Starke Nettozuflüsse prägten den deutschen Fondsmarkt zu Jahresbeginn, insbesondere bei offenen Spezialfonds. Doch eine genauere Analyse offenbart ein differenziertes und faszinierendes Bild. Im Fokus stehen dabei die anhaltende Beliebtheit von Immobilienfonds und die sich wandelnden Präferenzen der Investoren.

Es tat sich zu Jahresbeginn einiges auf dem deutschen Fondsmarkt. Die Zahlen des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) zeigten zuletzt starke Nettozuflüsse von 15 Milliarden Euro. Der größte Anteil an Zuflüssen vereinigten offene Spezialfonds mit 11,6 Milliarden Euro. Doch blickt man bei diesen genauer hin, zeigt sich ein durchwachsenes und interessantes Bild, wie Daten vom Finanzberater Lagrange und dem Consultingunternehmen Kommalpha aufzeigen.

Starke Nettozuflüsse auf dem Fondsmarkt: Analyse und Trends

Denn trotz starker Nettozuflüsse fiel das Nettomittelaufkommen der Spezialfonds im ersten Quartal schwach aus. Es betrug lediglich 15 Milliarden Euro und lag damit deutlich unter dem Durchschnitt des Vorjahres. Dies ist laut Kommalpha vor allem auf einen sehr schwachen März zurückzuführen. Zuvor war das Jahr vielversprechend mit einem Nettomittelaufkommen von 5,5 Milliarden Euro im Januar und 8,4 Milliarden Euro im Februar gestartet. Danach fielen die Cashflows auf unter eine Milliarde Euro auf 984 Millionen Euro.

Angaben in Mio. Euro, Stand: 31. März 2023, Quelle: Deutsche Bundesbank (Darstellung von Kommalpha)

Für Kommalpha ist dies vor allem auf die lahmenden Zugpferde unter den institutionellen Investoren, die Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungen, zurückzuführen. Spezialfonds von Altersvorsorgeeinrichtungen sammelten im ersten Quartal 2023 nur 912 Millionen Euro netto ein. Versicherungen sammelten immerhin noch 3,2 Milliarden Euro ein, was jedoch im Vergleich zu 2022 eine magere Ausbeute darstellt. Dabei war Liquidität kein Problem, denn die institutionellen Investoren führten im ersten Quartal 2023 Nettozuflüsse von 24 Milliarden Euro in Spezialfonds durch.

Chancen und Herausforderungen von Immobilien-Spezialfonds

Neben den gemischten Wertpapierspezialfonds, die im ersten Quartal mit knapp 7 Milliarden Euro Nettomittelaufkommen die absoluten Lieblinge unter den Fonds blieben, sowie den Dachspezialfonds (4 Milliarden Euro) und Rentenspezialfonds (3,6 Milliarden Euro), bleiben Immobilienfonds weiterhin eine beliebte Anlageklasse. “Sie sammeln auch im ersten Quartal 2023 mit einem starken Januar stetig ein und kommen auf ein Nettomittelaufkommen von 2,3 Milliarden Euro”, heißt es im detailreichen Bericht von Kommalpha.

Angaben in Mio. Euro, Stand: 31. März 2023, Quelle: Deutsche Bundesbank (Darstellung von Kommalpha)

Laut einer Umfrage der Lagrange Financial Advisory GmbH wird der Erwerb von Anteilen an Immobilien-Spezialfonds über den Zweitmarkt immer beliebter. Die befragten Unternehmen stammen insbesondere aus den Bereichen Versicherungen, Banken, Pensionskassen und Versorgungswerke. Insgesamt planen die Investoren laut Lagrange weiterhin eine Ausweitung ihrer Investitionen im Bereich Immobilien, obwohl dieser Trend im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 leicht rückläufig war.

Besonders beliebt sind auch bei den Spezialfonds Investitionen in Core- und Core-plus-Artikel. Sie vereinen drei Viertel aller Nennungen. Gleichzeitig konnten jedoch auch bisherige “Nischenprodukte” aufholen. „Während bisherige Kern-Assetklassen weniger gefragt waren als zuvor, konnten einige bisherige Nischen wie Unternehmensimmobilien oder drittverwendungsfähige Verwaltungsbauten zuletzt offenbar immer mehr Interesse auf sich lenken“, sagt Dr. Sven Helmer, Managing Director von Lagrange.

Präferenzen und Motive der Anleger

Deutlich stärkere Veränderungen zeichnen sich dagegen bei den Präferenzen für die einzelnen Immobilien-Nutzungsarten ab. Letztes Jahr waren Büroimmobilien noch die Spitzenreiter, nun wurden sie von Wohnimmobilien überholt. Sie liegen nun bei 17 Prozent bzw. 16 Prozent. Ein deutlicher Rückgang des Interesses war bei Einzelhandelsimmobilien mit einem mindestens 70-prozentigen Lebensmittelanteil zu verzeichnen, die nur noch 8 Prozent der Nennungen auf sich vereinen konnten. Zuvor waren es noch 15 Prozent gewesen.

Ein Hauptgrund für Investitionen in Immobilien-Spezial-AIF ist mittlerweile die Ausnutzung spezifischer Möglichkeiten auf den Immobilienmärkten, wie 37 Prozent der Befragten angeben. 33 Prozent von ihnen verfolgen hauptsächlich das Ziel der Risikostreuung in ihrem Portfolio. In Bezug auf den Inflationsschutz wurde dieser von 20 Prozent der Befragten als Hauptmotiv genannt und steht somit an dritter Stelle. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022, in dem dieser Aspekt an erster Stelle stand, hat er nun an Bedeutung verloren.

Weniger Angst vor Mietrückgängen und Angebotsmangel

Investoren von Immobilienspezialfonds bereiten mittlerweile die hohen Preise bzw. die geringen Anfangsrenditen Sorgen. Außerdem machen die schwierig gewordenen Finanzierungsmöglichkeiten einigen Kopfzerbrechen: 27 Prozent geben an, dies als Herausforderung zu sehen. Die Einschätzung der Risiken von Mietrückgängen (17 Prozent) und Angebotsmangel (ebenfalls 17 Prozent) ist deutlich geringer als im letzten Jahr.

Gegenwärtig liegt der vorherrschende Anreiz für Investitionen in Immobilien-Spezial-AIF darin, gezielte Gelegenheiten auf den Immobilienmärkten zu nutzen, wie 37 Prozent der Befragten angeben. 33 Prozent von ihnen streben in erster Linie eine Risikostreuung in ihrem Portfolio an. In Bezug auf den Schutz vor Inflation wird dieser Aspekt von 20 Prozent der Befragten als Hauptmotiv genannt und steht somit an dritter Stelle. Diese Reihenfolge hat sich im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 geändert, als der Inflationsschutz noch an erster Stelle stand.

Insgesamt blickt Helmer positiv auf die aktuellen Entwicklungen der Immobilienspezialfonds: „Insgesamt zeigt sich bei den institutionellen Investoren eine grundsätzlich positive Sicht auf Immobilien-Spezialfonds, wobei sich mit Blick auf die präferierten Assetklassen und Zielmärkte eine zunehmende Differenzierung abzeichnet.“

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