Stephan Volkmann, Managing Partner bei Eleway GmbH, Christine Kuhl, Partnerin bei Odgers Brendtson, Dr. Manfred Wiltschnigg, Geschäftsführender Gesellschafter bei Galleon Capital Management und Salah-Eddine Bouhmidi, Chefanalyst bei IG Europe, stellen sich den Fragen des dpn-Teams.
Wie sieht der Arbeitsmarkt für Asset- und Portfoliomanager aktuell aus? Können Unternehmen den eigenen Personalbedarf derzeit gut bedienen?
Stephan Volkmann: Aufgrund von Marktentwicklung und Kostendruck haben einige Asset Manager ihre Einstellungsaktivitäten reduziert. Das entspannt den „Kandidatenmarkt“ etwas und bietet bessere Chancen, entsprechende Vakanzen besetzen zu können. Unternehmen mit einer gesunden Unternehmenskultur und „Purpose“ schaffen es aktuell gut, ihren Personalbedarf zu decken und Mitarbeiter langfristig an sich zu binden.
Christine Kuhl: Aktuell sehen wir einen klaren Arbeitnehmermarkt. Viele Unternehmen sind aktiv auf der Personalsuche und können offene Positionen nicht besetzen. Arbeitnehmer können dagegen „Cherry Picking“ betreiben. Neben Vertragsmodalitäten wie beispielsweise Gehalt sind dabei zunehmend flexible Arbeitsmodelle entscheidende Verhandlungskriterien. Das ist ein deutlicher Wandel zur Arbeitswelt vor der Pandemie.
Dr. Manfred Wiltschnigg: Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich entschärft. Junge Menschen begeistern sich weiterhin für ein Studium mit Wirtschaftsfokus. Aufgrund der verhaltenen Entwicklung der Immobilienmärkte gibt es zudem weniger Neuanstellungen. So können aktive Immobilien-Asset-Manager aus dem Pool hochqualifizierter Absolventen jene auswählen, deren Bereitschaft zur vollen Arbeitsleistung vom Büro aus wieder wächst.
Salah-Eddine Bouhmidi: Der Arbeitsmarkt für Finanzdienstleister ist seit jeher wettbewerbsintensiv. Die Unternehmen konkurrieren um junge Talente und erfahrene Branchenkenner. IG hat in den letzten Jahren ein gutes Händchen bewiesen und die personelle Präsenz in Deutschland stark ausgebaut. Ich kann mich nicht erinnern, dass Schlüsselstellen in unserem Unternehmen über einen längeren Zeitraum unbesetzt geblieben sind.
Mit welchen HR-Tools gelingt es Arbeitgebern in der Asset-Management-Branche, Nachwuchskräfte und Experten zu gewinnen und zu halten? Wie stark wirken moderne Arbeitsplätze, spannende Aufgaben, Karrierechancen und eine überdurchschnittliche Vergütung?
Stephan Volkmann: Der entscheidende Faktor im Wettbewerb um die besten Talente liegt in der Unternehmenskultur. Toptalente auf allen Senioritätsleveln entscheiden sich für Unternehmen, die ihnen ein Umfeld bieten, in dem sie sich als Individuum einbringen und mit ihren Talenten etwas bewegen können, also die Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit sehen. Diesen „Purpose“ bieten zu können, ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Christine Kuhl: Zwei Trends zeigen sich: Zum einen werden der Karrierepfad und die Vertragsmodalitäten deutlich individueller mitgestaltet. Zum anderen wird die Unternehmenskultur, mit Fokus auf die Mitarbeiterbindung, zunehmend wichtiger. Eine „Feel-Good-Atmosphäre“ soll durch Maßnahmen wie Events oder vorgegebene Präsenztage gefördert werden. Aber der Spagat zwischen Homeoffice und Präsenz fällt oft schwer.
Dr. Manfred Wiltschnigg: Covid hat vieles in der Arbeitswelt verändert. Aber eines bleibt im RE-Business gleich: Nur voller Einsatz, eine starke Bindung und hohe Leistungsbereitschaft versprechen sichere Arbeitsplätze. Speziell für jüngere Menschen sind sicherlich eine leistungsbezogene, überdurchschnittliche Vergütung sowie interessante Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten die wichtigsten Entscheidungsgrundlagen.
Salah-Eddine Bouhmidi: Um in unserer Branche talentierte Nachwuchskräfte und Experten zu gewinnen, sind diese Faktoren ohne Frage wichtige Anreize. Aber um Topmitarbeiter langfristig zu halten, spielen auch weiche Faktoren eine entscheidende Rolle. Eine positive Arbeitsatmosphäre, ein starker Teamzusammenhalt, großartige Kollegen und eine wertschätzende Unternehmenskultur sind hier ebenfalls von großer Bedeutung.
Wie stark werden Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) die Arbeit im Asset- und Portfoliomanagement in den nächsten Jahren verändern?
Stephan Volkmann: Digitalisierung und KI werden einen signifikanten Einfluss auf das Asset- und Portfoliomanagement haben und an Bedeutung zunehmen. Die menschliche Expertise bleibt aber weiterhin von entscheidender Bedeutung und wird sich von operativen auf strategische Aufgaben verlagern. Die Kombination aus menschlichem Fachwissen und den Chancen von Digitalisierung und KI wird zu optimalen Ergebnissen führen.
Christine Kuhl: Die Automatisierung schreitet voran. Und KI wird sicherlich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Was in letzter Konsequenz auch Einfluss auf Arbeitsplätze und Stellenprofile haben wird. Derzeit liegt jedoch noch ein besonderes Augenmerk der Branche auf Erfahrungen im Sustainability-Segment.
Dr. Manfred Wiltschnigg: Durch Digitalisierung und KI werden wesentliche Aufgabenstellungen im Asset- und Portfoliomanagement zunehmend „maschinell“ bearbeitet und auch Entscheidungen datenbasiert selbständig getroffen. Das Asset-Management-Team kann so dem oft sträflich vernachlässigten Key-Account-Management mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen, das Portfoliomanagement den Fokus stärker auf höherrangige Ziele richten.
Salah-Eddine Bouhmidi: Zweifellos werden diese beiden Megatrends die Arbeit in den kommenden Jahren stark beeinflussen oder sogar revolutionieren. Gleichzeitig steigt die Bedeutung sozialer Kompetenzen. Die effektive Kommunikation mit Team und Kunden wird weiterhin von entscheidender Bedeutung sein. Daher ist der menschliche Faktor auch in einer zunehmend digitalisierten und KI-gesteuerten Arbeitsumgebung unverzichtbar.
Patrick Daum ist Chef vom Dienst bei dpn-online. Er berichtet über alle Themen rund um das institutionelle Asset Management.