Wie weit hat sich die Asset-Klasse Immobilien aus Investorensicht wieder erholt?
In den vergangenen Jahren war es auf dem Immobilienmarkt bei neuen Investitionen größerer Pensionskassen und Versicherungen sehr ruhig. Dabei sind das die klassischen Investoren, die entweder in die Direktbilanz kaufen, über Einbringungsfonds einsteigen oder über Fonds direkt in Objekte investieren. Die Phase, in der viele kleine und mittlere Pensionskassen ihre Themen bei Wertberichtigungen und Abschreibungen im Portfolio haben, ist noch nicht vorbei. Das betrifft vor allem Investitionen in Debt-Fonds, in klassische Junior- und Mezzanine-Fonds. Größere institutionelle Investoren haben sich inzwischen wieder so weit gefangen, dass Real Estate in der Asset Allocation für sie langsam wieder eine Rolle spielt. Im vergangenen Jahr haben sich viele von ihnen in den USA umgeschaut. Das hat sich inzwischen wieder ein wenig gewandelt, denn Investoren besinnen sich wieder auf Europa.
Investieren große Anleger eher über Fonds in Immobilien oder direkt?
Das ist und bleibt sehr individuell. Beliebt sind derzeit zum einen Einzelinvestitionen in Marktopportunitäten, zum Beispiel als Co-Investments oder auch Separat-Accounts für einzelne Strategien. Das sehen wir vor allem bei Investoren, die sich nicht mehr in Abhängigkeiten mit anderen Investoren begeben wollen. Zum anderen sehen wir einige Investitionen in Fonds, vor allem in Dachfonds. Gerade international erfolgen neue Allokationen fast nur über Mandate, während sich bei der Direktanlage noch wenig tut. Viele klassische deutsche institutionelle Investoren haben derzeit vor allem den Wohnsektor im Core-Segment im Fokus, etwa fertige Neubauwohnungen. Diese werfen allerdings nur Renditen von maximal 4 Prozent ab, da die Baukosten hoch und die Mieten limitiert sind. Nehmen wir die 4 Prozent als Benchmark, dann hat der Wohnungsmarkt in Deutschland nicht wirklich viele Produkte zu bieten, obwohl er eigentlich sehr groß und hochattraktiv ist. Doch das interessante Angebot auf diesem potenziell größten institutionellen Markt in Europa schrumpft angesichts limitierender Faktoren wie Demografie, Nord-Süd-Gefälle und Land-Stadt-Gefälle. In den Metropolregionen ist das Angebot im Segment Leben, das für institutionelle Investoren unter Renditeaspekten interessant ist, relativ gering. Die Benchmark ist dort die 10-jährige Bundesanleihe plus Risikomarge, doch mit hochwertigen Wohnimmobilien kommen Sie derzeit nicht über 4 Prozent. Das geht vielleicht in der Provinz, doch dort treten häufig Probleme mit der Vermietung auf.
Wie sieht es im Logistiksegment aus?
In der Logistik verhält es sich ähnlich wie beim Wohnen. Institutionelle Investoren wollen auch dort nicht antizyklisch investieren. Das machen uns Branchenriesen wie Blackstone mit ihren riesengroßen Logistikplattformen besser vor. Solche Gesellschaften investieren gerade in unfassbaren Dimensionen und denken bereits jetzt an den Exit. Voraussichtlich wird der reife Markt im Core-Bereich in Zukunft für deutsche institutionelle Investoren über ein IPO oder einen ähnlichen Exit enden. In diesem Markt ist nicht so viel deutsches Kapital vorhanden, wie es möglich wäre. Das liegt nicht am Produkt, sondern an der Risikoaffinität. Wenn Investoren bereit wären, ein höheres Risiko im Logistikbereich einzugehen, dann würde sich ihnen auch mehr Produkt am Markt bieten. Doch deutsche Investoren wollen anders vorgehen. Hinzu kommt, dass Investitionen in Büro- und Geschäftshäuser in den vergangenen Jahren am meisten abgestraft wurden. Dort sind die Werte am stärksten runtergegangen. Dafür bieten sich jetzt dort viele Opportunitäten.
Will niemand antizyklisch investieren, so wie Values?
Doch, große Family Offices, auch große internationale Familien, sind gegen den Trend bereit, 60 Millionen Euro und mehr für ein klassisches, fungibles Geschäftshaus in einer deutschen Metropole in einer Toplage auszugeben. Solche Family Offices kaufen eine solche Immobilie komplett und nehmen alles in die eigene Bilanz.
Wann wird sich der Immobilienmarkt endgültig von der Krise erholen?
Der gesamte Markt braucht viel länger, als wir alle dachten, um sich zu stabilisieren. Den Tiefpunkt der Krise haben wir sicherlich durchschritten. Niemand glaubt, dass die Preise noch weiter sinken werden. Steigen werden sie in der Breite auch nicht so schnell, vielleicht nur die Preise für einzelne herausragende Häuser, die in einem Bieterverfahren angeboten werden. Aber die Preise für das klassische Büro- oder Geschäftsgebäude sind noch nicht gestiegen. Ich rechne damit, dass das mit dem Preisanstieg in der Breite auch noch länger dauern wird, denn es fehlt die Dynamik seitens der Politik und der institutionellen Investoren im Markt. Dabei sind die Zinsen auf einem stabilen Niveau, was eigentlich einen fungibleren Markt erwarten lässt. Doch die EZB-Zinsen spielen momentan keine Rolle für den Exit-Preis, eher die genannte Benchmark der deutschen Staatsanleihe. Angesichts der steigenden Staatsverschuldung rechne ich perspektivisch nicht mit einer stark sinkenden Rendite der deutschen Staatsanleihe. Wenn Dynamik in den Markt kommt, dann wegen steigender Mieten. Das erwarte ich aber nur bei den absoluten Toplagen in Großstädten wie Frankfurt und München.
Was erwarten Sie vom Immobilienjahr 2026 aus der Perspektive von institutionellen Investoren?
Das Jahr 2025 wird ruhig ausklingen, denn viele Investoren bereiten derzeit ihre Asset Allocation für 2026 vor. Im nächsten Jahr wird sich der Markt wieder ein bisschen beleben, auch wenn wir von einer Dynamik wie in den beiden vergangenen Jahrzehnten weit entfernt sind. Ich erwarte sogar, dass viele von den kleineren und mittleren Investoren gar nicht mehr in die Asset-Klasse wiederkommen werden, sondern sie komplett abgeschrieben haben. Gerade einige unter den berufsständischen Versorgungswerken haben in der Vergangenheit mit ihren Immobilieninvestments übertrieben. Die haben in der Vergangenheit Mezzanine-Geschäfte in den USA abgeschlossen, was einige von ihnen bereuen dürften. Einige Versorgungswerke und andere kleinere Investoren werden sich voraussichtlich leider nicht so schnell noch mal in Immobilieninvestments im größeren Stil wagen.
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.

