Nach wie vor werden die oberen Management-Ebenen in der europäischen Finanzbranche von Männern dominiert – dies gilt speziell fürs Asset Management. Andere Banking-Segmente zeigen sich marginal ausgeglichener. „Insgesamt sehen wir die kleinsten Unterschiede zwischen dem Anteil von Männern und Frauen im Asset Management in Großbritannien“, erklärt Florian Frank, Senior Director, Head of Talent & Rewards bei Willis Towers Watson (WTW). Im Gegensatz dazu sind in der Schweiz kaum Frauen in Führungspositionen vertreten. In Deutschland liege der Männeranteil auf höheren Senioritätsstufen bei rund 90 Prozent.
Dem Gesetzgeber ist diese Misere – natürlich kein Problem der Finanzbranche allein – nicht entgangen. Zum Jahresauftakt 2021 verabschiedete das deutsche Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf zur Besetzung von Vorständen börsennotierter Unternehmen mit Frauen. Zählt ein Vorstand mehr als drei Köpfe, soll demnach künftig mindestens einer davon weiblich sein, so das Vorhaben.
Männer und Frauen im Asset Management: Vergütung klafft auseinander
Auch die Vergütung zwischen Männern und Frauen klafft weiterhin auseinander – wenngleich nicht überall. „Bei den Vergütungsniveaus können wir im Vereinigten Königreich keine durchgängigen Gefälle zwischen Frauen und Männern feststellen“, konstatiert WTW. Ähnlich sehe das Bild in der Schweiz aus, wo auf einigen Levels Frauen höhere Medianwerte aufweisen. In Deutschland ist das anders.
„Leider gibt es in Deutschland immer noch sehr konsistente Gefälle zwischen Frauen und Männern“, beobachtet WTW. In allen drei Bereichen des Asset Managements erhalten Männer statistisch gesehen sowohl mehr Grundgehalt als auch eine höhere Gesamtvergütung als die weiblichen Kolleginnen, so das ernüchternde Fazit im Jahr 2021.
Frauen und Corona: Gewinnerinnen oder Verliererinnen?
Ob die Corona-Krise Frauen eher stärkt oder schwächt, wird sich noch zeigen. Flexible Arbeitszeiten, Remote Working und der Trend zu Videocall statt Geschäftsreise dürften es vereinfachen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. „Dass Flexibilität von Arbeitsort und Arbeitszeit eher akzeptiert wird, könnte die beruflichen Chancen von Frauen stärken“, so Dr. Martin von Hören, Director und Partner bei Kienbaum. Auch die politische Diskussion ums Thema Gleichberechtigung im Job dürfte Frauen eher stützen. Allerdings verweist Dr. von Hören auch auf die Kehrseite der Medaille. Frauen haben während des Lockdowns eine größere Last zu tragen, weil nach wie vor Familienaufgaben mehr auf den Frauen lasten.
Alte Rollenmuster von der Frau an Herd und Wickeltisch kehren zurück, mahnte schon im Frühjahr 2020 die Berliner Soziologin Jutta Allmendinger. „Retraditionalisierung“ nennt sie dieses Phänomen und prognostiziert: Die Krise wird Frauen auf dem Weg zur Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückwerfen.
Frauen sind im Asset Management gesucht
Der Wunsch nach qualifiziertem weiblichen Personal ist in jedem Fall da, so die einhellige Beobachtung. „In der Branche lassen sich nie genug Frauen finden und ich glaube, die Förderung von Frauen ist ein größeres Thema denn je“, sagt auch Dr. Karin Schambach, Geschäftsführerin von Indigo Headhunters. Besonders auf der Investment-Seite ist der Bedarf hoch, Kandidatinnen sind schwer zu finden.
Sitzt die richtige Kandidatin aber am Tisch, ist der Wille oft hoch, Flexibilität zu zeigen – sowohl beim Gehalt als auch bei Arbeitszeit und -ort. Zudem fördern immer mehr Unternehmen Frauen über Weiterbildungen, damit sie in ihre neue Rolle möglichst schnell hereinwachsen können. „Das ist meiner Meinung nach der einzige Weg, wie es funktionieren kann. Einfach nur der Wunsch und Wille, Frauen einzustellen, wird nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen“, so die Überzeugung von Schambach. Eine Chance geben und Unterstützung bieten ist das Erfolgsrezept.
Lesen hier und in der dpn-Ausgabe Februar/März 2021 mehr zu Gehältern im Asset Management 2021.