Der diesjährige Frankfurt Finanz Summit in der Villa Kennedy in Frankfurt stand unter dem Thema: „Navigating in uncertain waters“

Der diesjährige Frankfurt Finanz Summit in der Villa Kennedy in Frankfurt stand unter dem Thema: „Navigating in uncertain waters“. Und natürlich standen dabei die Herausforderungen im Finanzsektor und die Sicherung der Finanzstabilität im Mittelpunkt der Gespräche. Fazit: Vieles ist inzwischen getan worden. Aber die strukturellen Schwächen sind immer noch beachtlich. Weitere Reformen sind unumgänglich.

Zu Beginn der Tagung hoben Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen des Landes Hessen sowie Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium in Berlin, die diversen Maßnahmen hervor, die das Land Hessen – als Zentrum des Finanzplatzes Deutschland – und der Bund inzwischen getroffen haben, um den Finanzplatz und die Finanzindustrie sowohl technologisch wettbewerbsfähig als auch finanz- und aufsichtspolitisch krisenfest zu machen.

Diverse Maßnahmenpakete …

So wies Nimmermann darauf hin, dass ein Tech Campus geplant sei, der derzeit noch zwischen verschiedenen Ministerien diskutiert werde – Ziel: Künstliche Intelligenz zu entwickeln und für die (gerade auch mittelständische) Wirtschaft nutzbar zu machen sowie Start-ups zu fördern. Daneben sei es ein Anliegen des Ministeriums, in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern Leitprinzipien („Guiding Principles“) für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln und dabei gerade auch mit Blick auf den Finanzplatz das Thema „Sustainable Finance“ zu stärken.

Bezüglich Brexit gehen Nimmermann wie Kukies davon aus, dass es wohl zu einem harten Brexit kommen wird. Entsprechend intensiv sind die Bemühungen des Landes (speziell auch der Finanzplatzinitiative „Frankfurt Main Finance e.V.), mit ausländischen Banken zu sprechen und für den Standort Hessen zu werben. 52 Anfragen bzw. Anträge ausländischer Finanzinstitute, so hieß es, lägen bereits vor. Auch vonseiten des Finanzministeriums in Berlin, ergänzte Kukies, gebe es entsprechende Bemühungen, den Standort Deutschland international zu bewerben.

Kukies betonte darüber hinaus, dass Fortschritte erzielt worden seien, was die politisch angestrebte Festigung und Vertiefung der europäischen Finanzindustrie und die Stärkung der Finanzstabilität angeht. Die Zusammenarbeit mit Frankreich sei dafür essentiell. Sie funktioniere gut. Im Kern drehen sich die Maßnahmen um den weiteren Ausbau der Bankenunion. Das sind zum einen Maßnahmen zur Risikoreduktion (Risk Fencing), zum anderen die Eingrenzung von Sovereign Risks in den Bankbilanzen – „da erscheint“, so Kukies, „Bewegung möglich“ – und schließlich striktere, harmonisierte Maßnahmen zur Auflösung von maroden Banken. Voraussetzung einer funktionierenden Bankenunion ist allerdings die Kapitalmarktunion. Auch hier seien Maßnahmen auf den Weg gekommen, wie etwa Regelungen zu Venture Capital, Finanzierung kleinerer Unternehmen und Pension Financing. „We have still strong ambitions in the field of capital markets union and banking union”, betonte Kukies.

… aber Schwachpunkte im Finanzsektor bestehen weiter fort

Wasser in den Wein goss Isabel Schnabel, die als Professorin für Finanzökonomie und Mitglied des Sachverständigenrats einen sehr versierten, unabhängig-kritischen Blick auf den Finanzbereich hat. Sie stimmte mit Kukies überein, dass die Banken- und Kapitalmarktunion ein Kernelement im Hinblick auf das Ziel der Finanzstabilität sein muss. Derzeit sei eine leichte – wenngleich noch nicht dramatische – Abkühlung der Konjunktur in Deutschland und Europa zu verzeichnen. Da stelle sich die Frage nach der politischen Handlungsfähigkeit. Bei allem Fortschritt in Richtung auf mehr Finanzstabilität könne insoweit nicht übersehen werden, dass die hohen Staatsschuldenniveaus in etlichen EU-Mitgliedsländern kaum Spielraum für Gegensteuerung im Falle einer Finanzkrise oder Rezession ließen.

Aber auch die „Mängelliste“ im Finanzsektor ist immer noch lang. Die Schwächen im europäischen Finanzsektor fasste Isabel Schnabel in drei Punkten zusammen:

– Zum ersten den Risiken, die durch den staatlichen Hintergrund bedingt werden. So weisen die Banken in etlichen Euroländern, allen voran in Griechenland und Italien, einen starken „home bias“ auf. Ihre Bankbilanzen sind den Risiken aus staatlichen Papieren („sovereign exposures“) übermäßig ausgesetzt. Hinzu kommt der gegenseitige Zusammenhang von Staat und Banken („Sovereign-Bank Nexus“), der das Bankensystem zusätzlich verwundbar macht. Dagegen gibt es bislang keine hinreichenden Sicherungen.

– Zum zweiten ist die Anfälligkeit der Banken in der Eurozone durch ihre geringe Integration relativ ausgeprägt. Denn die Bankmärkte in Europa sind stark segmentiert, nicht zuletzt bedingt durch unterschiedliche nationalen Bestimmungen und gewachsene Banksysteme. Das hat auch eine gewisse „Unverwüstlichkeit“ der Kapitalströme innerhalb der Eurozone mit sich gebracht. So sind zum Beispiel Aktientransaktionen größer als Anleihetransaktionen geblieben oder die Ströme langfristiger Titel stärker als kurzfristiger Titel. Sie haben damit ein beträchtliches Ungleichgewicht in den Zahlungsströmen erzeugt.

– Drittes Problem sind die strukturellen Schwächen im Finanzsektor. Der Finanzsektor bleibt stark bank-basiert, sprich die Kreditfinanzierung dominiert anstelle von Eigenkapitalfinanzierung, die Anleihe-Finanzierung der Wirtschaft steigt zwar an, aber Formen wie Venture Capital-Finanzierung sind verglichen etwa mit den USA relativ träge. Diese Strukturschwäche schlägt sich auch in niedrigen Aktienkursen und hohen Verschuldungsquoten nieder, was die Stabilität des europäischen Bankensektors weiter schwächt.

Was ist zu tun?

Die Aufgabenliste ist lang, sie enthält neben den schon eingeleiteten Schritten weitere klare Ansagen:

– Break the Sovereign-Bank Nexus.

– Foster Financial Integration (was gleichzeitig auch Kapitalmarkt-Integration einschließen muss).

– Deal with Overbanking (was einschließt, nicht schwache Banken zu stützen, sondern eher abzuwickeln).

– Limit Public Ownership.

– Support Technological Change (zum Beispiel durch den Aufbau von Zahlungssystemen ohne behindernde Regulierungen).

Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es allerdings mehr als nur wohlgesetzter Pläne – da ist echter politischer Wille auf allen Seiten vonnöten!

 

 

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