Die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge hat sich für einen Mindestzinssatz von 1 Prozent ausgesprochen. Mit dem Mindestzinssatz wird bestimmt, zu wieviel Prozent das Vorsorgeguthaben der Versicherten im BVG-Obligatorium mindestens verzinst werden muss. Die Vorschläge der Kommissionsmitglieder reichten von 0,25 bis 1,25 Prozent. Es wurde über verschiedene Varianten abgestimmt. In der Schlussabstimmung votierte aber eine klare Mehrheit für 1 Prozent.
Marktentwicklung ist entscheidend
Entscheidend für die Festlegung der Höhe des Mindestzinssatzes ist die Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Die Formel der BVG-Kommission, welche diese gesetzlichen Anforderungen berücksichtigt, ergibt per Ende Juli 2021 aufgrund der positiven Marktentwicklung trotz tiefer Zinsen 1,3 Prozent.
Zinssatz muss für die Vorsorgeeinrichtungen tragbar sein
Daneben werden weitere Rahmenbedingen berücksichtigt. Diese umfassen die Tragbarkeit des Satzes für die Vorsorgeeinrichtungen in Bezug auf die Erträge, die sie selbst auf dem Finanzmarkt erzielen können. Auch soll der Satz das Vertrauen in die 2. Säule stärken. Nach Möglichkeit sollte der Mindestzins langfristig auch im Einklang mit der Lohn- und Preisentwicklung stehen. In der Vergangenheit wurde dieses Ziel übertroffen.
Zu berücksichtigen ist ebenso, dass nicht die ganze Rendite einer Vorsorgeeinrichtung für die Mindestverzinsung verwendet werden kann. Die Vorsorgeeinrichtungen haben die gesetzliche Pflicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, notwendige Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen. Soweit nicht anderweitig finanziert, müssen sie auch die Verwaltungskosten der Vorsorgeeinrichtung mit dem Vermögensertrag decken.
Renditen sind hoch und die Reserven gut geäufnet
Dieses Vorgehen kritisiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB. Er moniert, dass die Renditen der Pensionskassen seit Jahren deutlich höher als die Verzinsung ausfallen würden. «Die Performance betrug im Anlagejahr 2020 gemäss UBS-Pensionskassenindex 4,09 Prozent. Auch die durchschnittliche Rendite der letzten fünf Jahre fällt mit 4,72 Prozent gut aus. Seit Messbeginn 2006 beträgt die Performance mittlerweile 74,61 Prozent», wie der SGB ausführt, und er ergänzt: «Auch für das laufende Jahr bestätigt ein Blick auf alle grösseren Indizes die gute Lage an den Finanzmärkten.
Ein weiterer Kritikpunkt für den SGB ist die gute finanzielle Lage, in der sich die Vorsorgeeinrichtungen befänden. «So bestätigte die Oberaufsicht der beruflichen Vorsorge unlängst, dass sich der durchschnittliche Deckungsgrad mit 119,9 Prozent per Ende Juni 2021 auf einem historischen Höchststand befindet. Entsprechend haben zwei Drittel der Vorsorgeeinrichtungen ihre Zielwertschwankungsreserven vollständig geäufnet.» Während die Pensionskassen inzwischen aber üppig gefüllte Reserven und hohe Deckungsgrade angehäuft hätten, würden die Pensionskassenrenten sinken, und die Beiträge der Versicherten stetig steigen. «Nun drängen sich endlich ein Richtungswechsel und eine höhere Verzinsung der Altersguthaben auf, denn die Renditen bleiben anhaltend hoch», fordert der SGB.
Mindestzinssatz ist ein Minimalzins
Die BVG-Kommission hat bei ihrer Empfehlung ebenfalls berücksichtigt, dass es sich um einen Minimalzins handelt. Das paritätisch besetzte oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung kann diesen Satz überschreiten, sofern die finanzielle Situation es zulässt. Die Vorsorgeeinrichtungen, welche nur das Obligatorium der beruflichen Vorsorge versichern und damit unter den hohen Umwandlungssätzen in der beruflichen Vorsorge leiden, haben diesen Spielraum jedoch oft nicht, wie die Kommission betont.
Pensionskassenverband erinnert an Verluste durch zu hohe Renten
Das sieht der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP genauso, weshalb er die Empfehlung der BVG-Kommission unterstützt. Und er ergänzt: «Die verantwortlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in den Führungsorganen der Pensionskassen sind frei, eine höhere Verzinsung zu beschliessen, wenn dies ihre individuelle Lage erlaubt.»
Er ruft auch in Erinnerung, dass in einigen Vorsorgeeinrichtungen den Versicherten nicht die gesamte Performance auf dem Anlagevermögen gutgeschrieben werden könne. Infolge zu hoher BVG-Umwandlungssätze könnten weiterhin Pensionierungsverluste entstehen, die durch die erzielten Erträge zu finanzieren seien.
Über eine allfällige Änderung des Satzes entscheidet der Bundesrat voraussichtlich im Spätherbst.