Im Jahr 2022 vollzog sich ein Paradigmenwechsel an den Kapitalmärkten: Die Notenbanken reagierten auf die stark steigende Inflation und hoben die Leitzinsen in rascher Folge mehrfach an. Damit stiegen auch die IFRS-Rechnungszinsen mit einer historisch einmaligen Dynamik. Die Zinsanstiege ließen die Barwerte von Pensionsverpflichtungen kräftig sinken – nach Jahren des Niedrigzinses eine bilanzielle Verschnaufpause für viele Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) und Trägerunternehmen. Gleichzeitig sanken im Jahr 2022 die Preise für Assets an den Kapitalmärkten, während die Inflation deutlich anstieg.
Als Resultat dieses Jahres schlägt ein kräftiger Anstieg des Ausfinanzierungsgrads der Pensionsverpflichtungen unter den DAX-Konzernen von 72 Prozent auf rund 80 Prozent zu Buche – so die Berechnungen des Beraters Mercer. Dazu hat der IFRS-Rechnungszinsanstieg von etwa 3 Prozent im Jahr 2022 maßgeblich beigetragen. Gleichzeitig ging der Wert des Deckungsvermögens um 17,8 Prozent zurück. Seitdem eröffnet vor allem das hohe Zinsniveau Unternehmen aus einer Funding-Level-Perspektive Anreize, ihre Risiken, die aus Pensionszusagen resultieren, abzubauen. Das betrifft insbesondere Zinsrisiken. Die Chancen für viele Pensionseinrichtungen sind also noch gut, angesichts der weiterhin hohen Zinsen den Schritt von Asset-only hin zu einer verpflichtungsorientierten Kapitalanlage zu gehen oder auf dem De-Risking-Pfad weiter voranzukommen. Die IFRS-Rechnungszinsen sind im Zuge der Zinssenkungen von ihrem Hoch im September 2023 um etwa 1 Prozentpunkt auf 3,5 Prozent gefallen, sie sind aber noch vergleichsweise attraktiv im historischen Kontext.
Grow, Hedge und Pay
Der Verband Deutscher Treasurer – kurz VDT – hat in diesem Jahr ein neues Paper zum „Pension De-Risking“ erarbeitet und veröffentlicht. Der Verband knüpft damit nach zwei Jahren an ein erstes Paper zu diesem Thema an, mit dem das VDT-Fachressort Asset Management über De-Risking-Optionen für das Treasury informiert hat. Zielgruppe für beide Papers sind Treasurer, die sich über Strategien für den Umgang mit Pensionsverpflichtungen informieren wollen. Die neue Veröffentlichung konzentriert sich auf De-Risking-Strategien vor dem Hintergrund des Zinsanstiegs 2022 und 2023. Anhand des Papers lassen sich Pensionsrisiken mittels des De-Risking-Frameworks analysieren und mit entsprechenden Maßnahmen managen.
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.

