US-Downgrade lässt den Markt kalt

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Da waren es schon zwei: Nach Standard & Poors (S&P) im Jahr 2011 hat nun auch die Rating-Agentur Fitch den USA die Spitzenbonität entzogen und von AAA auf AA+ abgestuft. Gründe dafür waren in erster Linie die hohe Staatsverschuldung und die zähen Kämpfe um den Haushalt. Das Risiko, dass das Ringen um die Schuldenobergrenze in einem Shutdown endet, war im Frühjahr so hoch wie selten zuvor. In Zahlen: Das Defizit lag im Juni bei 8,5 Prozent des BIP und dürfte im Gesamtjahr 6,3 Prozent betragen. 2024 sehen die Schätzungen einen Anstieg auf 6,6 Prozent und 2025 auf 6,9 Prozent vor. Die Verschuldung der öffentlichen Hand wird nach derzeitiger Gesetzeslage von 97 Prozent de BIP im Jahr 2022 auf 181 Prozent im Jahr 2053 steigen.

Abstufung als logische Konsequenz

Angesichts einer solchen Entwicklung kommt das Downgrade wenig überraschend. Was aber bedeutet es für die Asset Allocation institutioneller Investoren? Nicht viel, meint zumindest Björn Jesch, CIO der DWS. „Viele institutionelle Anleger haben seit der Herabstufung durch S&P im Jahr 2011 ihre Mandatsbedingungen angepasst, weshalb wir nun höchstens vereinzelt mit erzwungenen Verkäufen rechnen würden.“ Für Geldmarktfond habe die Finanzaufsicht SEC Staatspapiere als „zulässige Wertpapiere“ ohne Bezugnahme auf Ratings eingestuft. Zudem habe die Herabstufung keine Auswirkungen auf andere mit AAA bewertete Papiere, die von US-Einrichtungen ausgegeben werden. „Wir gehen daher davon aus, dass die Auswirkungen auf die Risikostimmung an den Devisen- und Aktienmärkten ebenfalls nur von kurzer Dauer sein werden“, so Jesch. „Langfristig könnte es jedoch zu geringfügigen Umschichtungen zugunsten von Anleihen anderer Länder kommen, die noch mit AAA bewertet sind.“

Auch Salah-Eddine Bouhmidi, Head of Markets beim Broker IG Europa, erwartet auf dpn-Nachfrage zunächst keine größeren Umschichtungen institutioneller Portfolios. Diese habe es nach der Abstufung durch S&P im Jahr 2011 auch nicht gegeben. „Die Abstufung war längst überfällig“, sagt er und angesichts des seit 2011 stetig angestiegenen Schuldenbergs nur die logische Konsequenz. Große Veränderungen an den Märkten sieht er noch nicht, weder bei den US-Staatsanleihen noch beim US-Dollar. „An den Aktienmärkten hat die Abstufung allerdings einen kleineren Ausverkauf ausgelöst. Paradoxerweise fiel dieser an den europäischen Märkten sogar heftiger aus als in den USA.“ Grundsätzlich gingen mit solch einer Abstufung immer Irritationen bei den Marktteilnehmern einher, die allerdings eher als Weckruf fungieren und weniger eine Gefahr für die Märkte darstellen sollten.

Volatilität könnte zunehmen

Ähnlich sieht es Nicolaj Schmidt, internationaler Chefvolkswirt bei T. Rowe Price, der die Auswirkungen der Herabstufung auf den Markt und die Wirtschaft für „höchstwahrscheinlich vernachlässigbar“ hält. Kritischer sei jedoch der Zeitpunkt. Denn das Downgrade fällt genau in die relativ illiquide Sommerzeit – eine Phase, die in der Regel durch erhöhte Volatilität gekennzeichnet ist. Hinzu komme, dass die geldpolitische Wende der japanischen Notenbank in der vergangenen Woche den Markt verunsichert habe. „Für sich genommen ist die Anpassung des Ratings wahrscheinlich nicht von Bedeutung, aber sie ist Teil des Puzzles, das zu einem gewissen Anstieg der Marktvolatilität führen könnte.“ Den interessantesten Aspekt der Herabstufung sieht Schmidt in der Herausforderung zwischen der „fiskalischen Großzügigkeit der Vergangenheit“ und einem geldpolitischen Kurs, der „zur Eindämmung des Inflationsdrucks zu straff eingestellt wurde.“ Darin sei eine klare Botschaft an die Regierungen in aller Welt zu erkennen: „Um die Tragfähigkeit der Schulden aufrechtzuerhalten, muss die Geldpolitik zu einem vorsichtigen Kurs zurückkehren“, so Schmidt. „Zweifellos ist dies eine unwillkommene Botschaft, insbesondere in einer Zeit, in der der globale Wachstumsmotor stottert.“

Niedrigere Renditen bei Staatsanleihen möglich

Einen dauerhaften Einfluss auf die Märkte erwartet auch Jack Stephenson, US Fixed Income Investment Specialist bei AXA Investment Managers, gegenüber dpn nicht. US-Staatsanleihen werden weiterhin als weltweit vorherrschende „risikofreie“ Anlagen gelten. „Wir betrachten dies eher als ein Signal von Fitch in Bezug darauf, wie die USA mit der Schuldenobergrenze und der wachsenden staatlichen Verschuldung umgegangen sind.“ Leichte Rückgänge am Aktienmarkt und niedrigere Renditen bei Staatsanleihen seien aber möglich, falls Anleger nun vorübergehend risikobewusster werden. „Niedrigere Renditen von Staatsanleihen könnten sich positiv auf die Gesamtrendite von hochwertigen Hochzinsanleihen auswirken, aber die Spreads würden sich ausweiten“, analysiert Stephenson. „Die Renditen langlaufender Staatsanleihen sind in letzter Zeit gestiegen, was die Kurve der US-Staatsanleihen steiler werden lässt – dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass das Finanzministerium die Ausgabe von längerfristigen Wertpapieren erhöht, um das wachsende Haushaltsdefizit zu finanzieren, und ist weniger mit der Herabstufung selbst verbunden.“ Daher rechnet er damit, dass der Markt schnell über die Herabstufung hinwegsehen wird, da sie kein wesentlicher Einflussfaktor sein dürfte.

Patrick Daum ist Chef vom Dienst bei dpn-online. Er berichtet über alle Themen rund um das institutionelle Asset Management.

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