Wenn Peter Hadasch über betriebliche Altersversorgung referiert, verlässt kein Zuhörer den Raum, stellt er doch auch komplizierte Sachverhalte verständlich und zugleich spannend dar. Kritik und eingeflochtene Spitzen, an denen es nicht fehlt, verteilt der auch für die bAV zuständige Arbeitsdirektor und Personalvorstand der Nestlé Deutschland AG mit Humor. Überraschende Lösungsvorschläge hat er stets parat.
Jabo, Jura, Vorstand
Hadasch, 1952 in Augsburg geboren, wurde in München eingeschult, machte das Abitur jedoch 1974 auf dem Wirtschaftsgymnasium in Offenbach am Main. Er diente zwei Jahre als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. „Da hatte ich einen tollen Job“, sagt Hadasch, „ich war zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eines Jagd-bomber-geschwaders.“ Diese Aufgabe erschien ihm interessanter als die Teilnahme an irgendwelchen Lehrgängen. Deshalb brachte er es auch nur zum Obergefreiten. Anschließend studierte er Jura an der Universität Frankfurt. Nach dem ersten Staatsexamen folgten Referendarzeit und 1983 das zweite Staatsexamen. Danach arbeitete er rund vier Jahre lang als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main mit den Schwerpunkten Arbeits- und Gesellschaftsrecht. 1987 wechselte er zur Nestlé Deutschland AG und wurde Leiter der Konzernsteuerabteilung. Zehn Jahre später machte das Unternehmen ihn zum Chef der Nestlé Pensionskasse und zum Leiter verschiedener Versorgungseinrichtungen sowie Verwaltungsgesellschaften des Nestlé-Konzerns in Deutschland. Seit 2006 war er zudem verantwortlich für sämtliche Versicherungsbelange der Gruppe. 2011 wurde Peter Hadasch zum Arbeitsdirektor und Personalvorstand der Nestlé Deutsch-land AG berufen. Damit gehört er zu den wenigen Personalvorständen deutscher Großunternehmen, die mit Finanz-vorstän-den auf Augenhöhe über Steuern und bAV reden können. Eben diese Bandbreite macht seine Referate so interessant.
bAV: autonom und umfassend
In der Steuerabteilung musste Hadasch sich neben vielen anderen Aufgaben auch mit der bAV beschäftigen: „Diese war damals hauptsächlich mit steuerlichen Fragen verknüpft, mit Abzugsfähigkeit, Förderung und solchen Sachen.“ Als er direkt in die bAV der Nestlé Deutschland wechselte, änderte sich die Diskussion ganz allgemein: „Dann ging es in erster Linie darum, die Versorgung zu sichern und zu verbessern. Das hat mich fasziniert.“ In einem Unternehmen gebe es keinen anderen Bereich, in dem man so stark autonom und so umfassend tätig werden könne. „Wir haben hier die gesamten Kapitalanlagen und ihre Steuerung. Auf der anderen Seite Kontakt zu den Betriebsräten. Welcher Asset Manager hat schon mal jeden Tag den Betriebsrat im Haus?“
Die Nestlé-bAV ist ein „komplett bunter Laden“. Basis ist die Mitarbeiterpensionskasse. Daneben gibt es über eine kongruent rückgedeckte U-Kasse finanzierte Zusagen, einen Pensionsfonds und ein CTA. Die Mitarbeiter zahlen Beiträge in die Pensions-kasse, der Arbeitgeber bedient die U-Kasse. Die Altersversorgung der einzelnen Tochtergesellschaften ist unterschiedlich, wird jedoch zentral gesteuert. Neue Durchführungswege hält Hadasch für überflüssig: „Wir hätten schon keinen Pensionsfonds gebraucht, wenn wir etwas modernisiert hätten. Es hätte genügt, die Pensionskasse zu liberalisieren und etwas aufzubohren.“
„Zu viele Sicherungspuffer erforderlich“
Hadasch will eine Enthaftung der Arbeitgeber erreichen. Für Neuzusagen sei diese schon teilweise erreicht, beispielsweise, wenn es nur eine Bestandsgarantie und keine mehr für den Rechnungszins gebe, außerdem durch Beschränkungen der Dynamisierung. Aber Arbeitgeber ächzten unter dem Risiko des Altbestandes, das über Jahrzehnte getragen werden muss. „Es sind zu viele Sicherungspuffer erforderlich, um die bestehenden Milliardenverpflichtungen abzusichern. Diese gehen als Finanzierungsmöglichkeit für Neuzusagen verloren. Müssen wir den Altbestand wirklich in diesem Umfang sichern?“ Die Arbeitgeber haben keinen Einfluss auf das Kapitalanlagerisiko. Hadasch‘ Vorschlag: „Es muss eine Benchmark aufgebaut werden, und nur für ihr Ergebnis soll der Arbeitgeber haften.“ Die Finanzwelt müsse ein Produkt anbieten, welches diese Benchmark abbildet. Mit diesem System arbeite Nestlé erfolgreich. Das habe zeitweilig auch zu Verlusten geführt, „die in den folgenden Jahren mehr als ausgeglichen wurden“. Erforderlich sei, dass nicht zyklisch agiert werde. Pensionskassen hätten genau diese Möglichkeit, sie werde ihnen aber durch das derzeitige Aufsichtsrecht genommen. „Weil völlig risikoarm gestaltet werden muss, gibt es auch keine Chance mehr für Erträge.“ Hadasch fragt, was denn so schlimm sei, wenn ein Pensionsfonds, der eine anständige Benchmark in seiner Anlagepolitik verfolgt, nur noch zu 80 Prozent finanziert sei. Er müsse abwarten, dann hole er wieder auf. Bei 80 Prozent gebe es auch keine Liquiditätsprobleme. „Das, was er auszahlt, ist minimal im Verhältnis zu dem, was er hat.“ Bei Nestlé habe man so arbeiten können, weil die BaFin eine Garantie des Konzerns akzeptiert habe. „Aber das Ding funktioniert nicht, weil wir Bürgschaften haben, sondern weil das System richtig ist.“
Urlaub in die bAV
Hadasch fordert auch eine Solidarisierung der Generationen. Betriebsrentner sollten sich generell mit der jährlichen Steigerung von einem Prozent begnügen. Die freiwerdenden Mittel müssten jedoch in die bAV der Unternehmen fließen.
Kritisch sieht Hadasch die geltenden Vereinbarungen über die Arbeitszeit. „Da wurden Dogmen aufgebaut, die so nicht mehr zu halten sind.“ Urlaub sei ein Sachlohn. Arbeitnehmern mit geringerem Einkommen solle die Möglichkeit geboten werden, einen Teil des über den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Arbeitswochen hinausgehenden Urlaubs in bAV umzuwandeln. „Durch den Verzicht auf fünf Tage können zwei Prozent mehr in die Altersversorgung fließen.“
Viel Freizeit für seine Hobbys bleibt dem Arbeitsdirektor und Vorstandsmitglied von Nestlé Deutschland nicht. Er ist leidenschaftlicher Fotograf, malt und hat sich dabei auf Grafiken spezialisiert. Peter Hadasch ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne. λ
