BFH: Entgeltumwandlungen für rückgedeckte Unterstützungskasse gelten als Betriebsausgaben

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Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hatte im Urteil vom 28. Oktober 2020 (X R 32/18) über die Berücksichtigung von Beiträgen, die im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses geleistet wurden, für eine rückgedeckte Unterstützungskasse als Betriebsausgabe zu entscheiden. Jetzt legte der BFH die Begründung vor. Demnach gilt: Werden im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers teilweise zum Zweck betrieblicher Altersvorsorge in Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse umgewandelt, ist die Entgeltumwandlung grundsätzlich am Maßstab des Fremdvergleichs zu messen.

Für die Fremdvergleichsprüfung bei Entgeltumwandlungen ist insbesondere das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen regelmäßig anzunehmender Angemessenheit und nur ausnahmsweise gegebener Unangemessenheit der Umgestaltung der Entlohnung des Arbeitsverhältnisses zu beachten. Eine insoweit unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses kommt bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei einer „Nur-Pension“ oder bei Zusagen, die mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbunden sind, in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 07.03.2018 – I R 89/15, BFHE 261, 110, BStBl II 2019, 70, Rz 26).

Im Fall echter nicht unangemessener Barlohnumwandlungen sind Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse betrieblich veranlasst und ohne Prüfung einer sogenannten Überversorgung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.2008 – VIII R 68/06, BFHE 222, 332, BStBl II 2008, 973, unter II.3., Rz 22 f.).

Damit hebt der BFH auf die Revision der Kläger das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 13.09.2018 (1 K 189/16) auf. Zudem verweist der BFH die Sache zurück an das Finanzgericht Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Tatbestand

In der Sache ging es um Folgendes: Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist selbständiger Metzgermeister, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Im Jahr 2002 hatte er das Metzgereigeschäft seiner Eltern übernommen, in dem die Klägerin seinerzeit noch als Fleischereifachverkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Im Mai 2002 heirateten die Kläger; aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Seit dem 01.05.2005 ist die Klägerin, die inzwischen selbst Metzgermeisterin ist, beim Kläger als Verkaufsleiterin angestellt. Der monatliche Bruttolohn betrug zunächst 3.146 Euro. Zeitgleich führte der Kläger ein Zeitwertkonto-Modell ein, in dessen Rahmen ein Teil des monatlichen Gehalts der Klägerin (2.050 Euro) im Hinblick auf ihre Altersversorgung nicht ausbezahlt, sondern in eine Rückstellung eingestellt wurde. Letztere wurde vom beklagten und revisionsbeklagten Finanzamt steuerlich nicht beanstandet.

Mit Bescheid vom 30.12.2005 stellte die Innungskrankenkasse Baden-Württemberg fest, dass die Klägerin mit ihrer Heirat nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Zum 01.01.2006 wurde der Arbeitslohn der Klägerin – nach Auffassung der Beteiligten angemessen – auf monatlich 4.146 Euro erhöht. Der Betrag setzt sich aus einem Grundgehalt (4.000 Euro) und dem Beitrag für eine bereits seit 2001 bestehende Direktversicherung (146 Euro) zusammen.

Wegen Zweifeln an der rechtlichen Zulässigkeit des Zeitwertkonto-Modells wurde die Altersvorsorge der Klägerin (2.050 Euro/Monat) im Streitjahr umgestellt. Die Kläger vereinbarten als Ergänzung zum Arbeitsvertrag auf einem Vordruck der N überbetriebliche Versorgungskasse e.V. (Unterstützungskasse), dass ab August 2009 monatlich 1.830 Euro vom Entgelt der Klägerin umgewandelt und als Mitgliedsbeitrag des Arbeitgebers der Unterstützungskasse zugewendet würden. Entsprechend den weiteren Vereinbarungen erteilte die Unterstützungskasse der Klägerin eine Versorgungszusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die Ansprüche auf Altersrente sowie auf Hinterbliebenenversorgung im Umfang der hierzu von der Unterstützungskasse abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung vorsah. Die Klägerin bestimmte für ihren Todesfall, dass allein ihre Kinder –und nur solange sie die einkommensteuerlichen Kindergeldvoraussetzungen erfüllten– bezüglich der Hinterbliebenenleistungen bezugsberechtigt sein sollten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gaben die Kläger –so auch der Kläger in seiner Gewerbesteuererklärung– um die Unterstützungskassenbeiträge verminderte Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Neben dem Arbeitslohn der Klägerin erzielten sie zudem Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von insgesamt fünf Immobilien.

Nachdem die Kläger zunächst erklärungsgemäß veranlagt worden waren, änderte das FA dem Ergebnis einer Außenprüfung entsprechend den Einkommensteuer- sowie den Gewerbesteuermessbescheid. Die geleisteten Zuwendungen an die Unterstützungskasse wurden im Hinblick auf § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich nur teilweise (110 Euro/Monat) als abzugsfähig angesehen, da das FA sie nach Maßgabe des Fremdvergleichs der Höhe nach für unangemessen und daher nur in diesem Umfang für betrieblich veranlasst hielt.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 246 veröffentlichtem Urteil ab. Die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen für die Alterssicherung der Klägerin sei über den vom FA anerkannten Betrag hinaus nicht gegeben. Die Entgeltumwandlung sei am Maßstab des Fremdvergleichs zu prüfen; lediglich die Prüfungsintensität sei angesichts des gleichbleibenden Aufwandes für den Arbeitgeber zurückzunehmen. Vorliegend könnten aufgrund des hohen Risikos für die Kläger, die zugesagte Gesamtleistung von bis zu 800.000 Euro vor bzw. bei Erreichen der Altersrente zu verlieren, nur private Gründe für die Entgeltumwandlung maßgeblich gewesen sein. Auch entferne sich hier die Altersversorgung der Klägerin vom Gedanken, den Lebensstandard im Alter zu erhalten. Mit einer Altersversorgung von 63.244 Euro im Jahr verfügte sie über rund das 2,5fache des Arbeitseinkommens. Zudem übersteige die in Rede stehende Entgeltumwandlung der Klägerin von circa 50 Prozent des Bruttogehalts erheblich den in § 1a Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) bestimmten Wert, bis zu dem ein (fremder) Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung habe.

Verletzung des § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG

Mit ihrer Revision machen die Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG geltend. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin seit ihrer Heirat am 24.05.2002 nicht mehr sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Die betriebliche Altersvorsorge über eine Unterstützungskasse habe dem Aufbau einer adäquaten Altersrente gedient, um auch im Pflegefall über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen und im Alter unabhängig vom Kläger zu sein. Die vom FG für die Unangemessenheit angeführten Argumente überzeugten nicht: Das Totalausfallrisiko liege bei der Klägerin, nicht beim Kläger. Es sei ihr Geld (Barlohnumwandlung), welches sie in eine Versicherung einbezahle, um im Alter eine sorgenfreie eigene Rente zu erhalten. Die Verlagerung der Steuerlast in die Rentenphase, die das FG für die Unzulässigkeit der Entgeltumwandlung angeführt hat, sei dem System der nachgelagerten Besteuerung immanent. Angesichts der voraussichtlich hohen Einkünfte der Kläger auch im Alter greife der Hinweis des FG auf einen geringeren Steuersatz und hierdurch erzielten Zinsvorteil nicht durch.

Über die vom FG angeführten Gründe hinaus weist es darauf hin, dass der Arbeitgeber für die zugesagte Altersversorgung hafte, im Falle der Lohnumwandlung für den Erhalt und die Mehrung (Verzinsung) der vom Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel, und dies kontinuierlich über Jahrzehnte. Gegebenenfalls müsse er die Versorgungslasten („nochmals“ vollständig) aus eigenen Mitteln erbringen, zum Beispiel bei entstehenden Finanzierungslücken in der zur Finanzierung abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung; dies sei zwischenzeitlich im Bereich der betrieblichen Altersversorgung Realität. Bei einem Versorgungsniveau, das sozial nicht begründbar und betriebswirtschaftlich relevant risikobehaftet sei, erlösche die Bereitschaft zur Entgeltumwandlung in der betrieblichen Praxis. Das gelte auch für Lohnumwandlungsfälle, soweit Arbeitgeber wie hier in der Regel lediglich die primäre wirtschaftliche Lasttragung abwälzten, aber dennoch für die Erfüllung vollständig hafteten.

Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.

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