Die Ursprünge der Beamten als Diener einer Herrschaft reichen bis in die Frühgeschichte und die Antike zurück. Ob im alten Ägypten, im Orient, im alten Indien und China, im antiken Griechenland und im Römischen Reich: Alle frühen Staaten und staatsähnlichen Herrschaften stützten sich auf eine Gruppe oder gar Schicht von Menschen, die ihnen treu dienten. Für diese Treue entlohnten die Herrscher ihre Beamten – oft auch lebenslang.
Im Laufe der Geschichte ging die Treuepflicht der Beamten gegenüber einem absoluten Herrscher in eine Dienstverpflichtung gegenüber einem Staat und Gesetzen über. So entstand das moderne Beamtentum, das wir heute kennen. Ein Treiber dieser Entwicklung war die Französische Revolution von 1792. Zeitlich parallel verankerte das damals modernste Land in Deutschland, Preußen, 1794 erstmals das Dienstverhältnis der Beamten in einem Gesetzbuch, als es das „Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten“ einführte und darin von „Dienern des Staates“ sprach. 1805 machte das Beamtenrecht mit der „Bayerischen Hauptlandes-Pragmatik“ den nächsten Entwicklungsschritt. Den Beamten wurde darin für ihre unbedingte Hingabe und besondere Pflichtenstellung gegenüber der Landesmacht eine dauerhafte finanzielle Absicherung während des aktiven Dienstes und im Ruhestand gewährleistet. Die Mindestdienstzeit dieser Beamten betrug 40 bis 45 Jahre, und der Anspruch auf eine Pension galt ab dem 70. beziehungsweise 72. Lebensjahr. Im Deutschland des 19. Jahrhunderts erhielten in der Regel nur Staatsbeamte eine Altersversorgung für den geleisteten Dienst. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts forderten die Gemeindebeamten im Sinne von „Gemeindedienst = Staatsdienst“ eine Angleichung ihrer rechtlichen und finanziellen Stellung an die Staatsbeamten und damit auch eine Altersversorgung. Für die nichtbeamteten Angestellten im öffentlichen Dienst ließ die Zusage einer Altersversorgung durch ihren Dienstherrn ebenfalls auf sich warten. Während die „Gute Hoffnungshütte“, zunächst als Hüttenbetrieb im Ruhrgebiet gegründet, bereits 1832 ihren Beschäftigten über eine pauschal dotierte Unterstützungskasse Betriebsrenten gewährte, entstand eine erste Einrichtung für die Angestellten bei der Eisenbahn mit der „Unterstützungskasse für die Arbeiter der preußischen Staatseisenbahnen“ erst 1859. Die Kasse leistete im Fall von Krankheit und Invalidität sowie im Todesfall für die Hinterbliebenen.
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Nach 1900 entstanden zunächst für Kommunalbeamte und später auch für Angestellte in Kommunen Zusatzversorgungen. Während die Beamten in diesen Jahren rasch eine Vorsorge für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Beruf erhielten, dauerte es für die Angestellten vielerorts bis nach dem Ersten Weltkrieg, ehe auch sie in den Genuss einer Invaliditäts-, Alters- und Hinterbliebenenversorgung kamen. Vorreiter in der Weimarer Republik waren die Groß- und Mittelstädte. Diese übernahmen in den 1920er Jahren neue Zusatzaufgaben, vor allem in der Daseinsvorsorge. Dafür mussten sie immer mehr Mitarbeiter einstellen und halten.
Im Jahr 1929 gründeten das Deutsche Reich und das Land Preußen die „Zusatzversorgungsanstalt des Reichs und der Länder (ZRL)“, aus der 1951 die heutige „Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder“, kurz VBL, hervorging. Die ZRL sollte den Arbeitern der Reichsverwaltung und der Verwaltungen der beteiligten Länder sowie deren Hinterbliebenen Zuschüsse zur gesetzlichen Rente zahlen, um Ungleichbehandlungen zwischen Beamten und nichtbeamteten Bediensteten im öffentlichen Dienst auszugleichen. Tatsächlich fielen die Versorgungsleistungen für die einzelnen Bediensteten sehr unterschiedlich aus.
Mit dem Reichstarifrecht von 1938 bekam die betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst eine Basis mit einheitlichen Regelungen. Sie war ein Vorläufer der heutigen Zusatzversorgung. Auf der rechtlichen Grundlage von 1938 kam es in den folgenden Jahren zur Gründung zahl reicher kommunaler Zusatzversorgungskassen in Deutschland.
Die Beamtenversorgung in der Bundesrepublik bis zur Wiedervereinigung
Während die kommunale Zusatzversorgung nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland keine Fortsetzung fand, existierte sie in Westdeutschland weiter. Hier erhielten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst statistische Zusatzversorgungsrenten ohne Leistungsdynamik, also unabhängig von der Höhe ihrer gesetzlichen Rente.
Die Beamtenversorgung war in den ersten Nachkriegsjahren stark unter Druck. Steigenden Versorgungslasten stand eine deutlich verringerte Umlagebasis des Systems gegenüber. Die meisten westdeutschen Bundesländer regelten das Beamtenrecht in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre neu, damit auch die Beamtenversorgung. Das betraf alle Beamten des Staates, der Gemeindeverbände und weiterer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die dienstherrenfähig waren. Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949 war das Recht des öffentlichen Dienstes – der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und aller sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienstherren – auch daran auszurichten.
In den folgenden gut 50 Jahren nahm der Gesetzgeber immer wieder Reformen und kleinere Änderungen am Beamten-, Besoldungs- und Versorgungsrecht vor. Zu den wichtigsten Maßnahmen im Beamtenrecht zählte das Bundesbeamtengesetz (BBG) von 1953. Vier Jahre später, 1957, bewirkte das Beamtenrechtsrahmengesetz eine weitgehende Angleichung der beamtenrechtlichen Vorschriften in den Bundesländern. Vier Jahrzehnte später schrieb das Versorgungsreformgesetz von 1998 die Bildung von Versorgungsrücklagen bei Bund, Ländern und Gemeinden vor.
Mit dem Gesamtversorgungssystem werden die Renten dynamisiert
Die Zusatzversorgung für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst blieb bis in die 1950er Jahre hinein ein eigenständiges Versicherungssystem, das in sich geschlossen war. Sie war somit ohne direkten Bezug zur Beamtenversorgung und zur gesetzlichen Rentenversicherung, der Hauptversorgung für nahezu alle Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst. Der Abstand zur Beamtenversorgung in den Leistungen bestand zunächst fort.
Die Einführung der dynamischen Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung von 1957 wirkte sich auch auf die Entwicklung der Zusatzversorgung aus. So stellten sich je nach Höhe der Einkommen Ungleichheiten in der Zusatzversorgung ein. Für Arbeitnehmer in den unteren und mittleren Einkommensklassen ergaben sich aufgrund kontinuierlich steigender gesetzlicher Renten im Laufe der Jahre Überversorgungen, gemessen an der Entwicklung in der Beamtenversorgung. Umgekehrt verzeichneten Arbeitnehmer mit höheren Einkommen Unterversorgungen.
In den 1950er Jahren wurde der Reformbedarf in der Zusatzversorgung immer offensichtlicher. Nach langen Vorarbeiten und Tarifverhandlungen ging am 1. Januar 1967 das neue Gesamtversorgungssystem an den Start. Es galt für den Bereich des Bundes und der Länder sowie für den kommunalen Sektor und bildete eine erste rechtliche Klammer für die Zusatzversorgung aller drei Ebenen des öffentlichen Dienstes. Sie umfasste auch die Versorgungstarifverträge für die Arbeitnehmer in Bund, Ländern und Gemeinden aus den Jahren 1966 und 1967: Versorgungs-TV, VersTV-G, VersTV-Saar. Die Tarifverträge blieben in nahezu unveränderter Fassung bis 2001 in Kraft, ehe das bis heute gültige Punktemodell an ihre Stelle trat.
Die Initiatoren des Gesamtversorgungssystems erreichten das gesteckte Ziel weitgehend: die Annäherung der Zusatzversorgung an die Beamtenversorgung. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer erhielten in der Leistungsphase neben ihrer gesetzlichen Rente Leistungen aus der Zusatzversorgung bis zum Niveau der Gesamtversorgung. Die Höhe der Gesamtversorgung errechnete sich für den einzelnen Berechtigten aus der Zeit, seinen Bezügen und dem daraus abgeleiteten Versorgungssatz. An die Grundlinien der Beamtenversorgung angelehnt, erhielten die Berechtigten über das Gesamtversorgungssystem eine Altersleistung in Höhe von 75 Prozent ihres letzten Bruttoentgelts. Konkret glich die Zusatzversorgung die Differenz zwischen den Leistungen aus der Grundversorgung, also in der Regel der gesetzlichen Rentenversicherung, und einer ähnlichen Beamtenversorgung aus.
Das Gesamtversorgungssystem brachte somit die Dynamisierung der Renten. Die Versorgungsleistungen wurden in gleichem Maße und zur gleichen Zeit angehoben wie die Versorgungsbezüge der Beamten. Eine Voraussetzung für die Berechtigung zum Bezug der Versorgungsrente war allerdings, dass ein Arbeitnehmer bis zu seinem Renteneintritt im öffentlichen Dienst beschäftigt war. Schied ein Arbeitnehmer vorzeitig aus dem öffentlichen Dienst aus, stand ihm nur eine statische Versicherungsrente zu.
Altersversorgung in den christlichen Kirchen
Neben dem öffentlichen Dienst in Kommunen spielen Zusatzversorgungskassen auch in den beiden großen christlichen Kirchen eine wichtige Rolle. In den evangelischen Kirchen existierte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Emeritierungsordnung für Geistliche. Es dauerte aber bis zur Jahrhundertwende, ehe die Geistlichen in der Besoldung und in der Altersversorgung weltlichen Staatsbeamten gleichgestellt waren. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr die evangelische Kirche eine Verjüngung des Personals, begleitet von einer steigenden durchschnittlichen Lebenserwartung der Beschäftigten. Das ließ höhere Versorgungslasten erwarten. Die Kirche lagerte deshalb Anfang der 1970er Jahre die Pensionsverpflichtungen aus und gründete drei kirchliche Versorgungskassen.
Die katholischen Bistümer gewährten in den 1930er Jahren erste Zusatzleistungen für die Altersversorgung. Nach dem Zweiten Weltkrieg weitete sie diese Leistungen in der Bundesrepublik aus. Dadurch kamen auch Beschäftigte in katholisch-karitativen Einrichtungen in den Genuss von Versorgungsleistungen. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung im Jahr 1974 gründeten die katholischen Bistümer ebenfalls eine Zusatzversorgungskasse. So entstand 1976 die Kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands auf der Basis eines Gesetzes in Nordrhein-Westfalen. Die Kasse leistete für die Versorgung der Beschäftigten katholischer und katholisch karitativer Einrichtungen in Anlehnung an die Grundsätze des öffentlichen Dienstes.
In den evangelischen Kirchen beschränkten sich Zusatzversorgungskassen für Mitarbeiter in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch auf die Deutsche Diakonenschaft und die Innere Mission. Dagegen blieb die verfasste Kirche, also die eigentliche Kirchenorganisation, davon zunächst ausgenommen. 1941 veröffentlichte die Deutsche Evangelische Kirche neue Richtlinien für die Zusatzversorgung ihrer nichtbeamteten Mitarbeiter. Demnach sollte die Zusatzversorgung der Beschäftigten über eine Höherversicherung in der Angestelltenversicherung oder über einen Versorgungsfonds erfolgen. Zudem öffneten die evangelischen Kirchen die bestehenden Versorgungskassen der Deutschen Diakonenschaft und der Inneren Mission für ihre Mitarbeiter. Damit waren diese nicht mehr der Versorgungsanstalt des Reiches und der Länder angeschlossen.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit waren die Richtlinien von 1941 zunächst außer Kraft gesetzt, doch die Arbeitnehmer in den evangelischen Kirchen beharrten auf einer Wiederaufnahme der Zusatzversorgung. Mit Erfolg, denn 1952 bereitete das Landeskirchenamt Bielefeld eine erste gesetzliche Basis für die Errichtung einer eigenständigen kirchlichen Zusatzversorgungskasse vor. In den Folgejahren entstanden weitere Zusatzversorgungskassen der evangelischen Kirchen.
Die Zusatzversorgung im wiedervereinigten Deutschland
Nachdem mit der Einführung der Spitzanrechnung von 1981 das Gesamtversorgungssystem in Westdeutschland neu ausgerichtet wurde, kamen ab 1990 mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten größere Herausforderungen auf die kommunale und kirchliche Zusatzversorgung zu. In den neuen Bundesländern wurden erste kommunale Versorgungsverbände gegründet. Ab 1997 existierte auch in Ostdeutschland eine flächendeckende Zusatzversorgung für die Angestellten im öffentlichen Dienst.
Der Westen hatte in den 1990er Jahren ebenfalls seine Herausforderungen in der Zusatzversorgung zu schultern. Eine wesentliche Ursache dafür war deren doppelseitige Abhängigkeit vom Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung. Auch mussten für die Zusatzversorgung zahlreiche Anpassungen im Steuerrecht und in der Sozialversicherung nachvollzogen werden. Reparaturen an einzelnen Stellen reichten nicht mehr aus, ein neuer großer Wurf musste her.
Nach der Jahrtausendwende stand das Reformprojekt: 2001 einigten sich die Tarifvertragsparteien auf einen Systemwechsel bei der Zusatzversorgung. An die Stelle der Gesamtversorgung trat ein neues Betriebsrentensystem, das mit einem Punktemodell arbeitete. Auf dieser Einigung bauten die folgenden Tarifverträge auf, die im Jahr 2002 verabschiedet wurden und deren Inhalt für die Zusatzversorgung bis heute im Wesentlichen identisch ist:
- Tarifvertrag Altersversorgung (ATV) für die Beschäftigten des Bundes und der Länder
- Altersvorsorge-TV-Kommunal (ATV-K) für die Beschäftigten im kommunalen Bereich 2016 erfolgte die tarifvertragliche Verlängerung der Bestimmungen für die Zusatzversorgung um zehn Jahre.
Verbandsarbeit in der AKA gebündelt
Mit der Zunahme der Zahl der Zusatzversorgungskassen im kommunalen und kirchlichen Bereich gewann auch die Kooperation in gemeinsamen Interessenvertretungen an Relevanz. Zunächst wurde 1935 die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Versorgungskassen gegründet. 1951 knüpfte die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Zusatzversorgungskassen daran an. Damit existierte in der Bundesrepublik eine Institution für den Erfahrungsaustausch und für die Weiterentwicklung des Satzungsrechts im Bereich der Zusatzversorgung. Später organisierte sich auch der kirchliche Bereich selbst.
1998 schlossen sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Zusatzversorgungskassen und die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Beamtenversorgungskassen zu einer Verbandsorganisation unter dem Label „AKA“ zusammen. Diese Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e. V. vertritt Mitgliedseinrichtungen in ganz Deutschland, die die Altersversorgung für über zehn Millionen Versicherte, Rentner, Pensionäre und Beamte sicherstellen. Diese sind bei fast 50.000 Arbeitgebern und Dienstherren beschäftigt. Der AKA gehören heute bundesweit fast alle Einrichtungen der Altersversorgung im kommunalen und kirchlichen Bereich an.
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.