Nicht nur die Pensionseinrichtungen in Deutschland können seit der Zinswende bei der Bildung von Pensionsrückstellungen aufatmen und weisen gleichzeitig Rekordwerte bei der Ausfinanzierung ihrer Pensionsverpflichtungen auf. Auch aus globaler Sicht stellt sich beim Ausfinanzierungsgrad betrieblicher, leistungsorientierter Altersversorgungssysteme – also Defined-Benefits-Pensionspläne – im Jahr 2022 mit 96 Prozent ein Allzeithoch ein. Zu diesem Ergebnis kommt der vierte „Pension Monitor“. Die Studie erstellte Olaf Stotz von der Frankfurt School of Finance & Management im Auftrag des Asset Managers Insight Investment. Grundlage der Untersuchung ist die Analyse der Finanzberichte von über 2.000 Unternehmen aus 14 Ländern im Zeitraum von 2010 bis 2022 im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung. Die Unternehmen kommen laut der Studie auf eine gesamte Marktkapitalisierung von 34,8 Billionen Euro, was rund 40 Prozent der Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen weltweit im Dezember 2022 entspricht. Ihre Pensionsverpflichtungen betrugen zugleich über 2,7 Billionen Euro.
Die Umstände entwickelten sich im vergangenen Jahr günstig für Pensionseinrichtungen: Da die Rechnungszinsen für Pensionsverpflichtungen im vergangenen Jahr stark anstiegen, nutzten die Pensionseinrichtungen die günstigen Umstände und sicherten ihre Pensionsverpflichtungen besser ab. Zugleich erhöhten sie das Hedge-Beta allein im Jahr 2022 um 15 Prozent von 64 Prozent auf 79 Prozent. „Das Rekordniveau bei den Ausfinanzierungsgraden bietet vielen Unternehmen die Opportunität Risiken der betrieblichen Altersversorgung zu reduzieren“, erklärt Wolfgang Murmann, Head of Distribution and Solutions, Deutschland und Österreich bei Insight Investment. „In vielen Ländern haben die Unternehmen ihre Asset-Allokation so angepasst, dass der Wert der von ihnen verwalteten Kapitalanlage ähnlichen Wertänderungen unterliegt wie die Pensionsverpflichtungen.“ Die Absicherung von Pensionsverpflichtungen erhöhe die Gewissheit, dass sich die Finanzierungssituation bei sinkenden Zinsen nicht verschlechtert, so Murmann weiter. Aus den früheren Pension-Monitor-Studien ergibt sich, dass die Kapitalmärkte Unternehmen mit geringeren Pensionsrisiken in der Regel durch eine bessere Aktienkursentwicklung, niedrigere Refinanzierungskosten und höhere Unternehmensbewertungen belohnen.
„Ein zentraler Bestandteil lag auf der Bewertung der aktuellen Widerstandsfähigkeit und zukünftigen finanziellen Nachhaltigkeit der Pensionssysteme, und darauf, ob sie die Chance genutzt haben, die sich durch den Zinsanstieg ergeben hat“, ergänzt Studienautor Olaf Stotz. Während die Pensionssysteme auf globaler Ebene gut abgesichert sind und das Hedge-Beta von 64 Prozent im Jahr 2021 auf 79 Prozent im Jahr 2022 stieg, weisen die einzelnen Länderebene unterschiedliche Absicherungsgrade auf. So weist Großbritannien mit mehr als 96 Prozent das höchste Hedge-Beta unter den großen Pensionsmärkten auf. Die USA liegen mit 83 Prozent, Japan mit 74 Prozent und Deutschland mit 42 Prozent deutlich dahinter.
In Deutschland beläuft sich der durchschnittliche Deckungsgrad der betrieblichen Altersversorgung auf etwa 66 Prozent. Das belegt die Analyse der 250 größten börsennotierten Unternehmen im Rahmen des Pension Monitor. Dementsprechend sind zwei Drittel der Pensionsverpflichtungen durch dediziertes Pensionsplanvermögen gedeckt – der höchste Anteil, den die Studienreihe seit 2010 gemessen hat, zugleich ein eher schwacher Wert im internationalen Vergleich.
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.