Einleitung
Ein altes deutsches Sprichwort lautet: Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not. Allein die gesetzliche Rentenversicherung kann indes für die meisten Arbeitnehmer nicht sicherstellen, dass der Ruhestand von Not unberührt bleibt. Aus den aktuellen Daten der Deutschen Rentenversicherung für das Jahr 2022 geht hervor, dass die durchschnittliche Altersrente für 21,2 Millionen Leistungsbezieher bei 1.089 Euro liegt – ein Betrag, der in vielen Fällen kaum oder nur knapp für laufende Lebenshaltungskosten ausreichen wird. Mit dem Eintritt der „Baby Boomer“ in den Ruhestand in den nächsten zehn Jahren verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen der Deutschen Rentenversicherung zudem signifikant, da sich die Relation von Beitragszahlern zu Leistungsbeziehern nachhaltig verringert. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass schon heute die Rentenkasse mit rund 100 Milliarden Euro pro Jahr aus Steuermitteln querfinanziert wird.
Zusätzliche Vorsorge ist also notwendig. Einen wichtigen Stellenwert nimmt hierbei die betriebliche Altersversorgung (bAV) ein. Gegenüber privaten Sparvorgängen bietet die betriebliche Altersversorgung einige spezifische Vorteile: betrieblich organisierte Sparvorgänge können von hohen Standards und geringen Kosten profitieren. Hinzu kommen einzigartige Sicherheitsstrukturen wie beispielsweise der Insolvenzschutz durch den Pensionssicherungsverein. Nicht zuletzt bewirkt die nachgelagerte Besteuerung von Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung eine besondere Steuereffizienz.
Der Arbeitgeber wird Angebote betrieblicher Altersversorgung für sich differenzierter einordnen. Zwar kann er sich mit attraktiven Angeboten im Wettbewerb um neue Mitarbeiter vorteilhaft positionieren, andererseits übernimmt er mit den bAVAngeboten auch Risiken, die in aller Regel nichts mit seiner eigentlichen Geschäftstätigkeit zu tun haben und für deren Kontrolle und Management ihm das tiefergehende Fachwissen fehlt.
Versorgungszusagen, die ein Arbeitgeber direkt an seine Mitarbeiter erteilt, bedingen Pensionsrückstellungen. Zuführungen zu den Rückstellungen sind Kosten. Die Höhe dieser Kosten unterliegt nur teilweise der Kontrolle des Arbeitgebers, da sie in erheblichem Umfang von externen Faktoren wie Lebenserwartung, Zins und Inflation abhängig sind. In den letzten 20 Jahren haben sich die Kosten für eine identische Betriebsrente für einen 65jährigen Mann um rund 75 Prozent erhöht. Diese Mehrbelastung schlägt auch auf die Rückstellungen von Leistungsbeziehern durch. Steigende Rückstellungen vermindern das Eigenkapital und belasten unter HGB zusätzlich die GuV.
Vor diesem Hintergrund besteht bei deutschen Arbeitgebern ein hohes Interesse an Modellen, die es ermöglichen, ihre Bilanz und GuV von diesen nicht beeinflussbaren Effekten zu schützen. Eines dieser Modelle, das derzeit besonders stark diskutiert wird, ist die Rentnergesellschaft.
Ausfinanzierungsmodelle
Seit rund zwanzig Jahren gewinnen Modelle zur Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen an Bedeutung. Ausschlaggebend waren dafür mehrere Entwicklungen:
- Bewertung von Pensionsverpflichtungen als Verbindlichkeiten im Rahmen von Unternehmensratings
- Zunehmende Bedeutung internationaler Accounting Standards
- Entwicklung von Treuhandmodellen (CTA, Contractual Trust Arrangement) zur Separierung von Pensionsvermögen
- Einführung des deutschen Pensionsfonds mit der Möglichkeit zur Übertragung von Pensionsverpflichtungen
- Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz mit Einführung eines Rechnungszinses, der die durchschnittliche Marktverzinsung der Vergangenheit abbildet
- Zunahme internationaler M&AA-Aktivitäten in Deutschland
- Starkes Absinken der Marktzinsen infolge der Kapitalmarktkrise 2008
Der steigende Bedarf an Ausfinanzierung ging einher mit der Entwicklung entsprechender Modelle. Weit verbreitet ist heute das CTA. Das CTA ist ein Modell zur Reservierung von Vermögen zu dem Zweck der Bedienung von Pensionsverpflichtungen. Ein Treuhänder wacht über die zweckbestimmte Verwendung der Mittel. Damit kann das Vermögen als sogenanntes Planvermögen nach IFRS (International Financial Reporting Standards) qualifiziert und darf mit der entsprechenden Pensionsverpflichtung saldiert werden.
Auch der Pensionsfonds ist mittlerweile ein erprobtes und bewährtes Modell zur Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen. Während beim CTA der Arbeitgeber unmittelbar verpflichtet bleibt, wird bei einer Auslagerung auf den Pensionsfonds auch die Verpflichtung übertragen. Allerdings bleibt der Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt nachfinanzierungs und subsidiär einstandspflichtig für den Fall, dass die Mittel im Pensionsfonds nicht ausreichen, um alle Leistungszahlungen zu tätigen.
Weder das CTA noch der Pensionsfonds können somit einen vollständigen Verpflichtungs und Risikotransfer bewirken. Deshalb bleibt in beiden Fällen nach wie vor die Ermittlung von Pensionsrückstellungen in der internationalen Bilanzierung notwendig, auch wenn die Verpflichtung in beiden Fällen mit dem Vermögen saldiert werden darf. Nur unter HGB wandert im Falle des Pensionsfonds eine Unterdeckung von der Rückstellung in den Bilanzanhang.
Rentnergesellschaft vs. Pensionsfonds
Aus der Brille des internationalen Accountings ist die Einstandspflicht des Arbeitgebers eine Schwachstelle des Pensionsfonds. Ohne vollständigen Verpflichtungsübergang können Pensionsrückstellungen nicht ausgebucht werden.
Bleibt die Pensionsrückstellung in der Bilanz, so wirkt auch weiterhin die Volatilität aus den externen Bewertungsprämissen, Lebenserwartung, Zins und Inflation, auf den Jahresabschluss ein. Hinzu kommt noch die Volatilität in der Kapitalanlage.
Es gibt Ansätze, über eine Kapitalanlagestrategie die Volatilität der Kapitalanlage mit der der Pensionsverpflichtung zu koppeln, so dass nach der Saldierung eine insgesamt weniger volatile Bilanzgröße resultiert. Angestrebt wird das durch sogenannte LDIAnsätze (LiabilityDriven Investment). Das Anlageportfolio bildet bei diesem Ansatz die Kalkulationsgrundlage des Rechnungszinses ab.
Der Rechnungszins basiert auf der Rendite von (europäischen) AA-Unternehmensanleihen. Allerdings verzichtet der LDIAnsatz durch den Fokus auf die Volatilität auf Renditechancen, insbesondere mit Blick auf langlaufende Verpflichtungen. Anders ausgedrückt: Die Kapitalanlage in einem Pensionsfonds oder einem CTA kann nur eines von beiden Zielen verfolgen, Effizienz oder Volatilitätsvermeidung.
An diesem Punkt setzt die Rentnergesellschaft an. Durch einen vollständigen Verpflichtungstransfer auf einen Dritten kann die Pensionsverpflichtung ausgebucht werden. Für den Betreiber der Rentnergesellschaft ist Volatilität weitgehend unschädlich. Damit hat er die Möglichkeit, die Kapitalanlagestrategie stärker auf die Effizienz auszurichten. Er benötigt so weniger Vermögen zur Ausfinanzierung, als in einem UnternehmensCTA oder einem Pensionsfonds benötigt wird.
Implementierung einer Rentnergesellschaft
Die Implementierung einer Rentnergesellschaft ist alles andere als trivial. Die Freiheitsgrade in der Ausgestaltung, die es ermöglichen, das Modell im Detail an den Anforderungen des Unternehmens auszurichten, bedingen gleichzeitig einen hohen konzeptionellen Aufwand und eine besondere Sorgfalt.
In den ersten erfolgreichen Projekten zur Einführung einer Rentnergesellschaft hat sich ein VierPhasenModell bewährt:
- Rahmenkonzept
- Anbieterauswahl
- Detailkonzept
- Umsetzung
Ausschlaggebend für das Rahmenkonzept ist die konkrete Zielstellung des Unternehmens und seine Rahmenbedingungen. Zentrale Gesichtspunkte sind der führende Bilanzierungsansatz, angestrebte Bilanz und GuVEffekte, Stellenwert der Enthaftung, die steuerliche Situation, die Bestandsstruktur, der Funding beziehungsweise Cash-Status und die Risikotoleranz. Auf dieser Grundlage wird das Rahmenkonzept erstellt, welches wiederum die Basis für die zweite Phase ist.
Das Rahmenkonzept beschreibt die ökonomischen Größen der geplanten Rentnergesellschaft. Grundlegend hierfür ist die Festlegung des betreffenden Bestandes an Leistungsbeziehern und ausgeschiedenen Mitarbeiter mit unverfallbaren Ansprüchen auf Versorgungsleistungen. Die Verpflichtung gegenüber aktiven Mitarbeitern kann hingegen nicht auf eine Rentnergesellschaft transferiert werden, da eine Pensionszusage und damit die Verpflichtung immer unmittelbar an das jeweilige Arbeitsverhältnis geknüpft ist.
Der festgelegte Bestand determiniert einen Cashflow an Leistungszahlungen, der mit versicherungsmathematischen Methoden ermittelt wird. Dabei sind konservative Annahmen bezüglich der Lebenserwartung und der künftigen Rentensteigerungen anzuwenden. Dieses Sorgfalts und Vorsichtsprinzip geht nicht nur formal auf die Forderungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zurück, sondern stellt unter ökonomischen Gesichtspunkten eine nachhaltige, hinlänglich hohe Überlebenswahrscheinlichkeit der Rentnergesellschaft sicher.
Daneben wird das Rahmenkonzept Anforderungen an Strukturelemente der Rentnergesellschaft beinhalten, beispielsweise an die Kapitalanlage, Sicherheitsstrukturen, Kontrollmöglichkeiten und Kompetenzanforderungen.
Damit wird das Rahmenkonzept auch die Grundlage für die Ausschreibung an potenzielle Anbieter für die Übernahme und den Betrieb der Rentnergesellschaft. Wenn sich das Unternehmen für einen Anbieter entschieden hat, erfolgt in der Zusammenarbeit die Erstellung eines Detailkonzeptes.
Das Detailkonzept beinhaltet eine vollständige Dokumentation des angestrebten Modells und erfordert neben der Einbindung des ausgewählten Anbieters eine enge Abstimmung mit den beteiligten Fachabteilungen des Unternehmens, wie Finance und HR, dem Justiziar, der Geschäftsführung, beteiligten externen Spezialisten wie bAVExperten, Arbeitsrechtlern, Steuerberatern, Transaktionsexperten und Aktuaren sowie den Wirtschaftsprüfern. Es ist die Basis für eine arbeitsrechtliche Einschätzung, in wie weit das Modell auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten und unter Beachtung der einschlägigen BAGRechtsprechung eine Enthaftung des Unternehmens sicherstellt. Mit Blick auf die Wirtschaftsprüfer ist eine fundierte Beschreibung des gewünschten AccountingAnsatzes sowie eine genaue Kenntnis der hiermit verknüpften Kriterien bzw. Bedingungen der Wirtschaftsprüfer unabdingbar.
In der vierten Phase erfolgt die Umsetzung der Detailkonzeption in entsprechende Vertragswerke, wie beispielsweise Spaltungsverträge, Treuhandverträge, Dienstleistungsverträge und einen SPA (Share Purchase Agreement). Diese verschiedenen Vertragswerke müssen genau aufeinander abgestimmt sein. Mit Blick auf das angestrebte Transaktionsdatum ist ein effektives Zeitmanagement unverzichtbar. Zu beachten ist beispielsweise eine obligatorische Informationsfrist für den Betriebsrat. Des Weiteren müssen Rentner und gegebenenfalls weitere Stakeholder informiert werden. Schließlich muss ein störungsfreier Übergang der Administration sichergestellt werden, um Unterbrechungen in den Rentenzahlungen und der Rentnerbetreuung auszuschließen.
Kapitalanlage
Die Kapitalanlage in einer Rentnergesellschaft dient dazu, mit einem vorhandenen Vermögen künftige Versorgungsleistungen vollständig und zu jedem Zeitpunkt zu bedienen. Für kurzfristige Zahlungsverpflichtungen folgt daraus die Notwendigkeit einer fristenkongruenten Kapitalanlage zur Vermeidung von ForcedSellingEreignissen. Bei längerfristigen Zahlungsverpflichtungen können dem gegenüber aber volatilere, gegebenenfalls auch illiquide und damit potenziell ertragsreiche Anlageklassen genutzt werden, da über den längeren Zeitraum der Effekt der Regression zur Mitte beziehungsweise der Mean Reversion greift. Dies bedingt allerdings ein aktives Steuern der Asset Allocation, da sich in einer Rentnergesellschaft die Zahlungszeiträume laufend verkürzen. Dazu ist ein kontinuierliches, versicherungsmathematisches Monitoring der zu erwartenden Cashflows der Rentnergesellschaft notwendig.
Es gilt: je kürzer die Duration des verbleibenden Cashflows, desto konservativer die Kapitalanlage und desto geringer die zu erwartenden Renditen. Vor diesem Hintergrund sind Modelle fragwürdig, die über den gesamten Lebenszyklus einer Rentnergesellschaft mit einer gleichbleibenden Asset Allocation kalkuliert wurden.
Mit dem oben skizzierten Ansatz ist es möglich, mit Vermögen auch unterhalb des Verpflichtungswertes (DBO, Defined Benefit Obligation) nach internationaler Rechnungslegung (IFRS) eine Rentnergesellschaft nachhaltig und sicher auszufinanzieren. Zwar wird für die Zahlungen mit kurzer Laufzeit eine realistische Rendite in der Höhe des IFRSRechnungszinses liegen, der auf der Rendite von AAUnternehmensanleihen basiert. Aber für lange Laufzeiten können bei gleicher Sicherheit höhere Renditen erzielt werden.
Das oben genannte Monitoring der zum jeweiligen Stichtag künftig zu erwartenden Zahlungen ist nicht nur erforderlich, um den sich verkürzenden Zahlungszeitraum zu messen, sondern auch, um mögliche Risiken zu identifizieren und adäquat zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich einerseits um das Langlebigkeitsrisiko, also das Risiko, dass Versorgungsberechtigte länger leben als erwartet.
Je kleiner der Bestand an Versorgungsberechtigten ist, desto größer kann der Einfluss zufälliger Abweichungen vom statistischen Erwartungswert werden. Beispielsweise kann gegen Ende des Lebenszyklus einer Rentnergesellschaft bei nur noch wenigen Leistungsbeziehern die Restlebenserwartung auch zufällig ein Vielfaches des Erwartungswertes betragen.
Für solche Fälle ist ein ausreichender Kapitalpuffer vorzuhalten.
Andererseits dient das Monitoring aber auch der Kontrolle des Inflationsrisikos. Je nach Ausgestaltung der ursprünglichen Versorgungszusagen der Leistungsbezieher kann die Inflation die künftigen Rentenzahlungen der Höhe nach beeinflussen. Kurzfristige, gegebenenfalls singuläre Inflationsereignisse dürfen die Rentnergesellschaft nicht vor Liquiditätsprobleme stellen. Langfristige Inflationsentwicklungen dürfen nicht zu einer Unterdeckung führen. Beide Sachverhalte müssen kontinuierlich überwacht und in der aktiven Steuerung der Kapitalanlage berücksichtigt werden.
Die Vermögensausstattung der Rentnergesellschaft muss diese Risiken bereits durch spezifische Kapitalpuffer berücksichtigen. Die Rentnergesellschaft darf nicht nur erfolgreich sein, „wenn es gut läuft“, sondern muss auch für nachhaltig schlechte Szenarien gerüstet sein. Wenn die Rentnergesellschaft allerdings auf schlechte Szenarien ausgerichtet wird, dann wird sie in mittleren oder guten Szenarien Überschüsse erwirtschaften. Es ist für das Gesamtmodell der Rentnergesellschaft eine essenzielle Frage, wie mit solchen Überschüssen umgegangen werden soll.
Einige Ansätze sehen vor, dass solche Überschüsse an den Betreiber der Rentnergesellschaft ausgeschüttet werden. Dabei ist zu beachten, dass solche Gestaltungen einen Fehlanreiz für den Betreiber darstellen können. Hat der Betreiber ein wirtschaftliches Interesse an der Entstehung der Überschüsse, dann könnte in der Kapitalanlage neben dem Ziel, alle künftigen Versorgungsleistungen zu bezahlen, auch das Ziel treten, möglichst schnell Überschüsse zu erwirtschaften. Daraus ergibt sich ein Interessenkonflikt, der zu einer riskanten Kapitalanlage führen könnte. Entstehen infolge einer zu riskanten Kapitalanlage eine Unterdeckung und schließlich eine Insolvenz der Rentnergesellschaft, so haftet der Pensionssicherungsverein (PSV) im Rahmen seiner Sicherungsgrenzen für die ungedeckten Versorgungsleistungen. Das Risiko liegt demnach kaum beim Betreiber, sondern primär bei den Leistungsbeziehern und dem PSV. Die so bestehende ChancenRisikoAsymmetrie wirkt nicht im Sinne eines nachhaltigen Betriebs der Rentnergesellschaft. Sie muss durch den konzeptionellen Ansatz vermieden werden.
Dafür stehen verschiedene Gestaltungselemente zur Verfügung.
Accounting
Eine neu geschaffene Rentnergesellschaft geht aus einem Umwandlungsrechtlichen Vorgang nach § 123 Absatz 2 (Abspaltung) oder Absatz 3 (Ausgliederung) UmwG hervor. Nach § 131 Nr. 1 UmwG gehen das Vermögen und die Verbindlichkeiten entsprechend der im Spaltungs und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger über (Gesamtrechtsnachfolge). Die Pensionsverpflichtung liegt folglich in dem im Spaltungs und Übernahmevertrag definierten Umfang bei der Rentnergesellschaft und nicht mehr beim abgebenden Unternehmen. Damit sind die korrespondierenden Pensionsrückstellungen grundsätzlich beim abgebenden Unternehmen auszubuchen, sowohl nach IFRS als auch nach HGB.
Zu beachten ist allerdings die nach § 133 Absatz 3 UmwG bestehende Nachhaftungsfrist von zehn Jahren auf Seiten des abgebenden Unternehmens für Versorgungsverpflichtungen aufgrund des Betriebsrentengesetzes. Unter IFRS stellt sich somit die Frage, ob durch die Transaktion eine Abgeltung gemäß der Definition in IAS 19.8 i.V.m. IAS 19.111ff. der Pensionsverpflichtung erreicht wird. Diese Abgeltung ist Voraussetzung für eine Ausbuchung der Pensionsverpflichtung in der internationalen Rechnungslegung.
Eine Abgeltung wird in IAS 19.8 wie folgt definiert: „Eine Abgeltung ist ein Geschäftsvorfall, in dem alle weiteren gesetzlichen oder faktischen Verpflichtungen in Bezug auf einen Teil oder die Gesamtheit, der in einem leistungsorientierten Versorgungsplan vorgesehenen Leistungen eliminiert werden […].“
Eine Abgeltung liegt somit vor, wenn das abgebende Unternehmen vollumfänglich von jeglicher Haftung befreit wird. Letzteres kann mit Blick auf die zehnjährige Nachhaftung verneint werden.
Doch auch der Zeitraum nach Ablauf der zehnjährigen Nachhaftung ist Gegenstand differenzierter Überlegungen bei den IFRSExperten. Grund dafür ist die BAGRechtsprechung aus dem Jahr 2008, in der das BAG eine Schadensersatzpflicht für den Arbeitgeber erkennt, wenn dieser aus mangelnder Sorgfalt die Rentnergesellschaft nicht ausreichend ausgestattet hat. Folglich ist es für eine Abgeltung schädlich, soweit die Ausstattung der Rentnergesellschaft mit Vermögen nicht den Anforderungen des BAG genügt. Nur wenn die Anforderungen des BAG erfüllt werden, kann eine Abgeltung für den Zeitraum nach Ablauf der zehnjährigen Nachhaftung vorgenommen werden.
Wenn eine Abgeltung für den Zeitraum nach Ablauf der zehnjährigen Nachhaftung zu bejahen ist, stellt sich die Frage, wie das Accounting für die ersten zehn Jahre aussehen soll. Ist die Pensionsverpflichtung durch das Vermögen in der Rentnergesellschaft gedeckt oder besteht vielmehr ein Erstattungsanspruch gegen die Rentnergesellschaft? Wie ist die Höhe des Vermögens oder des Erstattungsanspruchs zu bemessen?
Mit Blick auf die Abgeltung für den Zeitraum nach Ablauf der zehnjährigen Nachhaftung ist fraglich, wie Abgeltungsgewinne oder verluste zu bestimmen und wann zu buchen sind. Abgeltungsgewinne oder verluste entstehen, soweit das auf die Rentnergesellschaft übertragene Vermögen vom Verpflichtungswert nach IAS 19 abweicht, was regelmäßig der Fall sein dürfte. Da die Verpflichtung nun auf zwei Zeiträume aufgeteilt wird, kann darüber hinaus diskutiert werden, wie Abgeltungsgewinne oder verluste den beiden Zeiträumen zugeordnet werden können.
Auch wenn viele Fragen in den konkreten Einzelfällen mit den Wirtschaftsprüfern abgestimmt werden müssen, so scheint doch die einhellige Auffassung zu sein, dass bei einer hinreichend ausgestatteten Rentnergesellschaft mit der Transaktion keine Pensionsrückstellungen für die übertragenen Verpflichtungen mehr beim abgebenden Unternehmen zu zeigen sind und damit die Bilanz des abgebenden Unternehmens auch nicht mehr von Volatilität dieses Verpflichtungs und Vermögensteils betroffen sein kann.
Unter HGB sind entsprechende Regelungen zu einer Abgeltung nicht vorhanden. Vielmehr entfallen die Pensionsrückstellungen infolge der Gesamtrechtsnachfolge der Rentnergesellschaft im Rahmen der Spaltung beim abgebenden Unternehmen (auch während der zehnjährigen Nachhaftung), soweit keine Inanspruchnahme droht (siehe hierzu IDW RS HFA 30 Rz. 101a). Davon unbeachtet stellt sich die Frage, ob die Rentnergesellschaft den Konsolidierungskreis verlässt. Ein beherrschender Einfluss des abgebenden Unternehmens muss dazu ausgeschlossen sein. Sofern die Rentnergesellschaft als Zweckgesellschaft eingeordnet wird, ist die Voraussetzung für eine Dekonsolidierung, dass die Mehrheit der Risiken und Chancen der Rentnergesellschaft nicht mehr beim abgebenden Unternehmen liegen. Sind die Risiken und Chancen selbst unbestimmt oder ungleich verteilt, kann die Sichtweise zum Tragen kommen, dass keinerlei Risiken und Chancen beim abgebenden Unternehmen verbleiben dürfen, um die Dekonsolidierung nicht zu gefährden. Dies wäre demnach in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer im Konzept der Rentnergesellschaft entsprechend zu berücksichtigen.
Nachhaltigkeit
Jede Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen trägt zur Nachhaltigkeit von betrieblicher Altersversorgung in Deutschland bei. Die Rentnergesellschaft ist ein besonders anpassungsfähiges Modell zur Ausfinanzierung, da sie keiner spezifischen Regulierung unterliegt. Um sie auch nachhaltig zu gestalten, sind entsprechende Konzepte und deren vertragliche Umsetzungen notwendig. Im Sinne einer positiven Marktentwicklung wäre es wünschenswert, wenn sich die Marktteilnehmer weitgehend auf nachhaltige Gestaltungsmerkmale verständigen würden.
In einem gewissen Umfang ist dies bereits der Fall, insbesondere durch die spezifische Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2008. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen seither substanziell verändert. Nicht nur herrschen heute andere Bedingungen hinsichtlich Zins und Inflation, als es 2008 der Fall war. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz hat sich auch die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach HGB verändert. Viele Diskussionen drehen sich aktuell darum, wie das Urteil aus 2008 unter heutigen Rahmenbedingungen zu interpretieren ist. Diese Überlegungen haben ihre Berechtigung, davon abgesehen geht es aber bei der Implementierung der Rentnergesellschaft zunächst um betriebswirtschaftliche Modelle: Welches Vermögen wird benötigt und wie muss die Kapitalanlage erfolgen, damit die Rentnergesellschaft dauerhaft und nachhaltig funktionstüchtig bleibt?
Des Weiteren sorgen Accounting-Anforderungen für einen gewissen Mindeststandard bei Rentnergesellschaften. Insbesondere unter IFRS ist eine Abgeltung nur dann zulässig, wenn Nachhaftungsrisiken oder potenzielle Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind.
Aus Sicht des Autors sollten mit Blick auf eine nachhaltige Gestaltung folgende Elemente konzeptionell bei jeder Rentnergesellschaft berücksichtigt werden:
- Das erforderliche Vermögen muss auf Basis eines versicherungsmathematisch ermittelten Leistungs-Cashflows, der ausreichend Sicherheiten für Langlebigkeit und Inflation einpreist, sowie unter konservativen Renditeannahmen kalkuliert werden.
- Die Kapitalanlage muss die Duration zum Startzeitpunkt sowie die sich in der Folge stetig verkürzende Duration berücksichtigen.
- Für kurzfristige Cashflows muss immer genug Liquidität bereitstehen.
- Die Kapitalanlage muss von Einzelpersonen unabhängig sein.
- Das Vermögen muss in einem Treuhandmodell gesichert werden.
- Die Kalkulation des Deckungsgrades beziehungsweise von Überschüssen muss Sicherheitspuffer auf der Verpflichtungsseite berücksichtigen.
- Die Verwendung von Überschüssen ist zu regeln – eine Chancen-Risiko-Asymmetrie ist zu verhindern.
Eine weitergehende gesetzliche Regelung erscheint nicht sinnvoll, insbesondere weil eine Regulierung die Effizienz des Vehikels einzuschränken drohte. Der verschiedentlich geforderten Ausweitung der zehnjährigen Nachhaftung aus § 133 UmwG schließt sich der Autor nicht an. Erstens sind die zehn Jahre bereits eine spezifisch für die bAV eingerichtete, längere Nachhaftung als für andere Verpflichtungen (5 Jahre). Und zweitens rückt eine Ausweitung der Nachhaftung die Rentnergesellschaft stärker an bereits bestehende Lösungen wie den Pensionsfonds heran. Der spezifische Nutzen der Rentnergesellschaft würde damit eingeschränkt. Auch eine Abgeltung der Pensionsverpflichtungen unter IAS 19 würde durch eine Ausweitung der Nachhaftung weiter beschnitten.
Unternehmen sollten sich aber in jedem Fall bei der Implementierung einer Rentnergesellschaft von einem kompetenten und erfahrenen Berater mit fachspezifischem Spezialwissen begleiten lassen.
Fazit
Mit der Rentnergesellschaft steht ein effizientes und adaptierbares Modell zur Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen zur Verfügung. Von einer nachhaltigen Ausfinanzierung können alle Beteiligten profitieren: Das ursprünglich verpflichtete Unternehmen, die Leistungsempfänger, die Betreiber und die im PSV vereinte Gemeinschaft der Unternehmen. Die großen Freiheitsgrade in der Konzeption der Rentnergesellschaft erfordern ein besonders sorgfältiges Vorgehen. Um die Nachhaltigkeit der Rentnergesellschaft sicherzustellen, sind ausreichende Sicherheitspuffer einzukalkulieren und professionelle Strukturen zu implementieren. Unter diesen Voraussetzungen kann die Rentnergesellschaft eine positive Rolle dabei spielen, die bAV in Deutschland zu stärken.
Der Autor:
Jens Denfeld ist Senior Manager im Benefits & Compensation Team bei Deloitte Consulting. Seit rund 20 Jahren beschäftigt er sich mit der Neu- und Umgestaltung von betrieblicher Altersversorgung (bAV), in den letzten zehn Jahren verstärkt unter dem Fokus von De-risking und Kostenkontrolle. Seit 2017 führt Jens Denfeld jährlich die Deloitte bAV-Studie durch, die auf repräsentativen Befragungen von Arbeitnehmern fußt. Er ist Mitinitiator und Koordinator der Deloitte Pensions Experts, einer fachbereichsübergreifenden Gruppe von bAV-Spezialisten bei Deloitte.