 Prozent nutzen die Vorteile eines einheitlichen Reportings und einer zentralen Risikosteuerung.

Offene Immobilien-Spezialfonds konnten entgegen dem allgemeinen Branchentrend ihr verwaltetes Nettovermögen um knapp 15 Prozent auf 156 Milliarden Euro steigern. Seit 2012 haben sie es sogar mehr als vervierfacht. Dafür waren wegen des Niedrigzinsumfelds in erster Linie institutionelle Anleger verantwortlich, die Zahlungsverpflichtungen nachkommen müssen. Beim Neugeschäft konnte die Asset-Klasse 2022 das Rekordniveau des Vorjahres von gut 13 Milliarden Euro halten. Das Netto-Transaktionsvolumen der Immobilien-Spezialfonds ist im vergangenen Jahr jedoch massiv eingebrochen. In Deutschland erwarben sie für lediglich 900 Millionen Euro (2021: 3,6 Milliarden Euro) neue Objekte, im Ausland kam es sogar zu Verkäufen in Höhe von 500 Millionen Euro (2021: Zukäufe von 1,6 Milliarden Euro). Diese Zurückhaltung dürfte vor dem Hintergrund des guten Neugeschäfts vor allem mit wirtschaftlicher Unsicherheit und den steigenden Finanzierungskosten zusammenhängen. So sind die Verbindlichkeiten offener Immobilienfonds laut Bundesbank durch den Zinsanstieg im Jahr 2022 um 10,4 Prozent gestiegen.

Aktuelle Beiträge