Mario Oppmann und Heike Baetz, Sie beide leiten die HAM gemeinsam in der Geschäftsführung. Welche Aufgaben übernimmt die HAM innerhalb der HUK-COBURG Versicherungsgruppe?
Mario Oppmann: Der Ursprung der HUK-COBURG Asset Management liegt in der Wertpapierabteilung des HUK-Konzerns. Im Jahr 2008 wurde aus dieser Abteilung die GmbH. Heute beschäftigt die HAM 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 2018 haben wir als Wertpapierinstitut die Lizenzen für die Finanzportfolioverwaltung, die Anlageberatung und -vermittlung von der BaFin erhalten. Das war ein Meilenstein für uns. Die HAM erbringt heute alle Dienstleistungen für die Kapitalanlage im Konzern sowie in geringem Umfang auch für Nicht-Konzernunternehmen. Dazu zählt das Portfoliomanagement in den Public und Private Markets. Entlang der Wertschöpfungskette stellen wir die Zahlungsabwicklung und die Liquiditätsdisposition sicher, überwachen die Kapitalanlagen durch das Kapitalanlagen-Controlling und messen die Performance. Das Kapitalanlagerisikomanagement ist ebenso wie das Asset Liability Management, kurz ALM, in der HAM integriert. Im Rahmen des ALM sind wir eng an die Aktuariate angebunden und haben auf dieser Basis auch eine beratende Funktion bei der strategischen Asset Allocation unserer Kunden. Es bestehen weitere zahlreiche Schnittstellen in den Konzern hinein, etwa zum Gesamtrisikomanagement und zu „Finance and Accounting“. All das machen wir für die HUK-COBURG Gesellschaften, aber auch für die Versicherer im Raum der Kirchen. Insgesamt betreuen wir elf Versicherer in den Sparten Krankenversicherung, Lebensversicherung sowie Sachversicherung und eine Rückversicherung mit den unterschiedlichsten Anforderungen der einzelnen Portfolios.
Heike Baetz: Eine weitere Herausforderung neben der Kapitalanlage ist das Thema People Business. Hier haben wir den Generationenwechsel zu managen, der sich aktuell auch in der HAM vollzieht. Ältere Kolleginnen und Kollegen gehen nach und nach in den Ruhestand. Und jüngere Führungskräfte wie Mario Oppmann rücken nach. Hinzu kommen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Banken und Versicherungen für das Portfoliomanagement, aber auch für den Bereich Marktfolge. Dabei stammen viele aus der Region und wollen wieder in die Heimat zurück – wie ich selbst. Aber auch andere Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland können wir für uns aufgrund des guten Rufs der HUK-COBURG und des breiten Arbeitsspektrums gewinnen.
Mario Oppmann: Was unser Aufgabenspektrum angeht, bedienen wir als Asset Manager eines mittelgroßen Versicherers die gesamte Wertschöpfungskette und nicht nur einzelne Ausschnitte, wie das beispielsweise bei einem großen Konzern der Fall ist. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln also nicht nur die Vorschläge für die strategische Asset Allocation (SAA), sondern setzen diese auch im Portfoliomanagement um. Das finden viele hoch spannend.
Die HAM kann also den eigenen Personalbedarf decken?
Mario Oppmann: Ja, das können wir. Unser Vorteil ist, dass wir gerade jungen Menschen nicht nur, wie eben beschrieben, einen interessanten Arbeitsplatz im Asset Management bieten, sondern auch sehr gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten. In der HAM erhalten sie den notwendigen Freiraum, um sich in ihren Tätigkeitsfeldern fachlich und persönlich zu entfalten. Das spricht sich rum, und Bewerberinnen und Bewerber melden sich bei uns, weil positiv über uns berichtet wird.
Der HUK-Konzern ist stabil aufgestellt. Auch macht er nicht durch fortlaufende Um- und Restrukturierungen von sich reden wie mancher Wettbewerber.
Mario Oppmann: Ja, aber nicht nur der HUK-Konzern ist trotz der volatilen Rahmenbedingungen stabil, sondern auch die HAM selbst. Die HAM hat als Arbeitgeber seit Jahren eine stabile Organisationsstruktur. Dementsprechend müssen sich die Mitarbeitenden weniger Gedanken über die Beständigkeit der Organisation machen und können sich ganz auf ihre Aufgaben konzentrieren.
Sie beide bilden die Geschäftsführung der HAM. Wie teilen Sie sich die Aufgaben?
Heike Baetz: Ich bin Mathematikerin und Aktuarin und für die Marktfolge verantwortlich. Begonnen habe ich vor rund 25 Jahren im Kapitalanlagen-Controlling des HUK-Konzerns. Nach einem Abstecher zur Münchener Rück bin ich 2003 wieder zur HUK-COBURG zurückgekommen und habe in dem Bereich Risikomanagement/ ALM der HAM gearbeitet, den ich später stellvertretend geleitet habe. 2016 habe ich dann die Leitung der Gruppe Controlling und Bilanzierung der HAM übernommen. Jetzt verantworte ich als Geschäftsführerin zusätzlich auch noch das Backoffice und die Liquiditätssteuerung.
Mario Oppmann: Ich bin für den Markt zuständig, und zwar für Public und Private Markets. Unter dem ersten Bereich fassen wir Aktien und Renten zusammen, unter dem zweiten Bereich Immobilien, Infrastruktur, Private Debt, darunter Real Estate, Infrastructure und Corporate Debt. Ich selbst komme von der Private-Markets-Seite, hatte zuvor die Verantwortung für Immobilien, Infrastruktur und Private Debt bei der HAM inne. Ursprünglich war ich im Bankbereich tätig und habe mich nach einigen Berufsstationen bei der HypoVereinsbank für das Asset Management und für die HAM entschieden.
Heike Baetz: Gemeinsam sind wir für die Stabsfunktionen verantwortlich, also für alles mit Schnittstellen in den Konzern, wie etwa für Personal, Compliance, Revision, Geldwäsche und IT.
Managen Sie alle Asset-Klassen selbst oder arbeiten Sie mit externen Asset Managern zusammen?
Mario Oppmann: 17 der 54 Mitarbeitenden in der HAM sind im Portfoliomanagement tätig. In den liquiden Asset-Klassen managen wir unter anderem Portfolios mit europäischen Aktien, Pfandbriefen, Staats- und Unternehmensanleihen selbst. Das Management von spezielleren Segmenten in den liquiden Asset-Klassen wie zum Beispiel amerikanischen Mid-Cap-Aktien und High-Yield-Anleihen vergeben wir an externe Asset Manager. In den alternativen Asset-Klassen Immobilien und Infrastruktur beschäftigen wir sieben Mitarbeitende. Wir betreuen als Investmentmanager einen direkten Immobilienbestand, bei dem uns die Kolleginnen und Kollegen aus dem HUK-Konzern unterstützen. Daneben legen wir in Immobilienfonds von externen Managern an. Bei unseren eigenen Immobilienfonds bringen wir unsere Expertise in den Anlageausschüssen ein.
Und bei Infrastruktur?
Mario Oppmann: Im Infrastrukturbereich funktioniert das ähnlich, das heißt, wir investieren direkt in Infrastrukturzielfonds externer Asset Manager. Unser Infrastruktursegment existiert bereits seit zwölf Jahren, und wir haben über diese Zeit ausgewogene diversifizierte Infrastrukturportfolios für unsere Kunden aufgebaut. In den ersten Jahren hatten wir zunächst externe Unterstützung, ma[1]nagen die Zusammensetzung der Infrastrukturportfolios aber inzwischen selbst und haben dadurch auch einen guten Zugang zu den externen Asset Managern. Private-Equity-Investitionen in Ziel- und Dachfonds führen wir sogar bereits seit über 20 Jahren durch. Auch hier arbeiten wir mit erfahrenen externen Ziel- und Dachfondsmanagern zusammen. Anders gehen wir bei Private Debt vor. Als ich 2015 in die HAM kam, durfte ich diese neue Asset-Klasse aufbauen. Das war eine tolle Erfahrung. Damals haben wir entschieden, Infrastruktur- und Immobilienfinanzierung direkt umzusetzen. Mit unserem sehr gut diversifizierten Kreditportfolio sind wir inzwischen auch im Milliardenbereich angekommen und managen das Infrastruktur- und Immobilienkreditportfolio selbst, arbeiten aber auch hier mit zahlreichen europäischen und teilweise amerikanischen Banken zusammen, die Infrastruktur- und Immobilienkredite syndizieren. Da haben wir uns mittlerweile einen Namen gemacht und werden oft direkt von den Syndizierungspartnern angesprochen. Wir haben ein sehr interessantes Infrastrukturkreditportfolio, das unter anderem Kommunikationsinfrastruktur, Elektrolokomotiven und erneuerbare Energien umfasst, während das Immobilienkreditportfolio hauptsächlich die Segmente Büro, Logistik und Wohnen abdeckt. Sowohl bei Infrastrukturfinanzierungen als auch bei Immobilienfinanzierungen haben wir einen europäischen Schwerpunkt. Das alles zeigt, wie breit wir aufgestellt sind. Und genau das macht den Reiz der Arbeit in der HAM aus.
Wie setzt sich das Portfolio der HAM insgesamt zusammen?
Mario Oppmann: Es besteht zu 19 Prozent aus Private Markets, zu 81 Prozent aus Public-Markets-Segmenten.
Wann haben Sie begonnen, das Portfolio stärker zu diversifizieren?
Heike Baetz: Die grundlegende Diversifikation durch einen Portfoliomix aus Rentenanlagen und Aktien bildet schon lange die Basis. Bereits vor mehr als 20 Jahren sind wir mit der Diversifizierung in alternative Investments gestartet und haben erste Private-Equity-Investments gezeichnet. Es ist unser Auftrag, einen laufenden und sicheren Ertrag für die Versicherungsmandate und so auch für die Mitglieder des Versicherungskonzerns zu erzielen. Bei der expansiven Geldpolitik mit niedrigen Zinsen haben wir deshalb mehr Kapital in die Satelliten-Asset-Klassen investiert. Wir analysieren, welche Renditeanforderungen die einzelnen Versicherungsgesellschaften im Konzern haben und wie viel Risiko sie sich leisten können und möchten. Dementsprechend wurden weitere Asset-Klassen beigemischt. Wir simulieren verschiedene Portfoliozusammensetzungen und prüfen, welche Portfoliostruktur am besten die Ziele des jeweiligen Kunden erfüllt. Das hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen.
Mario Oppmann: Der Grund für dieses Vorgehen war damals eindeutig der niedrige Zins. Im vergangenen Jahr haben wir einen sehr starken Zinsanstieg gesehen und in der Folge Marktwertverluste auf der Rentenseite hinnehmen müssen. Auf der anderen Seite sind Immobilien- und Infrastruktur-Assets nicht abgewertet. Dadurch erreichen wir für das gesamte Portfolio einen optimalen Diversifikationseffekt, indem die alternativen Assets genau das tun, was sie tun sollen. Einen ähnlichen Effekt konnten wir zu Beginn der Coronapandemie feststellen, als die Aktienmärkte zunächst abstürzten und sich dann auch unvorhergesehen wieder schnell erholten. Die alternativen Asset-Klassen hat diese volatile Entwicklung nicht in ihren Werten beeinflusst. Insgesamt sprechen diese zuletzt beobachteten Entwicklungen auch für alternative Asset-Klassen und ein diversifiziertes Portfolio.
Mit welchen Zielen legen Sie für den Konzern und die externen Versicherungen an?
Heike Baetz: Grundsätzlich werfen wir immer einen umfassenden Gesamtblick auf eine Gesellschaft und steuern jedes Portfolio individuell. Aus ALM-Sicht über[1]legen wir zusammen mit den Aktuariaten, welche konkreten Anforderungen und Restriktionen die Passivseite an die Kapitalanlagen hat, und binden diese in die Optimierung ein. So beschäftigt sich zum Beispiel eine private Krankenversicherung mit Themen wie dem Aktuariellen Unternehmenszins (AUZ), Solvency II und dem jeweiligen Risikoappetit. Letztlich lassen sich die Ziele für das Kapitalanlageportfolio nicht pauschal erstellen, sondern müssen immer individuell erfolgen. Hier spielen insbesondere auch die Struktur der Versicherungs- und Kapitalanlagenbestände sowie die Höhe der Reserven eine Rolle.
Sind Sie mit der Diversifizierung schon an dem Punkt angelangt, an den Sie strategisch hinkommen wollen, oder haben Sie noch ein Stück Wegstrecke vor sich?
Heike Baetz: Wir haben in den vergangenen Jahren aufgrund des kontinuierlich fallenden Zinses sowie im letzten Jahr mit dem Zinsanstieg immer wieder unsere Strategie hinterfragt. Wir sind ein langfristiger Investor und dementsprechend an einem langfristig nachhaltigen Portfolioaufbau interessiert. Der starke Zinsanstieg im vergangenen Jahr hat uns natürlich – wie bei vielen anderen auch – stille Lasten in den Fixed-Income-Portfolios beschert, wobei wir mit Blick nach vorne auch wieder einen auskömmlichen Zins in dieser Asset-Klasse verdienen.
Mario Oppmann: Gerade in einem Jahr wie dem vergangenen haben wir regelmäßig hinterfragt, ob unsere taktische Ausrichtung weiter zum Marktgeschehen passt. Zugleich war die Zinsvolatilität so hoch, dass wir auch immer ein Auge auf die strategische Ausrichtung geworfen haben. Wir sind deshalb öfter als sonst üblich zusammengekommen, um zu prüfen, ob sich unsere Einschätzungen aufgrund des sehr volatilen Marktgeschehens geändert haben. An unserer langfristigen strategischen Ausrichtung konnten wir dabei weiter festhalten. Insgesamt sind wir mit der Diversifizierung in den Portfolios zufrieden.
Wie sind Sie dabei im vergangenen Jahr konkret vorgegangen?
Heike Baetz: Als am 24. Februar 2022 der Ukrainekrieg ausbrach, saßen wir in der HAM sehr schnell beisammen und haben uns zum einen überlegt, was die neue Situation volkswirtschaftlich bedeuten könnte und wie sich die Situation auf die Märkte und Unternehmen auswirkt, und zum anderen, welchen Einfluss dies auf unsere verwalteten Portfolios hat. Daraufhin haben wir unterschiedliche Szenarien entwickelt – zusätzlich zu unseren Berichten, die wir wöchentlich, monatlich oder quartalsweise erstellen. Bereits zu dieser Zeit rechneten wir mit Szenarien, die zum Beispiel weitere Verwerfungen an den Aktien- und Zinsmärkten simulierten. Auf der Kreditseite verfolgten wir mögliche Ausfälle in den Portfolios.
Hat sich das Risiko des Kreditausfalls seitdem sichtbar erhöht?
Mario Oppmann: Nein, das Risiko eines Kreditausfalls hat sich trotz des massiven Zinsanstiegs bislang nicht signifikant erhöht, wird aber weiterhin von uns beobachtet. Wir rechnen jedoch damit, dass wir wahrscheinlich im nächsten Jahr in den Immobilienfonds die ersten negativen Marktwertveränderungen sehen werden, was unter anderem auf das deutsche Bewertungsverfahren in deutschen Immobilienspezialfonds zurückzuführen ist. Damit werden die Folgen einer Immobilienabwertung erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Portfolios stattfinden. In Jurisdiktionen mit marktnahen Bewertungsverfahren oder auch in aktuellen Transaktionen sind bereits negative Marktwertveränderungen von 10 bis 20 Prozent ersichtlich.
Schichten Sie im Immobilienportfolio strategisch von Direktbestand zu Fonds um?
Mario Oppmann: Ja, wir haben uns vor zwei Jahren mit der Frage einer Umschichtung beschäftigt, wobei sich der Immobiliendirektbestand in den Immobilienportfolios unserer Kunden im Schnitt im einstelligen Prozentbereich bewegt. Wir haben geprüft, welche Gebäude strategisch für uns keinen Sinn mehr machen und welche Immobilien weiter gehalten werden sollen, insbesondere vor dem Hintergrund von wirtschaftlichen und ökologischen Überlegungen.
Sind Sie bei Immobilien vor allem in Deutschland oder auch international allokiert?
Mario Oppmann: Die Hälfte des von uns verwalteten Immobilienportfolios ist in Deutschland allokiert. Insgesamt haben die Portfolios einen europäischen Schwerpunkt mit zusätzlichen Satelliteninvestitionen in den Regionen Nordamerika und Asien. Die internationalen Märkte wollen wir aber weiterhin intelligent ausbauen.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement der HAM?
Mario Oppmann: Das ist das Thema der Stunde. Die Frage ist, wie sich die Regulatorik weiterentwickelt. Ich könnte mir vorstellen, dass hier manches auch wieder zurückgenommen oder abgeändert wird, wenn die Politik feststellt, dass das eine oder andere in der Realität trotz größter Anstrengungen nicht 100-prozentig umgesetzt werden kann. Hier wird sich in den nächsten drei Jahren noch einiges tun. Im HUK-COBURG Konzern als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ist Nachhaltigkeit – und hier insbesondere die soziale Komponente – bereits in der DNA verwurzelt. Die Versicherungsgesellschaften im HUK-COBURG Konzern unterstützen die Principles for Responsible Investment, kurz PRI, und die Net-Zero Asset Owner Alliance, kurz NZAOA. Dies setzen wir in der HAM entsprechend in unseren Kapitalanlageentscheidungen um. Für die NZAOA ist dies beispielsweise mit einer Erklärung zum Umgang mit Investitionen in die Förderung und Verstromung von Kraftwerkskohle verbunden. Dementsprechend werden wir zukünftig nur in Unternehmen investieren, die ihre Umsätze in der Verstromung von Kohle kontinuierlich reduzieren, um den 1,5-Grad-Pfad aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Es bleibt zu erwähnen, dass wir im Infrastruktursegment auch noch nie in Kohlekraftwerken oder Kohleförderung investiert waren. Bei Initiativen wie der NZAOA werden immer Delta-Betrachtungen angestellt, das heißt, wir fragen, wie sich der CO2-Fußabdruck von Portfolios im Vergleich zum Ausgangswert verändert. Hier sind wir schon recht weit, so dass wir uns relativ gesehen nicht mehr überall deutlich verbessern können.
Können Sie das in Zahlen fassen?
Mario Oppmann: Im vergangenen Jahr hat die HAM erstmals für ihr verwaltetes Ver[1]mögen angegeben, wie viel CO2 sie plant zu reduzieren. Hier haben wir für uns das Ziel von 22 Prozent CO2-Reduktion bis 2025 festgeschrieben. Dabei hängt das Erreichen je nach Asset-Klasse auch von der Verfügbarkeit der Daten ab. Das ist eine der größten Herausforderungen. Außerdem wollen wir einen CO2-Fußabdruck für unser Portfolio ermitteln. Die Daten für Aktien liegen uns komplett vor, bei Anleihen stehen wir inzwischen fast bei 100 Prozent. Allerdings müssen wir bei Staatsanleihen besser werden. Arbeit machen auch noch unsere alternativen Asset-Klassen. In die Datenbeschaffung für unsere Immobilienportfolios haben wir im vergangenen Jahr viel Arbeit investiert. Zudem verbessert sich die Datenbasis fortlaufend. Dann wird sich der CO2-Fußabdruck leichter ermitteln lassen. Für Infrastruktur ist das Prozedere noch nicht standardisiert. Zudem wenden wir seit langem klassische Ausschlusskriterien wie kontroverse Waffen oder Glücksspiel an. Diskussionen führen wir auch über Länder, die Atomenergie forcieren. Das macht es für uns besonders schwierig, wenn wir keine französischen Staatsanleihen kaufen dürften. Umgekehrt wollen wir als Konsequenz von Ausschlüssen keine Konzentration an anderer Stelle, damit sich keine Klumpenrisiken bilden. Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsprinzipien darf für uns nicht unerwartet zum Nachteil führen.
Wie aufwendig ist es, Nachhaltigkeitskriterien für das gesamte Portfolio eines Versicherungskonzerns umzusetzen?
Mario Oppmann: Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsvorgaben aus der Regulatorik und den freiwilligen Initiativen sind sehr aufwendig und beschäftigen das Portfoliomanagement fortlaufend. Bei Immobilien bietet die aktuelle Marktphase mit weniger Transaktionen dahingehend einen Vorteil, dass die Kollegen sich sehr intensiv mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen auseinandersetzen können. Im liquiden Bereich haben wir bereits einen Experten im Team, der die Umsetzung der Nachhaltigkeit im liquiden Portfolio zusammen mit anderen Kollegen vorantreibt. Wir werden in Kürze einen Nachhaltigkeitsbeauftragten für die HAM einsetzen, der sich um die regulatorischen und freiwilligen Nachhaltigkeitsanforderungen kümmern wird. Perspektivisch wollen wir uns auch im Rahmen des Engagements und Votings proaktiver aufstellen und hier ebenfalls weitere personelle Unterstützung suchen.
Heike Baetz: Hinzu kommt die Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD. Das betrifft uns über den gesamten Konzern hinweg und soll im Lagebericht veröffentlicht werden. Hierzu laufen bereits Vorbereitungen für die Berichterstattung an verschiedenen Stellen.
An welcher Stelle sehen Sie weitere neue Regulatorik, die Sie in nächster Zeit umsetzen müssen?
Heike Baetz: Im Moment befinden sich die Mindestanforderungen an das Risikomanagement noch in der Novellierung. Wir als kleines Wertpapierinstitut leben aktuell noch in einer Übergangswelt, bis alles finalisiert ist. Mit dieser Novelle werden die Anforderungen der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung in ein deutsches Rundschreiben überführt. Ich rechne hier im Laufe dieses Jahres mit einer Konkretisierung. Auch mit der Regulatorik rund um Geldwäsche beschäftigen wir uns. Dazu zählt auch das Sanktionsdurchführungsgesetz. Das Gesetzesvorhaben des EU-Parlaments zur Novellierung des EU-Geldwäsche-Rechts verbunden mit einer neuen EU-Geldwäsche-Verordnung, der EU-Geldwäsche-Richtlinie sowie der Verordnung zur Einrichtung einer EU[1]Geldwäschebehörde ist noch nicht abgeschlossen.
Welche Themen werden Sie in Zukunft stärker beschäftigen?
Mario Oppmann: Wir werden weiter versuchen, uns neue Asset-Klassen und Trends anzusehen, die zur Diversifikation der Portfolios beitragen und gleichzeitig einen Beitrag zur Entwicklung der Nachhaltigkeit in den Portfolios leisten. Derzeit ist das Thema Natural Assets in aller Munde, also Investitionsziele rund um Wald und Ackerbau. In dieser für Versicherungen eher neuen Asset-Klasse sind noch nicht so viele Versicherungsgesellschaften tätig. Mit Blick auf umweltbezogene Nachhaltigkeitsaspekte kann man damit richtig viel bewirken, unter anderem einen negativen CO2-Fußabruck erzeugen. Nachteile könnten sich jedoch unter den sozialen Nachhaltigkeitsaspekten ergeben. Es ist schwierig, als Investor in Natural-Asset-Fonds die Aktivitäten der Asset Manager in den Fonds bis ins Kleinste zu kontrollieren. So ist es zum Beispiel unter dem E- und S-Aspekt positiv zu beurteilen, wenn karges Ackerland durch Tröpfchenbewässerung wieder fruchtbar gemacht wird und dabei auch noch neue Arbeitsplätze in ländlich geprägten Gebieten entstehen. Jedoch stellt sich dann immer die Frage, ob dies auch in der Realität umgesetzt werden kann. Solche neuen Themen zu bewerten, wird eine der zukünftigen Hauptaufgaben für uns sein.
CV
HEIKE BAETZ
Seit 2022
Geschäftsführerin für den Bereich Marktfolge, HUK-COBURG Asset Management GmbH
Seit 2003
Diverse Funktions- und Leitungspositionen, HUK-COBURG Asset Management GmbH
2001–2003
Consultant Asset Liability Management, Münchener Rückversicherungs AG, München
1996–2001
Mitarbeiterin im KapitalanlagenControlling, HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G
CV
MARIO OPPMANN
Seit 2021
Geschäftsführer Bereich Markt, HUK-COBURG Asset Management GmbH
Seit 2015
Investment Manager / Leiter Investment Management Immobilien/Infrastruktur, HUK-COBURG Asset Management GmbH
2006–2012
Diverse Funktionspositionen innerhalb der UniCredit Bank AG, zuletzt Immobilienfinanzierungsspezialist
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.