Dr. André Geilenkothen, Partner bei Mercer, Lars Golatka, Partner bei Lurse, Dr. Rafael Krönung, CEO, Wealth Solutions Germany bei Aon, und Rainald Meyer, Vorstandsmitglied der Heubeck AG, stellen sich den Fragen des dpn-Teams.
Wie transparent sind die Kostenstrukturen deutscher EbAV? Wie kostenoptimiert sind Pensionskassen/Pensionsfonds in ihrer Administration?
Dr. André Geilenkothen: Auch die BaFin erhebt derzeit Kostenstrukturen. Viele EbAV sind als „Non-Profit“-Firmeneinrichtungen sehr kosteneffizient und -transparent unterwegs, und die Anbieter-EbAV stehen immerhin im Wettbewerb. In den überwiegend eingesetzten DB-Plänen schmälern Kosten nicht die Leistungen, sondern werden vom Arbeitgeber getragen, der hinreichend Einfluss auf Kosteneffizienz hat.
Lars Golatka: Die Kostenstrukturen variieren je nach Modell und Anbieter deutlich, sind häufig intransparent und daher schwer vergleichbar. Viele EbAV schöpfen nicht alle Möglichkeiten der Effizienzsteigerung aus. Vor allem kleinere und mittlere Pensionskassen haben wegen mangelnder Skalierungsmöglichkeiten keine kosten- und qualitätsoptimierte Verwaltung.
Dr. Rafael Krönung: Für die meisten Pensionskassen, nämlich die Firmenpensionskassen in der Rechtsform des VVaG, gilt, dass sie kein eigenes Gewinnstreben haben und somit alle verfügbaren Mittel für die Versicherten verwenden. Firmeneigene Einrichtungen – Pensionskassen ebenso wie Pensionsfonds – profitieren davon, dass die Infrastruktur für die EbAV vom Trägerunternehmen gestellt wird.
Rainald Meyer: Die Kosten von Investmentfonds mit EbAV zu vergleichen hieße insofern, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Pensionskassen und -fonds, die sich auf ihre Kernaufgabe fokussieren, kommen mit schlanken Strukturen aus und können hocheffizient arbeiten. Die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen sind einer der größten Kostentreiber und kritisch zu hinterfragen.
An welchen Stellen und wodurch können EbAV ihre Kosteneffizienz verbessern? Wie sieht es mit Outsourcing, Bundling und Digitalisierung aus?
Dr. André Geilenkothen: Bei allen EbAV kann die Digitalisierung existierender Prozesse die Kosteneffizienz verbessern, zum Beispiel im Bereich der Kommunikation mit den Berechtigten. Und unternehmenseigene EbAV können von der Expertise externer Dienstleister profitieren, die Funktionen wie Geschäftsstelle, Administration und Kapitalanlage effizient bündeln und damit die zunehmende Regulatorik meistern.
Lars Golatka: Automatisierte Prozesse und Strukturen sind die effizientesten Hebel zur Verbesserung der Kosteneffizienz. Neue Produkte sollten bereits maximal digital gedacht werden. Eine teilweise oder komplette Auslagerung ermöglicht es, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und Qualitätsstandards einzuhalten. Auch Bundling kann je nach Gestaltung kostenpositiv wirken.
Dr. Rafael Krönung: Bei vielen EbAV sind die Leistungen der Höhe nach fixiert und somit komplett unabhängig von den Kostenstrukturen. In diesen Fällen ist die Kostenstruktur, zumindest aus Sicht der Versorgungsberechtigten, irrelevant und eine Offenlegung somit auch nicht geboten. Auf existierende Lösungen oder externe Expertise zurückzugreifen ist oftmals günstiger.
Rainald Meyer: Für größere EbAV bietet sich ein Ausbau der Digitalisierung als Kostenreduzierungsinstrument an. Kleinere Einrichtungen sollten dies möglichst nicht selbst umsetzen, sondern es im Wege des Outsourcings durch die Beauftragung von geeigneten Providern forcieren, da die Digitalisierung noch stärker dem Skaleneffekt folgt als die Optimierung von Verwaltungstätigkeiten an sich.
Welches Potential für Kostensenkung können eine Tokenisierung und die Blockchain-Technologie eröffnen?
Dr. André Geilenkothen: Die genannten Schlagworte stehen für vielfältige Möglichkeiten, um insbesondere die Anforderungen rund um Regulatorik und Reporting von EbAV weiterzuentwickeln und stärker digitalisiert auszurichten. Dieser Prozess steht erst am Anfang und stellt auch Aufsichtsbehörden vor große Herausforderungen. Außerdem stehen zunächst noch viele Hausaufgaben rund um VAIT und DORA an.
Lars Golatka: Die Blockchain ist eine technisch interessante Alternative. Das digitale Wallet ist stets verfügbar und vermeidet komplexe Übertragungen. Da man ihre Vergangenheit nicht verändern kann, ist die Blockchain sicher und transparent. Ein Versicherungsvertrag lässt sich ebenso digital ausgestalten wie ein Bitcoin. Das Interesse der Anbieter ist aber noch gering.
Dr. Ralf Krönung: Sollte es möglich werden, durch die Tokenisierung von Assets in Verbindung mit der Blockchain flexibler und auch kosteneffizienter agieren zu können wäre das absolut wünschenswert. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass dies in einem stark regulierten Umfeld, in dem sich EbAV bewegen, noch eine Vielzahl von Fragestellungen aufwirft.
Rainald Meyer: Der hohe Initialaufwand kann nur durch hohe Skaleneffekte ausgeglichen werden. Die bisher in der Versicherungsbranche umgesetzten Piloten zu Blockchain zeigen, dass hier wohl bei den meisten EbAV keine Kostenreduktion erreicht werden kann, da die Techniken selbst noch in Kinderschuhen stecken und bisher regelmäßig in sehr individuellen Umsetzungsprojekten enden.