Leiter der Practice General Consulting des Bereichs Retirement bei WTW Deutschland, Dr. Johannes Heiniz und Anne Becker, Associate Director, stellen eine Studie zur bAV vor. Diese verdeutlicht Ansichten der Unternehmen und Mitarbeitenden und deckt Handlungsbedarf auf.

Das Potential der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) für die Gewinnung und Bindung von neuen Mitarbeitenden ist so hoch wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Trotz eines hart umkämpften Arbeitsmarkts verstehen erst 30 Prozent der Unternehmen die bAV als wichtiges Differenzierungsmerkmal im „War for Talents“. Gleichzeitig entsteht Handlungsdruck hinsichtlich der kapitalmarktorientierten Gestaltung, dem Umgang mit Garantien und der Kommunikation.

Auf dem Arbeitsmarkt sind harte Zeiten für Unternehmen angebrochen, die Kapitalmärkte bleiben turbulent, und nun kommt auch noch die Inflation dazu. Wie werden sich all diese Faktoren auf die bAV der Zukunft auswirken? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat WTW rund 90 Unternehmensvertreter vorwiegend größerer Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden aus verschiedenen Branchen zu ihrer aktuellen bAV, aber auch zu ihren Vorstellungen einer zukünftigen bAV befragt.

Um das Bild zu komplettieren, aber auch um eventuelle Diskrepanzen zu identifizieren, werden im vorliegenden Studienbericht auch die Ergebnisse der jüngsten WTWStudie zur Ansicht von Arbeitnehmenden zu Vergütung, Arbeitsbedingungen und Benefits (Global Benefits Attitudes Survey 2022) herangezogen.

Hoher Stellenwert der bAV bei gleichzeitig durchwachsener Wertschätzung derselben

Auf die Frage nach dem aktuellen Stellenwert der bAV in der Gesamtvergütungsstrategie gaben 74 Prozent der Unternehmen an, dieser sei mindestens wichtig. Die Mitarbeitenden bestätigen diesen hohen Stellenwert: 74 Prozent der Mitarbeitenden fordern, dass ihr Arbeitgeber eine aktive Rolle beim Angebot einer bAV einnimmt (Global Benefits Attitudes Survey 2022).

Klar erklärter Nutzen der bAV für die Unternehmen sind dabei die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden (60 Prozent), wobei die Bindung als deutlich wichtiger angesehen wird als die Gewinnung. Die Bindungswirkung der bAV wird seitens der Mitarbeitenden klar bestätigt: Auf die Frage, ob sie für die nächsten zwei Jahre beim aktuellen Arbeitgeber bleiben möchten, antworten 83 Prozent der Mitarbeitenden, deren bAV ihre Bedürfnisse erfüllt, mit ja, während die Mitarbeitenden, deren bAV ihre Bedürfnisse nicht erfüllt, dieser Frage nur zu 55 Prozent zustimmen (Global Benefits Attitudes Survey 2022).

Es herrscht also Einigkeit, was den Stellenwert und den (idealen) Nutzen der bAV angeht. Doch wie sieht es mit der tatsächlichen Wertschätzung der aktuellen bAV durch die Mitarbeitenden aus?

Die Unternehmen zeichnen auf diese Frage hin ein ernüchterndes Bild: Ganze 60 Prozent gehen von einer mittelmäßigen, geringen oder sehr geringen Wertschätzung seitens der Mitarbeitenden aus.Passend zum hohen Stellenwert der bAV, verbunden mit einer größtenteils nur mittleren oder geringen Wertschätzung seitens der Mitarbeitenden, fühlen sich nur 11 Prozent der Unternehmen mit ihrer aktuellen bAV hinsichtlich ihrer Ziele sehr gut aufgestellt. Immerhin jeweils 33 Prozent fühlen sich noch gut oder mittelmäßig aufgestellt, aber knapp 25 Prozent fühlen sich nicht gut aufgestellt.

Entsprechend denken aktuell über 40 Prozent der Unternehmen über eine Veränderung der bAV nach. Als Hauptgründe werden dabei die Begrenzung von Risiken, die Verbesserung der finanziellen Effizienz und die Marktpositionierung genannt. Eine Erhöhung der Bindungswirkung wird erst an vierter Stelle genannt.
Der Anteil der Unternehmen, die über eine Veränderung der bAV nachdenken, mag hoch erscheinen, aber tatsächlich entspricht eine hohe Priorisierung der bAV genau dem, was auch die Mitarbeitenden fordern: Die bAV ist aus Sicht der Mitarbeitenden an Platz 1 der

Vergütungs­ und Benefits­Themen, auf die Arbeitgeber fokussieren sollten (Global Benefits Attitudes Survey 2022).
Die hohe Bedeutung der bAV für Mitarbeitende wird auch seitens der Unternehmen gesehen: 66 Prozent der Unternehmen glauben, dass die Bedeutung der bAV für Mitarbeitende in Zukunft steigt. Ein knappes Drittel glaubt, dass die Bedeutung der bAV für Mitarbeitende in der Zukunft gleichbleibt. Nur 3 Prozent der Unternehmen glauben, die Bedeutung werde sinken. Auch diesbezüglich stimmen Unternehmen und Mitarbeitende überein: 55 Prozent der Mitarbeitenden sagen, dass die bAV wichtiger sei denn je, während nur 13 Prozent dem nicht zustimmen (32 Prozent Enthaltungen; Global Benefits Attitudes Survey 2022).

Und wie viel gestalterische Freiheit möchten die Unternehmen bei der bAV zukünftig haben? Viel. Die Unternehmen zeichnen dazu ein eindeutiges Bild: 95 Prozent sind bereit, auch künftig ihre bAV selbst bzw. mit Unterstützung von externen Dienstleistern zu gestalten. Hierbei sind knapp 60 Prozent der Unternehmen nicht bereit, Freiheiten zugunsten einer standardisierten Branchenlösung einzuschränken.

Potential der bAV als Motivator noch nicht ausgeschöpft

Auf die Frage, welchen Anspruch sie an ihr bAV­System haben, setzt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (60 Prozent) auf eine marktübliche Versorgung. 10 Prozent möchten hingegen lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen. Nur rund 30 Prozent der befragten Unternehmen messen bAV eine größere Rolle zu. Sie geben an, betriebliche Altersversorgung als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb zu nutzen (Stichwort: Employer Branding).

Aus Sicht der Mitarbeitenden stellt die bAV weit mehr als einen Hygienefaktor dar, wie regelmäßige Mitarbeiterbefragungen im Rahmen des WTW Global Benefits Attitudes Survey seit 2013 zeigen. Während in den vergangenen zehn Jahren für knapp 30 Prozent der Mitarbeitenden die bAV ein wichtiger Grund war, in ein Unternehmen einzutreten, sind es heute fast 40 Prozent. Und während in den vergangenen zehn Jahren für rund 40 Prozent der Mitarbeitenden die bAV ein wichtiger Grund war zu bleiben, liegt diese Zahl in der jüngsten Auswertung schon bei 50 Prozent. Beide Ergebnisse zeigen nicht nur, dass die Bindungskraft der bAV etwas größer ist als die Gewinnungskraft, sondern auch, dass beide Kräfte jüngst deutlich zugenommen haben.

Entgeltumwandlung und Matching: Von Mitarbeitenden hoch geschätzt – von Unternehmen hingegen häufig unterschätzt

Mitarbeitende sehen sich mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert, was ihre Altersvorsorge angeht. Das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung sinkt. Lebensversicherungen versprechen nur noch geringste Garantiezinsen. Die Kritik an der Riester­Rente reißt nicht ab. Mit eigenständigen Investitionen am Kapital­ oder Immobilienmarkt fühlen sich viele überfordert. Daher ist es wenig überraschend, dass rund die Hälfte der Mitarbeitenden hauptsächlich mithilfe ihrer betrieblichen Altersversorgung für den Ruhestand spart (Quelle: WTW Global Benefits Attitudes Survey
2022). Entsprechend haben sich knapp 70 Prozent der befragten Unternehmen aufgestellt und bieten gemischt finanzierte bAV­Systeme an, das heißt Systeme, in welchen den Mitarbeitenden Entgeltumwandlung ermöglicht wird.

Mit dem Angebot einer Entgeltumwandlung im unternehmensfi­nanzierten System steigt die Visibilität desselben und somit – wie die Zahlen des WTW Global Benefits Attitudes Survey 2022 belegen – auch die Wertschätzung. Zudem entsteht durch höhere Vorsorgeguthaben, die bei Nutzung der Entgeltumwandlung generiert werden, mehr Zufriedenheit aufseiten der Mitarbeitenden.
Dennoch: Die Mitarbeitenden sparen deutlich weniger, als sie sollten – und sie wissen das auch: Knapp 70 Prozent der Mitarbeitenden sparen für ihren Ruhestand weniger, als sie für nötig halten (Quelle: WTW Global Benefits Attitudes Survey 2022).
Der WTW Global Benefits Attitudes Survey 2022 zeigt auf, dass ein lang bewährtes Instrument hier tatsächlich sehr gut helfen kann: das Matching­Modell. Wenn das Unternehmen zur Entgeltumwandlung einen Zuschuss gewährt (sogenanntes Matching), steigt der Anteil der Mitarbeitenden, die mit ihrer bAV zufrieden sind, nochmals deutlich von 61 auf 73 Prozent an. Freilich, in Zeiten von hoher Inflation fällt es vielen noch schwerer, Geld für die Altersversorgung auf die Seite zu legen – daher gilt es für die Mitarbeitenden, sorgfältig abzuwägen zwischen Geld heute und Altersversorgung morgen. Aber die Unternehmen sollten jede Chance ergreifen, die Mitarbei­-

ter weiter zum Sparen anzuregen und entsprechende Anreize hierfür zu setzen.
61 Prozent der von WTW befragten Unternehmen erkennen die wachsende Bedeutung von Matching­Modellen. Sie gehen davon aus, dass diese in Zukunft wichtiger werden. Der Rest geht zum überwiegenden Teil zumindest von einer nicht abnehmenden Wichtigkeit aus.

Und wie stehen Unternehmen und Mitarbeitende zu Opting­outModellen? Unternehmen sind diesen Modellen gegenüber vielfach skeptisch: Während rund ein Viertel der Unternehmen eines in Kraft hat, denkt ein weiteres Viertel der Unternehmen noch darüber nach. Rund die Hälfte der Unternehmen jedoch lehnt ein solches System ab. Im Gegensatz dazu sprechen sich die Mitarbeitenden sehr deutlich für diese Modelle aus, wie der WTW Global Benefits Attitudes Survey 2022 belegt: Rund drei Viertel der befragten Mitarbeitenden geben an, über ihre automatische Teilnahme froh zu sein und keinesfalls aussteigen zu wollen.

Zinsmodelle überwiegend kapitalmarktorientiert

Seit Beginn der 2000er Jahre haben kapitalmarktorientierte Zinsmodelle in der deutschen bAV­Landschaft verstärkt Einzug gehalten. Inzwischen sind die Entwicklungen in diese Richtung weitgehend vollzogen. So gaben rund drei Viertel der Unternehmen an, in ihrem modernsten Pensionsplan ein kapitalmarktorientiertes Zinsmodell anzuwenden. Der Hintergrund liegt angesichts der jüngsten langen Niedrigzinsphase auf der Hand und bestätigt sich auch in dieser Studie: 60 Prozent der Unternehmen sind nicht (mehr) bereit, für Zinsrisiken selbst einzustehen. Durch die Verwendung kapitalmarkt­ orientierter Zinsmodelle werden Zinsrisiken – aber auch Renditechancen – auf die Mitarbeitenden übertragen.

86 Prozent der Unternehmen halten kapitalmarktorientierte Zinsmodelle für die überlegenen Zinsmodelle der Zukunft. Dazu passend zeigen 60 Prozent der befragten Unternehmen die Bereitschaft, Kapitalmarktentscheidungen selbst zu treffen.
Aber passt eine Kapitalmarktanbindung aus Sicht der Unternehmen auch zu den Vorstellungen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden? Die befragten Unternehmen bejahen dies eindeutig: 82 Prozent schätzen den Stellenwert einer Kapitalmarktanbindung für die Attraktivität der bAV aus Sicht ihrer Mitarbeitenden als mindestens wichtig ein. Und über 70 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die Mitarbeitenden eine moderne, kapitalmarktorientierte Anlage aufgrund der höheren Renditechancen wertschätzen würden.

Aktuell ist der Schutz vor Inflation stärker in den Fokus gerückt, nicht nur bei den Unternehmen, sondern auch bei Mitarbeitenden: Fast drei Viertel (74 Prozent) sagen, dass ein Pensionsplan Schutz gegen Inflation bieten sollte. Untersuchungen von WTW zur Auswirkung von Inflation auf die Leistungen verschiedener bAV­Modelle haben gezeigt, dass Festzinsmodelle, auch wenn sie einige Vorteile für Mitarbeitende haben mögen, tatsächlich den schlechtesten Schutz vor Inflation bieten. Dahingegen können bei kapitalmarktorientierten Zinsmodellen mit entsprechender Kapitalanlage auch bei längeren Inflationsphasen Leistungseinbußen weitgehend vermieden werden.

Und wie wird das Thema Garantien seitens der Unternehmen und Mitarbeitenden gesehen? Bislang war es bei kapitalmarktorientierten bAV­Systemen üblich, neben dem Abstellen der Leistung auf das verwendete Kapitalmarktprodukt stets eine Mindestgarantie in Höhe der eingezahlten Beiträge zu geben – bei Versicherungen, aber auch anderen Systemen meist sogar darüber hinaus. Durch die Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt haben die Versicherer aber jüngst durch neuere Produkte begonnen, die Garantien der bAV­Systeme auf unter 100 Prozent der eingezahlten Beiträge abzusenken, um weiterhin attraktive Renditen erwirtschaften zu können. Zur Frage nach der Wichtigkeit gewisser garantierter Leistungsniveaus geben knapp 80 Prozent der befragten Unternehmen an, diese seien wichtig oder sogar unverzichtbar. Gleichzeitig geben 46 Prozent der befragten Unternehmen aber auch an, dass eine garantierte Verzinsung in Zukunft weniger wichtig wird, während nur 33 Prozent die Gegenposition vertreten. Die Frage ist also: Welche Höhe sollte das garantierte Leistungsniveau in Zukunft mindestens haben, um seitens der Unternehmen und Mitarbeitenden noch Akzeptanz bzw. idealerweise Wertschätzung zu erfahren? Weiter stellt sich freilich die Frage der rechtlichen Zulässigkeit.

Ist eine Absenkung der Garantie unter 100 Prozent der Beitragssumme überhaupt rechtens und welche Höhe sollte das garantierte Leistungsniveau mindestens haben, um rechtskonform zu sein? Die fachlichen Diskussionen kommen dabei zu dem vorläufigen Ergebnis, dass Unternehmen eine beitragsorientierte Leistungszusage (BOLZ) mit abgesenkten Garantien grundsätzlich anbieten dürfen. Die Frage nach dem Mindestniveau ist schon diffiziler. Gemäß WTWArbeitsrechtsexperten lässt sich aus relevanter Parallelrechtsprechung ableiten, dass ein Niveau ab 75 Prozent der Beitragssumme gut begründbar erscheint.

Auch die Versicherungsunternehmen, die ihre Garantien bei der BOLZ abgesenkt haben, scheinen Niveaus in dieser Größenordnung für vertretbar zu halten, denn hier finden sich aktuell häufig Garantieniveaus in Höhe von 70 Prozent bis 90 Prozent der Beitragssumme. Die Unternehmen zeigen Bereitschaft, diesen Schritt grundsätzlich auch mitzugehen, denn weniger als ein Drittel halten an 100 Prozent der Beitragssumme fest, und über die Hälfte der befragten Unternehmen gaben an, die Garantieuntergrenze sollte nicht unter 80 Prozent der Beitragssumme liegen.
Aber für wie wichtig werden Garantien aus der Warte der Mitarbeitenden (noch) gehalten? Bekanntermaßen gibt es beim Thema Kapitalanlage einen Zielkonflikt zwischen Garantieversprechen und Ren­-

diteerwartung: Je höher das eine, desto geringer das andere. Die spannende Frage ist: Wie sollte aus Sicht der Mitarbeitenden das ideale Verhältnis dieser beiden Faktoren sein, die ja beide stark auf die Attraktivität einer bAV einzahlen? Garantien haben traditionell einen hohen Stellenwert und erhöhen das Sicherheitsgefühl, was gerade in der bAV oft entscheidend für die Wertschätzung ist. Andererseits: was nützt eine bAV mit einer Auszahlung, die zwar sicher, dafür aber gering ist?

Die befragten Unternehmen tun sich vergleichsweise schwer, die Mitarbeitenden hinsichtlich ihrer Priorisierung pro Rendite oder pro Sicherheit einzuschätzen – aber es zeigt sich noch eine Tendenz pro Sicherheit: 59 Prozent der befragten Unternehmen geben an, Garantien seien für die Mitarbeitenden erheblich wichtiger als Renditechancen.

Was die Mitarbeitenden selbst dazu sagen, kann wieder dem Global Benefits Attitudes Survey 2022 entnommen werden: 69 Prozent stimmen der Aussage zu, dass in einer bAV Sicherheit wichtiger ist als hohe Renditen. In 2017 lag dieser Wert noch bei 78 Prozent, so verkehrt liegen die Unternehmen mit ihrer aktuellen Einschätzung also nicht.

Angesichts dieses Meinungsbildes wird jedoch klar, dass eine Absenkung von Garantien die so entscheidende Wertschätzung der bAV durchaus dämpfen kann. Entscheidend hierbei ist, dass Garantien nicht mit Sicherheit gleichzusetzen sind. Moderne Pensionspläne nutzen gezielt die Vorteile der bAV als kollektive Vorsorgeform. Durch intelligente Puffer­ und Renditeverteilungskonzepte wird Absicherung auf Einzelpersonenebene auch abseits ‚harter‘ Garantien gewährleistet. Der Schlüssel zum Erfolg für eine zukunftsfähige und werthaltige bAV liegt in der direkten Kopplung der bAV an die Kapitalmärkte. Kapitalmarktorientierte Zinsmodelle vereinen die Interessen von Unternehmen und Mitarbeitenden – Risikoposition der Unternehmen versus werthaltige Versorgung der Mitarbeitenden.

Bei der Kommunikation gibt es bereits heute großen Handlungsdruck

Was nützt das raffinierteste bAV­System, wenn es niemand versteht oder es nicht richtig bei den Mitarbeitenden ankommt, etwa weil die Kommunikationswege nicht mehr zeitgemäß sind oder weil es nicht mehr administrierbar ist? Bei der Frage nach den größten Herausforderungen der bAV mit Blick auf die Zukunft fällt die Wahl bei etwa 20 Prozent der Nennungen auf inhaltliche Komplexität (Platz 2) und Attraktivität für die Mitarbeitenden (Platz 3, neben finanzieller Belastung / Risiken). Administrative Handhabbarkeit erreicht mit 24 Prozent der Nennungen den ersten Platz – ein (Zukunfts­)Thema, welches Unternehmen offensichtlich besonders umtreibt.

Im heutigen volatilen Zinsumfeld sind geringe Garantieversprechen eine Realität moderner Pensionspläne, mit der sich Mitarbeitende arrangieren müssen. Umso erfreulicher ist es, dass 75 Prozent der befragten Unternehmen der Aussage zustimmen, mit verständlicher Kommunikation, professioneller Unterstützung und einer nutzerfreundlichen digitalen Verwaltung (User Experience; dazu gleich mehr) seien auch Pensionspläne mit geringen Garantieversprechen gut vermittelbar. All dies ist nötig, denn 82 Prozent bejahen die Aussage, die neuen Anlagekonzepte würden schnell so komplex, dass die Mitarbeitenden sie nicht verstehen, und 68 Prozent sehen Bedarf, ihre Mitarbeitenden zusätzlich zu kapitalmarktorientierten Vorsorgekonzepten (Stichwort: Financial Education) „auszubilden“.

Während Apps im Alltag omnipräsent sind, nutzen sie bislang nur 10 Prozent der Unternehmen auch für die bAV, allerdings geben mit Blick auf die Zukunft hingegen 34 Prozent der Befragten an, künftig in der Kommunikation auch auf Apps setzen zu wollen. Mit Blick auf die Zukunft wird hier zwar fortschrittlich gedacht, aber im Hinblick auf die Popularität von Apps in zahlreichen Bereichen des Lebens besteht durchaus noch Luft nach oben.
Nur 25 Prozent der Mitarbeitenden sagen, dass sie sich durch das aktuelle Angebot ihres Unternehmens bei der Vorbereitung ihrer Rentenphase unterstützt fühlen – ein durchaus niedriger Prozentsatz (Quelle: Global Benefits Attitudes Survey 2022). Interessanter­-

weise beurteilt aber die große Mehrheit (84 Prozent) der befragten Mitarbeitenden, die regelmäßig Apps zur Verfolgung ihrer Altersversorgung nutzen, ihren Pensionsplan grundsätzlich als bedarfsgerecht. Über alle Mitarbeitenden liegt der Prozentsatz dahingegen nur bei 56.

92 Prozent der befragten Unternehmen möchten ihr bAV­System auch künftig selbst bzw. mit externer Unterstützung verwalten. Sie schrecken also nicht vor dem administrativen Aufwand zurück, den die bAV – natürlich in Abhängigkeit von der Plangestaltung – mit sich bringt. Die Krux ist: Je attraktiver die Plangestaltung ist und je bedarfsgerechter die bAV kommuniziert wird, desto höher ist mitunter der administrative Aufwand, zumindest was optionale Bestandteile wie etwa die Entgeltumwandlung angeht. Die Bereitschaft zur Inhouse­Administration hängt jedoch freilich auch mit der Größe des Unternehmens zusammen.

Fazit

Die Studie kommt für die Unternehmen zu folgenden sechs Handlungsempfehlungen:

  • Position der bAV im Markt ermitteln
  • bAV als Differenzierungsmerkmal diskutieren
  • Mitarbeitendenbeiträge im Pensionsplan zulassen und idealerweise substanzielles Matching einführen
  • Opting­out­Modelle diskutieren
  • Garantieniveau prüfen
  • Kommunikationsmittel und ­-inhalte auf den Prüfstand stellen

Die Autoren:

Quelle: Dr. Johannes Heiniz

Dr. Johannes Heiniz leitet die Practice General Consulting des Bereichs Retirement von WTW in Deutschland. Er verantwortet damit die Beratung bei der Neu­ und Umgestaltung betrieblicher Versorgungswerke im Hinblick auf Plandesign, Finanzierung und Kommunikation. Zudem ist er Vorstandsmitglied in verschiedenen Versorgungseinrichtungen, die Kunden von Willis Towers Watson betreiben. Dr. Johannes Heiniz hat langjährige Erfahrung in der Beratung zu Risikomanagement­ und Governance­Themen sowie in der Begleitung von M&A­Transaktionen.

 

 

 

Quelle: Anne Becker

Anne Becker ist Associate Director in der Practice General Consulting des Bereichs Retirement von WTW in Wiesbaden. Sie verfügt über eine mehr als fünfzehnjährige Beratungserfahrung in den Gebieten Neu­ und Umgestaltung, Harmonisierung sowie Benchmarking. Weitere Beratungsfelder liegen in der Risikooptimierung und Kommunikation von Systemen der betrieblichen Altersversorgung. Anne Becker hat ihr Studium der Mathematik an der Christian­Albrechts­Universität zu Kiel mit Diplom abgeschlossen.

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