Schaut man sich die Prognosen an, wirkt es so, als würde 2023 ein volatiles Jahr werden. Inmitten der Schwankungen könnte sich Asien als eine Art Silberstreif erweisen. In einem aktuellen Kommentar beschreibt Carlos Casanova, Senior Ökonom für Asien bei der Union Bancaire Privée die Lage: „Wir gehen davon aus, dass die asiatische Wirtschaftstätigkeit voraussichtlich leicht auf 4,2 Prozent ansteigt, begünstigt durch eine allmähliche Erholung in China.“ Damit würde das Wachstum in Asien deutlich über dem Weltdurchschnitt von 2,8 Prozent und 3,3 Prozent für die Schwellenländer liegen.
Hier die fünf Schlüsselfaktoren aufgelistet, auf welche die Resilienz der asiatischen Wirtschaft laut Casanova zurückzuführen ist:
Bessere Fundamentaldaten: Anders als 1997 würden die meisten asiatischen Volkswirtschaften von besseren Fundamentaldaten profitieren. So weisen beispielsweise fast alle Volkswirtschaften mit Ausnahme Thailands, Indiens, und den Philippinen, Leistungsbilanzüberschüsse auf. Die asiatischen Volkswirtschaften hätten ihre Puffer wirksam eingesetzt, um die Auswirkungen der knapperen Liquidität und eines starken US-Dollars zu minimieren.
Wiedereröffnung nach Corona: Die langsamere Wiedereröffnung vieler asiatischer Länder begünstige einen Nachholbedarf, insbesondere was internationale Reisen betreffe. Davon dürften insbesondere Japan (erstes Halbjahr 2023) und China (zweites Halbjahr 2023) profitieren.
Geringere Inflation: Der Inflationsdruck bleibe in den meisten asiatischen Ländern dank einer Kombination aus Kraftstoffsubventionen und Maßnahmen zur Dämpfung der Lebensmittelpreise unter Kontrolle. Diese Maßnahmen trugen dazu bei, die Auswirkungen der höheren importierten Inflation und der Währungsabwertung auszugleichen. Die Strategie dürfte funktionieren, sofern sich der Verbraucherpreisindex im nächsten Jahr abkühlt. Zudem trage die günstige demografische Entwicklung mit junger Bevölkerung und großem Arbeitskräftepotenzial dazu bei, den Lohndruck unter Kontrolle zu halten.
Langfristige strukturelle Trends: Die demografische Entwicklung spiele ebenfalls eine Rolle bei den langfristigen Zuflüssen ausländischer Direktinvestitionen in die Region. Laut UNCTAD stiegen diese trotz der aufeinanderfolgenden Corona-Wellen das dritte Jahr in Folge. Außerdem stieg dem Asian Economic Integration Report der Asiatischen Entwicklungsbank zufolge der Handel zwischen den asiatischen Volkswirtschaften im Jahr 2021 auf den höchsten Stand seit drei Jahrzehnten.
Flexible Wechselkurse: Mit Ausnahme Chinas und Hongkongs, würden die flexiblen Wechselkurse den asiatischen Märkten mehr Schutz vor globalen Volatilitätsschocks bieten. In Hongkong habe das gekoppelte Wechselkurssystem als prozyklischer Verstärker gewirkt und den wirtschaftlichen Druck verstärkt. Dieser Preis werde von der Stadt für die langfristigen Vorteile der Wechselkursbindung aber akzeptiert. Im Falle Chinas hat die langsamere Abwertung des Yen dazu beigetragen, die Kosten steigender Rohstoffimporte auszugleichen. Doch die Wertschöpfung verringert sich zu einem Zeitpunkt, an dem die weltweite Nachfrage zu schwinden beginnt.
Entscheidend sei aktives Management
Attraktiv seien asiatische Aktien auf relativer Basis. Die Studie besagt, dass Anleger darauf achten sollten, über einen längeren Zeitraum Renditen zu erzielen. . „Vor allem indische, indonesische und singapurische Aktien haben sich besser entwickelt als ihre Konkurrenten und liegen im Jahresvergleich weiterhin im Plus. Korea und Taiwan sind wachstumsstarke Märkte mit einer hohen Abhängigkeit von US-Exporten. Diese Märkte könnten noch stärker unter Druck geraten, falls das BIP-Wachstum in den USA 2023 schrumpft“, so Casanova.
Fixed Income-Anleger sollten sich weiterhin auf Anleihen mit kurzer Duration und Investment Grade konzentrieren. „Die Spreads asiatischer Hochzinsanleihen werden wahrscheinlich bis ins Jahr 2023 weit bleiben, was auf die Risiken chinesischer Bauunternehmen zurückzuführen ist, die noch einige Quartale virulent bleiben könnten“, resümiert Casanova.