„Es gibt viel Alpha zu generieren“

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Herr Houdain, Sie haben die Advanced-Credit-Alpha-Strategie in all Ihre festverzinslichen Produkte integriert. Was hat es damit auf sich?

Die Strategie wurde vor sechs Jahren hauptsächlich für den europäischen Investment-Grade-Markt entwickelt. Wir haben ein Modell implementiert, welches denkt und entscheidet, wie man es von einem Portfoliomanager erwarten würde. Dafür nutzen wir eine breite Datenbasis aus dem gesamten Anleihenuniversum. Auf dieser Basis suchen wir Fehlbewertungen im Markt, die wir extrahieren können. Dabei fokussieren wir uns nicht auf einen bestimmten Sektor von Anleihen, sondern gehen quantitativ auf eine völlig unvoreingenommene Weise heran. Das klare Ziel ist es, die günstigsten Anleihen mit den größten Fehlbewertungen zu identifizieren. Aus der Perspektive des Risikomanagements ist es uns wichtig, dass die Strategie ein Portfolio von Euro-denominierten Unternehmensanleihen als reinen Allokationsbaustein liefert. Wir konstruieren ein Portfolio, das keine Abweichungen von der Benchmark in Bezug auf Duration und Kurvenrisiko aufweist und keine Positionen außerhalb der Benchmark in Bezug auf Hochzinsanleihen oder Fremdwährungstitel investiert. Zusammengefasst: Wir versuchen, eine Outperformance gegenüber dem Markt bei einem im Verhältnis zum Markt ähnlichen Risikolevel zu erzielen, indem wir die Fehlpreisungen der im gesamten Universum vorhandenen Anleihen extrahieren. Dies ist uns bisher sehr gut gelungen, da die Strategie über die vergangenen Jahre eine vergleichsweise hohe Sharpe und Information Ratio generiert hat.


Auf welche Schlüsselfaktoren achten Sie?

Im ersten Schritt versuchen wir zu definieren, was ein fairer Wert einer Anleihe ist und ob der vom Markt eingepreiste Wert davon abweicht. Hierfür vergleichen wir die Anleihe mit ihrem gesamten Universum und anschließend mit einer Teilmenge dieses Universums. Das sind im Grunde marktübliche Analysen, basierend auf frei zugänglichen Daten. Ähnliches gilt für Parameter wie Duration, Sektor oder Rangfolge der Anleihe in der Kapitalstruktur. Aber dann gibt es viele andere Faktoren, auf die der Markt weniger achtet – zum Beispiel die Beziehung zu Aktien. Wenn das Unternehmen börsennotiert ist, ist in den Aktien Volatilität enthalten. Die Prämie für die Liquidität dieser bestimmten Anleihe wird häufig vom Markt unzureichend diskontiert. Bei Schroders haben wir 55 Analysten für Unternehmensanleihen, deren Prognosen wir in unser Modell integrieren. Das ist ein proprietärer Input, mit dem wir zu einer anderen Bewertung für die jeweilige Anleihe gelangen als der breite Markt. Schlussendlich haben wir beobachtet, dass der Markt häufig innerhalb eines Zeitraums von drei bis vier Monaten zu unserem fairen Wert für eine Anleihe tendiert. Daher warten wir, nachdem eine Fehlbewertung identifiziert und die jeweilige Anleihe gekauft wurde, etwa drei Monate ab und üben uns in Geduld, um währenddessen Alpha für unsere Investoren zu generieren. Wenn wir unseren fairen Wert erreicht haben, verkaufen wir auf systematische Weise die Anleihen. Im Ergebnis erzeugt unsere Strategie vergleichsweise viel Alpha im Verhältnis zum eingegangenen Risiko.

Info

Julien Houdain ist seit Juli 2023 Head of Global Unconstrained Fixed Income bei Schroders. Zuvor war er von 2019 an für den Londoner Investmentmanager als Head of Credit für das Europageschäft zuständig. Seine berufliche Laufbahn begann er 2007 im Portfoliomanagement der Legal & General Investment Management (LGIM). Dort stieg er bis zum Head of Global Bond Strategies auf, ehe er zu Schroders wechselte. Julien Houdain hat einen Doktortitel in Angewandter Mathematik von der École normale supérieure in Paris. Außerdem erwarb er einen Master of Research in angewandter Mathematik an der Universität Paris.

Wie managen Sie Risiken?

Risikoprofil und Alpha-Ziel können unsere Investoren in dieser Strategie vollkommen individuell festlegen. Darüber hinaus können wir eine Vielzahl an ESG-Kriterien auf Wunsch unserer Kunden berücksichtigen. Das hohe Maß an Individualisierungsmöglichkeiten ist ein entscheidender Teil des Risikomanagements, in welchem wir sehr granular vorgehen. Wir betrachten Anleihe für Anleihe und betrachten die Historie von deren Volatilität, um ein Portfolio zu konstruieren, dessen Risiko dem Risikoprofil der Benchmark entspricht. Dabei müssen wir strenge Grenzen in Bezug auf den Tracking Error im Vergleich zur Benchmark beachten. In diesem Kontext betrachten wir auch eine ganzheitliche Kovarianzmatrix, um ungewollte Korrelationen zu verhindern. Eine große Bedeutung hat schlussendlich auch die von unseren Analysten erstellte schwarze Liste. Sie bildet den qualitativen Aspekt der Strategie ab. Auf dieser schwarzen Liste stehen Anleihen, von denen die Analysten denken, dass sie herabgestuft werden oder in den Hochzinsbereich übergehen, und die eine scharfe Neubewertung erleiden werden.


Für welche Gruppe institutioneller Investoren eignet sich die Strategie besonders?

Die Strategie investiert ausschließlich in Euro-denominierte Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating – es gibt keine Investments in Non-Investment-Grade-Anleihen, Staatsanleihen oder Derivate. Die Strategie ist vollkommen sortenrein und passt daher sehr gut zu institutionellen Anlegern wie Pensionskassen, die aufgrund ihrer Regulierung vor allem mit quotenbasierten strategischen Asset Allocations arbeiten. Darüber hinaus schätzen Pensionskassen sowie auch weitere regulierte institutionelle Investoren wie Versicherungsunternehmen den risikokontrollierten Investment-Ansatz mit niedrigem Markt-Beta. So kann die Strategie auch in volatilen Marktphasen eine Outperformance erzeugen.
Wie ist die Nachfrage nach der Strategie bei deutschen institutionellen Investoren?
Deutsche institutionelle Investoren finden das Rendite-Risiko-Profil der Strategie, das die seltene Kombination aus High Conviction, High Alpha und niedrigem Tracking Error bietet, hochinteressant. Institutionelle Investoren mögen an der Strategie insbesondere die Tatsache, dass sie trotz ihrer High-Conviction-Eigenschaft viele Individualisierungsmöglichkeiten bietet. So ist es nicht nur möglich, ESG-Negativ- und/oder -Positivlisten zu implementieren, sondern auch dedizierte Dekarbonisierungs- und Net-Zero-Pfade.

Was bedeutet die Zinswende von EZB und Fed für den Fixed-Income-Markt?

Der Markt hat eingepreist, dass der Senkungszyklus begonnen hat und dass zumindest global ein vernünftiges Wachstum zu erwarten ist. Die Zentralbanken können jedoch nicht so viel senken, wie sie sagen. Was aber nicht schlecht für festverzinsliche Anlagen ist, denn es wird sie relativ attraktiv machen. Aktuell halte ich den Markt für gesünder als während der Quantitative-Easing-Periode. Fondsmanager und Investoren sollten die Volatilität annehmen und die richtigen Strategien anbieten. Es gibt viel Alpha, das für die Kunden generiert werden kann.

Arrian Correns ist seit 2024 Redakteur bei dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seine ersten Schritte im Journalismus machte der studierte Staatswissenschaftler im Lokaljournalismus. 2023 wechselte er mit dem Volontariat im Fachverlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in den Finanzjournalismus. In dieser Zeit schrieb Arrian Correns auch für die dpn-Schwesterpublikationen „FINANCE Magazin“ und „Die Stiftung“. Arrian Correns befasst sich heute vor allem mit Themen der institutionellen Kapitalanlage und der Digitalisierung der Investmentbranche.

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