Basel, Zürich und Genf weisen bis 2035 das höchste erwartete Bevölkerungswachstum auf. Dabei werden Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum als Faktoren für Bevölkerungsverschiebungen überschätzt. So zählen beispielsweise Basel und Genf punkto Beschäftigungswachstum zu den zehn schwächsten Märkten, während Junge und einkommensstarke Städte am stärksten wachsen. Das sind die Ergebnisse einer Studie der Empira Group, einem Investmentmanager für institutionelle Immobilienanlagen im deutschsprachigen Raum. Dazu wurden die 46 grössten Immobilienmärkte im DACH-Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) hinsichtlich sozioökonomischer und demografischer Fundamentaldaten verglichen. Ziel war es, der Immobilienmarktentwicklung vorgelagerte Indikatoren zu bestimmen, und die Märkte in strukturell ähnliche Cluster zu sortieren. Dabei standen unter anderem Aspekte wie die lokale Alters- und Wirtschaftsstruktur, die demografische Entwicklung, die öffentliche Verschuldung, das verfügbare Einkommen, Arbeitslosigkeit sowie das Wirtschaftswachstum (BIP) pro Kopf im Fokus.
Klassische Indikatoren können sich kurzfristig ändern
Während für den Grossteil der Städte bei Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum eine positive Prognose gilt, offenbart die Studie zwischen den Standorten deutliche Unterschiede und damit enormes Diversifikationspotenzial für Investoren. «Gerade für langfristig orientierte institutionelle Investoren ist es entscheidend, strukturelle Faktoren für die künftige Wertentwicklung am Immobilienmarkt zu verstehen. Klassisch herangezogene Indikatoren wie Leerstände und Mietpreisniveaus können sich erfahrungsgemäss recht kurzfristig ändern, während Aspekte wie Ausbildung oder der Anteil der im öffentlichen Sektor Beschäftigten stabil sind», kommentiert Prof. Steffen Metzner, Head of Research von Empira und Autor der Studie.
Junge und einkommensstarke Städte wachsen am stärksten
Eine Abnahme der Bevölkerung wird bis 2035 nur in 10 der insgesamt 46 untersuchten Städte erwartet, wovon sich alle in Deutschland befinden. Zu den besonders wachstumsstarken Städten zählen Basel, Zürich und Genf in der Schweiz sowie Wien, Linz und Graz in Österreich. Diese sechs analysierten Märkte gehören alle zu den Top 10 der Bevölkerungsgewinner. Basel führt die Wachstumstabelle mit einem erwarteten Zuwachs von 22,2 Prozent an, auf Platz zwei und drei folgen Zürich (+19,9 Prozent) und Genf (+15,1 Prozent). In den meisten Fällen wachsen jüngere Städte deutlich stärker als ältere. Statistisch auffällig ist auch der Zusammenhang zwischen verfügbarem Jahresnettoeinkommen und Bevölkerungszunahme.
Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum zählen nur bedingt
Deutlich weniger aussagekräftig sind die Korrelationen zwischen anderen sozioökonomischen Parametern und der Bevölkerungsentwicklung vor Ort. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) und andere allgemeine Wirtschaftsindikatoren verraten relativ wenig über die künftige Bevölkerungsentwicklung. So gibt es jeweils einige Beispiele für Märkte mit hohem BIP- und niedrigem oder negativen Einwohnerwachstum (Bielefeld oder Lübeck), beziehungsweise für die gegenläufige Entwicklung (Münster oder Bonn). Auch die Aussagekraft des Indikators Arbeitslosigkeit ist für die künftige Einwohnerzahlentwicklung relativ gering, gerade für österreichische Grossstädte. Wien zum Beispiel hat eine Arbeitslosenquote von rund 15 Prozent und trotzdem eine Einwohnerwachstumsprognose von knapp 10 Prozent. Aber es gibt durchaus einen groben Zusammenhang zwischen niedriger Arbeitslosigkeit und positiveren Bevölkerungsprognosen. Spitzenreiter hier ist Zürich, mit weniger als 4 Prozent Arbeitslosigkeit und knapp 20 Prozent erwartetem Anstieg der Bevölkerung bis 2035. Dabei ist anzumerken, dass die Schweiz für internationale Arbeitskräfte dank des hohen Lohnniveaus und niedriger Steuersätze generell attraktiv ist.
Wettbewerbsfähigkeit ist Treiber von Wanderungsbewegungen
Ein offensichtlicher Treiber von Wanderungsbewegungen ist das quantitative und qualitative Angebot an Arbeitsplätzen, respektive die Wettbewerbsfähigkeit einer Stadt. Berlin, München und Leipzig befinden sich unter den Top 10 der wachstumsstärksten Arbeitsmärkte – Basel und Genf hingegen erstaunlicherweise unter den Flop 10. Mögliche Gründe für ihr niedriges Beschäftigungswachstum sind unter anderem Flächenrestriktionen im jeweiligen Stadtgebiet, die schon historisch hohe Beschäftigungsquote und die spezifische Einwanderungs- und Arbeitsmarktpolitik der Schweiz. «Die enormen Unterschiede bei lokalen Wirtschafts-, Alters- und Bevölkerungsstrukturen im DACH-Raum erlauben in Europa weitgehend einmalige Diversifikationspotenziale. Eine Stadt mag sich besonders für studentisches Wohnen anbieten, eine andere für flexible Büronutzungen», fasst Lahcen Knapp, Verwaltungsrat der Empira Group, zusammen.