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Redaktioneller Hinweis:
Dieser Artikel ist Teil der aktuellen dpn-Printausgabe (dpn 01/2025). Redaktionsschluss war der 3. Februar 2025.
Alle im Artikel getroffenen Aussagen sind in diesem zeitlichen Kontext zu verstehen. Inhaltliche Änderungen wurden für diese Online-Ausspielung nicht vorgenommen.
Nach einigen turbulenten Jahren in der Kapitalanlage führte das Jahr 2024 den bereits im Vorjahr eingeschlagenen Weg eines sich stabilisierenden Investment-Umfeldes fort. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für das vergangene Jahr mit einem globalen Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent – ein Niveau, das dem von 2023 entspräche. Damit präsentierte sich die globale Wirtschaft im vergangenen Jahr wieder stabil, doch immer noch nicht so leistungsstark wie vor der Pandemie.
Positiv zeigte sich auch das verlangsamte Inflationsgeschehen. Der IWF rechnete im vergangenen Mai mit einer globalen Inflationsrate von 5,8 Prozent für 2024, was einem Rückgang um 0,8 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Disinflation schritt damit grundsätzlich schneller voran als zunächst angenommen. Zudem signalisierten die Europäische Zentralbank (EZB) und das Federal Reserve Board (Fed) mit ihren ersten Zinssenkungen seit der Vor-Corona-Zeit, dass sie sich ihren Inflationszielen annähern und die Volkswirtschaften wieder ankurbeln wollen. Die Europäische Kommission geht in ihrer Herbstprognose von mehr als einer Halbierung der Inflationsrate von 5,4 Prozent auf 2,4 Prozent für den eigenen Wirtschaftsraum aus. In den Vereinigten Staaten zeigte sich die Kerninflationsrate mit 3,2 Prozent gegenüber dem Jahr 2023 weiterhin hartnäckig.
Autoritäre Kräfte auf dem Vormarsch
Das Wachstum der einzelnen Volkswirtschaften fiel dabei im vergangenen Jahr sehr unterschiedlich aus. Während sich in den USA die Rezessionsängste nicht bewahrheiteten und das Szenario eines Soft Landing angesichts eines robusten realen BIP-Wachstums von 2,8 Prozent wahrscheinlich erscheint, hatte Europa auch im vergangenen Jahr konjunkturelle Probleme. Die Euro-Zone wuchs um gerade einmal 0,9 Prozent, Deutschland befindet sich unterdessen im zweiten Jahr in einer Rezession.
Gleichzeitig spitzte sich die politische Situation an den großen internationalen Krisenherden mit der Eskalation des Nahostkonflikts im Jahresverlauf, der Fortsetzung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den anhaltenden militärischen Manövern Chinas vor Taiwan zu.
Und so wirft die makroökonomische und globalwirtschaftliche Gemengelage des vergangenen Jahres ihren langen Schatten auf das neue Jahr voraus. 2024 galt als ein Superwahljahr, in dem mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung zu den Wahlurnen gebeten wurde. Im Zuge der EU-Wahl oder der Parlamentswahlen in Österreich schafften es autoritäre und populistische Kräfte, immer mehr Wählerstimmen auf sich zu vereinen. In Europa stürzten die Erfolge rechtspopulistischer Parteien nicht nur die Nationalparlamente Frankreichs und Österreichs in politische Krisen, sondern erschwerten auch auf Länderebene in Ostdeutschland die Regierungsbildungen. Unterdessen zerbrach im Bund die Ampelregierung entlang der Frage, wie benötigte Bundesausgaben – vor allem für die Unterstützung der Ukraine, die Sicherung der Renten und die Transformation der Wirtschaft – finanziert werden sollen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht aber unbestritten ein Mann, dessen Politik für weniger Stabilität und mehr Ungewissheit und Unruhe an den Kapitalmärkten sorgen dürfte: Donald Trump.
Präsident Trump, Teil 2, Klappe und Action!
Wäre die vergangene US-Präsidentschaftswahl ein Hollywoodstreifen gewesen, hätten viele Menschen die Szenen wohl als unrealistisch bezeichnet. Selten verlief ein US-Präsidentschaftswahlkampf dermaßen ereignisreich, unvorhersehbar, fast schon irrsinnig wie im vergangenen Jahr. Erst die Verurteilung Trumps im Schweigegeldprozess, dann eine TV-Debatte, die einen senilen Joe Biden zeigte. Es folgten ein fehlgeschlagenes Attentat auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten, bei dem dieser nur um Ohrenbreite einem tödlichen Schuss entging, und der politische Coup gegen Joe Biden, der schlussendlich für Vizepräsidentin Kamala Harris Platz machen musste. In der heißen Wahlkampfphase, die sich anschloss, trauten sich die wenigsten Umfragen, einen klaren Gewinner zu prognostizieren – fälschlicherweise, wie sich hinterher herausstellte.

Mit einem Erdrutschsieg gewannen die Republikaner nicht nur den Senat, das Repräsentantenhaus und den Popular Vote – also die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen. Sie werden auch von einer konservativen Mehrheit im Supreme Court gestützt, die erst im Sommer noch die Immunität des US-Präsidenten vor Straftaten im Rahmen seines Amtes feststellte. Damit ist Donald Trump, der die vergangenen vier Jahre damit verbrachte, seine Partei hinter sich zu vereinen, mit einer noch nie gesehenen Machtfülle eines US-Präsidenten ausgestattet.
Diese nutzte er sofort und unterzeichnete in seiner ersten Woche im Amt so viele Dekrete wie noch kein Amtsinhaber vor ihm. Er rief den nationalen Notstand an der südlichen Grenze und einen Energienotstand aus, verließ erneut das Pariser Klimaabkommen wie auch die Weltgesundheitsorganisation. Am Tag seiner Amtseinführung drohte Trump China mit Einfuhrzöllen von bis zu 60 Prozent auf dessen Güter und den Nachbarstaaten der USA mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent.
Zuletzt weniger makroökonomische Ungleichgewichte
Die US-Politik beeinflusst immer maßgeblich die Marschrichtung der globalen Finanzmärkte. Deshalb wird Trumps Wirtschaftspolitik die Finanzindustrie vor große Herausforderungen stellen. Zum einen ist es schwer abzuschätzen, in welchem Ausmaß er Drohungen wie das massive Verhängen von Importzöllen wirklich wahrmacht oder ob er ihre Ankündigung nur als verbales Druckmittel einsetzt. Zum anderen stehen viele seiner Ankündigungen in einem widersprüchlichen Verhältnis zueinander.
Trumps Wirtschaftspläne scheinen deregulierend und libertär nach innen und protektionistisch nach außen angelegt zu sein. Viele Marktteilnehmer mahnen zur Vorsicht, insbesondere in den ersten Monaten seiner Präsidentschaft. „Wir sehen Risiken sowohl durch Wachstums- als auch durch Inflations- und Politikschocks, insbesondere in den nächsten Monaten, wenn die politische Agenda von Trump Gestalt annimmt“, schreibt die Investmentbank Goldman Sachs in ihrem makroökonomischen Ausblick.
Dabei zeigte sich der Internationale Währungsfonds (IWF), bezogen auf die Entwicklung des globalen Bruttoinlandsprodukts, grundsätzlich optimistisch. Er rechnet auch in den kommenden zwei Jahren mit einem globalen Wachstum auf dem Vorjahresniveau in Höhe von 3,2 Prozent. Das stellt zwar weiterhin eine Underperformance gegenüber den Vorpandemiejahren dar, doch langfristig rechnet das Institut wieder mit Wachstumsraten jenseits der 4 Prozent.
Europäische Zentralbank und Fed trennen die Perspektiven
Damit gibt sich der IWF optimistischer als Goldman Sachs, das – basierend auf Daten von Bloomberg – 2025 von einem globalen Wachstum von lediglich 2,7 Prozent ausgeht. „Nach einigen Jahren mit hoher Inflation und hohen Zinsen haben sich die makroökonomischen Ungleichgewichte verringert“, stellt Alexandra Wilson-Elizondo, Co-Chief Investment Officer of Multi-Asset Solutions bei Goldman Sachs Asset Management, klar. Jan Hatzius, Chefvolkswirt von Goldman Sachs, verweist außerdem auf die sich weltweit stabilisierenden Arbeitsmärkte.
Branchenweit blickt man positiv auf den sich für Europa schneller als zunächst prognostizierten Rückgang der Inflationsraten. In der Europäischen Wirtschaftsunion betrug der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) zum Jahresende nur noch 2,4 Prozent, nachdem er im September bereits unter der 2-Prozent-Marke gelegen hatte. Für das laufende Jahr rechnet HSBC Asset Management in der Euro-Zone mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2 Prozent. „Das Thema Inflation ist in Europa so weit durch“, meint Axel Cron, Chefanlagestratege von HSBC Global Asset Management gegenüber dpn.
Die niedrige Inflationsrate eröffnet wiederum Raum für schnellere Zinssenkungsschritte. Cron erwartet angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage auf dem Kontinent und drohenden US-Zöllen auf EU-Waren ein beherzteres Auftreten der EZB, um die strukturell schwächelnde EU-Wirtschaft mit Zinssenkungen zu unterstützen. „Für 2025 rechnen wir in der Euro-Zone mit einem durch robuste Arbeitsmärkte und steigende Reallöhne beschleunigten BIP-Wachstum von 0,9 Prozent, das die EZB im Laufe des Jahres mit sukzessiven Leitzinssenkungen flankierend unterstützen dürfte“, meint Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Deutschland bei der Deutschen Bank. Die meisten großen Häuser wie Amundi oder DWS rechnen für das laufende Jahr bisher mit vier bis fünf Zinssenkungsschritten à 0,25 Prozent durch die EZB, so dass der Leitzins zum Jahresende auf 1,75 bis 2 Prozent sinken würde.
Komplizierter gestaltet es sich, das weitere Vorgehen der Fed zu prognostizieren. Zunächst stimmten sie robuste Wirtschaftsdaten und solides Wachstum im vergangenen Herbst noch optimistisch, den angebrochenen Zinssenkungszyklus fortzuführen. Doch die Inflation ist hartnäckiger als zunächst gedacht. Insbesondere die Kosten für Wohnen, Lebensmittel und Energie steigen in den USA weiter. Die Fed tut sich hier deutlich schwerer, als noch vor kurzem angenommen, in die Reichweite des eigenen Inflationsziels zu gelangen. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der Trump‘schen Wirtschafts- und Fiskalpolitik den inflationären Druck hochhalten werden. „Wir gehen davon aus, dass das Leitzinsniveau in den USA im Verlauf von 2025 um nicht mehr als 50 Basispunkte auf 3,75 bis 4,00 Prozent gesenkt werden wird“, meint Jan Viebig, Investment-Chef der deutsch- französischen Bank Oddo BHF. Robustes Wachstum, hohe und steigende staatliche Defizite und vermehrte Inflationsrisiken begrenzen den Spielraum der US-Geldpolitik nach unten.
„Unsicherheit erfordert das Denken in Szenarien.“
– Matthias Jörss, Vorstandsvorsitzender Salytic Invest AG
Zwar seien erneute Zinserhöhungen zum derzeitigen Zeitpunkt noch kein Thema, doch stünden angesichts drohender Inflationsrisiken große Zinssenkungsschritte wieder zur Debatte, schlussfolgert das US-Haus Morgan Stanley. Ein vorsichtigeres Vorgehen der Fed, die insbesondere in der ersten Jahreshälfte 2025 zunächst die Auswirkungen der Trump‘schen Wirtschaftspolitik abwartet, erscheint immer wahrscheinlicher. Ende Dezember sahen laut CME Group die Märkte eine 89-prozentige Chance, dass die Fed die Zinssätze bei ihrer nächsten Sitzung im Januar beibehalten wird. Sie hatten Recht.
Donald Trumps Tarifpolitik
Im Zentrum der Risikobetrachtung der Volkswirte steht die Frage, in welchem Ausmaß Donald Trump seine Zolldrohungen in die Tat umsetzt. Die größte Volkswirtschaft der Welt führt mit einem von Goldman Sachs erwarteten Wachstum von 2,5 Prozent die Industrienationen das dritte Jahr in Folge an. Trotz des Gegenwinds, den Zölle für das US-amerikanische Konsumverhalten darstellen, sollte das beständige Wachstum der USA damit im laufenden Jahr anhalten, wenngleich es leicht ausgebremst wird. So rechnet auch die Ratingagentur Morningstar mit einem Rückgang des realen BIP-Wachstums in Höhe von 1,4 Prozent, sollten einheitliche Zölle in Höhe von 10 Prozent verhängt werden. Für den Fall, dass die Zölle in erster Linie China treffen, schrumpft dieser Wert auf 0,2 Prozent.
„Die ungewöhnlich große Unsicherheit über die weitere Politik der USA erfordert das Denken in Szenarien“, meint deshalb Matthias Jörss, Vorstandsvorsitzender der Salytic Invest AG, eines unabhängigen Vermögensverwalters. In seinem Basisszenario geht er davon aus, dass die Zölle für Produkte aus China in mehreren Schritten auf rund 35 bis 40 Prozent steigen werden. Für alle anderen Länder sind höhere Zölle von rund 8 Prozent zu erwarten. Goldman Sachs wiederum geht in seinem Basisszenario sogar von neuen Einfuhrzöllen auf chinesische Güter in Höhe von bis zu 60 Prozent und von einer Erhöhung des effektiven Zollsatzes auf europäische Autos um 22,5 Prozentpunkte aus. Das hätte direkte Folgen für die beiden wichtigen Handelspartner der USA.
So könnten laut der Citigroup übergreifende Zölle in Höhe von durchschnittlich 10 Prozent das Wachstum der EU im laufenden Jahr um 0,3 Prozentpunkte ausbremsen. Goldman Sachs prognostiziert für diesen Fall, dass aufgrund der Unsicherheit an den Handelsmärkten das BIP-Wachstum in Europa sogar um 0,9 Prozentpunkte schrumpfen könnte: „Wir haben daher unsere Wachstumsprognose für den Euro-Raum für 2025 aufgrund der Ergebnisse der US-Wahlen um 0,5 Prozentpunkte gesenkt und würden sie wahrscheinlich noch weiter senken, wenn die USA pauschale Zölle einführen“, so die Großbank.
Ungewissheit überschattet das erste Halbjahr
Vor allem im ersten halben Jahr unter Trump ist deswegen mit mehr Unsicherheit an den Kapitalmärkten zu rechnen, an denen sich die finanziellen Bedingungen verengen, was wiederum das Wachstum belasten wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Phase der Unsicherheit nach einigen Monaten unter Trump legen wird oder ob seine Politik weiterhin unvorhersehbar bleiben wird. Über den Einfluss von US-Zöllen auf die europäische Inflationsrate herrscht ebenfalls Unklarheit. Tendenziell könnten sie jedoch disinflationär wirken, da chinesische Exportwaren mit Preisabschlägen in die EU verkauft werden. Dies wiederum würde eine weitere Lockerungspolitik durch die EZB unterstützen. Gerade die deutsche Wirtschaft, deren größter Abnehmer von Gütern „made in Germany“ die USA sind, stellen höhere Zölle vor große Probleme. Sollte Trump seine Drohung wahrmachen und Basiszölle von 20 Prozent auf US-Importe aus der EU und 60 Prozent auf Importe aus China erheben, erwartet das Ifo-Institut deutsche Exporteinbrüche in die USA in Höhe von etwa 15 Prozent.
Die Ausgangslage für institutionelle Investoren gestaltet sich damit für das neue Jahr anspruchsvoll. Unter der Annahme, dass die Fed die Leitzinsen nur in sehr geringem Ausmaß senken kann, bleiben die Kapitalmarktzinsen weiterhin auf einem hohen Niveau. Parallel dazu hat die europäische Wirtschaft bereits mit strukturellen Wachstumsproblemen zu kämpfen, und mit den Trump-Zöllen bahnen sich noch größere an. Das erfordert ein abgestimmtes und umsichtiges Vorgehen in der Kapitalanlage.
Anleihen haben einen schweren Stand
Festverzinsliche Anlagen zeigten sich 2024 weiterhin solide. Sie profitierten von ihren hohen Anfangsrenditen, die sie im Jahresverlauf trotz der enttäuschten Zinssenkungserwartungen schützten. Laut J.P. Morgan lieferten US-Staatsanleihen immer noch einen positiven Ertrag von 0,6 Prozent. Dass die Zentralbanken es schlussendlich 2024 mit den Zinssenkungen nicht so eilig hatten, wie von einigen Ökonomen angenommen, führte auf der Ebene der globalen Staatsanleihen zu einem Minus von rund 3 Prozent. Für den Rentenmarkt ist die Wiederwahl Trumps eine der grundlegendsten Entwicklungen des vergangenen Jahres gewesen. „Vor allem in den USA dürfte das Wirtschaftsprogramm des neuen US-Präsidenten die Kapitalnachfrage, die Staatsverschuldung und die Risikoaufschläge langfristiger Staatsanleihen steigen lassen“, erklärt Jan Viebig von Oddo BHF.
„Trump könnte positiven Aussichten einen Strich durch die Rechnung machen.“
– Morgan Stanley über den Anleihenmarkt
Damit könnte 2025 ein schwieriges Jahr für Anleihen werden, solange nicht absehbar ist, wie sich die Renditen weiterentwickeln werden. Insbesondere für den Fall, dass die USA tatsächlich eine protektionistische Wirtschaftspolitik inklusive Importzöllen fahren sollten, könnte die Inflation wieder an Fahrt aufnehmen. Das treibt dann die Renditen an und lässt die Kurse für Anleihen fallen. „Trump könnte positiven Aussichten einen Strich durch die Rechnung machen“, hält Morgan Stanley fest.
Hinzu kommt, dass die meisten Marktteilnehmer mit einer weiteren Expansion des US-Haushaltsdefizits rechnen. 2024 beliefen sich die US-Zinsaufwendungen für öffentliche Schulden auf sage und schreibe 1.126 Milliarden US-Dollar. Angesichts der massiven steuerlichen Entlastungen für Unternehmen rechnet inzwischen ein Großteil der Investoren mit einer weiteren Verschärfung des Haushaltsdefizits. „Solange die US-Wirtschaft wächst, werden die Anleger wahrscheinlich weiter in Staatsanleihen investieren. Die fiskalischen Aussichten deuten jedoch auf eine höhere Volatilität der festverzinslichen Wertpapiere hin“, prognostiziert Amundi mit Blick auf das Anlagejahr 2025.
Mohammed Kazmi, Chief Strategist Fixed Income bei Union Bancaire Privée (UBP), gibt zu bedenken: „Die Festsetzung des Endzinssatzes der Fed auf 4 Prozent scheint eher mit einem Umfeld mit erhöhtem Nominalwachstum vereinbar zu sein, in dem das Halten der Zinsduration in Stressphasen wieder zum Schutz der Portfolios beitragen könnte. Dies stünde im Gegensatz zu den in den letzten Jahren beobachteten Korrelationen, da die Duration in dem Zinserhöhungszyklus nicht zum Schutz der Portfolios beitragen konnte.“ Er setzt sich deshalb für den Aufbau ausgewogener Fixed-Income-Portfolios ein, die sowohl in Staats- als auch Unternehmensanleihen investieren. Insbesondere deshalb, da ein „sanftes Wirtschaftswachstum“ die Credit Spreads stützen dürfte.
Mehr Volatilität an den Aktienmärkten
Unter den liquiden Asset-Klassen legten die globalen Aktienmärkte auch 2024 eine überdurchschnittlich gute Performance hin. Der S&P 500 verzeichnete gar die
beste Performance seit dem Ende der 1990er Jahre und schloss mit einem Plus von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab. Auch in Deutschland konnte der DAX 40 trotz einer schwierigen wirtschaftlichen Lage gut 20 Prozent im Jahresverlauf zulegen.
Doch das Klumpenrisiko in den USA bleibt enorm. Laut Bloomberg waren die erfolgreichsten zehn Einzeltitel im S&P 500 für rund 60 Prozent der Gewinne seit Oktober 2022 verantwortlich. Gegenüber dpn mahnt deswegen Amundis CIO Vincent Mortier zu Vorsicht und verstärkter Diversifizierung. „Die Anleger sollten ihr Engagement in Aktien über US-Mega-Caps hinaus ausweiten.“ Viele Investoren seien aufgrund der Annahme, dass die Outperformance der US-amerikanischen Tech-Titel anhalten sollte, inzwischen überexponiert.
„Auf Gier folgt die Angst, das liegt in der Natur der Börse.“
– Vincent Mortier, CIO Amundi
Ähnlich äußert sich auch Jan Viebig von Oddo BHF, der 2025 zu mehr Diversifizierung und einem verstärkten Fokus auf Qualität im Sinne von stabilen Fundamentaldaten wie der langfristigen Profitabilität und Wettbewerbsposition rät, gegenüber dpn. Sein Haus übergewichtet insgesamt aber weiterhin US-Aktien aufgrund des höheren Wachstumspotentials und des Wettbewerbsvorsprungs bei Schlüsseltechnologien. Viebig betont jedoch, aus seiner Sicht habe sich keine zweite Tech-Blase gebildet, die nun zu platzen drohe.
Für Vincent Mortier steht fest, dass eine Preiskorrektur an den Aktienmärkten nur eine Frage der Zeit ist. „Auf Gier folgt die Angst, das liegt in der Natur der Börse“, so der CIO von Amundi. Entscheidend sei nun das Timing. Bereits eine Woche nach unserem Gespräch sollte sich Mortiers Vermutung teilweise bewahrheiten. Infolge der Vorstellung des KI-Modells R1 des chinesischen Unternehmens Deepseek verlor Chiphersteller Nvidia rund 18 Prozent an Marktwert. Deepseek liefert mit deutlich weniger Rechen- und Energieleistung ähnliche Ergebnisse wie das bisherige Vorzeigetool ChatGPT. Neben Nvidia verloren auch die Wertpapiere von Zulieferern für Hard- und Software von Rechenzentren an Wert, zum Beispiel Siemens Energy oder ASML.
Der Vorfall ist ein erstes Anzeichen für die zunehmende Unbeständigkeit an den Aktienmärkten, auf die sich institutionelle Investoren im laufenden Jahr einstellen müssen. Bereits Ende des vergangenen Jahres warnte Fidelity vor gestiegener Volatilität an den Aktienmärkten, ging aber davon aus, dass die Rally der Tech-Aktien, getragen vom nachhaltigen KI-Trend, anhalten sollte.
Die hohen Bewertungen würden laut Fidelity jedoch dazu führen, dass sich der Fokus auf die „nächsten Gewinner des KI-Trends“ verschiebe. Gleichzeitig führe die Implementierung von künstlicher Intelligenz in der Breite der Unternehmen dazu, dass sich auch das Wachstum verbreitere. Die Attraktivität des Small- und Mid-Market-Segments sollte davon im laufenden Jahr profitieren.
China kämpft gegen strukturelle Probleme
Die Prognosen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt hängen unterdessen weiterhin stark von der Höhe der Zölle ab, die Trump verhängen wird. So glaubt das Investment-Haus Pictet, dass eine weiterhin expansive Fiskalpolitik des Politbüros der Kommunistischen Partei und die Schwäche des Renminbis die negativen Folgen von 20-prozentigen Einfuhrzöllen ausgleichen würden. Sollte Trump jedoch Ernst machen und Zölle in der angedrohten Höhe tatsächlich verhängen, dürften die Kosten selbst für China nicht mehr zu kompensieren sein. Mit Blick auf die Aktienmärkte sieht Fidelity dennoch Grund für Optimismus. Zwar neigten chinesische Wertpapiere zur Volatilität, doch dank der von der Politik ergriffenen Maßnahmen und der sich stabilisierenden Bewertungen gebe es auch wieder gute Investment-Möglichkeiten: „Auf Chinas riesigem Aktienmarkt herrscht kein Mangel an Titeln mit Gewinnwachstumspotential. Wir erwarten, dass sich der chinesische Aktienmarkt schrittweise erholen wird.“
„Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Abwärtsspirale auf dem Immobilienmarkt.“
– Yi Wang, Goldman Sachs Research
Auch die Immobilienkrise, die China die vergangenen Jahre fest im Griff hatte, dürfte sich laut Cron im kommenden Jahr wieder entspannen. Der Anteil der Investments im Immobiliensektor am Bruttoinlandsprodukt hat im vergangenen Jahr rapide abgenommen. „Wir befinden uns endlich an einem Wendepunkt der anhaltenden Abwärtsspirale auf dem Immobilienmarkt“, meint auch Yi Wang, Leiter des chinesischen Immobilienteams von Goldman Sachs Research. Nichtsdestotrotz stehen die Zeichen in Fernost erst einmal auf Abkühlung der Konjunktur. So geht die HSBC von einem sich verlangsamenden Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent auf nun 4,5 Prozent im laufenden Jahr aus. Der Research-Provider Rhodium erwartet, dass diesen offiziellen Zahlen nicht zu trauen ist. Rhodium schätzt für das vergangene Jahr das tatsächliche Wachstum in der Volksrepublik auf lediglich 2,4 bis 2,8 Prozent. Sollte die Inlandsnachfrage stark genug angekurbelt werden, könnte dieses nun auf 3 bis 4,5 Prozent im laufenden Jahr steigen.
Unterdessen geht der Kampf gegen die drohende Deflation in der Volksrepublik weiter. Im Dezember lag der Anstieg des Verbraucherpreisindex bei nur noch 0,1 Prozent, die Folge der Immobilienkrise und das Überangebot an Agrarprodukten lassen sich nur langsam in den Griff bekommen. Die konjunkturelle Entwicklung Chinas wird 2025 deswegen vor allem stark von den Maßnahmen abhängen, die die Regierung ergreift, um die Wirtschaft zu stützen.
Immobilien mit leichtem Rückenwind
Gegenläufig zu den starken Entwicklungen bei den liquiden Asset-Klassen zeigte der globale Immobiliensektor nur verhaltene Erholungstendenzen. Zwar stabilisierten die rückläufigen Inflationsraten und fallenden Zinsen die Branche, und auch die Bewertungen scheinen ihren Tiefpunkt erreicht zu haben. Doch das weiterhin hohe Ausgangsniveau bei den Zinsen sowie ökonomische und strukturelle Herausforderungen hemmten das Wachstum bis weit in die zweite Jahreshälfte 2024 hinein.
„Unserer Ansicht nach wird 2025 ein überzeugender Jahrgang für Immobilieninvestitionen sein“, schildert Kieran Farrelly, Global Chief Investment Officer und Head of Real Estate Solutions bei Schroders Capital, seine Einschätzung für das laufende Real-Estate-Jahr. „Unsere Analysen signalisieren unmittelbare Chancen auf den Märkten, welche die schnellste Preisanpassung erfahren haben, wie Großbritannien und die nordischen Länder, gefolgt von den USA und anderen ausgewählten kontinentaleuropäischen Märkten. Im asiatisch-pazifischen Raum bieten sich zyklische Chancen auf Märkten, die mit Chinas verzögertem Aufschwung einhergehen.“ Insbesondere Industrie- und Logistik-immobilien bieten, unterstützt durch strukturelle Fundamentaldaten, attraktive Chancen.
Private Equity: mehr M&A-Aktivitäten erwartet
Ein ähnliches trübes Bild zeigte sich in den vergangenen Jahren bei Private Equity. Die Anzahl der Exits erreichte ein Rekordtief. Insbesondere die divergierenden Preiserwartungen von Verkäufer- und Käuferseite lähmten 2024 die Branche. Grundlegend bieten jedoch große transformative Geschäftsbereiche und der gestiegene Finanzierungsbedarf Chancen auf eine Belebung der M&A-Tätigkeiten.
Ferdinand Dalhuisen, Co-Head of Private Equity bei Oddo BHF, geht deshalb von einer Erholung des Segments aus: „Wir erwarten eine deutlich erhöhte Deal-Aktivität in 2025. Das bedeutet, dass es mehr Exit-Möglichkeiten geben wird. Es sind mehr IPOs und Single-Asset-Secondaries-Deals geplant sowie vermehrte M&A-Aktivitäten zu beobachten. Für zusätzliche Impulse sorgt, dass Verkäufer ihre Preiserwartungen fundierter verargumentieren und durchsetzen können.“
Risikomanagement
Institutionelle Investoren sehen sich vor allem in den ersten Monaten des Jahres mit einer gestiegenen Unsicherheit konfrontiert. Angesichts drohender US-Zölle und verstärkter Schwankungen sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten wird es wichtig werden, sich gegen Volatilität zu wappnen. Dies hat auch zur Folge, dass das Lieblingswort im Risikomanagement, die Diversifizierung des Portfolios, an Relevanz gewinnt. Multi-Asset-Ansätze sollten damit attraktiv bleiben, da sie Rückenwind durch sich erholende alternative Asset-Klassen wie den Immobilienmarkt erfahren. „Die Risikopositionierung dürfte auf kurze Sicht eher taktisch als strukturell sein“, sagt Russel Matthews, Senior Portfolio Manager bei BlueBay.
Das Kapitalanlagejahr 2025 wird institutionellen Investoren also viel abverlangen: Zinsvolatilität, geopolitischer Druck und der anhaltende Transformationsdruck durch Megatrends fordern Wachsamkeit und dynamische Ansätze gleichermaßen.
Arrian Correns ist seit 2024 Redakteur bei dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seine ersten Schritte im Journalismus machte der studierte Staatswissenschaftler im Lokaljournalismus. 2023 wechselte er mit dem Volontariat im Fachverlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in den Finanzjournalismus. In dieser Zeit schrieb Arrian Correns auch für die dpn-Schwesterpublikationen „FINANCE Magazin“ und „Die Stiftung“. Arrian Correns befasst sich heute vor allem mit Themen der institutionellen Kapitalanlage und der Digitalisierung der Investmentbranche.

