Ein wichtiger Kanal für ein Übergreifen der Krise auf die Anleihenmärkte von Ländern außerhalb Russlands und der Ukraine dürften die Rohstoffpreise sein. Wir analysieren, welche Auswirkungen höhere Rohstoffpreise auf die Emerging Markets haben und welche Unterschiede es gibt.

Autorin: Kirstie Spence, Portfoliomanagerin bei der Capital Group

Lateinamerika: Vorwiegend Rohstoffexporteure

Lateinamerikanische Rohstoffexporteure dürften am meisten von den steigenden Rohstoffpreisen profitieren, vor allem, weil sie nur wenige Handelsbeziehungen mit Russland und der Ukraine haben. Bei steigenden Rohstoffpreisen verbessern sich in der Regel die Terms of Trade und damit auch die Außen- und Haushaltsbilanzen.

Asiatische Emerging Markets: Vorwiegend Rohstoffimporteure

Die meisten Länder Asiens führen mehr Rohstoffe ein, als sie exportieren. Indonesien und Malaysia sind die wichtigsten Ausnahmen. Die negativen Auswirkungen auf die Terms of Trade haben Folgen für die Leistungsbilanzsalden, die in den meisten asiatischen Ländern derzeit positiv sind. In Indien, Thailand und den Philippinen sind sie allerdings negativ. In diesen drei Ländern dürften auch die Auswirkungen auf die Inflation am größten sein. Malaysia und Indonesien sind dagegen weniger gefährdet, weil hier die Preise reguliert sind.

 

EMEA-Region: Sowohl Rohstoffimporteure als auch -exporteure

Die EMEA-Region ist heterogen. Einige Länder dürften besonders stark vom Anstieg der Rohstoffpreise betroffen sein, andere werden wahrscheinlich mit am meisten davon profitieren.

Die Türkei zählt vermutlich zu den Ländern, die am meisten leiden werden. Das Land importiert große Rohstoffmengen und ist bei Energie und Weizen von Russland abhängig. Die Regierung hat zwar Maßnahmen zur Begrenzung der Preisanstiege in Aussicht gestellt, aber die Inflation ist bereits hoch, das Haushaltsdefizit wächst, und das Handelsdefizit stieg im letzten Dezember auf ein Allzeithoch.

Die drei Länder Ungarn, Polen und Tschechische Republik haben nicht nur mit dem Rohstoffpreisschock zu kämpfen. Ihre Leistungsbilanzdefizite und der Inflationsdruck steigen. Sie sind für ein nachlassendes Wachstum im Euroraum anfälliger als andere Emerging Markets.

Die erdölproduzierenden Länder am Golf werden am meisten von den höheren Ölpreisen profitieren. Auch die Terms of Trade der Rohstoffexporteure aus Afrika dürften sich deutlich verbessern. Das ist gut für die Außenbilanzen. Die Auswirkungen auf die Haushalte werden aber vermutlich geringer ausfallen, weil die Inlandspreise subventioniert werden. Von Vorteil werden die steigenden Rohstoffpreise für Angola und Ghana sein, auch wenn es ihnen nicht leichtfallen dürfte, ihre Produktionsmengen zu erhöhen. Die höheren Rohstoffpreise dürften Südafrika helfen, sein Haushaltsdefizit zu senken. Die Zentralbank hat bereits begonnen, die Zinsen zu erhöhen, so dass die Inflation nicht zu stark steigen dürfte. Dennoch nähert sie sich bereits der oberen Grenze der angestrebten Spanne.

Auswirkungen höherer Rohstoffpreise auf Emerging-Market-Währungen

In den letzten zehn Jahren waren Rohstoffpreise und Emerging-Market-Währungen positiv korreliert. Angebotsbedingte Rohstoffpreisanstiege wie zurzeit haben uneinheitliche Auswirkungen. Für Emerging Markets, die Rohstoffe hauptsächlich importieren, sind sie schlecht, für Exporteure sind sie gut.

Für ein besseres Verständnis dieses Zusammenhangs sollten die Währungen in Lateinamerika betrachtet werden, wo viele Länder Rohstoffexporteure sind und weniger unter den übrigen Folgen des Konflikts leiden. Die Währungen der meisten lateinamerikanischen Länder, die Rohstoffe exportieren, haben in diesem Jahr gegenüber dem US-Dollar aufgewertet.

Fazit

Wenn die Rohstoffpreise hoch bleiben, könnten einige rohstoffimportierende Emerging Markets unter Druck geraten, weil sich die Terms of Trade verschlechtern und das Wachstum nachlässt und wegen der Folgen für die Haushalts- und Außenbilanzsalden. Rohstoffexporteure könnten hingegen profitieren.

Auf regionaler Ebene belasten höhere Rohstoffpreise vor allem Emerging Markets in Asien, obgleich ihre Fundamentaldaten durchweg recht gut sind. Lateinamerika dürfte dagegen am meisten profitieren, während die Auswirkungen in EMEA unterschiedlich sind. Hier finden sich einige der anfälligsten Länder, aber auch einige der größten Profiteure. Auf Länderebene sind steigende Rohstoffpreise vor allem für Exporteure wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Brasilien, Kolumbien und Südafrika gut. Ungarn, Polen und die Tschechische Republik sowie die Türkei dürften sie am meisten belasten.

 

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