In Europas Pensionskassen gibt es große Löcher. Dies offenbarte ein Stresstest für die Branche, den die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa im Dezember 2019 veröffentlicht hat. Demnach könnte der aktuelle Druck auf die Kassen noch steigen.
Stresstest
Für den Stresstest entwickeln Versicherungsaufseher jeweils Szenarien mit unerwarteten Marktentwicklungen und berechnen deren Konsequenzen für die Zukunft. Damit testen sie die finanzielle Standfestigkeit von Europas Pensionskassen. 2019 befragten sie hierfür 176 Pensionskassen aus 19 europäischen Ländern. Das Szenario: eine plötzliche Neubewertung von Risikoprämien und ein Zinsschock bei Papieren mit kurzen Fälligkeiten sowie einzelnen, starken Schwankungen an den Aktienbörsen.
Auswirkungen kurzfristig spürbar
Wie die Aufseher errechneten, wären die Auswirkungen für die Pensionskassen in einem solchen Fall vor allem kurzfristig spürbar. Insgesamt würden demnach rund zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus den teilnehmenden Ländern verloren gehen. Für Pensionskassen würde dies einen kurzfristigen Einbruch der finanziellen Mittel um 173 Milliarden Euro bedeuten. In dem Report heißt es: „Risiken durch unerwartete Marktszenarien dürften substanzielle Auswirkungen auf die Finanzausstattung haben, die Träger müssten dann noch mehr Hilfe leisten“. Die Hilfe würde sich insgesamt auf 49 Milliarden Euro belaufen.
Allerdings stellte die Versicherungsaufsicht fest: Der Effekt wäre innerhalb eines Jahres wieder ausgeglichen. „Pensionskassen können durch ihre langlaufenden Anleihen und ihren langfristigen Anlagehorizont kurzzeitige Volatilitäten und Marktabschwünge besser aushalten als andere Finanzinstitute“, nennt die Eiopa hierfür als Begründung.
Branche finanziell angeschlagen
Die Probleme der Pensionsfonds sind nicht neu. Die Folgen der langjährigen Niedrigzinspolitik hat die Branche lange unterschätzt. Die Bafin hat nach wie vor 31 der 135 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht, die vom Niedrigzinsumfeld besonders betroffen sind. Für Schlagzeilen sorgte in der Vergangenheit vor allem die Caritas: Wegen finanzieller Probleme nahm die Pensionskasse Leistungskürzungen für Ruheständler und künftige Pensionäre vor. Zuletzt gab die Caritas im Mai 2019 bekannt, dass die Vertreterversammlung der Pensionskasse ein Sanierungskonzept beschlossen hatte. Die Folge für die Versicherten: Leistungskürzungen in einem Gesamtvolumen von 123 Millionen Euro.
Solche Kürzungen muss im Regelfall der Arbeitgeber ausgleichen: es greift die Subsidiärhaftung. Ist dieser insolvent, drohen allerdings erhebliche Ausfälle für die Versorgungsberechtigten. Hier will die Bundesregierung den Pensionskassen unter die Arme greifen: Einem Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministeriums zufolge soll in einem solchen Fall zukünftig der Pensions-Sicherungsverein der Betriebsrente einspringen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Lösung umsetzbar ist.