Herr Dr. Rüttgers, können Sie kurz Do Investment vorstellen?
Dr. Dirk Rüttgers: Die Do Investment ist eng angebunden an das Family Office der Familie Silvius Dornier. Das Family Office der Familie Dornier hat sich nach dem Verkauf der Anteile an Daimler EADS stark auf Land- und Forstwirtschaft konzentriert. Die ökologische Landwirtschaft konzentriert sich auf Mecklenburg-Vorpommern, während die Forst-Investments in Süddeutschland angesiedelt sind. Wir als Do Investment haben diesen Ball aufgenommen und neben der klassischen Vermögensverwaltung als zweites Standbein ausgewählte Investitionen in Ackerflächen übernommen. Wir haben hierfür erste Investitionen in Rumänien ab 2006 getätigt, die wir zunächst als Club Deal mit befreundeten Familien aufgesetzt haben. 2012 folgte dann der erste Agrar-Spezialfonds. Mit Südamerika und speziell mit Uruguay beschäftigen wir uns seit 2012 und sind dort aktive Investoren seit 2016.
Welche makroökonomischen Gründe sprechen für ein Investment in Agrarflächen?
Dr. Rüttgers: Wenn wir das große Makrobild beleuchten, stellen wir fest, dass von Seiten der Regierung und der Notenbanken durch die Covid-Krise eine enorme Liquidität in den Markt gepumpt wurde und immer noch wird. Diese Programme führen unseres Erachtens dazu, dass wir einen zyklischen Aufschwung bekommen, der von steigenden Rohstoffpreisen sowie einer anziehenden Inflation getrieben wird. Wenn Sie sich beispielsweise die Agrar-Rohstoffe Soja oder Weizen ansehen, gehen die Preise in den vergangenen Monaten deutlich nach oben. Das ist unserer Ansicht nach auch der enormen Nachfrage aus China geschuldet. Gleichzeitig verzeichnen wir eine steigende Weltbevölkerung, die auch in den nächsten 20 bis 30 Jahren weiter steigen wird, und stellen eine Verknappung von Agrarflächen fest, sei es durch Ausbreitung von Städten, sei es durch den zunehmenden Klimawandel. Alles Gründe, um langfristig von steigenden Agrar-Rohstoffpreisen auszugehen.
Wäre es aus ökologischer Sicht nicht sinnvoller, in Wald zu investieren?
Dr. Rüttgers: Das Thema Wald ist etwas komplexer. In Deutschland können Sie weder in Wald noch in Landwirtschaft großflächig investieren, weil es dazu einfach kein Angebot gibt. Zudem sind in Deutschland die Preise exorbitant hoch. Darüber hinaus sollten Sie einen Forst generell selbst bewirtschaften. Ein Forst-Investment wirft etliche Fragestellungen auf: Was machen Sie im Wegebau, im Naturschutz, in der Verjüngung des Forstes oder in der Bestandspflege? Unser Investment-Ansatz zielt deswegen darauf ab, ein Real-Estate-Investor zu sein, und nicht eine Farm oder einen landwirtschaftlichen Betrieb operativ selbst zu betreiben. Das heißt, wir suchen gute Agrarflächen und verpachten diese. Unsere Wertschöpfung liegt darin, gute landwirtschaftliche Flächen zu finden, eine vernünftige Due Diligence durchzuführen, Bodenproben zu evaluieren, die Höhe der Niederschläge zu analysieren sowie Logistikwege zu finden, um die Ernte auch sicher zum Hafen oder zur Schiene zu bringen. Daneben suchen wir gute Pächter, mit denen wir langfristige Pachtverträge verhandeln, auch um die Qualität der Böden zu erhalten.
Auf was muss man achten, wenn sich ein institutioneller Anleger für Agrar-Investments interessiert?
Dr. Rüttgers: Die allerwichtigste Frage ist die nach der Rechtssicherheit. Das fängt mit dem Grundbuch an. Zentral ist, dass das Eigentum ausreichend geschützt ist. Daneben ist bei einem Investment die Gleichbehandlung von in- und ausländischen Investoren entscheidend sowie die Tatsache, dass es sich um einen freien Markt handelt. Wenn Investoren unterschiedlich behandelt werden, und das ist in vielen Ländern wie etwa Kanada, Brasilien oder Argentinien der Fall, dann ergeben diese Länder als Investitionsstandort für uns keinen Sinn. Ferner benötigt man entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen. Das ist in der Europäischen Union mit dem Mitglied Rumänien gegeben, aber auch mit Uruguay gibt es Doppelbesteuerungsabkommen – sowohl mit Luxemburg als auch mit Deutschland.
Gibt es ein Mindestvolumen, ab dem sich ein derartiges Investment lohnt?
Annika Wacker: Aktuell investieren wir über zwei Luxemburger Spezialfonds, sowohl in Rumänien als auch in Uruguay. Hier haben die Investoren auch die Möglichkeit, sich mit verhältnismäßig kleinen Beträgen zu beteiligen.
Was ist ein kleinerer Betrag?
Wacker: 250.000 US-Dollar beispielsweise in Uruguay. Wir haben hier als Voraussetzung mindestens den semiprofessionellen Anleger, bei diesem gibt uns das Gesetz eine Mindestanlagesumme von 200.000 Euro vor. Wenn man über ein Direkt-Investment nachdenkt oder ein Investment auf eigene Faust im Auge hat, sind rund fünf Millionen US-Dollar als Mindestgröße realistisch, um vor Ort ein entsprechendes Konstrukt aufbauen zu können.
Mit welchen Renditen rechnen Sie?
Wacker: Agrar-Investments sind grundsätzlich immer als sehr langfristige Investments zu betrachten. Wir haben bei unseren beiden Luxemburger Spezialfonds eine Lock-up-Periode von zehn Jahren. Das sehen wir auch als sinnvoll an. Wir rechnen bei der Rendite – wir verpachten ausschließlich mit einer jährlichen Pachtrendite zwischen 2 und 3 Prozent. Und hinzu kommt dann auch noch eine jährliche Wertsteigerung, die wir zwischen 4 und 5 Prozent ansetzen, so dass man insgesamt auf eine Gesamtrendite von 6 bis 9 Prozent per annum kommen kann.
Und das ist nach Kosten?
Wacker: Ja.
Können Sie etwas über den Cashflow-Verlauf der Investments sagen?
Wacker: Den Verlauf, den wir gerade bei unseren beiden Spezialfonds beobachten, ähnelt dem Verlauf eines Private-Equity-Fonds. Der typische J-Curve-Effekt also. Da speziell am Anfang der Investitionsphase die Anschaffungsnebenkosten zum Tragen kommen, rechnen wir mit den ersten Ausschüttungen, die aus der Pacht generiert werden können, ab Jahr drei bis vier sowie mit positiven Wertsteigerungen ab dem Jahr vier bis fünf.
Dr. Rüttgers: Wir sind sehr effizient aufgestellt, arbeiten nicht mit Leverage und versuchen die Kostenstruktur extrem schlank zu halten. Wenn Sie an Private Equity Investments denken, dann haben Sie ja in der Regel Management Fees oder Kostenstrukturen, die bei 1,5 bis 2 Prozent oder darüber liegen. Wir streben eine maximale Kostenbelastung bei den Agrar-Investments von 1 Prozent an. Wenngleich die Renditen auch nicht so hoch sind wie bei Private Equity, wo wir eher von zweistelligen Renditen sprechen. Frau Wacker sprach ja schon die 6 bis 9 Prozent IRR an, die wir, teilweise aus der Pacht, teilweise aus den Wertsteigerungen, generieren. Was Agrar-Investments zudem von Private Equity unterscheidet, ist der Fakt, und das haben wir sowohl in der Finanzkrise wie auch jetzt wieder in der Covid-Krise gesehen, dass es sich hier um ein werthaltiges Asset handelt und Agrarböden in der Regel ein sehr stabiles Rendite-Risiko-Profil aufweisen. Essen müssen wir schließlich alle.
Nehmen Sie darauf Einfluss, was angepflanzt wird?
Wacker: Die nachhaltige Pflege der Böden, die Erhaltung der Qualität oder auch die Verbesserung der Qualität der Böden ist für uns ein sehr wichtiges Ziel. Gerade in Uruguay ist die Fruchtfolge sehr streng vorgeschrieben. Das heißt, jeder Pächter bekommt von uns beziehungsweise dem Fonds als Eigentümer genau vorgegeben, was auf den Flächen angepflanzt werden darf. Es gibt einen Rotationsplan, der Teil jedes Pachtvertrages ist. Dieser Rotationsplan wird in der Regel für mehrere Jahre festgelegt, kann jährlich angepasst werden, aber nur in Absprache mit unserem Agrar-Ingenieur vor Ort.
Sind Sie oft in Uruguay und in Rumänien vor Ort?
Wacker: In Uruguay sind wir ein- bis zweimal im Jahr, in Rumänien sind wir derzeit aufgrund der Reiserestriktionen nur eingeschränkt, ansonsten üblicherweise etwa einmal im Monat. Wir haben vor Ort auch ein kleines Team, das wir regelmäßig besuchen.
Sind Sie selbst investiert?
Dr. Rüttgers: Grundsätzlich haben wir eine sehr hohe gleichgerichtete Interessenlage und sind, sowohl was unsere liquiden Fonds als auch unsere Agrar-Fonds anbelangt, signifikant investiert.
Nicht jeder Investor begrüßt negativ formuliert , „Spekulationen“ mit Soft Commodities. Welche Erfahrungen machen Sie diesbezüglich?
Dr. Rüttgers: Das ist auch eine Erfahrung, die wir machen. Deshalb ist der institutionelle Investor in Deutschland oder in Europa in dieser Anlageklasse noch kaum vertreten. Die Münchner Rück ist ein großer Investor. Aber es gibt bislang nicht viele. Es sind wahrscheinlich nur wenige institutionelle Investoren in Deutschland oder in Europa, die in der Anlageklasse Agrar investieren.
Sie können gerne diesbezüglich mit Vorurteilen aufräumen.
Dr. Rüttgers: Gern. Also: Es stimmt, Agrarinvestments sind in Deutschland immer noch eine eher fremde Asset-Klasse. Wenn Sie jedoch in die USA schauen und mit amerikanischen Stiftungen wie der Harvard University oder Stanford sprechen, ist dies anders. Diese Investoren haben in der Regel einen Anteil von 5 bis 10 Prozent Timber und Agriculture in ihren Portfolios. Sind wir doch realistisch: Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, brauchen wir eine professionelle Landwirtschaft. Deswegen sind auch hier Nachhaltigkeit und Langfristigkeit extrem wichtig für uns. Rumänien ist ein gutes Beispiel dafür. Als wir 2006 nach Rumänien kamen, war dieses Land Netto-Importeur von Getreide, obwohl es immer wieder als die Kornkammer Europas bezeichnet wird und hervorragende, riesige Agrarflächen hat. Heute ist Rumänien ein sehr institutionell geprägter Markt. Rumänien ist nach Frankreich der zweitgrößte Exporteur von Agrar-Rohstoffen in der Europäischen Union. Ein Viertel der Weizenimporte in Ägypten stammt aus Rumänien. Rumänien versorgt zudem mittlerweile den Nahen Osten sowie Teile der Türkei mit Nahrungsmitteln. Oder nehmen Sie Uruguay. Uruguay hat 3,5 Millionen Einwohner und versorgt 40 Millionen Menschen weltweit mit Nahrungsmitteln. Das erreichen Sie nur, wenn die Qualität der Böden sowie deren langfristige nachhaltige Pflege für Sie als Investor ganz oben auf der Agenda steht.
Frau Wacker, Herr Dr. Rüttgers, vielen Dank für das Gespräch.