Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einige Rechtsfragen geklärt, die schon lange im Raum standen. Ist die gesetzliche Unverfallbarkeit europarechtskonform und verfassungsrechtlich unbedenklich? Die Antwortet lautet „Ja“. Mit Urteil vom 15. Oktober 2013 (3 AZR 10/12) hat das BAG entschieden, dass das Mindestalter von 35 Jahren zulässig war, welches von 1974 bis zum 30. Dezember 2005 für die gesetzliche Unverfallbarkeit vorgegeben war. Ebenso wurde zum Alter 30 entschieden (28. Mai 2013, 3 AZR 635/11), das noch bis zum 30. Dezember 2013 maßgeblich ist. Auch der früher für die gesetzliche Unverfallbarkeit geforderte 10-jährige Zusagebestand und die 12-jährige Betriebszugehörigkeitsdauer stellen weder eine Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts dar (9. Oktober 2012, 3 AZR 477/10). Diejenigen, die nunmehr das Pensionsalter erreichen und früher zum Beispiel im Alter von 34 Jahren bei ihrem Arbeitgeber ausgeschieden waren, haben damit keine Chance, Versorgungsansprüche aus einer unverfallbaren Anwartschaft abzuleiten.
Auch zur Quotierung gemäß Paragraf 2 BetrAVG wurde bereits unter dem 19. Juli 2011 (3 AZR 434/09) entschieden, dass kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters vorliegt. Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste sich ebenfalls mit der Altersdiskriminierung auseinandersetzen. Ein dänischer Arbeitgeber hatte in Abhängigkeit vom Eintrittsalter der Arbeitnehmer die Höhe der vom Arbeitnehmer zu finanzierenden Altersversorgung und die vom Arbeitgeber zu finanzierende Versorgung abhängig gemacht. Je älter der Arbeitnehmer war, umso höher war sein Beitrag, aber auch der Arbeitgeberzuschuss. In seinem Urteil vom 26. September 2013 (C-476/11) gelangt der EuGH zu dem Ergebnis, dass ein altersabhängiger Versorgungsbeitrag dann nicht gegen Artikel 21 der Europäischen Charta der Grundrechte und gegen die Richtlinie 2000/78 (Artikel 2 und Artikel 6 I) verstößt, „wenn die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wegen des Alters zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich ist“, was vom nationalen Gericht zu prüfen sei.
Nach wie vor ist es auch zulässig, ein Versorgungsversprechen davon abhängig zu machen, wie alt der Arbeitnehmer bei Begründung des Arbeitsverhältnisses ist (Höchstaufnahmealter). Dies war schon vor Jahren so vom BAG (7. Juli1977, 3 AZR 570/76, Höchstalter 45; 14. Januar 1986, 3 AZR 456/84, Höchstalter 50) entschieden worden. Seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im August 2006 stellte sich nun die Frage, ob eine Altersdiskriminierung bei einem Höchstaufnahmealter von 50 Jahren vorliegt. Dies hat das BAG in seinen Urteilen vom 12. Februar 2013 (3 AZR 100/11) und vom 12. November 2013 (3 AZR 356/12) verneint.
Ebensowenig verstößt eine Begrenzung der rentenfähigen Dienstjahre auf 40 Jahre gegen das Diskriminierungsverbot (BAG, 11. Dezember 2012, 3 AZR 634/10). Es würde im Wesentlichen ein gesamtes Arbeitsleben abgedeckt. Bei der Quotierung sei auf die mögliche Betriebszugehörigkeitsdauer bis zur Altersgrenze abzustellen und nicht von den 40 Jahren auszugehen, die für die Leistungshöhe gelten.
Viele Fragen wirft eine Auslegungsregel auf, die das BAG mit Urteil vom 15. Mai 2012 (3 AZR 11/10) aufgestellt hat. Danach soll für alle Versorgungsordnungen, die aus der Zeit vor dem 1. Januar 2008 stammen und eine feste Altersgrenze von 65 Jahren vorsehen, automatisch mit dem Anstieg der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (gemäß Paragraf 235 SGB IV) auch die Altersgrenze in der -betrieblichen Altersversorgung steigen, ohne dass das Versorgungsversprechen geändert werden muss, also auch ohne Anwendung des dreistufigen Besitzstandes, der auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit beruht. Für einen 1964 und später geborenen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass seine Altersgrenze von 65 auf 67 angehoben wird. Dies hat Auswirkungen auf die Leistungshöhe, die mögliche Dienstzeit bei der Unverfallbarkeitsquote, auf versicherungsmathematische Abschläge bei vorzeitiger Altersleistung, auf Besitzstände, auf den Versorgungsausgleich, auf die Bewertung in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz. Ob alle diese Konsequenzen vom BAG bedacht wurden, ist offen. Jedenfalls löst diese Auslegungsregel einen aktuellen Handlungsbedarf aus. Die Unverfallbarkeitsberechnungen, die seit dem 1. Januar 2008 erstellt wurden, sind gegebenenfalls zu korrigieren. Gleiches gilt für Berechnungen von Altersleistungen. Völlig offen ist die Frage, welche Besitzstandsregelungen erfasst sind. Schließlich wendet das BAG die Auslegungsregel auf eine Besitzstandsregel an, die im Jahr 1995 geschaffen wurde. Dies wird zu einer Verunsicherung bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern führen, die nicht zur weiteren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung beitragen wird.
In dieser Entscheidung befasst sich das BAG auch mit der Frage, ob mittels einer Betriebsvereinbarung von einer Rentenzusage in eine Kapitalzusage übergewechselt werden kann, wenn den betroffenen Arbeitnehmern kein Wahlrecht eingeräumt wurde. Dieser Wechsel sei besonders zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für die Arbeitnehmer nachteilig sind. Nach wie vor offen ist, welche Gründe einen Wechsel von einer Rentenzusage in eine Kapitalzusage rechtfertigen können. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat hierzu am 19. Juni 2013 (2 Sa 44/09) entschieden, dass kein Eingriff in Besitzstände vorliege, weil die Rente nach dem neuen Leistungsplan höher sei als die Rente nach dem alten Leistungsplan. Damit hat sich das LAG nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob überhaupt ein Änderungsgrund vorgelegen hat. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Bei der Frage, wie mit der außerplanmäßigen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze umzugehen ist, wenn eine Versorgungszusage eine gespaltene Rentenformel vorsieht, hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. In seinen Urteilen vom 23. April 2013 (3 AZR 475/11) gelangt das BAG nunmehr zu dem Ergebnis, dass die außerordentliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2003 nur noch dann bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung Auswirkungen hat, wenn dadurch eine Störung der Geschäftsgrundlage eintritt. Eine solche liegt nicht vor, wenn die Rente um 8 Prozent oder gar um 15 Prozent geringer ausfällt.
Eine solche Änderung der Rechtsprechung wirft die Frage auf, wie die Arbeitgeber hiermit umgehen sollen. Sind alle seit 2009 vorgenommenen Rentenberechnungen nun zu prüfen und zu korrigieren? Sind die Zahlungen zu reduzieren? Sind die bilanziellen Wertansätze zu hoch? Jeder Arbeitgeber sollte so sobald wie möglich eine Neuberechnung der laufenden Renten vornehmen und jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft den geringeren Rentenbetrag zahlen. Es sollten auch die Unverfallbarkeitsberechnungen überprüft werden.
Scheidet der Arbeitnehmer mit einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft aus dem Unternehmen aus und war für ihn eine Direktversicherung abgeschlossen worden, hat der Arbeitgeber zwei Handlungsalternativen. Er kann entweder die Höhe der Versorgungsleistung über das Quotierungsverfahren bestimmen oder die versicherungsförmige Lösung wählen und damit den Arbeitnehmer auf den Wert der Versicherung verweisen. Letzteres setzt voraus, dass die sozialen Auflagen erfüllt sind (unwiderrufliches Bezugsrecht, keine Abtretung oder Beleihung, keine Beitragsrückstände, Überschüsse zur Erhöhung der Leistung, Fortführungsrecht für den Arbeitnehmer). Welche dieser Alternativen der Arbeitgeber wählt, entscheidet allein der Arbeitgeber. Er kann sich auch für die dem Arbeitnehmer ungünstigere Lösung entscheiden (BAG 12., Februar 2013, 3 AZR 99/11). Dies kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer einen -„guten“ Versicherungsvertrag, zum Beispiel mit -einem Garantiezins von 4 Prozent oder einer Berufsunfähigkeitsleistung, nicht fortführen kann, sei es durch eigene Beiträge, sei es durch Beiträge seines neuen Arbeitgebers. Hat allerdings der alte Arbeitgeber die sozialen Auflagen nicht erfüllt, beispielsweise die Bardividende gewählt, gibt es auch kein Wahlrecht. Er muss dann das Quotierungsverfahren -anwenden und gegebenenfalls aus dem Betriebsvermögen eine sich etwa ergebende Versorgungslücke auffüllen, so dass der Arbeitnehmer aus zwei Quellen Versorgungsleistungen erhält.
Die Änderung von Versorgungszusagen ist immer wieder Gegenstand von Entscheidungen des BAG. So musste sich das Gericht am 15. Januar 2013 (3 AZR 705/10) mit der Frage befassen, wann ein Eingriff in die zweite Besitzstandsstufe und wann ein solcher in die dritte Besitzstandsstufe vorliegt. Der Arbeitgeber hatte mit einer Betriebsvereinbarung eine Abkoppelung der Gesamtversorgungszusage von der gesetzlichen Rente erreichen wollen. Ob dies geglückt ist, kann erst bei Eintritt des Versorgungsfalles geprüft werden. Die erdiente Dynamik umfasst nicht nur die Endgehaltsabhängigkeit, sondern auch das Anwachsen der Versorgungslücke, die sich bei Anrechnung der gesetzlichen Rente ergibt. Jedenfalls lagen keine triftigen Gründe vor. Ob sachlich-proportionale Gründe vorlagen, hatte das LAG nicht geprüft. Allein der Hinweis auf wirtschaftliche Schwierigkeiten reicht nicht aus. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen, dass ausreichende wirtschaftliche Gründe vorlagen. Im entschiedenen Fall gehörte das beklagte Unternehmen zu einem Konzern, zu dem die Beklagte vorgetragen hatte, die wirtschaftliche Lage sei bedrohlich gewesen, und es sei über ein umfassendes Ergebnisverbesserungs- und Sparprogramm das wirtschaftliche Überleben angestrebt worden mit dem Ziel, wieder handlungsfähig zu werden. Sie sei als konzernabhängige Gesellschaft eingebunden gewesen.
In dem entschiedenen Fall lag die Änderung erst circa zehn Jahre zurück. Viele Unternehmen haben sich von ihren Gesamtversorgungszusagen schon in den 80er oder 90er Jahren verabschiedet und entsprechend mittels Betriebsvereinbarung ihre Versorgungssysteme umgestellt. Diese werden mit Spannung -erwarten, wie das Verfahren ausgehen wird, leben sie doch mit dem Damoklesschwert, dass die damals abgeschlossene Betriebsvereinbarung einer Rechtskontrolle nicht standhalten könnte.
Liegen Änderungen schon längere Zeit zurück, ist in der Praxis immer wieder festzustellen, dass die damals handelnden Personen nicht mehr tätig sind, Dokumentationen zu den Änderungsgründen fehlen, und es damit ausgesprochen schwer ist, diese substanziiert darzulegen. Entsprechend vorsichtig sollte eine solche Änderung auch im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung bewertet werden.
Geht es einer Tochtergesellschaft schlecht, der Muttergesellschaft aber gut, dann stellt sich seit vielen Jahren die Frage, ob über einen Berechnungsdurchgriff der Versorgungsempfänger eine Anpassung seiner laufenden Rente gemäß Paragraf 16 I BetrAVG -erhält oder nicht. Hierzu hat das BAG mit Urteil vom 15. Januar 2013 (3 AZR 638/10) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, jedenfalls für den Fall, dass ein qualifiziert faktischer Konzern besteht. Der BGH (16. Juli 2007, II ZR 3/04) setze die Durchgriffshaftung ein, wenn eine Existenzvernichtungshaftung vorliege. Hierfür müsse der Gesellschafter die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens vornehmen. Es handele sich um einen besonderen Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß Paragraf 826 BGB. Die Existenzvernichtungshaftung sei damit eine Verhaltenshaftung des Gesellschafters.
Es ist auch von einer gesetzlichen Änderung zu berichten. Bei dem Durchführungsweg Pensionsfonds hatte sich der Gesetzgeber 2001 entschlossen, für die Altersleistung eine lebenslange Rente vorzuschreiben. Damit war das Leistungsspektrum bei diesem Durchführungsweg – und nur bei diesem Durchführungsweg – eingeschränkt. Diese Beschränkung wurde nunmehr beseitigt. Aufsichtsrechtlich sind künftig originäre Kapitalzusagen oder Rentenzusagen mit einem Kapitalwahlrecht möglich. Nur Letztere werden in der Praxis Bedeutung erlangen, wobei das Wahlrecht aus steuerlichen Gründen erst im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versorgungsfalles ausgeübt werden kann.
Sind für die Zukunft wesentliche Neuregelungen zu erwarten? Auf der Wunschliste an den Gesetzgeber stehen diverse Vorhaben, zu denen auch die Anwendung des Paragrafen 16 III Nummer 1 BetrAVG auf Altzusagen gehört. Hierzu hatte das BAG am 28. Juni 2011 (3 AZR 282/09) entschieden, dass eine Anpassungsgarantie mit einem Prozent je Jahr nicht bei Zusagen möglich ist, die vor dem 1. Januar 1999 erteilt wurden. Dies ergibt sich aus Paragraf 30c I BetrAVG. Auf Eis gelegt wurde die „Reform“ der Beitragserhebung durch den PSVaG. In der Diskussion steht dagegen die weitere Herabsetzung der Unverfallbarkeitsgrenzen – ausgelöst durch Initiativen der Europäischen Union.