Beim dpn-Roundtable „Impact Investing“ sprachen Dr. Katja Bär, Vorstand der Hans und Ilse Breuer-Stiftung, Alina vom Bruck, Vorstand der Gothaer Asset Management, Jon Gallop, Leiter nachhaltige Investments bei HanseMerkur Trust AG, Sophie Kazmierczak, Vorstandsmitglied der Bundesinitiative Impact Investing, Dr. Andreas Nilsson, Managing Director und Head of Impact bei Golding Capital Partners, und Dr. Daniel Wild, Chief Sustainability Officer der Bank J. Safra Sarasin, mit dpn-Chefredakteur Dr. Guido Birkner über die Definition von Impact Investing, die Umsetzung in eine Anlagestrategie sowie die Chancen und Risiken von Impact.

Meine Damen und Herren, wie sind Sie persönlich zum Impact Investing gekommen?

Daniel Wild: Ich bin ausgebildeter Ingenieur für Wassertechnologie und habe fünf Jahre lang bei internationalen Wasserprojekten mitgearbeitet, auch für die Schweizer Regierung im Bereich Infrastrukturfinanzierung in Osteuropa und in Vietnam. Danach bin ich in den Finanzsektor gewechselt und begleite seit über 20 Jahren Impact-orientierte Finanzierungen. Bis heute möchte ich immer die Resultate meiner Arbeit sehen. Doch es war für mich ein Lernprozess, zu erkennen, dass sich Infrastrukturprojekte, mit denen man einen Impact verfolgt, ohne solide Finanzierung nicht realisieren lassen. Bei der Bank J. Safra Sarasin kann ich die verschiedenen Perspektiven aus Impact und Finanzierungssicht gut miteinander vereinbaren.

Sophie Kazmierczak: Ich vertrete als ehrenamtliches Vorstandsmitglied die Bundesinitiative Impact Investing. Wir fördern die Reallokation und Mobilisierung von Kapital in Richtung Impact Investing und haben uns unter anderem zum Ziel gesetzt, beim Aufbau eines Ökosystems zu unterstützen. Ich leite den Arbeitskreis Immobilien mit. Im Hauptberuf arbeite ich für einen Asset Manager, der auf Impact Investing im Immobilienbereich spezialisiert ist. Zuvor war ich für die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in entwicklungspolitischen Fragen tätig. Ich arbeite heute in der Finanzwirtschaft, weil ich hier einen großen Hebel dafür sehe, um etwas in Bewegung zu setzen.

Jon Gallop: Bei HanseMerkur Trust leite ich den Bereich nachhaltige Investments. Wir sind nach innen für die Investments der eigenen Mutter, der HanseMerkur Versicherungsgruppe, tätig, und nach außen unterstützen wir weitere institutionelle Kunden. Dabei geht es fast immer auch um das Thema ESG. Ich beschäftige mich beruflich seit langem mit Nachhaltigkeit und dem, was wir vor Jahrzehnten ethisch-ökologische Investitionen genannt haben.

Andreas Nilsson: Als Head of Impact baue ich bei Golding Capital Partners den Bereich Impact Investing auf. Golding verwaltet mehr als 13 Milliarden Euro AuM. Wir sind typisch als Dachfonds in Private Markets unterwegs und investieren in Infrastructure, Private Debt und Buy-outs. Impact Investing kommt jetzt als neue Säule dazu. Ich habe 25 Jahre in der Private-Equity-Branche auf internationaler Ebene und bei verschiedenen Gesellschaften verbracht. An meiner Heimatuniversität in Stockholm habe ich zu Social Finance promoviert und setze mich seitdem mit Nachhaltigkeit auseinander. Ich investiere heute mit meinem Team weltweit in Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit, vor allem in grüne Technologien, Klimaschutztechnologie, Food & Agritech.

Katja Bär: Ich war über 30 Jahre im Bankwesen tätig, zuletzt für die UBS in Deutschland. Dort hatte ich immer mit vermögenden Privatkunden und Stiftungen zu tun und habe schnell erfahren, dass Gespräche offener wurden, wenn ich Zugang zu Herzensthemen der Vermögensinhaber fand, meistens philanthropischen Themen. Seit 2018 bin ich mit einem Multi Family Office selbständig und wurde gleichzeitig zum Vorstand der Hans und Ilse Breuer-Stiftung bestellt. Die Stiftung widmet sich dem Thema Demenz und verfolgt die Ziele Forschungsförderung und Betroffenenhilfe. Bei der Stiftung steht die Zweckerfüllung im Vordergrund. Dafür werden unter anderem die Erträge aus der Kapitalanlage benötigt. Ich engagiere mich zudem für die Gründung von Kinderbeiräten. Ich wünsche mir, dass viele Organisationen den Mut aufbringen, Kindern eine Stimme zu geben. Wenn wir es schaffen, viele Kinderbeiräte auszubilden, hätte das das Potential, unsere Gesellschaft nachhaltig positiv zu verändern – das ist meine Herzensangelegenheit.

Alina vom Bruck: Ich bin seit einem halben Jahr Vorstand Middle- und Backoffice der Gothaer Asset Management, der Kapitalanlagetochter im Gothaer Konzern. Neben Recht, Compliance, Risikomanagement und Rechnungswesen darf ich mich auch um Nachhaltigkeit und ESG kümmern. Wir verwalten rund 30 Milliarden Euro an Kapitalanlagen. Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Pfeiler in der Strategie der Gothaer. Ich bin seit etwa zehn Jahren im Konzern tätig und habe mich im letzten Jahr in der Lebensversicherung mit der Umsetzung der Offenlegungsverordnung beschäftigt. Heute habe ich die andere Seite der Bilanz, die Aktivseite, im Blick. Wir arbeiten an nachhaltigen Kapitalanlagen, diskutieren intern viel über Impact Investing, orientieren uns aktuell aber eng an den Vorgaben des Regulators.

Welche Definition von Impact Investing passt aus Ihrer Sicht in Abgrenzung zu ESG am besten?

Sophie Kazmierczak: Der Begriff Impact Investing hat ebenso wie ESG eine Entwicklung hinter sich. Der Begriff stützt sich auf mehrere Betrachtungslogiken, zu denen auch ESG-Ansätze gehören. Gerade hinsichtlich der Messbarkeit bedient sich Impact Investing vorhandener Mess- und Scoring-Instrumente aus der nachhaltigen Geldanlage. ESG und Impact Investing lassen sich am einfachsten so unterscheiden: ESG verfolgt einen Do-no-harm-Ansatz, Impact Investing hingegen legt den Fokus auf „Do good“, wodurch ein klarer, messbarer Beitrag geleistet wird. Impact Investing will eine positive Wirkung bei der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, vor allem ökologischer und sozialer Art, entfalten. Wir von der Bundesinitiative haben vier Kriterien für die Definition von Impact Investing herausgearbeitet. Das erste Kriterium ist die Intentionalität auf Seiten des Investors, einen nettopositiven, realwirtschaftlichen Impact zu generieren. Dabei sind auch potentiell negative Wirkungen zu berücksichtigen. Das alles weist ein Investor mittels einer ausdifferenzierten Impact-Investing-Strategie nach. Das zweite Kriterium betrifft die Messung und das Management von Impact. Das erfordert einen klaren Ansatz für beides. Das Thema Messbarkeit wurde in der Regulatorik nun als Element fest verankert. Das dritte Kriterium ist der Asset Impact oder auch Company Impact. Das heißt, das, worin ich investiere, soll eine positive Wirkung auf sozial-ökologische Aspekte entfalten, die in meiner Anlagestrategie verankert sind. Das vierte Kriterium ist die Investor Contribution, der Investoren-Impact. Gemeint ist der zusätzliche Mehrwert, den ich als Investor schaffe. Dieses Delta muss messbar sein und sich in meiner Strategie widerspiegeln. Aus diesen vier Kriterien muss ein signifikanter realwirtschaftlicher Impact erwachsen, damit wir von genuinem Impact Investing reden können. Sicher lassen sich in der Praxis noch nicht allzu viele Investments genuinem Impact Investing zuordnen.

Andreas Nilsson: Für mich klingt dieser Ansatz sehr theoretisch. Ich würde es einfacher formulieren: Bei ESG versucht ein Unternehmen, die eigene Wertschöpfungskette ohne die Ausbeutung von Menschen und der Erde darzustellen. Bei Impact geht es um die Frage, welche positiven Effekte lösen die Produkte und Dienstleistungen aus. Produkte und Dienstleistungen aus Impact-Sektoren stellen für Anleger eine enorme Marktchance dar, in kommerzielle Lösungen zu investieren und einen signifikanten Beitrag für die globalen Herausforderungen zu leisten. Contribution ist aus meiner Sicht sehr schwierig, weil ein Investor oder ein Asset Manager lediglich Geld investieren kann, aber ansonsten nur einen begrenzten Einfluss auf die Produkte und Dienstleistungen investierter Unternehmen hat. Nettopositiv – das Kriterium ist für mich auch schwierig, weil wir noch nicht an dem Punkt angelangt sind, um das Nettoergebnis von Scope 1 bis 4 bestimmen zu können. Deshalb sollten wir uns auf die Branchen und Sektoren konzentrieren, in denen es bereits Lösungen gibt, die sich skalieren lassen. In diesen Branchen sollten wir das Geld kanalisieren.

Daniel Wild: Ich finde beide Perspektiven sehr hilfreich und sehe hier eine doppelte Materialität. Bei ESG geht es um die Frage, welche Rolle die ESG-Kriterien für die Zukunft einer Firma spielen, wie die nachhaltigen Risiken adressiert und die Opportunitäten genutzt werden. Bei Impact geht es um Inside-out: Welchen Einfluss hat eine Firma auf Umwelt, Gesellschaft und Planet? Dabei geht es um Produkte und Dienstleistungen einer Firma, aber auch um deren Verhalten. Hier denke ich an möglichst effiziente Produktionsmethoden mit möglichst geringer Auswirkung auf die Umwelt. Das allein ist noch kein Impact, aber als Firma und Investor kann ich die Entwicklung effizienter Produktionsmethoden durch Engagement vorantreiben. Daraus erwächst ein nettopositiver Effekt, die Investor Contribution. Aus meiner Sicht fordert der Begriff Impact Investing zwingend diese Additionalität. Ansonsten handelt es sich einfach um eine Kompatibilität eines Investments mit Entwicklungszielen. Doch je strenger wir Impact Investing definieren, desto nischiger wird es und desto geringer sind die Möglichkeiten für Unternehmen und Investoren, glaubwürdige Initiativen zu realisieren. Heute ist es nur eine niedrige einstellige Prozentzahl aller global verwalteten Vermögen, die den Kriterien für Impact Investing gerecht werden. Der strenge Maßstab ist einerseits gerechtfertigt. Andererseits müssen wir uns fragen, ob er der nachhaltigen Entwicklung unseres Planeten genügt. Vermutlich nicht. Deshalb müssen wir auch in den verbleibenden Anlageklassen erreichen, dass beispielsweise liquide Strategien Wege etwa über Engagement finden, um die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Investoren können nicht alles Kapital in nicht liquide Anlagen investieren, sondern sie brauchen ein global diversifiziertes Portfolio und möchten dennoch in allen Anlageklassen das Impact-Ziel so gut wie möglich einbringen.

Alina vom Bruck: Bei der Gothaer sind wir relativ nahe an der Impact-Definition der Bundesinitiative. Dabei ist für uns eine Rendite unbedingt erforderlich: Wir müssen nicht nur aufgrund unserer Leistungsverpflichtungen eine Rendite erwirtschaften, sondern möchten damit auch ein positives Vorbild sein und beweisen, dass sich mit nachhaltigen Investitionen Geld verdienen lässt. In der Praxis ist die Definition für uns noch schwer zu greifen. Zudem gibt uns der Gesetzgeber mit der EU-Offenlegungsverordnung und der EU-Taxonomie eine Regulatorik vor, die wir umsetzen müssen. Wir suchen letztlich Artikel-9-Investments, die immer unseren Ausgangspunkt darstellen, um einen Konsens mit unseren Asset Managern zu finden. Allein über eine Definition wäre es schwierig, ein gemeinsames Verständnis von Impact zu schaffen. Dabei sagen wir nicht, dass Artikel 9 schon Impact darstellt, aber es verdeutlicht unsere Haltung.

Katja Bär: ESG ist zunächst nur ein Label, das der Gesetzgeber verlangt, ein Transparenzgebot. Ein Fondsanbieter muss seine Strategie im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken offenlegen, Transparenzpflichten einhalten und seine Produkte bestimmten Nachhaltigkeitskategorien zuordnen. Das ist nicht viel mehr als die schon vor 20 Jahren durch den Kunden formulierten Positiv- oder Negativkriterien. Das entspricht nicht meinem Verständnis von Nachhaltigkeit. Meine Erfahrung ist, dass viele Anleger – egal ob Privatkunden, institutionelle Investoren oder Stiftungen – nach wie vor am Ende nur auf die Rendite schauen. ESG ist nach meiner Ansicht viel weniger als Impact Investing. Der Anleger versteht aber nur das Wort Rendite, weil er so erzogen wurde. Impact Investing ist im Stiftungsbereich aufgekommen, als die Rendite zusammen mit dem Zins verschwand. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat vor Jahren angeregt, man könne den eigenen Stiftungszweck schon durch die Anlage in bestimmte Finanzprodukte erfüllen – eine These, die ich für falsch halte. Ich stimme der Bundesinitiative zu, dass Impact Investing wirklich etwas verändert. Das Problem ist, dass sich diese Veränderungen nicht so gut messen lassen wie Ausschüttungen oder Zinserträge. Ein normaler Investor hat gar keine Instrumente, um das nachzuvollziehen. Deshalb tut er sich schwer, darin zu investieren. Meine Kunden, gerade die aus der Generation Z, rufen alle nach Nachhaltigkeit, doch die Umsetzung lässt auf der Produktseite zu wünschen übrig – in üblichen Vermögensverwaltungsmandaten sind Impact-Investing-Fonds nicht enthalten. Impact Investing bedeutet für mich, wirklich etwas am Wohlstand der Gesellschaft zum Besseren zu verändern. Das wird nicht allein in BIP gemessen, sondern daran, was Nachhaltigkeit im Kern bedeutet: die Erde nicht auszunutzen, sondern sie so zu nutzen, dass alles nachwachsen kann, was verbraucht wird. Nach diesem Kriterium sind viele Nachhaltigkeitsprojekte tatsächlich noch weit von den Zielen entfernt. Wirklich nachhaltig zu investieren ist für mich eine Frage der Haltung. Die meisten Investoren schauen am Ende doch nur auf die Rendite und vergessen ihre guten ESG- und Impact-Vorsätze.

Jon Gallop: Ich stelle mir immer wieder die Frage nach dem Unterschied zwischen dem Verringern des Schlechten und dem Vermehren des Guten. Wir als HanseMerkur sind Mitglied der UN-convened Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA). Dazu gehört die Verringerung der CO2-Emissionen im eigenen Portfolio. Die HanseMerkur verringert ihren CO2-Fußabdruck durch eine Reihe von Maßnahmen, zu denen auch klimapositive Investitionen gehören. Sind wir damit beim Impact Investing angekommen? Mich würde auch eine Antwort der Bundesinitiative auf die Frage interessieren, wie Artikel 9 und Impact zueinander stehen, denn Artikel 9 wird ja teilweise mit Impact gleichgesetzt.

Sophie Kazmierczak: Bei uns herrscht Konsens darüber, dass Artikel-9-Produkte nicht mit Impact Investing gleichzusetzen sind. Das wichtige Kriterium der Additionalität hat in der Regulatorik noch keinen Eingang gefunden. Für viele Investoren, die nicht die ausreichenden personellen Kapazitäten inhouse haben, ist es schwierig, sich mit den ganzen Diskussionen über die Regulatorik hinaus zu beschäftigen. Impact Investing sollten wir immer in den Kontext zu der Frage stellen, welche konkrete gesellschaftliche Herausforderung mit einem bestimmten Investment adressiert beziehungsweise gelöst werden soll. Das „Do good“, das ich eingangs genannt habe, sollten wir immer vor dem Hintergrund der Herausforderungen betrachten, die es zu bewältigen gilt, um so abzuschätzen, ob die avisierte Wirkung von entsprechender Signifikanz ist. Als Bundesinitiative sehen wir daher Impact Investing als einen wesentlichen und wichtigen Beitrag zur so dringend notwendigen sozial-ökologischen Transformation.

Daniel Wild: Das war der historische Lernprozess, den die meisten von uns in den vergangenen Jahrzehnten durchlaufen haben. J. Safra Sarasin hat Ende der 1980er Jahre begonnen, mit Ausschlüssen zu arbeiten. Später haben wir gemerkt, wie wichtig es ist, die nachhaltigen Risiken und Opportunitäten im Markt abzugreifen – das war die ESG-Integration. In den vergangenen zehn Jahren kam der Impact-Gedanke dazu. Die Treiber waren nicht nur einzelne Anleger und Stiftungen mit ihren nachhaltigen Anlage- und Stiftungszielen. Auch globale Investoren haben als universelle Eigner erkannt, dass es für attraktive künftige Renditen notwendig ist, die Produktionsfaktoren in der Gesellschaft und der Umwelt zu erhalten, da sie sich mit den breit aufgestellten Portfolios negativen Einflüssen nicht entziehen können. Daher wollen viele dieser Anleger einen Beitrag dazu leisten, dass die Faktoren E und S intakt bleiben. Die beschriebene Reise haben eigentlich alle Investoren in ähnlicher Form durchgemacht. Die Umsetzung über Artikel 9 allein reicht nicht aus, da dies ein statisches Bild im Sinne einer Transparenzanforderung darstellt. Die Komponente der Transformation und des zusätzlichen Beitrags zum Erhalt des Planeten wird allein durch die Umsetzung von Artikel 9 nicht abgedeckt und muss der „Theory of Change“ folgen.

Wirkt die geltende Regulatorik in der EU und in Deutschland förderlich für Impact Investing?

Katja Bär: Mir tun alle Bankberater und Asset Manager im Augenblick leid, weil sie aus Brüssel und aus Berlin binnen kurzer Zeit eine solche Menge an Regulatorik über die EU-Offenlegungsverordnung und die EU-Taxonomie auf den Schreibtisch bekommen, die sie kaum bewältigen können. Wir diskutieren hier auf einem relativ hohen Niveau, aber stellen Sie sich vor, wie kompliziert die Nachhaltigkeitsregulatorik für den Endkunden in der Bank sein muss. Ich sehe im Bankalltag gelegentlich auch, dass ein Berater seinen Kunden das Nachhaltigkeitsthema so vorstellt, dass der Kunde nur noch die Entscheidung treffen kann, es sei ihm nicht wichtig . Das ist natürlich kontraproduktiv. Auch wenn sie mir in ihrer konkreten Formulierung nicht gefällt, bin ich der Ansicht, dass Taxonomie zumindest ein Start ist und sich jeder einmal damit auseinandersetzen sollte. Die Politik sollte das Bewusstsein für Nachhaltigkeit selbst der Bevölkerung nahebringen und das nicht an Asset Manager oder Bankberater delegieren. Wenn Privatanleger den Nachhaltigkeitsaspekt durch ein einfaches Häkchen ausschließen können, ist niemandem gedient.

Andreas Nilsson: Diese Regulatorik ist nicht perfekt, aber sie übt erstmals Druck auf die Anleger aus, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Es wird für alle immer deutlicher, dass wir etwas machen müssen. Dadurch kommt eine ganz neue Dynamik in die Sache. Es stimmt, dass Artikel 9 Nachhaltigkeitsziele zumindest greifbar macht. Doch skandinavische Pensionskassen setzen seit langem viel stärker auf Nachhaltigkeit als andere Einrichtungen und scheren sich nicht um die Frage nach Artikel 8 oder 9. Diese Pensionskassen wissen ganz genau, welche Nachhaltigkeitsziele sie erreichen wollen.

Daniel Wild: Oft kennen sich institutionelle Investoren gut in der Thematik aus und brauchen für ihre Investitionsentscheidungen kein Artikel-8- oder Artikel-9-Label. Eher würde ihnen für die Entscheidungsfindung helfen, relevante Informationen über die mit den SFDR verbundenen Transparenzanforderungen zu erhalten. Natürlich sollen Pensionskassen dann selbst aufgrund ihrer Anlageverordnung entscheiden, worin sie investieren.

Sophie Kazmierczak: Sie meinen eine Offenlegungsverordnung ohne Label?

Daniel Wild: Ja.

Andreas Nilsson: Bessere und standardisierte Daten zu erhalten würde selbstverständlich allen weiterhelfen. Skandinavische Pensionskassen schauen nicht nur starr auf das, was der Regulator vorgibt und wie er steuern will, sondern sie entscheiden selbst, wie sie investieren wollen.

Katja Bär: Woher kommt es, dass skandinavische Pensionskassen so modern und fortgeschritten bei Impact Investing sind? Haben die generell ein solches Mindset?

Andreas Nilsson: Diese Kassen schauen sicher so auf die Welt. Das hat auch kulturelle Ursachen. Meiner Erfahrung nach sind Skandinavier generell offener für Veränderungen als Deutsche, die etwas konservativer sind. Daher ist Skandinavien auch weiter als Deutschland beim Umstieg auf Nachhaltigkeit. Sie diskutieren nicht so lange darüber, sondern setzen sie einfach um. Viele Schweizer Pensionskassen sind auch schon weit bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in der Kapitalanlage. Dort ist der regulatorische Rahmen aber weniger eng als im EU-Raum, sondern die Pensionskassen betonen ihre Eigenverantwortung.

Daniel Wild: Das Schweizer Mindset unterscheidet sich von dem skandinavischen. Schweizer Pensionskassen mögen Transparenzanforderungen und gewisse Regeln, aber die sind oft mehr prinzipienbasiert als präskriptiv wie in der EU. Zudem besitzt die Selbstregulierung in der Schweiz ein hohes Gewicht, etwa über die Bankiervereinigung und die Asset Management Association Switzerland (AMAS). Das baut stark auf Vertrauen und Transparenz, weniger auf verbindlichen Standards auf. Was in der Schweiz noch auf dem Weg ist, sind Vorschriften für das Vermeiden von Greenwashing. Hier sind die Stakeholder dabei, ein Regelwerk etwa für nachhaltige Fonds und deren Transparenzkriterien festzulegen. Im Unterschied zu Skandinavien sind die Schweizer Bürgerinnen und Bürger vermutlich etwas schlechter über die Anlage- und Nachhaltigkeitspraxis ihrer Pensionskassen informiert.

Frau vom Bruck und Herr Gallop, geht die heutige Regulatorik aus Ihrer Sicht schon in die richtige Richtung, wenn Versicherer Impact-Investing-Ziele verfolgen?

Alina vom Bruck: Zur Regulatorik möchte ich sagen: gut gedacht, komplex gemacht. Schwierig ist sicher die Begrifflichkeit innerhalb der Offenlegungsverordnung und der Taxonomieverordnung. Wir haben Investments nach Artikel 6, 8, 9 und andere Formen von nachhaltigen Investments, aber es ist auch für uns als Versicherer immer aufwendig und schwierig zu überblicken, was genau hinter jeder einzelnen Form steckt. Wir haben uns auch innerhalb der Gothaer Asset Management zunächst schwergetan, zu erkennen, was in welcher Definition inbegriffen ist und was nicht. Auch für das Privatkundengespräch zu Lebensversicherungen sieht die Regulatorik eine umfangreiche Informationspflicht und Fragen zu Nachhaltigkeitsaspekten bei Investments vor, auf die Kunden spontan nur schwer Antworten finden. Zum Beispiel die Frage: Wie viele Liter verschmutztes Wasser je investierten Euro sind für den Kunden in einem nachhaltigen Produkt noch in Ordnung? Solche von der Regulatorik vorgeschriebenen Fragen bei nachhaltig anlegenden Lebensversicherungsprodukten überfordern Kunden. Hier hat der Gesetzgeber den Gedanken der Nachhaltigkeit für die Umsetzung zu kompliziert gestaltet, auch wenn der Grundgedanke sicherlich gut ist. Die Regulatorik ist richtig und wichtig, um Greenwashing zu vermeiden. Sie schafft Transparenz und durch die Taxonomieverordnung einen regulatorischen Rahmen, damit Nachhaltigkeit in Versicherungsprodukten nicht beliebig wird, sondern an harte Kriterien gebunden ist. Dennoch haben Versicherer und wahrscheinlich auch unsere Asset Manager einen riesigen Aufwand bei der Umsetzung. Wir im ESG-Team fragen uns, wie wir unsere Ressourcen einsetzen: Wollen wir die Regulatorik übererfüllen oder wollen wir unsere Strategie umsetzen? Natürlich schaffen wir durch Regulatorik mehr Transparenz, aber je weniger Regulatorik wir im Einzelnen umsetzen müssen, desto mehr können wir uns inhaltlich dem Thema Nachhaltigkeit nähern und desto höher ist der Mehrwert für den Kunden und für uns.

Jon Gallop: Ich kann mich vielen Punkten, die Frau vom Bruck genannt hat, anschließen. Zur Regulatorik: Wer die hundert plus Excel-Zeilen des EET kennt, verliert jeden Spaß. Zwar ist das Versicherungsprodukt dadurch hinterher transparenter, aber ich möchte in Frage stellen, ob jemand dadurch entscheidungsfähiger wird. Ein anderer Aspekt ist mir noch wichtig: Ich stelle im Gespräch mit Geschäftskunden, die ja fast alle in ihren Organisationen selbst auch treuhänderisch mit Mitteln Dritter umgehen, fest, dass sie aktuell auch deshalb nach nachhaltigen Anlageprodukten fragen, weil Produkte nach Artikel 6, 8 und 9 derzeit in aller Munde sind. Das heißt in der Summe: Das allgemeine Interesse an ESG mag grundsätzlich nicht gestiegen sein, wohl aber die Erkenntnis, sich notwendigerweise damit zu verbinden, denn es gibt heute keinen reputationsseitig haltbaren alternativen Standpunkt in dieser Frage mehr. Deshalb möchte ich eine Lanze brechen für eine imperfekte Regulatorik.

Sophie Kazmierczak: Wenn wir uns noch einmal an die Entstehungsgeschichte der heutigen Regulatorik erinnern, dann fällt auf, dass die einzelnen Bewertungskriterien von Offenlegungsverordnung und Taxonomie lange nicht miteinander verbunden waren. Diese Verbindungen wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt eingezogen. Das macht es heute schwieriger, was genau Artikel 8 oder 9 für die Ausgestaltung eines Anlageprodukts bedeutet. Der Begriff Impact taucht in dem Zusammenhang gar nicht auf. Ich sehe beispielsweise im Immobilienbereich im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie im Detail zahlreiche Vorgaben und Richtwerte, die konträr zueinander laufen und unter Umständen zu widersprüchlichen Ergebnissen führen können. Sachlich passt das oft nicht immer zusammen und stößt bei Investoren und Asset Managern auf Unverständnis. Wer wirklich Impact anwenden will, sollte sich lieber ein Stück weit von der Regulatorik lösen und sich über eine Impact-Investing-Strategie Gedanken machen. Erst dann stellt sich die Frage, wo man sich regulatorisch einordnen würde.

Andreas Nilsson: Der Grund für Impact Investing sollte nicht regulatorischer Druck sein, sondern eine Marktchance. Es stellt sich dabei die Frage, ob wir das Geld künftig besser platzieren können, als wir es heute tun. Nachhaltigkeit verändert jeden Teil der Wirtschaft, auch die Investment-Seite. Impact Investing lässt sich auch beschreiben als einen Fokus auf Nachhaltigkeitslösungen. Wenn wir beispielsweise einen langfristigen Investment-Fokus auf Kreislaufwirtschaft legen, dann ziehen wir daraus drei große Vorteile – unabhängig von der Regulatorik. Erstens sind die Renditeerwartungen höher durch die hohe Nachfrage der Kunden. Zweitens gibt es öffentliche Unterstützung. Wir sehen durch positive Initiativen – etwa der EU im Bereich nachhaltiger Finanzprodukte – immer wieder ein großes Interesse institutioneller Investoren und hohe Vermögen, die darin investiert werden. Drittens sehen wir Kreislaufwirtschaft als eine unkorrelierte Investment-Strategie. Damit senken Investoren durch Impact-Anlagen das Risiko im Portfolio. Katja Bär: Ich sehe im Impact Investing eine Riesenchance für Unternehmen. Wenn ein Unternehmen sich ein Engagement-Team leisten kann, das die Wirkung von Projekten oder Kapitalanlagen analysiert, hätte es quasi einen Inhouse-Unternehmensberater eingesetzt, der bei Bedarf eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie vorschlagen darf, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Deshalb sollte der Impact-Gedanke nicht nur über die Anleger- oder Investorenseite, sondern auch von der Unternehmensseite herkommen.

Daniel Wild: Studien zeigen, dass selbst schnell wachsende Unternehmen ihr überdurchschnittliches Wachstum in den meisten Fällen nicht länger als fünf Jahre aufrechterhalten können. Wir haben kürzlich eine Analyse mit der Universität Zürich durchgeführt, um die nachhaltigen Wachstumstreiber für über 1.600 Firmen genauer zu untersuchen. Wir konnten zeigen, dass Unternehmen, die Produkte mit einem positiven Beitrag zu nachhaltigen Entwicklungszielen anbieten, durchschnittlich 3 Prozent schneller wuchsen als der Gesamtmarkt. Die Spannbreite reichte von grünen Immobilien mit 1 Prozent bis zu innovativen Finanzlösungen mit 4 Prozent Wachstumsvorteil. Eine Umstellung von Unternehmen zu Impact-orientierten Produkten kann sich demnach lohnen. Allerdings kann ich mit dem Begriff der Intentionalität wenig anfangen, wenn es um Unternehmen geht, die selbst keine Anleger sind. Aber eine Firma, die eine attraktive Marktopportunität sieht, indem sie ein Impact-orientiertes Produkt herstellt, soll das tun. Sie muss aus meiner Sicht nicht unbedingt die Intention haben, einen positiven Beitrag zu Umwelt oder Gesellschaft zu leisten, wenn sie sich bereits aus renditegetriebenen Gründen nachhaltiger positioniert. Dann braucht es auch nicht unbedingt Engagement durch die Investoren. Ich halte es für eine Win-win-Situation, wenn ein Impact-getriebenes Geschäft zur Überrendite führt. Dann wird das Geschäftsmodell schnell kopiert und wird schneller wachsen als andere Geschäftsmodelle, womit sich auch der Vorteil für Umwelt und Gesellschaft verstärkt.

Alina vom Bruck: In Deutschland steht die Geschäftsberichterstattung immer noch weit vor der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Oft ist Nachhaltigkeit ein nachgeordnetes Ziel, das etwa der Frage nach der Nettoverzinsung und den Risiken von nachhaltigen Investments untergeordnet ist. Hier ist der Spielraum bei nachhaltigen Anlagen immer begrenzt, und entsprechend können wir auch bei Impact Investing nur kleine Schritte gehen. Fonds gemäß Artikel 8 bieten hier einen praktikablen Ansatz, um Nachhaltigkeit nachzuweisen. Es bedarf aber einer Veränderung des Mindsets in unserer Gesellschaft, damit Nachhaltigkeit als zentraler Faktor betrachtet wird. Nur so können wir ein verändertes Verhalten und mehr Engagement für Nachhaltigkeit mobilisieren.

Andreas Nilsson: Sehen Sie darin keine Chance auf eine höhere Rendite und Risikominderung?

Alina vom Bruck: Wir haben tatsächlich mehrere nachhaltige Investments, die einen Renditeabschlag aufweisen, wobei wir hier zwischen kurz- und langfristiger Betrachtung differenzieren müssen. Doch als Versicherer müssen wir auch die kurzfristige Perspektive wahren. Nachhaltigkeit allein macht ein Produkt noch nicht attraktiv für Kunden. Die Kunden wollen Rendite und möchten diese nicht erst in 20 Jahren sehen.

Frau Kazmierczak, vertragen sich Intentionalität und Renditeerwartungen?

Sophie Kazmierczak: Wir in der Bundesinitiative diskutieren mit unseren Mitgliedern immer wieder dieses Thema – auch über die verschiedenen liquiden und illiquiden Asset-Klassen hinweg. Beim Thema Intentionalität kommen wir von der Investorenseite. Wenn ich von genuinem Impact Investing sprechen möchte, dann brauche ich die zuvor genannten vier Kriterien. Wenn ich als Investor keine Intentionalität, aber einen Impact habe, dann wird vielleicht ein zufälliger Impact generiert. Das wäre für die sozial-ökologische Transformation gut, würde aber unserer Definition nicht standhalten. Mit der Definition wollen wir ein Ambitionsniveau festlegen, ohne dass es zu eng und zu nischig wird. Wir differenzieren deshalb an dieser Stelle zwischen wirkungseffektiv und wirkungskompatibel. Dementsprechend wünschen wir uns, Finanzprodukte künftig stärker zu differenzieren. Das würde es sowohl Anlegern als auch Kunden erleichtern, zu erkennen, worin sie gerade investieren. In Deutschland diskutieren wir das Thema Impact immer wieder unter dem Aspekt der Renditeeinbußen und der Risiken. Für mich ist das übergeordnete Thema immer die Zukunftsfähigkeit. Deshalb kann ich die Sorgen und Angst vor dem Ungewissen, die bei einer neuen Anlagestrategie wie Impact Investing unweigerlich mitschwingen, nur schlecht nachvollziehen. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass sich mit Impact Investing marktübliche oder sogar überdurchschnittliche Renditen erzielen lassen.

Ich höre von institutionellen Investoren und Asset Managern oft die Aussage, nachhaltige Anlagen sollten zumindest keine Rendite kosten.

Sophie Kazmierczak: Hier liegen uns vor allem für den illiquiden Bereich noch nicht genug Studien vor, um belastbare Aussagen zu Renditen wirkungsorientierter Anlagen zu treffen. Deshalb behaupten Investoren oft auch allein aus einem Gefühl heraus, dass Impact Investing Rendite kostet.

Katja Bär: Seit 20 Jahren hält sich der Mythos, Nachhaltigkeit koste Rendite. Dazu gibt es zahlreiche Studien, doch sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Daneben gibt es genauso viele Studien, die nachweisen, dass sich nachhaltige Kapitalanlage langfristig auch in einer höheren Rendite auszahlt.

Andreas Nilsson: Ja, aber wenn wir nur rückwärts schauen, dann lässt sich das nur schwer erkennen. Wir befinden uns gerade in einem massiven wirtschaftlichen Wandel. Richtig ist aus meiner Sicht die Frage von Frau vom Bruck, ob Nachhaltigkeit und Impact ins Middle- und Backoffice oder in die Strategie eines Versicherers gehört. Ich sehe es in beiden Bereichen, auch wenn das viele Ressourcen bindet. An dieser Stelle verweise ich immer wieder gern auf das Zitat eines Energieministers aus Saudi-Arabien. Der sagte vor über 20 Jahren: „Die Steinzeit endete nicht, weil es keine Steine mehr gab, sondern weil die Menschen bessere Werkzeuge entwickelt haben.“ Das wird hoffentlich auch bei fossilen Brennstoffen der Fall sein.

Herr Gallop, betreibt HanseMerkur Trust Engagement?

Jon Gallop: Ja, wir sind Mitglied in der Net-Zero Asset Owner Alliance, dort ist Engagement beim Thema Klima Bestandteil der Mitgliedschaft. Wir werden unser Engagement in Zukunft schrittweise thematisch erweitern. Heute machen wir als HanseMerkur eine Mischung aus Standalone-Engagement und kollaborativem Engagement, wobei die Allianzen nur die Ergänzung sein können.

Alina vom Bruck: Bei der Gothaer setzen wir auch auf beide Stränge. Wir agieren ebenfalls über Plattformen wie ISS. Über diese können wir uns zu größeren Bünden zusammenschließen. Wir sind häufig über Drittmanager in Fonds investiert und betreiben unser Engagement zusammen mit diesen Drittmanagern. Das bedeutet umgekehrt, dass wir mit Managern, die den ESG- und Nachhaltigkeitsweg nicht mit uns zusammen gehen wollen, auch nicht weiter zusammenarbeiten. Das betrifft aber eher US-amerikanische als europäische Manager. Wie wichtig ist das Instrument Engagement, um Impact Investing durchzuführen?

Sophie Kazmierczak: Engagement ist wichtig, aber hier stellt sich die Frage, wie messbar die Erfolge von Engagement sind und wie es um den tatsächlichen Einfluss eines Investors steht. Oft braucht es verschiedene Initiativen von mehreren Seiten, damit Engagement erfolgreich wird.

Daniel Wild: Für J. Safra Sarasin ist Engagement sehr wichtig, und wir nutzen auch beide Stränge, ebenfalls über die genannten Plattformen. Wir sind aber Realisten und überschätzen unseren Einfluss nicht. Bei der Auswahl unserer fokussierten Engagement-Aktivitäten bauen wir deshalb auf Fälle, wo wir einen guten Zugang zum Management haben, beispielsweise bei langjährigen Investitionen. Wir wissen aber auch, dass wir nicht in jedem Fach Experten sind, was die Themenwahl ebenfalls beeinflusst und sicherstellt, dass wir kompetente und ernsthafte Gesprächspartner sind. Der Gesprächsfaden zieht sich dann bis zu drei Jahre hin mit definierten Zielvereinbarungen. Diese gezielte Vorgehensweise funktioniert gut bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Für ein Engagement bei Konzernen nutzen wir hingegen kollaborative Plattformen.

Sophie Kazmierczak: Engagement ist nicht nur im liquiden Bereich möglich, sondern auch im illiquiden. Gerade im Immobilienbereich betreiben Asset Manager sehr aktives Stakeholder-Engagement, wenn es um Verbesserungen an Immobilien geht. Das kann für diese Manager eine Herausforderung sein, je nachdem welche Mieter in der Immobilie sind.

Andreas Nilsson: Grundsätzlich gibt es Engagement auch in Private Markets. Wir unterscheiden bei Private Equity zwischen Wachstumskapital – mit frischem Geld für die Firma – und Buy-outs, wo es um den Kauf bestehender Aktien geht. Wir von Golding suchen bei Buy-outs immer nach Impact Acceleration bei den Private-Equity-Fonds, in die wir investieren wollen. Dabei geht es um die Frage, wie sich der Impact der Firma beschleunigen lässt, zum Beispiel im Rahmen eines 100-Day-Plans, wenn es um Mehrheitsakquisitionen geht. Wir haben dabei Pathways zu durchlaufen, damit ein Investment als Impact zählt. Private-Equity-Investments haben eine extrem hohe Transparenz, wir haben einen direkten Zugang zum Management und erhalten sofort Berichte, wenn wir sie anfordern. Auch bei Dachfondskonstruktionen haben wir viele Informationen zur Verfügung und können noch mehr für unsere Investoren herausholen. Deshalb suchen wir uns auch nur solche Fonds aus, die diese Transparenz bieten.

Jon Gallop: Wir als HanseMerkur Trust investieren selbst in Private Equity und Private Debt, wir haben das Know-how auch selbst im Haus. Dort ist ESG genauso ein Thema wie in den anderen Asset-Klassen.

Wie häufig kommt es zu Deinvestments?

Katja Bär: Es ist auch hier eine Frage der Haltung. Anleger haben immer die Möglichkeit, sich von börsennotierten Investments zu trennen. Im Stiftungsbereich ist die Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft ein Leuchtturm bei diesem Thema. Sie hat 2012 konsequent Apple, Walmart und andere Konzerne deinvestiert, als diese dem Informationsbedürfnis der Stiftung nicht nachgekommen sind. Je mehr Anleger eine solche Haltung an den Tag legen, desto mehr Druck lässt sich auf die Unternehmen aufbauen.

Kommen wir zur Performance-Messung von Impact. Wie gehen Sie hier methodisch vor?

Daniel Wild: Für die Performance-Messung haben sich noch keine Standards herauskristallisiert. Nach meiner Erfahrung sind Impact-Investitionen immer auf einen ganz individuellen Zweck ausgerichtet. Das steht einer Standardisierung entgegen. Nehmen Sie Wasserreinigung als Beispiel! Es bringt wenig, die verarbeitete Menge Wasser auf Portfolioebene für unterschiedlichste Situationen und Regionen zu addieren, auch wenn daraus eine rapportierbare Zahl in Kubikmetern herauskäme. Wichtiger ist die Transparenz, damit die Endkunden sehen, was ein Investment aus Impact-Sicht am Ende tatsächlich bewirkt hat. Verlässlichkeit ist bei der Performance-Messung wichtiger als Standardisierung. Wo möglich, sollte der erzielte Impact quantifizierbar sein, und es muss eine positive Veränderung sichtbar werden.

Andreas Nilsson: Wir messen ebenfalls Impact und haben vier Core Impact Metrics für unseren Dachfonds. Wichtiger ist aber der Weg, der Impact Pathway. Dabei beschreiben wir immer sehr klar vor einem Investment, was wir zum Beispiel von einem Fonds oder einem Unternehmen erwarten. Für jedes Investment existiert ein Plan mit Etappen und Zielwerten, beispielsweise bei der Wasserreinigung. Der richtige Prozess und dessen Sicherstellung sind wichtiger als die Gesamtmenge Wasser. Das sorgt am Ende für die Authentizität des Investors.

Alina vom Bruck: Wir verpflichten die Manager auch, gewisse Zielwerte festzulegen. Das machen wir regelmäßig bei neuen Investments. Bei Investments im Bestand ist es im Nachhinein mühsam, da nicht jeder Manager das Thema im Blick hat. Hier spielt auch die Regulatorik eine Rolle, da bestimmte Reportings erfüllt werden müssen. Das Gleiche gilt etwa für die Messung der CO2-Reduktion gemäß der NZAOA. Wir nutzen und kommunizieren dann passende Kennzahlen, die wir ohnehin berichten müssen. Die Messung stützt sich also auf spezifische Maßnahmen und regulatorische Vorgaben.

Bietet der Markt derzeit ausreichend Investitionsziele, die sich für Impact Investing eignen?

Andreas Nilsson: Das Angebot an Private-Equity-Zielfonds übersteigt in diesem Bereich bei weitem die Nachfrage.

Daniel Wild: Auch in der Qualität?

Andreas Nilsson: Von 1.000 Fonds würde ich vielleicht 200 empfehlen. Wir haben uns vor kurzem rund 70 Fonds mit Lebensmittel- und Agrartechnologieanbietern genauer angeschaut und am Ende eine Handvoll für geeignet erachtet.

Daniel Wild: Und sind das schon seit dem Launch dedizierte Impact-Fonds? Oder werden sie erst zu Impact-Fonds durch Ihr Impact Overlay mit Auswahl, Messung und Transformation?

Andreas Nilsson: Die besten dieser Fonds sind schon viel weiter und sprechen nicht von Impact im Allgemeinen, sondern liefern sehr exakt zahlreiche Daten, etwa zum Wasserverbrauch. Diese Manager sehen sich als Impact-Investoren, doch tatsächlich müsste das Label noch konkreter sein, das wäre sehr hilfreich.

In welche Branchen investiert der Private- Equity-Markt?

Andreas Nilsson: Sehr gefragt sind alternative Lebensmittel, weil wir weltweit immer mehr Menschen ernähren und zugleich die CO2-Emissionen auch in der Lebensmittelproduktion senken müssen.

Katja Bär: Wir haben in Deutschland eine Riesenchance, weil in den nächsten Jahren sehr viel vererbt wird. Die Erben wollen und sollen nicht nur in Bitcoin und NFTs investieren, sondern dürften sich stärker für den Erhalt der Umwelt interessieren.

Sophie Kazmierczak: Im Immobilienmarkt sind die Investitionsobjekte mit einer stringenten Impact-Strategie noch überschaubar. Hier besteht zwar großer Handlungsbedarf, doch Anleger können in der DACH-Region bislang nur aus einem überschaubaren Produktangebot auswählen.

Wie groß ist das Risiko von Greenwashing im Impact-Markt?

Andreas Nilsson: Natürlich sehen wir einen harten Kampf um das Geld von nachhaltigen Investoren im Markt. Ich hoffe, dass dieser Wettbewerb am Ende zu besseren Lösungen führt. Andere Versuche und Ansätze sind hingegen rein vom Marketing getrieben. Dann schaue ich immer nach, woher die Impact Acceleration herkommt. Ist sie initiiert durch Investments in mehr nachhaltige Produkte? Oder ist sie initiiert durch die Marketingabteilung? Greenwashing ist in meinen Augen einfach eine schlecht durchdachte Strategie. Allerdings lässt es sich nicht immer schnell erkennen und landet so manchmal auch in Portfolios von Investoren.

Wie kommen institutionelle Investoren zu einer Impact-Investing-Strategie?

Alina vom Bruck: Am Beginn einer solchen Strategie sollten die Kernziele stehen, auf die man sich fokussieren will und über die man Impact erzielen möchte. Dann kann im nächsten Schritt analysiert werden, welche Anlageprodukte dazu passen. Natürlich ist das Marktangebot generell groß, aber wenn ich auswähle, was zu meiner Strategie passt und welche Manager welchen Track Record in diesem Bereich aufweisen, dann ist es gar nicht so leicht, entsprechende Investments zu finden. Nur wenige Manager entsprechen in der Hinsicht unseren Anforderungen. Daher ist die Umsetzung einer Impact-Investing-Strategie auch mit einem Aufwand verbunden.

Daniel Wild: Für die Strategie helfen auch Regelwerke wie die Impact Investing Principles, um sich zu orientieren. Es braucht für eine Impact-Investing-Strategie immer einen klaren Plan, und es hilft nicht, eine bestehende Nachhaltigkeitsstrategie einfach umzuwandeln. Im Portfolio wird Impact weiterhin eine Nischenposition einnehmen, aber aus Nachhaltigkeitssicht eine äußerst attraktive.

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