Pensionszusagen wirken über sehr lange Zeiträume. Die damit verbundenen Risiken und die Entscheidung über deren Steuerung ist eine Entscheidung mit Tragweite.

Autor: Olaf John, Partner, Commercial Leader of Mercer Investment Solutions Germany

Pensionsrisiken zu steuern beziehungsweise De-Risking ist ein langfristiger, strategischer Ansatz, der letztlich das Ziel der Planbarkeit, Übertragung oder Abwicklung der Pensionsverpflichtungen verfolgt. Bis zum Erreichen dieses Ziels gibt es viele Stationen und Wege. Häufig werden die Stationen des De-Riskings isoliert betrachtet. Sinnvoller ist aber eine gesamtheitliche Betrachtung. Außerdem sollten alle De-Risking-Methoden abgewogen werden, statt sich für oder gegen eine einzelne De-Risking-Maßnahme zu entscheiden.

Motivation für De-Risking

 Abgesehen von den über die vergangenen Dekaden immer stärker verpflichtungserhöhend wirkenden Zinsen üben insbesondere Inflation (Höhe) und Langlebigkeit (Dauer) Druck auf die Zahlungen und die Bilanzen aus. Eine „Niveauerhöhung“ durch Inflation wirkt – anders als beim Zins – unumkehrbar über die gesamte Bezugsdauer der jeweiligen Rentenzahlung. Negative Inflation führt nicht zu Rentenkürzungen.

 Die Motivation, Pensionsrisiken zu managen und diese zu reduzieren, lässt sich aus verschiedenen Zielen ableiten, die in einer Hierarchie zueinander stehen. Diese lässt sich in drei Hierarchieebenen unterteilen, die des Unternehmens, die des Finanzierungsvehikels (Asset und Liabilities) und die der Kapitalanlage (Asset-only). Eine Pensionszusage kann über unterschiedliche Durchführungswege und Finanzierungsvehikel finanziert werden und beeinflusst damit auch die Wahl des geeigneten De-Risking-Tools.

Eingriff in die Passivseite

 De-Risking auf der Passivseite der Bilanz bringt dem Arbeitgeber Vorteile wie Kostenbegrenzung und Planbarkeit, eine verminderte Abhängigkeit vom Rechnungszins und eine Verlagerung des Investment-Risikos auf den Arbeitnehmer. Die Umsetzung einer solchen Maßnahme benötigt einen zeitlichen Vorlauf und die Einbindung aller Stakeholder, insbesondere der Arbeitnehmervertretungen.

Bei Änderungen sind die vorherrschenden Zusagetypen, die Besitzstandsstufen und die Finanzierungsvehikel zu berücksichtigen. Eine Schließung von (arbeitgeberfinanzierten) Versorgungsregelungen für neu eintretende Mitarbeiter ist, da es sich um eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers handelt, zwar jederzeit möglich, aber das Recht der Arbeitnehmer auf eine betriebliche Altersversorgung aus Entgeltumwandlung bleibt davon unberührt.

Abfindungs- und Buy-out-Möglichkeiten

Grundsätzlich geht es bei Buy-out- oder Abfindungslösungen darum, sich wirtschaftlich, bilanziell und/oder rechtlich von Pensionsverpflichtungen zu befreien. Die Abfindung von Pensionsverpflichtungen kann die Planbarkeit erhöhen, ist aber nicht in allen Fällen möglich.

Grundsätzlich unterliegen laufende Leistungen aus Betriebsrenten, die ab dem 1. Januar 2005 erstmals ausgezahlt wurden, und unverfallbare Anwartschaften im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Abfindungsverbot. Davon ausgenommen sind:

  • Abfindungen von Kleinstanwartschaften
  • Abfindungen von vertraglich unverfallbaren Anwartschaften
  • Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis
  • Anwartschaften im Rahmen der Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
  • Anwartschaften durch Liquidationsversicherung
  • Anwartschaften im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs

 Übertragung an eine Rentnergesellschaft

Eine andere Möglichkeit, Risiken für den Arbeitgeber zu transferieren, ist die Gründung beziehungsweise Übertragung auf eine Rentnergesellschaft. Hierbei werden die Verbindlichkeiten gegenüber Rentnern sowie gegebenenfalls anderen Inaktiven und entsprechend notwendige Vermögensanteile in eine rechtlich selbstständige Einheit übertragen. Durch diesen rein gesellschaftsrechtlichen Vorgang entsteht eine zweite, nicht operativ tätige Gesellschaft, auf die gemäß § 123 Absatz 3 Umwandlungsgesetz (UmwG) besagte Verpflichtungen ausgegliedert werden.

Damit wird die Bilanz des abgebenden Unternehmens entsprechend verkürzt und nach zehn Jahren vollständig enthaftet, sofern die Gesellschaft bei Umwandlung beziehungsweise Übertragung entsprechende Mindestanforderungen an die Kapitalausstattung erfüllt hat. Die Möglichkeit der Enthaftung hat in der Praxis zu regen Diskussionen geführt. Diskutiert wird die Mindestkapitalausstattung und dass der Arbeitgeber letztlich die Verantwortung für die Erfüllung der Leistung abgibt. Damit liegt im Fall einer möglichen Insolvenz der übernehmenden Gesellschaft nach zehn Jahren das Risiko bei der Insolvenzsicherung durch den PSVaG und damit bei den PSVaG-Beitragszahlern.

Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategien

 Die Kapitalanlage lässt sich deutlich einfacher anpassen, als Veränderungen bei den Pensionszusagen vorzunehmen. Daher gibt es deutlich mehr Flexibilität, um Pensionsrisiken über Kapitalanlagestrategien zu steuern, zum Beispiel:

  • Externes Funding über Pensionsfonds oder Contractual Trust Arrangements (CTAs)
  • Asset-only-Steuerung
  • Asset Liability Management (ALM)
  • Liability Driven Investment (LDI)

 Die jeweiligen Rechnungslegungsvorschriften bestimmen in weiten Teilen die bilanziellen Ergebniseffekte aus De-Risking-Maßnahmen. Deshalb dürfen De-Risking-Strategien nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen gesamtheitlich mit ihren Effekten vor dem Hintergrund der Unternehmens- beziehungsweise Finanzziele verglichen werden. So kann das De-Risking-Tool ausgewählt werden, welches unerwünschte GuV- oder Cashflow-Effekte vermeidet.

Die Infografik zeigt einen Überblick über verschiedene De-Risking-Methoden, deren Ziel sowie die Eignung für entsprechende Finanzierungsvehikel und einige Besonderheiten.

Fazit

Pensionszusagen wirken über sehr lange Zeiträume und können Unternehmensergebnisse erheblich beeinflussen. Pensionsrisiken zu steuern, ist ein langfristiger Ansatz und deshalb auch eine Evolution, eine Reise, die letztlich das Ziel der Planbarkeit, Übertragung oder Abwicklung der Pensionsverpflichtungen verfolgt. Bis zum Erreichen dieses Ziels gibt es viele Stationen und Wege, um dorthin zu gelangen. Es gibt verschiedene Stationen des De-Riskings, die häufig isoliert betrachtet werden. Ziel ist es, ein Abwägen zwischen verschiedenen De-Risking-Optionen zu ermöglichen, statt einer Entscheidung für oder gegen ein De-Risking-Tool.

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