Gute Startbedingungen für das Börsenjahr 2020 sieht die Union Investment. Das Wachstum werde zwar langsamer als in den Vorjahren sein, sowohl in den USA als auch in der Eurozone, mit einer Rezession wird aber nicht gerechnet. Für 2020 prognostiziert Jens Wilhelm, im Vorstand von Union Investment zuständig für das Portfoliomanagement, eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 Prozent im Euroraum, nach 1,1 Prozent 2019. Auslöser ist der lahmende Welthandel, der die Exportnation Deutschland besonders hart trifft. Demnach dürfte die größte Volkswirtschaft Europas nur um 0,6 Prozent wachsen (2019: 0,5 Prozent).
Nachdem sich die US-Konjunktur lange sehr robust zeigte, sollte sich 2020 auch in den Vereinigten Staaten das Wachstum auf 1,6 Prozent verlangsamen. Ursachen für den Rückgang sind neben den nachlassenden Effekten der Unternehmenssteuerreform von 2017 die Folgen des Handelsstreits mit China. Aktien zählen weiter zu den Anlagefavoriten für die Union Investment, wenngleich hohe Bewertungen und geringeres BIP-Wachstum das Kurspotenzial begrenzen.
“Aktien sind attraktiv, weil sie über Dividenden höhere laufende Erträge als andere Assetklassen generieren. Das wird sich im Jahresverlauf kurstreibend auswirken.“
Jens Wilhelm, Vorstand von Union Investment, Portfoliomanagement
Vorsichtig optimistisch blickt auch Jupiter Asset Management ins Jahr 2020: Die Rezessionsängste hätten nachgelassen und es spreche Einiges dafür, dass die aktuelle Expansionsphase noch eine ganze Weile andauern kann. Der aktuelle Aufschwung ist der längste der Nachkriegsgeschichte und die Bewertungen am US-Aktienmarkt bewegen sich auf historischen Höchstständen, so Jupiter AM. Das mache Investoren nervös und lasse sie nach Rezessions-Anzeichen Ausschau halten. Die relativ hohen Bewertungen lassen erwarten, dass die Renditen künftig niedriger ausfallen werden. Das erfordere neue Investmentansätze, so Jupiter AM.
“(…)Aufschwünge sterben nicht an Altersschwäche, und Anleger haben in Spätphasen von Konjunkturzyklen häufig gute Gewinne einfahren können.“
Talib Sheikh, Head of Strategy, Multi Asset bei Jupiter AM
Da sich makroökonomische Unsicherheiten abmildern, könnten sich Aktienmarkt-Trends umkehren, glaubt Investec Asset Management. Investoren könnten daher Zykliker wiederentdecken. So bietet sich aufgrund der Bewertungsunterschiede zwischen teuren Titeln aus den USA und relativ günstigen Werten aus Asien die Möglichkeit einer strategischen Aktien-Positionierung in Asien an. Da sich die Weltwirtschaft vermutlich erholt und die Notenbanken für niedrige Zinsen bei kurzfristigen Anlagen sorgen, dürften die Zinsstrukturkurven steiler werden.
“Rechnen Sie mit einer spätzyklischen Erleichterungsrallye, da sich die Industrie erholt. Achten Sie auf Zykliker und steilere Zinsstrukturkurven.“
Philip Saunders, Co-Leiter Multi-Asset Growth bei Investec Asset Management
Auch in den Augen von Goldman Sachs Asset Management ist das Rezessionsrisiko moderat. Das makroökonomische Umfeld und die geopolitischen Spannungen üben zwar weiter einen großen Einfluss auf die Märkte aus. Im Moment seien die Bedingungen aber weitestgehend gut –
auch durch die nach wie vor lockere Geldpolitik.Die politischen Schocks, etwa im Handelskonflikt zwischen China und den USA, haben die Märkte jedoch volatiler gemacht. Die Kunden schauen daher derzeit neben der Performance auch stärker auf Kosten und ihre Transparenz, so GSAM. Dies spielt für uns auch im Zuge der Finanzmarkt-Richtlinie Mifid ohnehin schon länger eine wichtige Rolle.
“Weil viele Anleger kostensensibler geworden sind und zugleich Leistung einfordern, zusätzlich aber die Herausforderungen im immer komplexeren internationalen Marktumfeld steigen, setzen wir auf Value, unter anderem mit Big-Data-Fonds.“
Marie Cardoen, Leiterin Privatkundengeschäft in Deutschland und Österreich bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM)
Nach Erwartung von Robeco werden die Aktienmärkte zunächst neue Höchststände erreichen, sich dann aber schwer tun. Tendenziell steigen die Aktienkurse bis kurz vor Einsetzen einer Rezession weiter an. Zudem sollte das beschleunigte Wirtschaftswachstum die Unternehmensgewinne wieder stärker steigen lassen.
“Aktien aus entwickelten und aufstrebenden Ländern werden voraussichtlich besser abschneiden als andere Assetklassen. Allerdings wird sich die regionale Zusammensetzung von Aktienportfolios wahrscheinlich sehr anders darstellen, da vieles für Aktien außerhalb der USA spricht.“
Jeroen Blokland, Head of Multi Asset bei Robeco
Für PineBridge Investments sind Management der Zukunft, die Macht der Digitalisierung und das Wachstum des Wohlstands, insbesondere in China, einige der wichtigsten Anlagethemen, die das Alpha-Generierungspotenzial für Aktienportfolios im Jahr 2020 antreiben können. China hat nach den USA den zweitgrößten Aktienmarkt der Welt und ist heute ein wichtiger Treiber der globalen Finanzmärkte. Der geringste Hinweis auf eine Konjunkturabschwächung in China fällt auf allen Märkten auf, vor allem im globalen Banken- und Industriesektor aufgrund der makroökonomischen Verflechtungen.
Während die Weltmärkte seit der letzten Abkühlung 2014-15 sich anhaltend besorgt über die Konjunktur in China zeigen, deuten Indikatoren – beispielsweise die Exporte von Werkzeugmaschinen und Automationseinrichtungen – auf eine Erholung hin.
“Die Größe des Landes, die zunehmende Urbanisierung, die reife Fiskal- und Geldpolitik sowie das steigende Pro-Kopf-Vermögen machen China im Jahr 2020 zu einer wichtigen Überlegung für globale Aktieninvestoren.“
Anik Sen, Global Head of Equities bei PineBridge Investments
Für das Jahr 2020 erwartet First State Investments eine positive Entwicklung und attraktive Investitionschancen im Bereich börsennotierter Infrastruktur. Zwar sei nicht mit dem gleichen Rückenwind von den Zinsen wie im Jahr 2019 zu rechnen, die hohen Eintrittsbarrieren für Wettbewerber, die starke Preissetzungsmacht sowie das nachhaltige Wachstum des Sektors seien jedoch nach wie vor die Stärke dieser Assetklasse.
Die genetische Medizin wird auch 2020 weiter an Bedeutung gewinnen, ist BB Biotech überzeugt. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit gentherapeutischen Ansätzen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Patienten dauerhaft zu heilen, statt nur den Krankheitsverlauf zu lindern. Konkret geht es darum, einen erblich bedingten Gendefekt zu beheben.
Aktuell sind drei Gentherapien in den USA und vier in der EU zugelassen. Insgesamt werden derzeit weltweit rund 2.800 dieser Therapien klinisch getestet. Das Potenzial sei sehr groß, gerade in der Krebsmedizin, wo rund zwei Drittel aller Gentherapien klinisch getestet werden.
“Biotechnologietitel sind derzeit sehr attraktiv bewertet, auf Basis der MSCI-World-Healthcare-Subsektoren handelt Biotechnologie bei einem KGV von 16 gegenüber Pharma bei 26 und Medizintechnik bei 36. Die Bewertungslücken ist umso markanter, wenn man von einem weiterhin zweistelligen Umsatzwachstum in der Biotechnologie ausgeht.”
Dr. Daniel Koller, Head Investment Team von BB Biotech
Im Aktiensegment sei von einem Shift von Growth zu Value auszugehen, so Swisscanto Invest. Denn Growth-Aktien seien im Sog der Suche nach Titeln mit tiefer Volatilität und stabilen Erträgen verhältnismäßig teuer geworden, während Value-Aktien wie Telekom, Energie oder Autos im historischen Vergleich relativ niedrige Kurse aufweisen. Europäische Aktien sollten gegenüber den USA dank ihrem zyklischen Charakter nächstes Jahr outperformen. Generell werde mit einem soliden Aktienjahr 2020 und Erträgen von vier bis sechs Prozent gerechnet, so die Prognose von Swisscanto Invest.
“Neben einer selektiven Auswahl aus diesen Sektoren und einer allgemein positiven IT-Einschätzung halten wir Stand heute das Segment Healthcare für sehr interessant, weil die Gewinndynamik dank neuen Medikamenten höher ist als viele befürchten und sich die politische Aufmerksamkeit wieder weg von Preiskontrollen bewegt hat.”
Stefano Zoffoli, Chefstratege bei Swisscanto Invest