Wie interessant sind Private Debt Märkte?

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Simonis ist für die Entwicklung relevanter Anlagestrategien institutioneller Anleger bei der Deutschen Asset Management zuständig und bezeichnete das Thema Private Debt als das derzeit meistdiskutierte Thema mit den Kunden.

Zum Diskussionsthema ist Private Debt vor allem durch den aufsichtsbedingten Regimewechsel in der Bankenfinanzierung geworden, der praktisch zu einem weitgehenden Rückzug der Banken aus wichtigen Finanzierungsbereichen geführt hat. Damit sind Finanzierungen für institutionelle Anleger quasi frei geworden. Es handelt insbesondere um Immobiliendarlehen, Infrastrukturdarlehen und Unternehmensfinanzierungen.

Die erste Frage muss natürlich lauten, warum solche Finanzierungen durch den Rückzug der Banken für andere Investoren interessanter geworden sein sollen?

Simonis zeigte zwei wesentliche Pluspunkte am Beispiel von Immobilienfinanzierungen auf: Zum einen sind durch den Rückzug der Banken große Finanzierungslücken, und damit Opportunitäten für andere Investoren, entstanden. Die Bruttofinanzierungslücke bei europäischen Immobiliendarlehen, die durch die Änderungen in der Bankenregulatorik allein im Zeitraum 2014/15 entstanden ist, bezifferte er auf 124 Milliarden Euro. Zugleich mit dem Regimewechsel in der Bankenfinanzierung hat zudem seit der Finanzkrise auch ein Regimewechsel in der Finanzierungsstruktur stattgefunden. Wurden zuvor bis zu 75 Prozent der Beleihungswerte durch Senior Loans abgedeckt, sind es jetzt nur noch 60 Prozent wie in der klassischen Hypothekenfinanzierung. Weitere 20 Prozent werden durch Mezzanine-Finanzierung abgedeckt, sodass ein Eigenkapitalanteil von 20 Prozent verbleibt – bei der vorherigen Bankenfinanzierung waren es nur 5 Prozent. Das bedeutet, Senior Loans wie Mezzanine sind jetzt besser besichert als zuvor, da ein höherer Eigenkapitalpuffer zur Verfügung steht. Auf dieser Basis lässt sich, so Simonis, ein Private Debt Portfolio aufbauen, das eine deutlich höhere Rendite als etwa bei Pfandbriefen erbringt. Insofern bilden solche Darlehen eine gute Alternative zu traditionellen Covered Bonds. Und im Mezzanine-Bereich biete sich überdies eine attraktive Alternative zu High Yield Bonds, wobei einschränkend allerdings zu bemerken sei, dass Mezzanine-Finanzierungen eigentlich nur in UK gängig sind und auf jeden Fall eine Due Diligence erfordern. Insgesamt klingt das Fazit somit gut. Allerdings ist ein Wermutstropfen nicht zu übersehen. Denn der Private Debt Markt, betonte Simonis, ist ein ziemlich intransparenter Markt, anders als Pfandbrief- oder Unternehmensanleihe-Märkte. Damit, so möchte man hinzufügen, werden relativ illiquide Anlagen quasi noch ein Stückchen illiquider.

Neben Immobiliendarlehen sieht Simonis einen attraktiven Markt auch bei Infrastrukturdarlehen. Allerdings ist die Duration solcher Anlagen wesentlich länger und geht weit über die üblicherweise 5 bis 10 Jahre von Immobiliendarlehen hinaus. Dafür zeichnen sich Infrastrukturdarlehen typischerweise durch stabile und gut prognostizierbare Einnahmen aus, basierend auf langfristigen vertraglichen Verpflichtungen. Und die Opportunitäten sind beträchtlich. Denn der Finanzierungsbedarf Westeuropa wird bis 2017 auf 147 Mrd. Euro geschätzt – vor allem für Straßen, Energieanlagen, Gas- und Elektrizitätsnetze, Schiffs- und Flughäfen, Brücken, Tunnels sowie auch Vorhaben der sozialen Infrastruktur, etwa Bildungs- und Versorgungseinrichtungen.

Die Renditechancen veranschlagte Simonis mit zirka 3 Prozent, das heißt zwischen 1 ½ und 2 Prozentpunkten mehr als bei 10 bis 15-jährigen Bonds – etwa Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen im BBB-Bereich. Und gleichzeitig stellt sich das Risikobild ebenfalls vorteilhafter dar. Denn die Ausfallraten seien im Allgemeinen geringer als bei Unternehmensanleihen und die Verwertungsraten höher. Als zusätzlicher Pluspunkt könnte eine gewisse Privilegierung durch die EIOPA, die zuständige Regulierungsbehörde für Versicherungen und Pensionsfonds, hinzukommen. Denn vonseiten der EIOPA war zu hören, dass man derartige Darlehen als Diversifizierung bevorzugt gegenüber Unternehmensanleihen behandeln will. Einziger, allerdings gewichtiger Pferdefuß, sind die Intransparenz des Private Debt Marktes und der größere Arbeitsaufwand, den die Zusammenstellung und Beaufsichtigung solcher Infrastruktur-Portfolien erfordert.

Dritter Bereich ist die Unternehmensfinanzierung. Auch dort wird der Rückzug der Banken spürbar. Allerdings ist dieser Markt derzeit noch sehr unüberschaubar. Die Datenlage ist unklar, sehr viele Daten liegen bei den Banken. Insofern lässt sich (noch) nicht viel über mögliche Opportunitäten sagen, die sich institutionellen Investoren bieten. Immerhin weisen die Zahlen der europäischen Bankdarlehen an nichtfinanzielle Unternehmen einen beträchtlichen Rückgang aus: seit Beginn der Finanzkrise um 552 Milliarden Euro, und das bei einem Rückgang der Gesamt-Assets der Banken im Euro-Raum von 623 Milliarden Euro (Dez. 2008 bis Dez. 2014). Dieser Verlauf lässt erahnen, dass es sich um beträchtliche Finanzierungslücken handeln könnte.

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