„Diversifikation ist das Entscheidende“

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Wie stark werden die Rohstoffstrategien von Ihren institutionellen Kunden nachgefragt?

George Cotton: Das Interesse nimmt zu. Besonders 2022 war das der Fall, als erstmals seit Dekaden Aktien und Anleihen gleichzeitig für negative Renditen im selben Jahr sorgten. Rohstoffe hingegen legten mehr als 10 Prozent zu. Es war eines dieser perfekten Szenarien: Rohstoffe boten Diversifizierungsvorteile für traditionelle Investoren. Dennoch hat das Interesse meiner Ansicht nach noch nicht das Niveau der frühen 2010er Jahre erreicht. Damals erfuhr die Asset-Klasse eine sehr starke Nachfrage, es gab eine große Anzahl neuer Produkte, und es kamen eine Menge Neuanlagen von Anlegern. Im Moment sind Investoren immer noch zurückhaltend aufgrund der schwierigen Phase von Rohstoffen zwischen 2012 und 2020. Zugleich sehen wir bei den institutionellen Anlegern auch die Nachfrage nach Rohstoffanlagen ohne Landwirtschaft, was wir auch im Rahmen von Spezialfondsmandaten auf Basis unserer Fondsstrategie umsetzen können.

Rohstoffpreise sind sehr volatil. Wie schützen Sie Anleger vor den Risiken extremer Preisschwankungen?

George Cotton: Wenn es um Rohstoffe geht, muss man sich daran erinnern, dass Rohstoff-Futures die Funktion haben, Preisrisiken von einer Partei auf eine andere zu übertragen. Es sind in der Regel Unternehmen, die solche Warentermingeschäfte nutzen, um das Preisrisiko aus ihrem herkömmlichen Geschäft zu reduzieren und es auf Investoren wie uns zu übertragen. Wir absorbieren also die Preisvolatilität. Diese lässt sich für Anleger nur durch Diversifizierung minimieren. Denn verschiedene Rohstoffe weisen untereinander eine geringe Korrelation auf. Ein breit diversifiziertes Rohstoffportfolio ist im Ergebnis weniger volatil als jedes einzelne Rohstoff-Investment. Diversifikation ist also das Entscheidende.

Mit der „JSS Commodity – Diversified“-Strategie wollen Sie genau das bieten. Was steckt dahinter?

George Cotton: Wir möchten eine äußerst ausgewogene und diversifizierte Anlagestrategie in den Sektoren Metalle, Energie sowie Landwirtschaft anbieten. Dies erreichen wir, indem wir Rohstoffe anhand eines regelbasierten Ansatzes auswählen und die Diversifizierung maximieren. Dabei stellen wir sicher, dass der Fonds Zugang zu allen verschiedenen Segmenten des Rohstoffuniversums bietet. Wir sind dabei jedoch nicht zu stark auf einen einzelnen Rohstoff konzentriert, sondern haben einen sehr breit gestreuten Ansatz. Wir versuchen, unsere Positionen möglichst gleich zu gewichten. Das ist aus unserer Sicht der beste Weg, Zugang zu dieser Asset-Klasse zu bieten. Denn an den Rohstoffmärkten kommt es sehr häufig vor, dass eine Bewegung der Preise viel Aufmerksamkeit erregt, wenn diese bereits stattgefunden hat. Die meisten Schwankungen sind also bereits erfolgt. Anstatt zu spät auf einen Trend aufzuspringen, ist man am besten bereits investiert, wenn er beginnt.

Wenn Sie alle Segmente ähnlich stark gewichten, enthält der Fonds auch viel fossile Energie. Wie sieht das aus ESG-Sicht aus?

George Cotton: Der bestehende Rohstofffonds JSS Commodity – Diversified, der ein Volumen von 480 Millionen Schweizer Franken aufweist, bildet keine ESG-Faktoren ab. Aber Ende Oktober 2024 haben wir einen neuen UCITS-Fonds an den Markt gebracht, der ESG-Faktoren in den Investment-Prozess einbettet. Dieser Fonds, dessen Startvolumen von 50 Millionen Franken wir bis Jahresende auf 100 Millionen Franken ausbauen wollen, nutzt unseren bestehenden ESG-Werkzeugkasten, um zu gewährleisten, dass die festverzinslichen Wertpapiere – die als Collateral für die Rohstoff-Futures dienen – von Emittenten mit strengen ESG-Standards begeben werden. Innerhalb des Rohstoff-Exposures ist es wichtig, dass Investoren neben neuen und relevanteren Rohstoffen der Energiewende weiterhin auch ein diversifiziertes Engagement in traditioneller Energie haben. Wir beziehen alle verschiedenen Rohstoffsegmente mit ein, gewichten die für die Energiewende relevanten Rohstoffe jedoch über. Gleichzeitig haben wir eine strategische Untergewichtung in traditioneller Energie und Landwirtschaft.

Wie erzielen Sie mit diesem Ansatz Alpha?

Indem wir unser Portfolio monatlich neu anpassen. Auf diese Weise erfassen wir die Renditen von Rohstoffen, die sich besser entwickelt haben, und verteilen dieses Exposure in die Rohstoffe, die sich schlechter entwickelt haben. Wenn die Rohstoffpreise steigen, ist es typischerweise ein Zeichen dafür, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Der Markt wird darauf reagieren, indem er das Angebot erhöht oder die Nachfrage verringert, was die Voraussetzungen für einen erneuten Rückgang der Rohstoffpreise schafft. Durch diese Dynamik können wir mit einem Rebalancing zusätzliche Erträge erzielen.

Welche Rohstoffsegmente sollten künftig besonders stark profitieren?

Derzeit sehen wir eine sehr interessante Dynamik im Markt für Metalle. Viele Länder erreichen ihre Ziele für die Energiewende früher als geplant. Gerade für diese Energiewende werden Mengen an Rohstoffen benötigt, sei es für die Energiegewinnung, den Energietransport, die Speicherung oder auch die Endnutzer. Gleichzeitig etabliert sich in Europa, den USA und auch in Asien zunehmend ein Trend zu mehr Protektionismus, zu mehr Unterbrechungen der Lieferketten in Kombination mit einer Veränderung des Nachfrageprofils für bestimmte Metalle. Auf den Energiemärkten beobachten wir in den entwickelten Volkswirtschaften und auch in Asien ein relativ schwaches Wachstum und eine relativ schwache Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Das kann sich natürlich schnell wieder verändern, falls wir einen besonders kalten Winter oder eine starke Erholung der Weltwirtschaft erleben sollten. Bei landwirtschaftlichen Rohstoffen gibt es so viele Unsicherheiten, dass ich mir keinen konkreten Ausblick zutraue. Deshalb ist der Zugang zu einzelnen Rohstoffgruppen so interessant für Investoren, denn es können so viele unerwartete Dinge passieren, die Rendite bringen. In diesem Jahr markierten landwirtschaftliche Rohstoffe wie Kaffee und Kakao Rekordpreise, auch die Zuckerpreise sind gestiegen. Und das alles, weil sich die Wachstumsbedingungen in Schlüsselregionen verändert haben. Das ist nichts, was sich so einfach vorhersagen lässt. Das makroökonomische Bild beeinflusst den Kaffeepreis weit weniger stark als einen breiten Aktienindex.

Info

George Cotton ist seit 2017 Portfolio Manager im Multi-Asset & Systematic Team der Asset-Management-Division der Bank J. Safra Sarasin Ltd und seit Januar 2022 Co-Lead Portfolio Manager für JSS Commodity – Diversified. Zuvor absolvierte er das zweijährige Programm für Quantitative Analysten als Trainee, nachdem er 2015 in die Bank eingetreten war. Sein aktueller Schwerpunkt liegt auf einem top-down systematischen Portfoliomanagement in Kombination mit quantitativer Forschung und Entwicklung. Seine berufliche Laufbahn begann er 2014 bei Hermes Equity Ownership Services als Research Assistant.

Patrick Daum ist Chef vom Dienst bei dpn-online. Er berichtet über alle Themen rund um das institutionelle Asset Management.

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