„Es ist Zeit zum Kirschenpflücken“

Herr Demmler, Herr Eggert, wir haben zuletzt vor knapp einem Jahr gesprochen. Wie hat sich die HIH seither entwickelt?

Demmler: 2024 sind unsere Assets under Management auf etwa 25 Milliarden Euro angewachsen. In diesem Jahr rechnen wir mit rund 27 Milliarden Euro. Wir haben also weiterhin ein Wachstum und wachsen gegen den Markttrend weiter. Damit werden wir auch 2026 nicht aufhören – das können wir jetzt schon sagen. Insgesamt bleiben die Investoren wegen ausgeschöpfter Immobilienquoten zwar weiterhin zurückhaltend. Doch einige fangen an, punktuell neu in Immobilien zu investieren. Denn die Renditeerwartungen steigen und die Herausforderung wird jetzt sein, Rendite-Pickups zu produzieren, die über dem risikolosen Zins liegen.

Eggert: Jetzt ist definitiv die Zeit zum Kirschenpflücken, denn Kapitalmarkt und Immobilienmarkt sind komplett durchkalibriert. Zudem gibt es keinen Nachfrageüberhang, Kapital ist eher knapp. Investoren können sich jetzt die besten Kirschen herauspicken. Es gibt derzeit ein starkes Interesse an Wohninvestments. Wir sehen bereits jetzt steigende Preise. Vor allem Premium-Wohnen in sehr zentralen Lagen verteuern sich wieder. Aber auch Büro bietet Opportunitäten in zentralen Lagen. Wir vermieten hier im Moment zu besseren Preisen, als wir je dachten. Und genau so sieht es auch auf den Investmentmärkten aus: Richtig gute Büroinvestments mit entsprechender Qualität lassen sich zu ordentlichen Renditen tätigen. Das ist das echte „Cherry Picking“. Wir als HIH wachsen in allen Bereichen – sowohl bei der direkten Immobilienkapitalanlage als auch im Multi-Manager-Business, also dem Geschäft rund um die indirekte Immobilienkapitalanlage.

Demmler: Es kommen auch immer mehr Investoren auf uns zu, damit wir sie bei Problemen in ihrem Bestand unterstützen. Bei unserem Finanzierungs- und Projekt-Workout geht es um Objekte, die ins Stocken geraten sind. Das können nicht fristgerecht fertiggestellte Projektentwicklungen sein, bei denen ein Projektentwickler in Schieflage geraten ist. Entweder bauen wir die Projekte fertig oder überdenken die Kapitalstrukturen für Investoren neu. Auch helfen wir Versorgungswerken bei Investitionen in Schuldscheindarlehen, die inzwischen kapitaldienstgestört sind.

Was genau steckt dahinter?

Eggert: Wir managen die Assets weiter. Wir haben auch schon Fonds einer anderen KVG oder Investments von anderen Asset Managern übernommen. Kunden haben uns Assets anvertraut, die kurz vor der Insolvenz standen. In solchen Fällen geht es darum, einen Weg zu finden, den Schaden zu minimieren.

Demmler: Es ist ein Baukastenprinzip. Am Anfang steht immer die Anamnese des Assets und der Struktur und damit die Frage, wie investiert worden ist – über ein Mezzanine-Darlehen, über ein kreditbesichertes Schuldscheindarlehen oder anderes. Nach der Analyse stellen sich weitere Fragen: Wie darf etwa ein Versorgungswerk überinvestiert sein, damit es in der richtigen Quote landet? Kann das bestehende Vehikel erhalten bleiben oder muss das Investment in ein neues Vehikel überführt werden? Was ist aufsichtsrechtlich und wirtschaftlich sinnvoll? Im Anschluss überlegen wir, was wir konkret mit dem Investment machen, um Werte zu heben, Verluste zu minimieren oder vielleicht sogar wieder Richtung Einstand zu kommen. Da geht es um Szenarioanalysen und eine echte Asset-Beurteilung aus unserer Kompetenz als Immobilienmanager heraus. Wir bilden die komplette Wertschöpfung ab, von der Anamnese über die Beratung und den Aufbau eines Vehikels bis hin zur Projektentwicklung. Und wenn es eine bereits begonnene Projektentwicklung ist, übernehmen wir das Asset Management. Bei einem teilweise fertiggestellten Projekt wäre auch ein eigener Vermietungsmanagementansatz möglich. Institutionelle Investoren können modular auf diesen Baukasten zugreifen.

Eggert: Das Know-how dafür ist bei uns im Haus ohnehin vorhanden. Als uns Investoren auf Ihre Herausforderungen angesprochen haben, mussten wir es nur auf neue Sachverhalte anwenden. Mit unserer Expertise im Finanzierungs- und Projekt-Workout konnten wir uns eine echte Wahrnehmung erarbeiten. Allein im vergangenen Jahr hat dieses Geschäft 320 Millionen bis 400 Millionen Euro zu unserem Wachstum beigetragen.

Die Zielsetzungen sind wahrscheinlich sehr unterschiedlich.

Demmler: Es ist immer eine Einzelfallbetrachtung, bei der es um zwei Dinge geht: den Schaden zu minimieren oder den Erfolg zu maximieren. Manchmal ist ein schneller, verlustreicher Exit wirtschaftlich die beste Lösung. Wenn man 40 Cent auf den ursprünglich eingezahlten Euro erhält, kann das lukrativer sein, als fünf Jahre zu warten und vielleicht 60 Cent für den Euro zu bekommen. Denn Kapitalkosten und entgangene Renditen müssen gegengerechnet werden. Wir hatten auch schon Finanzierungen von Grundstücksankäufen mit einer Recovery Rate von nur 20 bis 25 Prozent auf den Grundstückspreis. Dann ist die Überlegung, ob man die nimmt. Denn Baurechtschaffung und Projektentwicklung kommen noch hinzu, dauern lange und kosten weiter Kapital, das investiert werden muss. Wir sind in der glücklichen Situation, sehr rational und hart beraten zu können, weil wir der Problemlöser sind und nicht zwingend ein Projekt realisieren müssen. Wir haben Mandanten auch schon gesagt: Nimm lieber das Geld vom Insolvenzverwalter, es wird nicht besser.