Regulatorische Herausforderungen stellen eine ernsthafte Bedrohung für das Wachstum europäischer Startups dar. Eines von drei Startups hat daher in Erwägung gezogen, das Unternehmen anderswo zu gründen.

Langwierige, komplexe und überholte Compliance-Prozesse behindern in Europa das Wachstum von Startups. Das zeigt eine Studie von Stripe, wofür fast 200 Startups befragt wurden. 83 Prozent sind der Meinung, dass die Politik eher auf etablierte Unternehmen ausgerichtet ist. Nur 12 Prozent haben den Eindruck, dass die politischen Entscheidungsträger die Unternehmensrealität verstehen.

Druck auf die Tech-Branche steigt

Stripe, eine Finanzinfrastruktur-Plattform für Unternehmen, zeigt anhand von fünf Bereichen, wie Startups bei schwierigen Marktbedingungen unterstützt werden könnten, um ihr künftiges Wachstum zu erleichtern. «Tech-Unternehmen in ganz Europa sind mit einem zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Umfeld konfrontiert. Es ist wichtiger denn je, die Bedürfnisse der Startup-Community ernst zu nehmen», sagt Matt Henderson, Global Business Lead bei Stripe. Denn das starke Fundament der europäischen Tech-Branche stehe zunehmend unter Druck.

Veraltete Compliance-Praktiken sprechen gegen Europa

Europäische Startups wissen um die Vorteile, die Europa im Vergleich zu anderen globalen Tech-Märkten bietet. Fast drei Viertel (73 Prozent) der Befragten nennen das Bildungsniveau in der Region und 41 Prozent die Verfügbarkeit von Talenten am Arbeitsmarkt als klare Vorteile. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) nennt die geografische Nähe verschiedener Märkte als Vorteil, da sie den Unternehmen kurze Wege biete und schnelle Internationalisierung ermögliche.

Diesen Vorteilen stehen aber komplexe Regulierungsverfahren und veraltete Compliance-Praktiken gegenüber. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Befragten gibt an, dass der Zeitaufwand für die Einhaltung von regulatorischen Vorschriften das grösste Hindernis für ihr Unternehmen darstelle. Und mehr als drei Viertel (79 Prozent) sagen, dass dieser Zeitaufwand in den letzten Jahren noch zugenommen habe.

Zwischen Startups und Entscheidungsträgern herrscht Distanz

Teil des Problems ist nach Ansicht der Befragten eine gefühlte Distanz zwischen den politischen Entscheidungsträgern und Startups. Mehr als 83 Prozent geben an, dass die Politik eher auf etablierte Unternehmen ausgerichtet sei. Nur 12 Prozent glauben, dass die Entscheidungsträger die Realität verstehen, mit der Startups konfrontiert sind.

Startups wünschen sich einen Abbau von regulatorischen Hürden

Die Studie zeigt, dass Startups sich Massnahmen zur Verringerung von regulatorischen Hürden wünschen, um ihre Ressourcen schonen zu können. Von den in der Erklärung zum EU-Exzellenzstandard für Startup-Nationen festgelegten Praktiken wurde beispielsweise die Verpflichtung zu ‘Digital First’ als oberste Priorität für die reibungslose Gründung und das Wachstum von Startups genannt, wie Stripe anführt. Die baltischen Staaten wurden von 38 Prozent der Befragten als diejenigen europäischen Länder mit dem innovativsten politischen Ansatz genannt. «Dabei wurden die Bemühungen dieser Länder, Regierungsprozesse zu digitalisieren, als treibende Kraft für diese Wahrnehmung angesehen», weiss Henderson.

Fintech ist ein weiterer Bereich, in dem positive Ansätze hervorgehoben wurden: 70 Prozent nehmen SEPA und die PSD2 als fortschrittliche Regulierung wahr, 62 Prozent sehen in Open Banking ein Vorbild in Sachen ‘smart regulation’.

Politik sollte Startup-Prioritäten umsetzen

Basierend auf Erkenntnissen und Einsichten der Studie hat Stripe fünf Bereiche skizziert, die politische Entscheidungsträger priorisieren sollten, um sicherzustellen, dass europäische Startups auch in Zukunft überleben und florieren können:

  1. Zusammenfassen, Koordinieren und Umsetzen bestehender politischer Massnahmen und Initiativen zur Beseitigung von Wachstumshürden.
  2. Einführung zentraler Anlaufstellen und einheitlicher Beratung für europäische Unternehmen.
  3. Verstärkte Digitalisierung der behördlichen Abläufe in Zusammenhang mit Gründung und Wachstum von Unternehmen.
  4. Strukturierte Kommunikation zwischen Startups und politischen Entscheidungsträgern, um sicherzustellen, dass die Prioritäten und Standpunkte von Startups bei der politischen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.
  5. Vereinheitlichung der Regulierungssysteme und Verringerung von Reibungsverlusten.

Wie Henderson anfügt, hätten sich europäische Startups auch in früheren wirtschaftlich herausfordernden Phasen als widerstandsfähig erwiesen. «Doch das sollte kein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Wenn es um die Prioritäten politischer Entscheidungsträger geht, muss der Schwerpunkt auf der Unterstützung für Europas Internetunternehmen liegen, um ihnen zu helfen, und um ihr Wachstum zu beschleunigen», fordert er.

Methodik

Die Studie ‘European Tech Voices: perspectives from Europe’s fastest growing startups’ verfolgt einen quantitativen und qualitativen Ansatz und wurde Online zwischen März und April 2022 von B2B International unter fast 200 Stripe-Nutzern aus dem UK, Frankreich, Spanien, Irland, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, dem Baltikum, den Benelux-Staaten, Skandinavien, Griechenland und Osteuropa durchgeführt. Das Technologieunternehmen mit Hauptsitz in San Francisco und Dublin hat sich zum Ziel gesetzt, das BIP des Internets zu steigern.

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