Interview mit den Vorständen des Bosch Pensionsfonds, Dirk Jargstorff und Christian Zeidler.

Der Technologiekonzern Bosch ist im Jahr 2002 mit dem ersten Pensionsfonds eines Industrieunternehmens in Deutschland gestartet im Verbund mit einer BZML. Die beiden Vorstände des Bosch Pensionsfonds, Dirk Jargstorff und Christian Zeidler, schauen im Gespräch mit Guido Birkner auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurück und blicken auf die weitere Entwicklung in der Zukunft.

Herr Jargstorff, Herr Zeidler, Bosch feiert in diesem Jahr das 20. Jubiläum des eigenen Pensionsfonds. Was ist aus Ihrer Sicht in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten besonders gut gelungen? Bosch hat ja 2002 als erstes Industrieunternehmen in Deutschland einen Pensionsfonds, einen damals neuen Durchführungsweg, eingeführt.

Dirk Jargstorff: Im Jahr 2002 hat Bosch nicht nur einen ersten Pensionsfonds in Deutschland gegründet, sondern das Vehikel ist immer zusammen mit der Beitragszusage mit Mindestleistung, der BZML, zu nennen. Das sahen unsere Vorgänger als gute Möglichkeit an, die betriebliche Altersversorgung im Konzern nachhaltig aufzustellen. 2006 kamen dann die Arbeitgeberbeiträge dazu. Davor hatten wir wie viele andere Unternehmen eine Garantieleistung in Höhe von 6 Prozent. Das Ziel war damals, dass die bislang garantierten 6 Prozent künftig aus dem Kapitalmarkt kommen sollten. Das hat Bosch auch erreicht, doch die Herausforderung war groß. Dieser Systemwechsel führte zu bilanziellen Entlastungen. Zugleich durchlebte der Bosch Pensionsfonds alle Krisen, die man seit dem Jahrtausendwechsel nur haben konnte: die Krise des Neuen Marktes, die Finanzkrise, die Eurokrise, die Coronapandemie. Doch der Bosch Pensionsfonds hat sich in all diesen Jahren mit seiner Kapitalanlage bewährt. Wir mussten zu keinem Zeitpunkt kritisch auf die Risikotragfähigkeit blicken. Wir waren nicht nur mit der Gründung des ersten Pensionsfonds Innovationstreiber, sondern blieben es fortwährend auch auf anderen Feldern. 2016 haben wir mit der Fondsrente unser bisheriges Meisterstück abgeliefert. Damit können wir das angelegte Kapital noch deutlich attraktiver verrenten, als uns das zuvor möglich gewesen war.

Dirk Jargstorff, Foto: Bosch

Christian Zeidler: Der Bosch Pensionsfonds hat tatsächlich in all den Jahren ein stetes Wachstum aufgewiesen. Das unterscheidet uns von manchen anderen Einrichtungen. Der Pensionsfonds ist bis heute für Bosch der zentrale Durchführungsweg in der bAV für alle Beschäftigten in Deutschland. Wir haben also ein stabiles Versorgungssystem, das auch die Perspektive auf nachhaltiges Wachstum für sich in Anspruch nimmt. Allerdings konnten auch wir uns nicht bei den Zuflüssen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen den allgemeinen Marktentwicklungen entziehen. Doch trotz all der Krisen blieben unsere Ziele in der Kapitalanlage anspruchsvoll und unsere Ergebnisse sehr positiv. Das wird noch deutlicher, wenn man unsere Renditen an den Ergebnissen von Banken oder Versicherungen misst. Einer unserer Erfolgsfaktoren ist sicherlich unsere Ausdauer oder Fähigkeit, Krisen auszuhalten und zu überstehen. Hinzu kommt ein professionelles Asset Management mit einem hohen Grad an Diversifizierung über die Anlageklassen hinweg. Das hilft uns zugleich, die Kapitalanlage weiterzuentwickeln.

Welche durchschnittliche Rendite hat die Kapitalanlage des Bosch Pensionsfonds in den zurückliegenden 20 Jahren erzielt?

Christian Zeidler: Exemplarisch kann ich eine Verzinsung von 5 bis 6 Prozent nennen, die wir über mehrere Jahre gesehen haben. Natürlich haben wir in diesem Zeitraum immer wieder auch Ausschläge nach oben und nach unten erlebt. So haben wir in manchem Jahr auch eine Verzinsung im zweistelligen Prozentbereich verzeichnet. Unter dem Strich ist der Bosch Pensionsfonds für die Beschäftigten eine sehr attraktive Kapitalanlage.

Christian Zeidler, Foto: Bosch

Ein Großteil der zurückliegenden zwei Jahrzehnte war durch den Niedrigzins gekennzeichnet. Wie groß war die Notwendigkeit, die Anlagestrategie für den Bosch Pensionsfonds zu korrigieren und breiter zu diversifizieren?

Christian Zeidler: Der Bosch Pensionsfonds ist als System nicht nur auf Krisenbewältigung ausgerichtet. Wir mussten und müssen also nicht taktische Gegenmaßnahmen beschließen – ganz im Gegenteil. Wir setzen uns in unserem System in regelmäßigen und zunehmend engeren Zyklen mit der Frage auseinander, in welchen Asset-Klassen wir anlegen wollen. Die Basis dafür ist eine Asset-Liability-Studie. Auf dieser Grundlage können wir genau entscheiden, welche Anlageklassen wir bedienen wollen. In den ersten Jahren waren wir vor allem im liquiden Bereich allokiert, doch inzwischen haben auch Anlagen aus den Alternatives- und Private-Market-Segmenten deutlichen Zuspruch erfahren. In diesen Anlageklassen sehen wir weiteres Potenzial.

Wie viel Überzeugungsarbeit mussten Sie 2006 in der Belegschaft, im Betriebsrat und bei den Tarifpartnern leisten, als Bosch die Umstellung von 6 Prozent Garantiezins auf die Rendite des Kapitalmarktes durchgeführt hat?

Dirk Jargstorff: Um in der bAV Innovationen voranzubringen, ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dazu zählt vor allem ein permanenter und enger Austausch mit den Vertretern der Beschäftigten. Natürlich hat dabei geholfen, dass unser Verhältnis schon immer auf einer guten Vertrauensbasis stand. Vor der Weitsicht, die 2006 auch auf der Arbeitnehmerseite bestand, kann man heute nur den Hut ziehen. Sicher erforderte eine Einigung damals auch eine Reihe von Kompromisslösungen für die Übergangszeit. So liefen damals Garantien mit den entsprechenden Befristungen weiter, um einen Übergang von der alten in die neue bAV-Welt zu gewährleisten.

Wie gut funktioniert die Kooperation zwischen der Liabilities- und Anlagenseite bei Bosch?

Dirk Jargstorff: Zum einen ist hier die enge Zusammenarbeit von CEO und CFO im Bosch Pensionsfonds wichtig, also der Schulterschluss zwischen Christian Zeidler und mir. Gemeinsam führen wir alle zwei Jahre eine neue ALM-Studie durch, je nach Entwicklung an den Kapitalmärkten auch in einer kürzeren Taktung. Dabei gehen wir immer erst an die A-Seite heran, nachdem wir uns genau die L-Seite angeschaut haben. Wichtige Kriterien sind dabei die Fragen, ob wir ausreichende Puffer in der Risikotragfähigkeit haben und ob wir gut in den Szenarien für die Entwicklung der Zukunft aufgestellt sind. Das funktioniert nur gemeinsam. Deshalb haben wir hier ein aufeinander ausgerichtetes, getaktetes Vorgehen.

An welchen Stellen haben Sie bei den ALM-Studien größeren Diskussionsbedarf?

Dirk Jargstorff: Natürlich stoßen wir in der Interpretation von Daten und Ergebnissen der ALM-Studie immer wieder auf Punkte, über die wir länger diskutieren. Das hat aber nichts damit zu tun, ob jemand von der L- oder der A-Seite kommt. Wir versuchen immer gemeinsam, das Beste für den Bosch Pensionsfonds zu erreichen, also für die Beschäftigten und Leistungsempfänger.

Christian Zeidler: Das Steuerungskonzept hat eine Systematik, die auch ein Erfolgsfaktor in der Vergangenheit war. Wir lassen uns nicht von kurzfristig veränderten Rahmenbedingungen zu schnellen taktischen Eingriffen verführen. Wir möchten Erträge erwirtschaften unter einem ausgewogenen Risiko-Ertrags-Verhältnis. Uns stehen im Rahmen einer ALM-Studie bestimmte Simulationszahlen zur Verfügung. So haben wir auch die Swings in der Zinsentwicklung wie den Niedrigzins bereits in unseren Studien simuliert, ebenso andere ökonomische Entwicklungen. Bei unseren Simulationsrechnungen entscheiden wir uns dann auch in den verschiedenen Risikokategorien dazu, auf ausgewogene Ertragsszenarien zu schauen. Wir verwalten Mitarbeitergelder treuhänderisch und dürfen deshalb natürlich nicht in eine spekulative Richtung gehen. Wir befinden uns immer mit Augenmaß auf der risikobewussten Seite. Einer unserer Erfolgsfaktoren in der Vergangenheit war, dass wir die ALM-Studien immer mit Augenmaß durchgeführt haben.

Dirk Jargstorff: Der Bosch Pensionsfonds ist in seiner Konzeption einzigartig. Kein anderer Pensionsfonds verfügt über ein so umfangreiches Geschäftsmodell wie wir. In den Anwärtersegmenten fahren wir andere Strategien als in den Rentnersegmenten. Wir managen drei Rentnersegmente, eines davon funktioniert ganz klassisch und ist nachschusspflichtig. Ein weiteres Segment ist aus der Zeit vor 2015 noch mit einer versicherungsförmigen Verrentung versehen, schließlich noch die Verrentung über die Fondsrente ab 2016. Für diese drei Segmente gelten jeweils unterschiedliche Parameter und Rahmenbedingungen im Hinblick auf die ALM-Studie. Bei unserem Meisterstück, der Fondsrente, streben wir eine Minimierung des Risikos einer Rentenabsenkung im Zeitablauf an. Hier einigen wir uns von Anfang an auf die Parameter, die wir für eine ALM-Studie als relevant erachten und dafür, um die Zielsetzungen zu optimieren.

Das vollständige Interview lesen Sie hier im aktuellen dpn-Magazin (Ausgabe 08/22, Nr. 126) ab Seite 64.

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