In einem Fall planmäßiger Überversorgung im öffentlichen Dienst rechtfertigt die Forderung, sparsam und wirtschaftlich hauszuhalten, nachträgliche Eingriffe, um Versorgungsregelungen anzupassen. Dazu zählt beispielsweise die Einführung einer sogenannten Nettolimitierung. Einen solchen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Urteil vom 13. Oktober 2020 entschieden (3 AZR 410/19). Es korrigierte damit das Urteil der Vorinstanz, des Landesarbeitsgerichts Hamburg, und deren Urteil vom 21. August 2019 (7 Sa 2/19).
Anpassung des Gesamtversorgungsbetrags
Der Kläger hatte von seinem früheren Arbeitgeber, einer Handelskammer, die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Gesamtzusage (VO I) erhalten. 1995 überarbeitete der Arbeitgeber die VO I und schloss sie für Neueintritte. Danach sah die Zusage eine Gesamtversorgung in Höhe von maximal 75 Prozent des zuletzt bezogenen Bruttogehalts unter Anrechnung der gesetzlichen Rente vor. Im Versorgungsfall erfolgte eine Anpassung des Gesamtversorgungsbetrags jeweils entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter aufgrund einer betrieblichen Übung. Gemessen an der Bruttoversorgung von 75 Prozent, bezogen auf einen Durchschnittsverdienst, lag seit 1991 lag eine Überversorgung in Höhe von 107,4 Prozent, in den Jahren 1995 und 2015 sogar in Höhe von 113,1 Prozent vor. Um die Überversorgung abzubauen, schloss die Handelskammer als ehemalige Arbeitgeberin 2017 mit ihrem Personalrat eine Dienstvereinbarung (DV 2017).
Damit führte die Behörde für die Versorgungsempfänger eine Nettolimitierung ein. Das bisher gezahlte Ruhegeld sollte nicht reduziert werden. Deshalb sah die DV 2017 einen Ausgleichsbetrag vor. Zugleich erfolgte eine Änderung der Regelung über die Anpassung der laufenden Ruhegelder. Demnach sollte nicht mehr die Gesamtversorgung an die Tarifentwicklung angepasst werden, sondern nur noch das gezahlte Ruhegeld. Auch erfolgt keine Anrechnung der Rentensteigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr. Der Ausgleichsbetrag hat an der Tarifsteigerung ebenfalls nicht teil, sondern wird über einen Zeitraum von in der Regel zehn Jahren abgeschmolzen.
Keinen Anspruch auf Steigerungen des Ruhegeldes
Als Konsequenz für den Kläger aus dieser Neuausrichtung der Versorgung verminderte sich das zuletzt gezahlte Ruhegeld nicht. Jedoch hatte er ab dem 1. April 2017 keinen Anspruch mehr auf Steigerungen seines Ruhegeldes im Vergleich zur Rechtslage nach der VO I 1995. Entsprechend forderte er mit seiner Klage ein Altersruhegeld nach den bisherigen Regelungen der VO I 1995. Er vertrat den Standpunkt, die Ablösung der VO I 1995 und der Anpassungsregelung durch die DV 2017 sei ihm gegenüber nicht wirksam erfolgt.
Nachdem das zuständige Arbeitsgericht seine Klage zunächst abgewiesen hatte, gab das Landesarbeitsgericht ihr in zweiter Instanz statt. Doch der frühere Arbeitgeber erzielt jetzt in der Revision vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts einen Erfolg.
BAG gibt Arbeitgeber Recht
Das BAG führt in seinem Urteil aus, dass die Handelskammer die DV 2017 gegenüber dem Kläger als Ruhegeldempfänger auch bei einer gegebenenfalls vorliegenden Teilunwirksamkeit wegen Überschreitung der Regelungsmacht der Dienstvereinbarungsparteien umsetzen konnte. In jedem Fall war die DV 2017 aus Sicht der Gerichts geeignet, die VO I 1995 und die Anpassungsregelung, die auf betrieblicher Übung beruhte, abzulösen.
Die Eingriffe, die damit verbunden waren, hielten einer rechtlichen Überprüfung stand. Sie stützten sich auf das gesetzliche Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung des öffentlichen Dienstes bzw. auf die Ablösungsoffenheit der Versorgungsregelungen unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Somit sieht das BAG die Einführung der Nettolimitierung zum Abbau einer planmäßigen Überversorgung und die Änderung der Anpassungsregelung als ausreichend sachlich gerechtfertigt an.