DAX 40-Unternehmen – Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen erreicht neues Rekordniveau

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Im abgelaufenen Jahr entwickelten sich die meisten Anlageklassen positiv. Nach den Kursverlusten des Jahres 2022, die sich auf die Pensionsvermögen im DAX mit etwa 20 Prozent ausgewirkt hatten, konnten sie sich 2023 wieder leicht erholen. Das Pensionsvermögen im DAX 40 (in aktueller Zusammensetzung) ist von rund 245 Milliarden Euro um etwa 22 Milliarden Euro auf ca. 267 Milliarden Euro gestiegen, liegt aber immer noch weit unter dem Höchststand von fast 300 Milliarden Euro Ende 2021.

Der Rechnungszinssatz konnte sich nicht auf dem hohen Vorjahresniveau halten. Vor allem im November und Dezember 2023 hat er deutlich nachgegeben. Der Wert der Pensionsverpflichtungen in den IFRS-Abschlüssen der DAX-Unternehmen ist daher von rund 307 Milliarden Euro um ca. 23 Milliarden Euro auf etwa 330 Milliarden Euro gestiegen. Die geänderte Zusammensetzung des DAX 40 macht hiervon rund 1 Milliarde Euro aus. Der Wert der Pensionsverpflichtungen ist also durch die geänderte DAX-Zusammensetzung weniger stark gestiegen als der Wert des Pensionsvermögens.

Der Deckungsgrad, also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, hatte Ende 2022 ein Rekordhoch von 80 Prozent erreicht. Dieser Wert wurde Ende 2023 mit 81 Prozent noch überschritten. Zum Vergleich: In den Jahren 2008 bis 2020 lag der Deckungsgrad nie über 70 Prozent, 2021 erreichte er 72 Prozent. Dies sind die Ergebnisse des Beratungsunternehmens Mercer auf Basis der Geschäftsberichte der DAX-40-Unternehmen sowie aktueller Kapitalmarktinformationen.

Diese hohen Deckungsgrade 2022 und 2023 spiegeln nicht nur das Verhältnis der Kursentwicklung des Planvermögens zur rechnerischen Entwicklung der Pensionsverpflichtungen wider, sondern liegen auch im allgemeinen Trend zur Ausfinanzierung begründet. Da es in Deutschland keine Pflicht zum Aufbau eines Pensionsvermögens gibt, liegt der Deckungsgrad hierzulande typischerweise niedriger als beispielsweise in UK oder US. Gerade im DAX 40, aber auch bei anderen großen Unternehmen und vermehrt auch im Mittelstand, hält der Trend zur Nutzung von Pensionsfonds als einem kapitalgedeckten Durchführungsweg der bAV, aber auch anderer Ausfinanzierungslösungen an, um den bilanziellen Risiken der Pensionsverpflichtungen zu begegnen. „In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen Pensionsverpflichtungen auf den Pensionsfonds übertragen, um bilanziell Pensionsvermögen zu schaffen, Liquiditätsbelastungen zu verstetigen und Risiken angemessen zu steuern“, erläutert André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer Deutschland. Hierfür hätten die Unternehmen in Deutschland über die letzten Jahre kontinuierlich mittlere einstellige Milliardenbeträge bereitgestellt.

Im vergangenen Jahr kam es für Investoren darauf an, die veränderten Chancen am Kapitalmarkt zu erkennen und situationsgerecht zu handeln. „Viele Investoren nutzen das höhere Zinsniveau zum Ausbau der Zinsabsicherung der Verpflichtungen. Manche müssten jedoch weiterhin Kapitalmarktrisiken eingehen, um den gestiegenen Anpassungsbedarf aus der Inflation zu decken – am Aktienmarkt hat sich das zum Jahresende auch durchaus ausgezahlt“, so Jeffrey Dissmann, Leiter Investments bei Mercer Deutschland.

Der Blick der beiden Mercer-Experten richtet sich auch in die Zukunft. Die Inflation ist zwar deutlich zurückgegangen, hat sich aber noch nicht vollständig normalisiert und könnte sich als hartnäckig erweisen oder sogar wieder ansteigen. Daneben wird das labile Wirtschaftswachstum das entscheidende Kriterium für die künftige Zinspolitik sein. Kurzfristig rechnen wir aber nicht mit Zinssenkungen. Auch die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen halten weiter an. Die Herausforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt sind längst nicht vollständig gelöst. Zudem können die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September und die US-Wahlen im November neue Unsicherheiten nach sich ziehen. Die Herausforderungen bleiben vielfältig.

„Zu einem Zeitpunkt, in dem die Zinsen im Jahresvergleich gesunken, im Kontext der letzten Jahre jedoch weiterhin hoch sind, müssen sich Pensionsinvestoren damit auseinandersetzen, die Bilanzvolatilität angemessen zu reduzieren, ohne die Renditechancen, etwa zur Finanzierung von Rentenanpassungen, zu weit zu mindern. Auch dürften nach dem Ende des „billigen Geldes“ Zuführungen zum Planvermögen für die meisten Unternehmen schwieriger geworden sein. Hier muss eine intelligente Kapitalanlage einen höheren Beitrag zur Schließung der Deckungslücke leisten“, betont Dissmann. Experte Geilenkothen ergänzt: „Bestehende Ausfinanzierungslösungen sollten in jedem Fall unter Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten an den Kapitalmärkten optimiert werden. Unternehmen, die bislang noch nicht in die planmäßige An- und Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen eingestiegen sind, sollten die damit verbundenen Möglichkeiten des De-Riskings sorgfältig analysieren. So ist eine Ausfinanzierung auch eine Möglichkeit, den gestiegenen Zinsaufwendungen für Pensionen auf der Bilanz zu begegnen.“

Goran Culjak ist Redakteur bei dpn – Deutsche Pensions- & Investmentnachrichten. Davor arbeitete er bei PLATOW als Fachredakteur für Versicherung und Altersvorsorge und etablierte die Risikomanagementkonferenz. Der Diplom-Betriebswirt (FH) startete 2004 als Pressereferent bei Union Investment seine berufliche Laufbahn.

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