Die hohen Energiepreise, die nach wie vor unterbrochenen Lieferketten und die sinkende Kaufkraft der Bevölkerung infolge der hohen Inflation führen zu einem anspruchsvollen Umfeld für Unternehmen. Hinzu kommt, dass Unternehmen in Deutschland aufgrund des demografischen Wandels zunehmend Fachkräfte fehlen. In dieser Lage wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) gewinnt dabei – auch mit Blick auf die unter Druck geratene gesetzliche Rente – als Versorgungsbaustein fürs Alter zunehmend an Bedeutung.
Doch auch die bAV ist mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Vor allem die langfristig steigende Lebenserwartung sowie das Zins und Inflationsumfeld haben die Erwirtschaftung der erforderlichen Erträge in den letzten Jahren zu einer Herkulesaufgabe gemacht und den Wandel von leistungs- zu beitragsorientierten Plänen beschleunigt. War die Verwaltung von Pensionsvermögen bereits vor der Coronapandemie und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine herausfordernde Aufgabe, ist der Handlungsdruck auf die bAV-Verantwortlichen weiter gestiegen. Bei all den Unwägbarkeiten, mit denen wir aktuell konfrontiert sind – inklusive einer sich abzeichnenden Rezession in Deutschland –, lassen sich kaum langfristig verlässliche Prognosen zur weiteren Wirtschafts- und Kapitalmarktentwicklung formulieren. Für die Anlageverantwortlichen bedeutet dies: Die Marktlage ist stetig neu zu bewerten und die Anlagestrategie anzupassen.
Multi-Asset-Lösungen gewinnen in der bAV an Bedeutung
Je anspruchsvoller die Kapitalmarktbedingungen sind, desto intensiver sollten bAV-Verantwortliche ihre Kapitalanlage professionalisieren. Das kann auch heißen, Renditechancen möglichst entlang des gesamten Anlagespektrums zu nutzen, maßgeschneiderte Anlagestrategien zu verfolgen und auf erfahrene Asset Manager mit starken Analystenteams zu setzen. In der bAV werden Multi-Asset-Lösungen daher immer mehr zum State of the art. Bei diesen können die zum Zuge kommenden Anlageklassen weit über Renten und Aktien hinausgehen. Beimischungen von Immobilien, Infrastruktur, Private Equity und Private Debt sowie die geschickte Kombination aktiver und passiver Strategien sowie die Integration von ESG-Kriterien sind hierbei möglich.
Klassisches und Nachhaltigkeits-Research gewinnen an Relevanz
In der aktuellen Börsenphase, in der die liquiden Anlageklassen unter erheblichem Druck sind, spricht zudem viel für aktive Manager. Voraussetzung dafür sind ResearchAnalysten, die, gestützt auf die unterschiedlichsten Informationen zu Emittenten und Unternehmensbesuche, detaillierte Bewertungen vornehmen. Dabei geht es vermehrt nicht nur um klassische finanzielle, sondern auch um Nachhaltigkeitsbewertungen. Bei Fidelity International spielt das Thema Nachhaltigkeit seit jeher eine gewichtige Rolle und ist vollständig im Investmentprozess integriert.
Gerade junge Menschen verlangen, dass auch ihre Altersvorsorge so ausgerichtet ist, dass sie nicht auf Kosten der Umwelt und der Gesellschaft umgesetzt wird. Dies belegt auch eine repräsentative Umfrage, die Fidelity International gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Opinium durchgeführt hat: So wollen 44 Prozent der 18 bis 34Jährigen mit ihrem Geld die Welt positiv verändern. Bei den über 55-Jährigen hegt lediglich ein Viertel (27 Prozent) diesen Wunsch. Das bessere Sachverständnis der jüngeren Generation zeigt sich auch in deren Investments. 41 Prozent der 18 bis 34-Jährigen, die bereits in Wertpapiere investiert haben, geben an, ihr Geld vorwiegend nachhaltig anzulegen. Zum Vergleich: Bei den über 55-Jährigen sind es gerade einmal 17 Prozent.
Neuausrichtung der bAV beim Nahrungsmittelkonzern MEGGLE
Unter diesen Rahmenbedingungen hat auch das Milch und Molke verarbeitende Unternehmen MEGGLE seine bAV-Lösungen auf den Prüfstand gestellt, wobei neben strukturellen Fragen auch die Kapitalanlage neu ausgerichtet werden sollte. 2022 hat MEGGLE eine externe Ausschreibung für einen neuen Treuhänder durchgeführt, bei der sich Fidelity International im Wettbewerbsvergleich durchsetzte. Ausschlaggebend waren für MEGGLE unter anderem das Renommee von Fidelity, der strategische Fit im Portfolio, die langjährige bAV-Erfahrung, die nachgewiesene Kapitalmarktexpertise und das hohe Service-Niveau.
Herzstück des bAV-Re-Designs war 2022 die Neugestaltung der Kapitalanlage. Nach Berechnung und Festlegung der erforderlichen Zielrendite durch MEGGLE, die zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen erforderlich ist, hat MEGGLE gemeinsam mit den Fidelity-Experten die maximale Schwankungsbreite des Portfolios auf Basis historischer Renditen und maximaler jährlicher Wertverluste abgeleitet. Anschließend folgte die Modellierung der Asset Allokation, wobei verschiedene defensive Multi-Asset-Lösungen durchgespielt wurden. Konkret waren dies einerseits Strategien mit unterschiedlichen Quoten für globale Aktien und globale Unternehmensanleihen sowie Strategien mit ergänzenden Immobilienbeimischungen.
In einem weiteren Analyseschritt hat Fidelity berechnet, wie unterschiedliche Immobilienallokationen dazu beitragen können, das Risiko-Rendite-Profil klassischer Aktien-Renten-Portfolios zu verbessern.
Das Ergebnis: Ausgehend von einem gemischten Portfolio aus 70 Prozent Renten und 30 Prozent Aktien, lassen sich mit einer 5-prozentigen Immobilienallokation bei gleichbleibendem Beta-Risiko die Beta-Renditen des Portfolios um 0,2 Prozent auf 2,8 Prozent steigern. Bei einer 20-prozentigen Immobilienallokation wären es sogar 3,1 Prozent. Für die Analyse haben die bAV-Experten den Fidelity Eurozone Select Real Estate Fund ins Portfolio integriert. Der Luxemburger SICAV-Fonds investiert für institutionelle Investoren in Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten vor allem in Büro, Logistik und Einzelhandelsimmobilien. Im Fokus stehen hochwertige Gebäude an Standorten mit Miet- und Wertsteigerungspotential, die an bonitätsstarke Mieter vermietet sind.
Systematisch aktive Titelauswahl zu günstigen Kosten
Nach ausführlicher Diskussion sowie weiteren Simulationen entschied sich MEGGLE für die Kombination aus einem globalen Unternehmensanleihe-ETF (60-70 Prozent) sowie einem globalen Aktien-
ETF (30-40 Prozent). Für die Anleihekomponente haben die bAV-Experten konkret den Fidelity Sustainable Global Corporate Bond ParisAligned Multifactor ETF vorgeschlagen, der auf dem Solactive Paris Aligned Global Corporate USD Index basiert. Für die Aktienseite fiel die Wahl auf den Fidelity Sustainable Research Enhanced Global Equity ETF, der auf dem MSCI World basiert. Bei beiden Fonds handelt es sich um „enhanced“ ETFs, welche die Kostenvorteile indexnaher Strategien mit einer aktiven Titelauswahl und einer Nachhaltigkeitskomponente verbinden.
Zunächst werden dabei Hersteller und Händler von kontroversen oder halbautomatischen Waffen, Tabak, thermischer Kohle und Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen, aus dem Portfolio ausgeschlossen. Danach folgt die Titelauswahl auf Grundlage des aktiven und nachhaltigen Researchs von Fidelity, wobei die Indexexperten die Branchen und Ländergewichte so nah wie möglich an denen des zugrundeliegenden Indexes halten. Der Unterschied zu reinen Indexprodukten liegt also in der Titelauswahl, die auf fundamentalen Erkenntnissen und ESGAnalysen basiert und nicht in einer veränderten Branchen oder Ländergewichtung. Ergebnis ist ein breit diversifiziertes Portfolio mit einem guten Nachhaltigkeitsprofil sowie der Chance auf Outperformance – angestrebt wird eine Outperformance gegenüber dem Marktindex von im Durchschnitt 1 Prozent brutto – zu einem günstigen Preis.
Wichtig waren MEGGLE jedoch nicht nur die Auswahl und Umsetzung der passenden InvestmentBausteine, sondern auch eine intensive Unterstützung der MEGGLEbAVVerantwortlichen. So war es MEGGLE unter anderem wichtig, auf die Expertise der FidelityExperten bei Anlageausschusssitzungen als externe Berater zuzugreifen und adhoc bei wichtigen Börsenereignissen informiert zu werden. Dazu haben die MEGGLEVerantwortlichen unter anderem PerformanceSchwellenwerte formuliert, bei deren Erreichen Maßnahmen ergriffen werden inklusive der automatischen Einberufung einer Anlageausschusssitzung.
bAV-Pläne gehören regelmäßig auf den Prüfstand
Nicht nur dieses Beispiel zeigt, dass bAV-Lösungen zwar langfristig angelegt sind, aber dennoch regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden sollten, damit diese in verschiedenen Phasen bestmöglich performen können. Nach über zehn Jahren Niedrigzinspolitik finden wir uns heute in einem Umfeld mit steigenden Zinsen und Inflation wieder. Sowohl Aktien als auch Rentenportfolios sind an diese neue Kapitalmarktlage anzupassen. Ein starker Partner im Pensionsmanagement ist daher wichtig, um Pensionsvermögen weitsichtig durch verschiedene Zyklen zu steuern. Ebenfalls sollten Sicherheitsmechanismen im Unternehmen etabliert werden – bewährt hat sich die Einführung einer mindestens einmal jährlich tagenden Anlageausschusssitzung. Teilnehmer bei MEGGLE sind der CFO, Leiter Treasury und Vertreter der Treuhandgesellschaft sowie der Vermögensverwaltungsgesellschaft.
Fidelity: Nachhaltigkeit als Herzstück des Anlageprozesses
Bei Fidelity basiert Nachhaltigkeit auf den drei Säulen
• ESG-Integration
• Engagement und
• Kooperation
ESG ist bei Fidelity vollständig im Investment-Prozesses integriert. So haben wir ein eigenes zukunftsgerichtetes ESG-Rating-System entwickelt und verlassen uns nicht nur auf Ratings externer Dienstleister. Für mehr als 4.000 Unternehmen ermitteln die Fidelity-Analysten eigene zukunftsgerichtete ESG-Bewertungen, die bei jeder Anlageentscheidung einfließen. Dabei haben wir für 127 Subsektoren branchenspezifische Kriterien definiert. Diese ziehen wir heran, um Unternehmen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern mit Ratings von A bis E zu bewerten. Zentral dafür ist das Know-how der mehr als 200 Analysten, die an rund 20.000 Treffen mit Unternehmen pro Jahr teilnehmen. Die Ratings werden nach außergewöhnlichen Ereignissen in Unternehmen oder spätestens jährlich aktualisiert. Sind die ESG-Themen besonders komplex, können die Analysten zusätzlich auf die Expertise von Spezialisten-Teams zurückgreifen.
Zukunftsgerichtete Ratings für zukunftsgerichtetes Handeln
Um wirkungsvoll zu investieren, sollte man nicht nur in Unternehmen investieren, die bereits heute ein Spitzenrating aufweisen. Es kann auch sinnvoll sein, zukunftsgerichtet in ESG-Nachzügler oder Firmen aus schwierigen Branchen zu investieren, die einen positiven ESG-Pfad eingeschlagen haben. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und CO2-neutralen Wirtschaft sind wir noch eine Zeit lang auf fossile Rohstoffe angewiesen. Dabei verfügen gerade traditionelle Großkonzerne über das erforderliche Know-how und die Ressourcen, die Wende zu einer nachhaltigen Wirtschaft voranzutreiben.
Stimmrechte auf Hauptversammlungen aktiv wahrnehmen
Fidelity möchte Unternehmen bei ihrem Transformationsprozess aktiv begleiten. Unser Anspruch ist daher, Stimmrechte konsequent selbst wahrzunehmen. Fidelity nahm 2021 an mehr als 4.300 Hauptversammlungen teil. An 38 Prozent der von uns besuchten Hauptversammlungen haben wir mindestens gegen eine der Empfehlungen des Vorstands oder Managements zu einem bestimmten Vorschlag gestimmt. Von den Unternehmen verlangen wir nicht nur die Offenlegung der ESG-Fortschritte. Wir sind auch selbst transparent, indem wir unser Abstimmungsverhalten veröffentlichen (www.fidelity.co.uk/voting-record). Noch wichtiger kann der Dialog zu ESG-Aspekten außerhalb der Hauptversammlung sein. Dies gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich an den Best Practices der Branche zu messen und Verbesserungen frühzeitig zu initiieren. Außerdem können Vermögensverwalter als einflussreiche Aktionäre die Erkenntnisse der Treffen mit dem Unternehmensmanagement nutzen, um Anlagechancen zu erkennen und Risiken zu meiden. Nachhaltigkeit ist dabei bei fast allen Treffen mit Unternehmen ein Thema. Ein Divestment beziehungsweise der vollständige Ausschluss von Titeln aus ESG-Gründen ist in extremen Fällen möglich. Verbreitet ist dies bei Zuwiderhandlungen gegen internationale Verträge und Konventionen wie die UN-Menschenrechtscharta oder den UN Global Compact für verantwortungsvolle Unternehmensführung. Aber: Es gibt auch Argumente, die gegen ein Divestment sprechen – vor allem, dass es eine einmalige Maßnahme ist. Hat man die Aktien verkauft, gibt man seine Einflussmöglichkeit vollständig auf.
Hebelwirkung durch Mitarbeit in Gremien und Brancheninitiativen
Fidelity engagiert sich in einer Reihe von Organisationen, Gremien und Arbeitsgruppen mit ESG-Bezug. Erwähnenswert ist unsere Mitarbeit bei der Umsetzung des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen. Hintergrund ist, dass der Finanzwirtschaft eine tragende Rolle bei der Transformation zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zukommt. Erste Bausteine sind eine einheitliche Taxonomie für nachhaltige Investments, Green-Bonds-Standards, Low-Carbon-Indizes und Standards für Finanzdienstleister und Pensionskassen zur Offenlegung von ESG-Risiken. Darüber hinaus engagieren wir uns im Rahmen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TDFD) auch auf Ebene der G20, mit dem Ziel, eine einheitlichen Klimaberichterstattung zu forcieren.
Die Autoren:
Christof Quiring ist seit 2006 Leiter des Bereichs „Workplace Investing“ für Investment- und Pensionslösungen bei Fidelity International. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann bei der UBS Deutschland AG und nach einem anschließenden Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Justus-Liebig-Universität in Gießen begann er 1997 seine berufliche Karriere als Unternehmensberater im Bereich Investment Banking bei der I&K Beratung. Im Jahr 1999 wechselte er zu Union Investment, wo er als Leiter für den Bereich Portfolio Analysis zuständig war. Im Jahr 2001 übernahm er bei INVESCO die Verantwortung für den Geschäftsbereich Pensionsmanagement, den er über fünf Jahre erfolgreich aufbaute.
Cornelia Haas ist seit 2019 Head of Group Treasury/Prokurist bei der MEGGLE-Gruppe. Zuvor war sie über zehn Jahre lang bei der Kathrein-Gruppe in verschiedenen Funktionen tätig. Als Head of Group Treasury baute sie dort die Treasury-Abteilung auf und steuerte die Geschäfte der Kathrein Financial Services GmbH als Geschäftsführerin. Zuletzt war sie Geschäftsführerin der Kathrein Abwicklungsgsgesellschaften und leitete die Abteilung Head of Internal Audit and Compliance. Cornelia Haas hat einen Masterabschluss in Betriebswirtschaftslehre von der Ludwig-Maximilians-Universität in München.