Zehn Jahre KAGB – Wie geht es weiter?

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Mit großen Versprechen trat im Sommer 2013 das Kapitalanlagegesetzbuch – kurz: KAGB – in Kraft. Es setzt die EU-Richtlinien über die Verwalter Alternativer Investmentfonds (AIF) in deutsches Recht um und beinhaltet zudem die bisher im Investmentgesetz geregelte Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren – besser bekannt als OGAW. Die Hoffnungen an das neue Gesetz waren groß: Gleichbehandlung, Anlegerschutz, Standardisierung sowie Stärkung von Organisationspflichten sowie des Finanzplatzes.

Das zehnjährige Jubiläum der Regulierung nahm Universal Investment zum Anlass, zurückzuschauen, inwieweit die gesteckten Ziele erreicht werden konnten. Frank Egloff, Chief Regulatory Officer der Master-KVG, blickte aber gemeinsam mit Volker Kurr, Head of Europe Institutional bei LGIM, und Ulrich Keunecke, Partner bei KPMG Law, auch nach vorn. Wie muss sich das KAGB verändern, um auf den für institutionelle Investoren nötigen Standard gebracht zu werden.

Überleben der Spezialfonds war wichtig

„Für unser Haus war das KAGB sehr segensreich“, machte Egloff schnell klar. „Wir feiern den Jahrestag, da es unserem Geschäftsmodell und dem Standort Frankfurt geholfen hat.“ Wie sehr das KAGB Universal Investment geholfen hat, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Die gesamten Assets haben sich bis Ende 2022 auf 954 Milliarden Euro verfünffacht. Besonders erfreulich sei, dass der deutsche Spezialfonds – der laut Egloff „nie ein Exportschlager“ war – überlebt habe und sich etablieren konnte. Denn für die deutsche Rentenabsicherung spielen Spezialfonds eine zentrale Rolle, da in ihnen zu einem großen Teil der Kapitalstock für Rentenansprüche angelegt ist. Eine Abschaffung hätte immense negative Auswirkungen gehabt. Auch Kurr rühmt das Investmentvehikel als „Segen“. Es sein ein „Unikum“, das so nur noch in Österreich gebe. Dies gelte auch für den offenen Immobilienfonds, dessen drohende Abschaffung ebenfalls habe verhindert werden können.

Insgesamt stellt Kurr dem KAGB ein sehr positives Zeugnis aus. Es biete ein einheitliches Regelwerk für alle Fonds und habe dadurch zu einem wesentlichen Effizienzgewinn geführt. Die Standardisierung habe Komplexitätskosten gesenkt und Vertrauen geschafft. Das Gesetz lasse zudem zu, dass auch semi-professionelle Anleger in Spezialfonds investieren dürfen, es stärke die Depotbankhaftung auch für OGAW und beschleunige die Vertriebszulassungsverfahren für Publikumsfonds. Zudem ermögliche es Pension-Pooling in Deutschland. „Das KAGB ist das Grundgesetz der Fondsbranche“, so Kurr.

Überarbeitung des KAGB ist nötig

Doch in den vergangenen zehn Jahren ist die Welt am Kapitalmarkt keinesfalls stehengeblieben. Entsprechend benötige das KAGB eine Überarbeitung, fordert Egloff. Investitionen in Infrastruktur werden im Bereich Immobilien geregelt, wo sie aber nicht hingehören. Auch die energetische Sanierung von Häusern zum Beispiel mit Solaranlagen sei für Investoren noch äußerst kompliziert, bemängelt KPMG-Jurist Keunecke. Hier könne das in der Diskussion befindliche Zukunftsfinanzierungsgesetz aber Abhilfe schaffen. Keunecke kritisiert vor allem die stark produktbezogene Regulierung in Deutschland. Große institutionelle Investoren wie Versicherer seien bereits reguliert. Durch die zusätzliche Produktregulierung unterlägen sie einer doppelten Regulierung. Vielmehr sollten die Investmentvehikel an die Bedürfnisse der Anleger angepasst werden. Seine Forderung: „Produkte müssen in Deutschland flexibler gestaltet werden.“

Eine Entwicklung habe das KAGB beim Thema digitale Assets durchgemacht. Diese waren anfangs nicht vorgesehen, inzwischen seien Krypto-Assets aber auch im regulierten Spezialfondsbereich möglich. Aus Keuneckes Sicht eine logische Folge. Denn Krypto bedeute nichts anderes als Datenspeichermedium. Ob es sich dabei um eine antike Steintafel, eine Aktie in Papierform oder ein digitales Asset sei, spiele keine Rolle. „Nur das Speichermedium ist anders, der Inhalt nicht“, so Keunecke. „Wer Finanzinstrumente auflegt oder in sie investiert, muss das auch mit Kryptos dürfen.“

Ins Aufgabenheft für ein KAGB 2.0 schreiben die Experten dem Gesetzgeber die Themen Gesetzesharmonisierung, Infrastruktursondervermögen, Zukunftsfinanzierungsgesetz und Fondsstandortgesetz. Doch es wird deutlich, dass sie wenig Hoffnung auf eine zeitnahe Aktualisierung der Regulierung haben. Das wäre aber wichtig, schon allein mit Blick auf den nötigen Ausbau der Infrastruktur oder den absehbaren Crash des gesetzlichen Rentensystems. Der Fondsverband BVI habe zwar in Berlin viel für die Branche erreicht, doch genieße sie in Deutschland schlichtweg nicht das Standing wie andere Industriezweige, ist eine gewisse Resignation und Ernüchterung zu spüren. Deshalb hat Egloff neben inhaltlichen Wünschen für das Gesetz auch einen anderen Wunsch an den Gesetzgeber: „Mehr Zug, mehr Stringenz und Verständnis.“

Patrick Daum ist Chef vom Dienst bei dpn-online. Er berichtet über alle Themen rund um das institutionelle Asset Management.

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