Autor: James Dow, Investment Manager bei Baillie Gifford
In der Welt der Finanzmärkte glauben viele an die Hypothese der effizienten Märkte – ich nicht. Ich glaube jedoch, dass Unternehmen, die ihre Gewinne über ein Jahrzehnt oder länger um 10 Prozent und mehr steigern können, relativ ungewöhnlich sind. Darin bestärkt mich eine Analyse von Michael Mauboussin, einem Finanzprofessor an der Columbia University, aus dem Jahr 2016.
Er wertete einen globalen Datensatz mit über 37.000 Datenpunkten aus und fand heraus, dass über 70 Prozent der börsennotierten Unternehmen ihre Gewinne über rollierende Zehn-Jahres-Zeiträume um weniger als 10 Prozent pro Jahr steigern konnten. Den Gewinn zehn Jahre lang um jährlich 10 Prozent oder mehr zu steigern – dazu war hingegen nur ein Viertel der Unternehmen in der Lage.
Seltsamerweise sind deren Aktien oft unterbewertet. Theoretisch und unter Verwendung eines angemessenen Abzinsungssatzes sollten solche Unternehmen mit einem KGV von über 50 gehandelt werden, aber die meisten Anleger sind nicht bereit, dieses Bewertungsverhältnis zu zahlen. Die Erträge steigen stetig, der Aktienkurs folgt den Erträgen und das KGV bleibt im Bereich von 10 bis 20.
Warum wird diese kontinuierliche Gewinnsteigerung vom Markt nicht vollständig berücksichtigt? Ich glaube, es liegt daran, dass die meisten Marktteilnehmer einen zu kurzen Anlagehorizont haben. Aber wenn Sie Ihren Kunden helfen wollen, ihren Ruhestand über 30 Jahre oder ein anderes finanzielles Ziel, das sich über Jahrzehnte erstreckt, zu finanzieren, müssen Sie Ihr Denken auch auf diesen Zeithorizont ausrichten.
Watsco, der in Miami ansässige Händler von Klimaanlagen, ist ein klassisches Beispiel für einen stetigen Wertzuwachs. Von 2011 bis Ende 2021 ist der Gewinn des Unternehmens mit einer jährlichen Wachstumsrate von 12 Prozent gestiegen. Das Unternehmen hat noch nie einen Verlust gemacht und die Gewinne haben sich von Jahr zu Jahr stetig verbessert. Das Wachstum des Aktienkurses folgte im Großen und Ganzen den Gewinnen und darüber hinaus konnte das Unter-nehmen dank seines kapitalschonenden Geschäftsmodells erhebliche überschüssige Barmittel in Form von Dividenden ausschütten. Insgesamt liegt die Gesamtrendite für die Aktionäre seit Ende 2011 bei 16 Prozent auf Jahresbasis und übertrifft damit den MSCI ACWI um etwa 9 Prozent pro Jahr.
Weitere Beispiele für „Steady Compounders“, wie wir sie nennen, in unseren Global-Income-Growth-Portfolios sind Namen wie Fastenal, Admiral, Starbucks, Edenred, Sonic Healthcare, Valmet und Atlas Copco. Die überdurchschnittliche Performance dieser Unternehmen über lange Zeiträume hinweg ist eher auf die kontinuierliche Aufzinsung von Gewinnen und Dividenden im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich zurückzuführen als auf außergewöhnlich hohe Wachstumsraten. Diesen Effekt kann man am besten mit dem Bild eines Schneeballs illustrieren: Je länger er rollt, umso größer wird er.
Die Herausforderung bei der Auswahl von solchen „Steady Compounders“ liegt nicht in der Mathematik. Die Schwierigkeit besteht darin, zwischen den Unternehmen zu unterscheiden, die wirklich in der Lage sind, ihre Gewinne über ein Jahrzehnt hinweg um 10 Prozent zu steigern, und denen, bei denen das nicht der Fall ist. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Unternehmen ein weiteres Jahrzehnt zweistellig wächst, nachdem es bereits ein Jahrzehnt lang um 10 Prozent pro Jahr gewachsen ist?
Im Fall von Watsco lag die Antwort in der Fähigkeit des Unternehmens, von einem kleinen Ausgangs-punkt aus in einem sehr großen Markt durch hervorragenden Service Marktanteile zu gewinnen. Der Absatzmarkt für Klimaanlagen in den USA ist riesig. Das Unternehmen nahm seine Tätigkeit in Florida auf, was ihm regional bald eine hohe Marktdurchdringung verschaffte. Der Marktanteil im gesamten US-Markt war jedoch selbst nach einem Jahrzehnt des Mengenwachstums durch die Ausweitung des Kundenstamms und der Produktpalette immer noch relativ klein. Dies bedeutete, dass in einem insgesamt wachsenden Markt durch Marktanteils¬gewinne ein zweistelliges Wachstum für ein weiteres Jahrzehnt möglich war.
Ein weiterer Faktor, der die Chancen auf langfristige, stetige Wertzuwächse steigen lässt, ist die Identifikation von Unternehmen mit herausragenden Management-Teams und einer besonderen Unternehmenskultur. Häufig werden diese Unternehmen noch von ihren Gründern geleitet, die wie wir in Dekaden denken und ihre Unternehmen entsprechend ausrichten. Ich glaube, der Unterschied zwischen Starbucks (30 Jahre lang zweistellige Wachstumsraten) und Peet´s Coffee war Starbucks´ CEO Howard Schultz und die Organisation, die er um sich herum aufgebaut hat. Ein großer Teil des Unterschieds zwischen Atlas Copco und seinem Konkurrenten Sandvik ist die Unternehmenskultur, die bei Atlas Copco sorgfältig gepflegt wurde und bei Sandvik auffallend fehlt.
Leser, die mit Baillie Gifford vertraut sind, haben wahrscheinlich schon von Professor Hendrik Bessembinder gehört. Die Forschungen des Akademikers von der Arizona State University über langfristige Aktienmarktrenditen haben gezeigt, dass ein winziger Prozentsatz der Aktien wirklich außergewöhnliche („Outlier“-)Renditen erzielt. Bessembinder sagt jedoch nicht, dass Outlier die einzige Möglichkeit sind, eine Outperformance zu erzielen. Und nicht alle Investoren sind auf der Jagd nach Outlier-Renditen. Einige sind mit „sehr guten“ Renditen zufrieden, die den Markt über lange Zeiträume deutlich übertreffen. Viele Investoren haben auch Probleme mit der Volatilität, die mit dem Streben nach außergewöhnlichen Renditen einhergehen kann. „Steady Compounders“ hingegen weisen tendenziell eine geringere Volatilität auf.

Quelle: FE, StatPro, MSCI. Gesamtrendite in Euro.
Viele von Bessembinders Top-Performance-Aktien der letzten 30 Jahre sind gar nicht die „bekannten Outlier“, sondern gehören zur Kategorie der „Steady Compounders“. Hierzu zählen beispielsweise Unternehmen wie Procter & Gamble. Es ist die Tatsache, dass Procter & Gamble 30 Jahre lang eine Rendite von 13 Prozent pro Jahr erzielte, die das Unternehmen zu einer außergewöhnlich erfolgreichen Anlage macht – nicht die Höhe der jährlichen Rate selbst.
Um es zusammenzufassen: Der „Schneeballeffekt“ eines langfristigen, stetigen Zinseszinses ist ungewöhnlich wertvoll. Er kann zu einer Outperformance führen, belohnt die Auswahlleistung von Stockpickern und kann für Investoren, die zwar Renditen über dem Markt anstreben, aber vor hoher Volatilität zurückschrecken, hervorragende Ergebnisse liefern.
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