Nachhaltig investieren bringt „doppelte Rendite“

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Nachhaltige Anlagen tragen nicht nur zur Bewältigung des Klimawandels und der Energiewende bei. Sie bieten auch Potential für Renditen und langfristige Stabilität. Bereits im vergangenen Jahr hat die Versicherungskammer einen bedeutenden Schritt in Richtung nachhaltige Kapitalanlagen gemacht. Das primäre Ziel: Nachhaltigkeitsaspekte fest in Investitionsentscheidungen zu verankern. Dafür nutzt der Konzern anlageklassenspezifische Ansätze, um nachhaltigkeitsbezogene Chancen und Risiken systematisch im Investitionsprozess zu berücksichtigen. Darüber hinaus werden Ausschlusskriterien bei den Investitionen angewendet. Über das normbasierte Screening wird sichergestellt, dass soziale Standards eingehalten werden. Weiterhin setzt die Versicherungskammer auf den Dialog mit Unternehmen: 2022 wurden 98 Stimmrechte auf Haupt- und Gesellschafterversammlungen ausgeübt. Der Fokus liegt dabei konsequent auf der Förderung von Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels.

Andreas Kolb. Foto: Versicherungskammer Bayern

Im Rahmen der Klimastrategie der Kapitalanlagen bettete der Konzern seine Ziele für eine klimaneutrale Kapitalanlage mit dem Beitritt zur Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA) in eine internationale Brancheninitiative ein. Das große Ziel der klimaneutralen Kapitalanlage soll bis 2050 erreicht werden. Im Fokus steht dabei die Reduzierung von Emissionen bei den investierten Unternehmen. Deshalb setzt der Konzern neben CO2e-Zielen für das eigene Portfolio insbesondere auf die Bereitstellung von Kapital für den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft sowie den Dialog mit Unternehmen aus emissionsintensiven Branchen. Die quantifizierten mittelfristigen Ziele hat der Konzern festgelegt: Bis Ende 2024 soll für die Anlageklassen Aktien, Unternehmensanleihen, Infrastruktur und Immobilien im Direktbestand der CO2e-Fußabdruck im Vergleich zu 2022 um ganze 11 Prozent reduziert werden. Über die Zeit sollen weitere Anlageklassen in die Betrachtung aufgenommen werden. Darüber hinaus sollen Neuinvestitionen in Unternehmen, die Umsätze aus der Kohleverstromung und Kohleförderung generieren, gemäß Konzern-Kohleposition bis 2035 auf null reduziert werden. Wichtig bleibt auch hier der Austausch mit den investierten Unternehmen in einem zielführenden Dialog: Zeigen die Betriebe glaubhafte Pläne zum Ausstieg aus Kohleaktivitäten bis 2040 auf, kann der Konzern unter Umständen weiterhin in diesen Unternehmen investiert bleiben. Damit begleitet er Unternehmen aktiv im Transformationsprozess.

Infrastrukturanlagen auf hohem Niveau

Im Rahmen der Klimastrategie setzte die Versicherungskammer bei den Kapitalanlagen frühzeitig auf die Asset-Klasse Infrastruktur und ist seit mehr als zehn Jahren ein Branchenvorreiter bei Infrastrukturinvestitionen. Das gilt auch für Engagements im Kontext der Klima- und Wärmewende. Von Beginn an wurde überwiegend auf einen direkten Ansatz mit dem Schwerpunkt Kerneuropa gesetzt. Als Buy-and-Hold-Investor liegt der Fokus auf Themen wie Energiewende, Digitalisierung und Daseinsvorsorge. Das Engagement in Infrastrukturanlagen bleibt bei der Versicherungskammer auch bei der aktuellen Zinssituation – im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie – auf hohem Niveau, beispielsweise durch Investitionen in nachhaltig agierende und versorgungsrelevante Energieversorger. Etwa 8 Prozent der rund 60 Milliarden Euro Assets under Management flossen bislang in Infrastrukturprojekte.

Die Versicherungskammer hat mit „Ferngas“ einen Gasnetzbetreiber in Bayern und Thüringen erworben. Derzeit geht es vordringlich um den Wasserstoffhochlauf. Hierfür werden intensive Gespräche mit Politik, Wirtschaft und Banken geführt. Mit dieser Investition werden öffentlicher Auftrag und Nachhaltigkeitsstrategie der Versicherungskammer perfekt umgesetzt: durch nennenswerte Beiträge sowohl zur Versorgungssicherheit als auch zur Dekarbonisierung in Deutschland. Weitere Investitionen erfolgen in erneuerbare Energien oder Ladestationen für E-Autos. Allerdings ist zu bemängeln: Die Markteintrittsbarrieren für Infrastrukturanlagen sind nach wie vor hoch; politische und regulatorische Facetten spielen oft eine große Rolle. Im Ergebnis bringen Infrastruktur-Investments aber einen klaren Mehrwert. Nur die Zugänge gestalten sich noch nicht ganz so, wie sie im Kontext des Investitionsbedarfs gestaltet sein sollten. Hier steht die Politik in der Pflicht.

Doppelte Rendite

Nachhaltige Kapitalanlagestrategien und die daraus resultierenden Investitionen in zukunftsweisende Infrastrukturprojekte sind ein Baustein für eine nachhaltige Zukunft. Doch ist es auch lohnenswert, den Blick auf die Verknüpfung zwischen Finanzentscheidungen und der Sicherung der Altersvorsorge zu lenken. Mit dem Konzept der „doppelten Rendite“ lassen sich nachhaltige Kapitalanlage und eine Entlastung der Sozialsysteme verbinden. In Zeiten des demografischen Wandels soll für mehr Nachhaltigkeit in den Sozialsystemen und damit für mehr Generationengerechtigkeit gesorgt werden. Dabei stehen eine stärkere Eigenvorsorge und Kapitaldeckung im Vordergrund, um kommende Generationen nicht noch stärker zu belasten.

Wie könnte dieser Ansatz konkret umgesetzt werden? Einerseits durch erhöhte staatliche Anreize für mehr private Vorsorge, andererseits, indem diese Mittel durch den Versicherer in Anlagen eingebracht werden, die der Energiewende zugutekommen. Ein Beispiel sind nachhaltige Infrastrukturanlagen.

Differenzierte Betrachtung der jeweiligen Alterskohorten

Derzeit wird viel über Zinsen und Inflation gesprochen, doch die Demografie stellt das wirkliche Vorsorgerisiko dar. Wir beziehen immer länger Rente, unterschätzen diese Entwicklung aber massiv. Maximale Effizienz bei der Altersvorsorge ist entscheidend. Nur Lebensversicherungsprodukte bieten einen ganzheitlichen Lösungsansatz und können in unsicheren Zeiten eine lebenslange Rente garantieren.

Es steht außer Zweifel: Die sozialen Sicherungssysteme sind überlastet. Zu einer Entlastung bedarf es zusätzlicher Anreize für die private Rentenvorsorge, für Gesundheitsleistungen und in der Pflege. Betrachtet man die betroffenen Alterskohorten und deren jeweilige Möglichkeiten, selbst für ihre Rente vorzusorgen, so ergeben sich Lösungsansätze durch neue, staatlich geförderte private Vorsorgevarianten.
Unter den jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sollte neben der privaten Vorsorge der Fokus auf der betrieblichen Altersvorsorge liegen. Da sich wieder Zinsen erwirtschaften lassen, kann die Generation der unter 45-Jährigen langfristig Kapital aufbauen.

Doch was ist mit den Beschäftigten zwischen 45 und 65 Jahren? Genau diese sollten verstärkt auf eine staatlich geförderte private Altersvorsorge setzen können. Nach wie vor wird seitens der Politik nicht klar genug formuliert, dass private Altersvorsorge unumgänglich ist. Dafür sind mehr Anreize in Form von entsprechender staatlicher Förderung nötig. Schließlich liegt das Niveau der gesetzlichen Rente (netto vor Steuern) bereits jetzt bei unter 50 Prozent, Tendenz sinkend.

Die heutigen Rentnerinnen und Rentner bedürfen einer individuellen Betrachtung. Um sie sollte sich der Staat selektiv, je nach Bedürftigkeit, kümmern.

Unsichere Zeiten bergen auch Chancen

Durch die Investition des angesparten Kapitals in nachhaltige Kapitalanlagen können Ökonomie und Ökologie in einem positiven Sinne verbunden werden. Auf diese Weise lässt sich eine „doppelte Rendite“ erwirtschaften: nachhaltige Kapitalanlagen beispielsweise in Infrastruktur auf der einen, Entlastung der Sozialsysteme auf der anderen Seite.

Unsichere Zeiten bergen also Chancen, wenn innovative Maßnahmen mit Blick auf die Klima- und Wärmewende sowie die Demografie kombiniert werden. Bei aller Regulatorik sollten stets die realweltlichen Auswirkungen des Handelns in das Zentrum der Überlegungen gerückt werden. Ein gerechter Ausgleich zwischen den Generationen ist möglich, und der Weg hin zu einer klimafreundlicheren Volkswirtschaft bietet hierfür hervorragende Ansatzpunkte.

Info

Andreas Kolb ist seit 2019 als Mitglied des Vorstands der Konzernunternehmen der Versicherungskammer Bayern verantwortlich für die Bereiche Kapitalanlage und -verwaltung, Controlling und Unternehmensplanung, Rechnungswesen, Unternehmenssteuern und Gebäudemanagement. Der Diplom-Verwaltungsfachwirt schloss sich der Versicherungskammer Bayern bereits nach dem Ende seines Studiums im Jahr 1990 an und hatte verschiedene Fach- und Führungsaufgaben inne. Ab 2016 wurden ihm Vorstandsfunktionen übertragen, bevor er drei Jahre später in den Vorstand aufstieg. Zusätzlich ist Andreas Kolb Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Beamtenkrankenkasse sowie der Union Krankenversicherung und Mitglied des Aufsichtsrates der CONSAL Beteiligungsgesellschaft.

Patrick Daum ist Chef vom Dienst bei dpn-online. Er berichtet über alle Themen rund um das institutionelle Asset Management.

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