Der globale Markt für Vermögensverwaltung steht vor einer tektonischen Verschiebung, wie Wallstreet Online berichtete. Immer mehr europäische Investoren ziehen Konsequenzen aus dem ESG-Rückzug großer US-Anbieter und überdenken bestehende Geschäftsbeziehungen. Im Zentrum steht der wachsende Gegensatz zwischen europäischen Nachhaltigkeitsstandards und dem politischen Druck in den USA, besonders im Umfeld der US-Republikaner unter Donald Trump.
Der niederländische Pensionsfonds PME mit einem Anlagevolumen von 57 Milliarden Euro zählt zu den prominentesten Beispielen. Aufgrund der Entscheidung von BlackRock, sich aus der „Net Zero Asset Managers“-Initiative zurückzuziehen, steht ein fünf Milliarden Euro schweres Mandat zur Disposition. „Es gibt jetzt eine Trennung zwischen den Werten europäischer und US-amerikanischer Vermögensverwalter“, sagt PME-Strategiechef Daan Spaargaren zu Bloomberg. Für den Fonds ist Nachhaltigkeit kein „Nice-to-have“, sondern eine Verpflichtung, strategisch wie moralisch.
Wertewandel mit Folgen
Auch die Vermögensverwaltung Allianz Global Investors, Tochter des Versicherungskonzerns Allianz, äußerte öffentlich Zweifel an der Verlässlichkeit US-amerikanischer Anbieter. Der dänische Fonds PFA Pension sprach von einer „bedauerlichen“ Entwicklung und überprüft derzeit seine Allokation. Die PGGM Group mit einem verwalteten Vermögen von 250 Milliarden Euro führt derzeit ein umfassendes Review ihrer US-Mandate durch. Und die Akademiker Pension in Dänemark beendete jüngst ein 442-Millionen-Euro-Mandat mit State Street wegen unzureichender ESG-Fortschritte.
Hintergrund ist ein wachsendes Missverhältnis: Während europäische Anleger ESG als Grundpfeiler ihrer Investmentstrategie verstehen, stehen US-Manager zunehmend unter politischem Druck, Nachhaltigkeitsziele zu relativieren oder ganz fallen zu lassen. Der Richtungswechsel der USA seit der Trump-Administration hat dazu geführt, dass ESG-Initiativen dort als ideologisch oder geschäftsschädlich gebrandmarkt werden.
Politik als Investitionsrisiko
Die Konsequenz: Europäische Investoren sehen nicht nur ihre Klimaziele in Gefahr, sondern bewerten die politische Unsicherheit als handfestes Investitionsrisiko. „Vermögensverwalter müssen nicht genau so denken wie wir“, sagte Anders Schelde, CIO der Akademiker Pension, „aber sie müssen bis zu einem gewissen Grad mit unserer Denkweise und unserer Weltsicht übereinstimmen.“
Diese Entwicklungen führen zu einer geografischen Neuordnung des Kapitals. Der französische Vermögensverwalter Amundi berichtet von zunehmenden Kapitalabflüssen aus den USA – parallel zur steigenden Nachfrage nach europäischen Projekten. Die Unsicherheit auf dem US-Markt, gepaart mit der stabileren europäischen ESG-Regulierung, gibt europäischen Managern Rückenwind.
Was kurzfristig als politischer Kulturkampf erscheint, könnte langfristig die globale Allokation von Vermögen verändern. Für US-Vermögensverwalter ist die Lage heikel: Wenn sie ESG-Ziele aufgeben, verlieren sie Mandate aus Europa. Wenn sie daran festhalten, riskieren sie politische Angriffe im eigenen Land. Europäische Investoren hingegen stehen fest zu ihren ESG-Zielen. Für diese ist Nachhaltigkeit kein politischer Streitpunkt, sondern ein strategischer Imperativ.
