In der Krise schlägt die Stunde des Risikomanagements

Sehr geehrte Herren, herzlich willkommen zum dpn-Roundtable Risikomanagement. In welchem Makroumfeld befinden wir uns gerade und mit welchen Themen beschäftigen sich institutionelle Investoren beim Thema Risikomanagement in der Kapitalanlage derzeit ganz besonders?Philipp Brugger: Diese Frage öffnet ein weites Feld. Gleichwohl stellen die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg für uns zwei wichtige Wegmarken sowie eine endgültige Bestätigung dafür dar, dass wir damit das Ende eines makroökonomischen, aber auch eines geopolitischen Regimes erlebt haben, welches uns in den letzten Jahren geprägt hat – die Great Moderation. Ein Regime, welches die vergangenen Jahre für ein zwar moderates, aber beständiges Wachstum stand und sich zum einen vor allem durch fallende Realzinsen sowie eine schwache Investitionstätigkeit auszeichnete. Mit dem Ende des Kalten Krieges sorgte dieses Regime auch für eine enorme geopolitische Stabilität. Zum anderen fungierte die Globalisierung als struktureller und zentraler Treiber. Der Mix hieraus führte somit seltener zu wirtschaftlichen Überhitzungsphasen und diente somit als Stabilisator für Konjunktur und Kapitalmärkte. Wir sehen uns nun in einem neuen Regime: Wir bezeichnen es als Great Transformation. Somit folgt auf die Great Moderation die Great Transformation. Oder anders ausgedrückt: Auf Stabilität folgt Volatilität. Dieses neue Wachstumsregime ist geprägt durch ein Umfeld erhöhter Volatilität und Inflation, höhere Realzinsen, aber auch erhöhtes Wachstum. Die veränderten Parameter der Great Transformation sind die neuen Herausforderungen, denen sich institutionelle Investoren zukünftig stellen müssen. Davon sind wir fest überzeugt.Ein Umfeld erhöhten Wachstums hört sich doch nicht schlecht an.Brugger: Die Erwartung eines erhöhten Wachstums hat primär damit zu tun, dass durch die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg auf der Investitionsseite ein enormer Nachfrageschub entstanden ist. Beispielsweise wurde durch die Coronakrise ein hoher Digitalisierungs- und Investitionsbedarf sichtbar. Der Ukraine-Krieg wiederum führte zu einer Neuordnung des Energiesystems und uns noch einmal mehr vor Augen, dass das Thema „grüne Transformation“ sehr zentral ist und auch hier entsprechend hohe Investitionen notwendig sind. Daneben gibt es für uns einen weiteren Punkt, der dieses neue Regime besonders prägt. Gerade durch den Ukraine-Krieg laufen wir geopolitisch in eine neue Blockbildung hinein. Die USA und der Westen auf der einen Seite sowie China und Russland auf der anderen Seite. Wir gehen davon aus, dass zukünftig um diese bipolaren Einflusssphären immer offener gerungen wird. Gleichzeitig erleben wir De-Globalisierungstendenzen. Das hat auch zur Konsequenz, dass die Lieferketten nicht mehr nur „just in time“ auf Effizienz und auf Unternehmensinteressen ausgerichtet werden, sondern zukünftig viel stärker „just in case“ auch das Thema Resilienz und nationale Interessen berücksichtigen müssen. Das erzeugt in bestimmten strategisch relevanten Bereichen Investitionsbedarf, der in der globalisierten Welt davor in dieser Form nicht vorhanden war. Investitionen, die zu diesem Mehr an Wachstum führen werden.Stimmen die anderen Roundtable-Teilnehmer diesen Aussagen zu?Stefan Schuckmann: Das Thema Regimewechsel sehen wir ähnlich. Ich glaube, man muss die Coronakrise und den Ukraine-Krieg aber an einer entscheidenden Stelle voneinander unterscheiden. Das ist das geldpolitische Agieren der Zentralbanken. In der Coronakrise konnte beispielsweise die Geldpolitik der EZB die Fiskalpolitik der Staaten gut unterstützen, weil es die derzeitigen Inflationstendenzen nicht gab. In der aktuellen Phase steht die Geldpolitik vor einem Dilemma. Entweder die EZB legt den Schwerpunkt auf eine Fortführung der Niedrigzinspolitik zur Stützung der fiskalischen Spielräume, oder die EZB betreibt Inflationsbekämpfung. Daran hängt viel, was die Stabilität und die zukünftige Volatilität des Systems angeht.Das vollständige Gespräch finden Sie in der aktuellen dpn.

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