In seinem „Bericht zur Lage“ ist Georg Thurnes, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba), gleich zu Beginn seiner Ausführungen auf der aba-Jahrestagung in Berlin auf das 50-jährige Bestehen des Betriebsrentengesetzes eingegangen. Für die aba ist das Jubiläum auch ein Anlass für einen (kritischen) Rückblick. „Ob das ein Grund zu feiern ist, mag jeder für sich entscheiden“, so Thurnes, um dann konkreter zu werden: „Aus Arbeitnehmersicht waren die Schutzvorschriften in Sachen Unverfallbarkeit, Anpassung und Insolvenzschutz sicher ein Gewinn. Aus Arbeitgebersicht waren und sind einige Vorschriften, vor allem, was die Rechtsprechung daraus gemacht hat, eher ein Ärgernis.“ Mehr als 30-mal hat der Gesetzgeber in diesen fünf Jahrzehnten Hand angelegt, vor allem in den vergangenen 20 Jahren.
Georg Thurnes
Doch nicht nur die Betriebsrente im Speziellen ist für Thurnes mit Blick in die Zukunft entscheidend. „Die gleichzeitige Reform aller drei Säulen der Altersversorgung bietet die seltene Chance den Weg zu ebnen für eine leistungsstarke Altersversorgung mit einem dualen Kern aus staatlicher und betrieblicher Altersversorgung, flankiert durch eine private Altersvorsorge, die ihren Namen auch verdient“, erklärt Thurnes. Seiner Meinung nach ist „jetzt weder die Zeit der Realitätsverweigerung“, noch die der „alten Schlachten“. Es sei die Zeit „Reformmut“ zu beweisen. „Das Rentenpaket II geht in die falsche Richtung“, so Thurnes. Seine Begründung: „Es soll den Rentnern das heutige Leistungsniveau garantieren. Die zusätzlichen Finanzierungsanforderungen sind unbegrenzt von den jüngeren Generationen zu tragen, die dann auch noch in erheblichem Umfang zusätzlich vorsorgen müssen, um eine Lebensstandardsicherung für sich selbst zu erreichen. Generationengerechtigkeit sieht anders aus! Daran ändert auch das sog. „Generationenkapital“, eine Art Hedgefonds, mit einem überschaubaren Kapitalstock nichts“.
„Für Pensionskassen brauchen wir eine Anpassung der bestehenden Anforderungen an die Kapitalanlage, die Bedeckung und das Risikomanagement„
Georg Thurnes auf der aba-Jahrestagung 2024
Grundsätzlich fordert Thurnes „mehr Mut bei der Reform der bAV“. Dazu bedarf es eines Bündels an Maßnahmen. Auch Nichttarifgebundene müssten Zugang zu Sozialpartnermodellen erhalten, „nur so erreichen wir die notwendige Breitenwirkung“. Es gilt die Erfolgsgeschichte der Geringverdienerförderung auszubauen. Dazu könnten etwa die Einkommensgrenzen dynamisiert und der Fördersatz von 30 auf 40 Prozent oder gar 50 Prozent angehoben werden, heißt es.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Entbürokratisierung der bAV, welche angemessen reguliert und digitalisiert werden sollte. Dringenden Handlungsbedarf sieht der Fachverband auch im Finanzaufsichtsrecht. „Für Pensionskassen brauchen wir eine Anpassung der bestehenden Anforderungen an die Kapitalanlage, die Bedeckung und das Risikomanagement“, so Thurnes. Altersvorsorgeeinrichtungen dürften nicht weiterhin undifferenziert der „Finanzmarktregulierung“ unterworfen werden.
Dem Vernehmen nach, so Thurnes, sollen im lang ersehnten Gesetzentwurf zur Stärkung der Betriebsrente viele Empfehlungen der aba aufgenommen werden. Der aba-Vorstandsvorsitzende will den Tag nicht vor dem Abend loben: „Zum einen zeigt die Erfahrung, dass nicht alles, was man an Gutem bewirken wollte, dann auch tatsächlich gesetzestechnisch gut umgesetzt wurde. Zum anderen besteht stets die Gefahr, dass im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses gute Ansätze verschlechtert werden.“ Die aba werde den Gesetzgebungsprozess daher „äußerst kritisch“ begleiten.
Goran Culjak ist Redakteur bei dpn – Deutsche Pensions- & Investmentnachrichten. Davor arbeitete er bei PLATOW als Fachredakteur für Versicherung und Altersvorsorge und etablierte die Risikomanagementkonferenz. Der Diplom-Betriebswirt (FH) startete 2004 als Pressereferent bei Union Investment seine berufliche Laufbahn.